Volltext Seite (XML)
Freitag. 6 18. Januar 1861 Erscheint . MWeißeritz-Ieitung. M Ms- »ad Meige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /raurnstein und Altenberg. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dresden. Landtag. I. Kammer. Bei der fortgesetzten Berathung über die Kirchenordnung wurde unter Anderm auch die Betbeiligung der Gemeinde bei der Wahl ihres Geistlichen besprochen. Bekanntlich haben die Gemeinden, die doch bei der Wahl ihres Geistlichen das nächste und größte Interesse haben, und denen vorzugsweise die Sorge für Besoldung des Geistlichen obliegt, nach den bis jetzt bestehenden Be stimmungen bei dieser Wahl keine Stimme. Und nur hinterher, wenn die Wahl dnrch den Kirchenpatron oder die Collatur-Behörde bereits erfolgt und nichts mehr zu ändern ist, wird der Gemeinde noch ein kleines Recht eingeräumt, indem an sie die stehende herkömmliche Frage gerichtet wird, ob sie gegen „Lehre, Leben und Wandel" des für sie gewählten Pfarrers etwas „Erhebliches" einzuwendcn habe. So soll es nach der neuen Kirchenordnung auch in Zukunft bleiben und die Kammer hat diese Bestimmung angenommen, trotzdem daß Rittner sich für eine größere Bethciligung der Gemeinden bei der Wahl verwendet hat. Klostervoigt von Posern meinte, „daß eine officielle Einmischung der Gemeinde ihr Bedenkliches habe, weil der Candidat dann genöthigt werden könne, um deren Gunst zu buhlen." Der geehrte HerrKloster voigt scheint dabei ganz zu vergessen, daß auch die Herren Kirchenpatrone Menschen und menschlichen Schwächen und Jrrtbümern unterworfen sind. — Bei der Berathung des 71. H. deö Entwurfs der Kirchen ordnung, die Synode betreffend, beschloß die Kammer, daß eine solche aller 6 Jahre zusammenbernfen werde und aus 32 Geistlichen, 32 Laien, einem ordentlichen Professor des Kirchenrcchteö, einem von der Juristen- Facultät zu Leipzig zu erwählenden Professor de» Kirchenrechtcs, aus 5 Kirchenpatronen, von den Stän den der 5 Kreise zu wählen, 5 Superintendenten und einem Abgeordneten und einem Geistlichen der Schön- burgschen Receßherrschaften bestehen soll. Eine längere Debatte erhob sich bei der Frage über die Oeffentlich- keit der Sitzungen der Synode. Schließlich nahm die Kammer folgenden Antrag darüber an: Die Sitzungen find nicht öffentlich, der Synode steht es jedoch frei, ihre Verhandlungen und Beschlüsse durch den Druck bekannt zu machen. — II. Kammer. Der Abg. I)r. Braun hatte im Verein mit den Abgeordneten Georgi, I)r. Hertel und Gehe den Antrag gestellt, die Staats regierung zu ersuchen, auf baldige Herstellung deS Rechtszustandes in den Herzvgthüniern Schleswig und Holstein hinzuwirken und ihre Bereitwilligkeit zu den zu ergreifenden Zwangsmaßregeln zu erklären. I)r. Braun motivirte diesen Antrag warm und eindringlich. Staatsminister v. Beust erklärte darauf, es stehe in nächster Zeit ein entscheidender Schritt in dieser An gelegenheit bevor. Die von Preußen den übrigen deutschen Regierungen gemachten Vorschläge hatten deren Beifall gefunden und dasern es nöthig, würden dieselben im Verein mit Preußen ins Feld ziehen. Nach dieser Erklärung der Staatsregicrung beschloß die Kammer, den Antrag als erledigt zu betrachten und erhob sich zum Zeichen ihrer Tbcilnahme an der Sache Schleswig-Holsteins von ihren Sitzen. (Auch die erste Kammer trat diesem Beschluß ohne Debatte bei.) Leipzig. Zur Tilgung der Schuldenlast, welche der Stadt Leipzig durch die Kriegsjahre erwachsen war, war eS derselben gestattet worden, von allen hier aus gestellten oder girirten Wechseln eine Stempelsteuer zu erbeben. Dieselbe brachte der Stadt in den letzten Jahren jährlich gegen 5000V Thlr. ein. Nachdem nun die gänzliche Einlösung der betreffenden Schuldscheine erfolgt ist, hat jetzt diese Stempelsteuer aufgehört. Meißen, 15. Januar. Gestern fand von hier nach Lommatzsch eine Schlittenfahrt statt, welche durch ihre Anordnung und Ausrüstung alle früher» Ver gnügen dieser Art übertraf. Der von einer stattlichen Locomotive geführte Zug enthielt ein wohl ausgerüstetes und trefflich bemanntes Schiff, eine Schmiedewerkstatt, ein Trinkzelt mit dem Ritter vom Faß, zwei elegante Salons mit Herren und Damen im Roccoco, zwei Musikchöre, Vorreiter und eine lange Reihe von Schlitten, deren letzter die Nummer 117 führte. Vom schönsten Winterwetter begünstigt, herrschte ununterbrochen ge« müthliche Heiterkeit, die kein Unfall trübte und eine angenehme Rückerinnerung für Alle sein wird. Die Gastfreundschaft der Bewohner von Lommatzsch trug wesentlich dazu bei. Preußen. Am 14. Jan. Vormittags fand in dem weißen Saale zu Berlin die Eröffnung des, wegen des Regierungswechsels zusammen berufenen, Landtags statt. Aus der vom König Wilhelm dabei gehaltenen Thronrede theilen wir nur die auf die hessischen Ber- fassungswirrcn und die trostlosen Zustände in Schles wig-Holstein sich beziehende Stelle mit. Der König sagte mit Beziehung hieraus: „In Kurhessen währt ein Zwist fort, welchen meine treuen, wohlgemeinten und gemäßigten Nathschläge nicht zu beseitigen ver mocht haben. Die Bemühungen meiner Regierung sind unausgesetzt auf die Wiederherstellung deö verfassungs mäßigen Zustandes gerichtet. Zu meinem lebhaften Bedauern haben die Schritte, welche Preußen in lieber- einstimmung mit den übrigen deutschen Bundesstaaten seit Jahren gethan hat, um die unter der Herrschaft