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D'-nft-s 38. 14. M-i 1861. Erschrint Preis Dirnstag« M I"" Quartal anstalten. s 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Mt der Königtichcn Grnchts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /raucnstein und Ilteuberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, 12. Mai. Das Turnen nimmt bei uns einen reckt erfreulichen Aufschwung und findet zahlreiche Betheiligung. Leider konnte vor 8 Tagen wegen Ungunst der Witterung die feierliche Eröffnung und Einweihung unsers neuen, geräumigen und schön gelegenen Turnplatzes an der Weißeritz nicht statt finden. (Eine Schaar munterer lebensfroher Turner aus Tha- rand hatte sich aber nickt abhalten lassen, den Dippoldis- waldaern durch ihren Besuch an diesem Tage eine freundliche Ueberraschung zu bereiten). Dem Bcrnehmen nach soll nun die Einweihuwg des Turnplatzes am Sonntag nach Pfingsten statt finden. Leider haben wir einen, gestern auf dem Turnplätze vorgekommenen Unfall zu beklagen, d-r jedoch mit dem Turnen sebst in keiner Beziehung steht und sich eben so gut an jedem andern Orte ereignet haben könnte. Es hatte nämlich, während eine Anzahl Mädchen Turnübungen machte und der diese Uebungen Leitende seine ganze Aufmerk samkeit auf diese Mädchen gerichtet hatte, ein unge wöhnlich lebhafter Knabe gegen das ausdrückliche Ver bot den Turnplatz betreten, war daselbst über einige, kaum eine halbe Elle hoch über der Erde befindliche Laufstangen gesprungen und hatte dabei das Unglück gehabt, so zu fallen, baß er den Speichenknochen des linken Vorderarmes gebrochen. Der Bruch ist übrigens ganz gutartig und wird nach seiner Heilung keine weitern nachtheiligen Folgen für den Knaben haben. Aber möge dieser Vorfall .'Illen eine ernste Mahnung zur größten Vorsicht sein, und mögen insbesondere es die Aeltern ihren Kindern aufs Nachdrücklichste einschärfen, nie ohne Erlanbniß den Turnplatz zu be treten und an den daselbst aufgestellten Turngeräthen herumzuklettern. /X Frauenstem, 9. Mai. In der ersten Nach mittagsstunde des gestrigen Tages war ein erst 4 Wochen verheiratheter, in den 30er Jahren stehender Mann, aus CarSdorf gebürtig, der in Reichenau ein Haus besaß, in seinem Hofe beschäftigt, Reißigholz zu hacken; gegen 4 Uhr noch nicht zur Frau zurückgekehrt, wie er zu thun gewohnt, sucht sie ihn und findet ihn endlich auf dem Boden des Hauses erhängt, bereits erkaltet, so daß an eine Wiederbelebung nicht zu denken war. Man erklärt diesen Schritt des Mannes aus Hypochondrie, an der er gelitten. — An demselben Tage hat sich auch, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, ein 40 Jahr alter Holzarbeiter in ClauSnitz bei Saida im nahen Walde erhängen, weil er mehrerer Diebstähle wegen zu Arrest gebracht werden sollte. — Bis gestern hatten wir eine so kalte Witterung, daß das Bestellen der Aecker erschwert oder ganz gehindert wurde, da eS in den Nächten vorder noch starke« EiS fror; doch beute ist ein herrlicher Frühlingstag, der die von banger Sorge gequälten Gemüther wieder aufrichten und zu neuer Hoffnung beleben wird. — 11. Mai. Der gestern hier abgehaltene Früh jahrs-Jahrmarkt war nicht halb so besucht, als ge wöhnlich, was wir schon vorher ahnten, da die Mehr zahl der Landleute weder sich selbst noch ihrem Ge sinde die nöthige Zeit gaben, weil die Feldbestellung alle Kräfte erfordert. Die Verkäufer waren daher sehr unzufrieden. ° Von der böhm. Grenze. Vor einiger Zeit wurde hier für gewiß behauptet, daß zweien Lehrern in einem nahen Gebirgsstädtchen in einer an die KreiS- direction gesandten anonymen Anzeige unter Anderm zur Last gelegt sei, daß sie „in's böhmische Bier gingen." Was darauf erfolgt, ist nicht bekannt geworden. Schrei ber Dieses, der (weil er kein Verehrer von böhmischem Biere ist) Böhmen oft Monden lang nicht einmal sieht, kennt jene beiden Lehrer, weiß auch, daß sie noth- gedrungen sebr einfach und ihrem Berufe leben, und kann nicht umhin, über solch eine gehässige Anzeige sich mißbilligend auszusprechen. Wenn der Lehrer auf der rauhen Alp, der nicht selten und namentlich im Winter wie der Dachs im Baue verkehren muß, an schönem Tage einmal zu seiner Erholung einen Aus flug nach Böhmen macht und sich an einem Glase des dortigen, in gutem Rufe stehenden Bieres labt, auch an einem, von der Fischer'schen Kapelle aus Kloster grab gegebenen Quartett erfreut, so ist ihm dies unsres Erachtens wohl zu gönnen. Die dort gepflogene Unter haltung ist fern von Politik und Religion, darum sitzen auch Böhmen und Sachsen traulich neben einander. Während die Stellung des Lehrers auf dem Gebirge, den College» in größeren Städten gegenüber, eine sorgenvolle ist, er auf eine bescheidene Zulage, deren er wohl würdig wäre, vergebens hofft, ist den Lehrern in größern Städten bet einer weniger mühevollen Amtsverwaltung ein erfreulicheres Loos beschielen. ES kümmert Nie manden, wenn er an der Quelle sein Töpfchen Lager bier trinkt, er weidet sich an genußreichem, vollstimmigen Concert, auch steht ihm Thalia's Tempel stets offen. Man sehe darum nicht scheel, wenn auch der Lehrer sich einmal an einem Trünke böhmischen Bieres labt, sondern freue sich mit ihm und rufe ihm zu: Prosit! Dresden. Am Himmelfahctsfeste ist der neu entstandene zoologisckrGarten dem Publikum ge öffnet worden. Er wurde an diesem Tage von. etwa 4000 Personen besucht. Die ganze Anlage erregt durch das Anmuthige, Geschmackvolle und Zweckmäßige