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Freitag. 27. 5 April 1861 Erscheint Dienstag« und Freilag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißeritz-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Rgr. Inserate'die Spalten-Zeil« 8 Pfg. Amts- md IMgt-Mt dcr KSmgUchc» Gerichts-Imlcr md Sladträthc z» WpxM-walde, MurMeii md JUkUbcri. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Das schöne Osterfest ist von günstiger Witterung begleitet vorübergegangen: es war ein wirkliches Frühlingsfest, denn die Natur bat unter dem Einflüsse anhaltenden Sonnenscheines bereits einen mächtigen Schritt vorwärts getban, obschon cs erst Ende März und Anfang April ist, und der Letztere uns sein launenhaftes Angesicht gewiß nicht entziehen wird. So konnte denn auch die winterssatte Menschheit im Vollgenusse des anbrechenden Frühlings die grünenden Fluren durchstreifen, und im Anschauen derselben einen erhebenden Beitrag zur Osterfreude gewinnen. — WaS namentlich unsere Landwirthe sehnlichst herbeiwünschten, einen warmen, befruchtenden Regen, so ist dieser Wunsch durch ein, am Abend des zweiten OsterfeiertageS er schienenes Gewitter in Erfüllung gegangen. Möchte der Himmel die hier und da durch Frost und Ungezieser beschädigten Saaten in seinen besondern Schutz nehmen, damit die Ernte nicht kärglich, und der Blick in die Zukunft nicht getrübt werde! — Am Gründonnerstag Abend hielt Herr Or. Th ei le vor einer zahlreich versammelten Zuhörerschaft einen, in d. Bl. angekündigten öffentlichen Vortrag „über die Sternenwelt und den Menschen in seinen Beziehungen zn derselben," welcher von allen Anwesenden mit gespann tester Aufmerksamkeit angchört wurde. Nach Schluß des Vortrags ertönte aus dem anstoßenden Saale ein an die letzten Worte desselben sich anschließendes, die überraschten Zuhörer in eine feierliche Stimmung ver setzendes Gesangsterzett. Die vom hiesigen Liederkranze angekündigte geistliche Musikausführung hat am Charfreitage mit sehr befriedigendem Erfolge stattgesunden. Das schöne Wetter hatte eine ziemlich zahlreiche Zuhörerschaft, und zwar hauptsächlich von auswärts, herbei geführt, und zur Erfüllung der von dcr Aufführung gehegten Wünsche und Erwartungen wesentlich beige- tragen. Der Verein ist demnach auch im Stande, für den angekündigten milden Zweck Etwas zu thun. Uebrigens war der Vortrag der im Programm ver zeichneten Stücke, nach dem übereinstimmenden Urthcile Aller, soweit es möglich war, dasselbe kennen zu lernen, ein wohlgelungener. Möge der Liederkranz auf dem mit Glück betretenen Gebiete dcr geistlichen Musik auch ferner solche Erfolge erringe», wie es am vergangenen Charfreitage der Fall war. — Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch des bei der Aufführung mitwirkenden Stadtorchesterö, und zwar in rühmender Anerkennung, gedenken, indem dasselbe die Jnstrumentalpartie säst ganz allein und, einzelne geringe Unebenheiten abge rechnet, mit gutem Erfolge durchführte. Nur den sonst wackeren Mcssingbläsern wünschen wir etwas mehr Mäßigung, namentlich bei Begleitung des Gesanges. Geising. Im ersten Quartal d. Js. wurden von 140 Einlegern 4931 Tblr. 10 Ngr. 5 Pf. in hiesige Sparkasse ein gelegt und 3939 - 5 - 2 « sind an 79 Einleger zu- rückgezahlt, 992 Thlr. 5 Ngr. 3 Pf. Mehreinnahme. Leipzig. Unsere Universität muß sich im fernen Auslande eines ganz besondern Rufes erfreuen. Der Kaiser von Brasilien Pedro II. (geb. 1825), der Enkel des Königs Johann VI. von Portugal, hatte seinem Gesandten in Berlin mitgetheilt, „daß er eine ihm von einer so berühmten Universität wie Leipzig ertbeilte akademische Würde sehr zu würdigen wissen würde." Diesen Wink ergreifend bat die juristische Facultät den Kaiser wegen seiner Verdienste um bessere Gesetzgebung und um Begründung wissenschaftlicher Anstalten" zum Doctor beider Rechte Kouori8 csusn (ehrenhalber) er nannt und ihm durch seinen Gesandten ein prachtvoll aus gestattetes Doctordiplom nach Rio Janeiro übersendet. — Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn gewährt ihren Aktionären auf das letzte Jahr pro Aktie 4 Procent und 12 Procent Dividende. Der Stand der Aktien ist 214 Thlr. Oesterreich. In ganz Oesterreich herrscht jetzt ein reges politisches Treiben, und die Wahlen zu dem bevorstehenden ersten konstitutionellen Landtage nehmen alle Gemüther i» Anspruch. Die bisherigen Wahlen sind durchgängig freisinnig ausgefallen; in Wien sind sämmtliche zwölf Landtagsabgeordnete, die die Wabl- comitv's vorgeschlagen hatten, gewählt worden. Män ner des alten Systems erhielten keine Stimme. Auch ein protestantischer Geistlicher, Superintendent Franz, und ein Israelit, der als Schriftsteller bekannteKuranda, befinden sich unter den Gewählten. Der in Wiener- Neustadt zum Deputaten erwählte ehmalige Minister Doblhoff äußerte sich in Bezug auf das Concordat in folgender Weise: „Er sei ein guter Katholik und wünsche, daß seine Kirche eine selbstständige und würdige Stellung einnehme; eben deshalb müsse er aber auch wünschen, daß die katholische Kirche jeglicher Bevorzugung gegen über den übrigen Religionsbekenntnissen entsage. Nur wer durch eigene Kräfte bestehen könne, sei starlk; wer hingegen des Schutzes bedürfe und Privilegien nöthig habe, sei schon an und für sich schwach. DaS Con cordat habe der katholischen Kirche, selbst auch unter dem