Volltext Seite (XML)
74. Weißerih-Ieitung Freitag. Erscheint Dienstags und, Freitag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. 21. September 1860. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, Mucnflein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tages gefchichte. Von der Weißeritz. So wenig vor der Wahl des stäbischen Landtags-Abgeordneten in unserm Bezirke von diesem wichtigen Acte, öffentlich wenigstens, gesprochen wurde, so sehr wird in der neuesten Zeit unsere Auf merksamkeit dadurch in Anspruch genommen. Abgesehen von Dem, was in diesen und andern Blättern in Bezng auf einzelne Persönlichkeiten, die bei der Wahl concurrirten, Interessantes und Uninteressantes zu lesen gewesen ist, sind eö vor Allem die nun dem größeren Publikum übergebenen Gesetzentwürfe, mit denen die Staatsregierung demnächst vor die Stände zu treten gedenkt. Da handelt eö sich um Fragen, die in das öffentliche Leben tief einschneiden, und ganz natürlich erscheint dann die Frage: „Wie werden die von uns gewählten Abgeordneten sich ihnen gegenüber verhalten?" Oben an steht das neue Ge werbe gesetz, mit der Gcwerbesreiheit an der Spitze; wirb unser Abgeordneter von dem Geschrei Derer sich beirren lassen, welche mit beschränkten Blicken in dem Gesetze einen Ruin aller gewerblichen Verhältnisse erblicken, oder wird er der hohen Staatsregierung sich auschließen, welche mit unbefangenem, weitschauenden Auge erkannt hat, was dem Gewerbsstande Noth lhut, nämlich Freiheit von den zeitherigen Fesseln? Wir wünschen und hoffen daS Zweite. Sodann die neue Kirchen ordnung; wird unser Abgeordneter ein offenes Herz für das Wohl und das Gedeihen unserer evangelischen Kirche zur Becathung über diesen hochwichtigen Gesetz entwurf mitbringen? Wir zweifeln nicht daran, daß er erkennen wird, was unserer Kirche frommt oder nicht, und daß er zu Allem sein Jawort geben wird, was derselben zu einer würdigen, selbstständigen Stellung verhelfen kann. Auch die Uebelstände, welche unser jetziges Wahlgesetz z. B. durch den Ausschluß so vieler tüchtiger Elemente mit sich führt, werden sie in ihrem ganzen Umfange so erkannt und erwogen werden, daß eine Abhilfe in gewisse Aussicht gestellt wird? Auch daran zweifeln wir bei unserem Abgeordneten nicht. Wir haben also wohl triftigen Grund, vorläufig mit unserer Wahl zufrieden zu sein. Das Gute redlich uud unausgesetzt zu wollen, ist schon hinlängliche Bürgschaft für eine glückliche Erfüllung der, dem Ge wählten vertrauensvoll gewordenen Aufgabe. Wir halten Ehrlichkeit und Festigkeit im Verfolgen Dessen, was man als gut erkannt hat, für besonders wichtige parlamentarische Eigenschaften, und geben ihnen vor Redefertigkeit und glänzendem Wissen bei sonst unlauteren Absichten entschieden den Vorzug. Preußen. Die preußische Regierung erklärt in einer Circulardcpesche an die Vertreter Preußens bei den deutschen Regierungen in Betreff der deutschen Bundes angelegenheiten, daß eine Reform der deutschen Bun desverfassung Noth thue, wenn auch gerade jetzt nicht die rechte Zeil dazu sei. Namentlich dürfe der Bun destag nicht ferner eine oberste Polizeibehörde abgeben, die sich überall in die inneren Angelegenheiten der einzelnen Staaten mische, und zu Gunsten der Regie rungen jede freie Regung, ja selbst die beschworenen Verfassungen Niederschlage (Hessen-Cassel). Vielmehr habe er seine Aufgabe darin zu suchen, daß er nach außen hin die Unabhängigkeit, wie jedes einzelnen Staates, so der gesammten Nation und die ungeschmä lerte Integrität des vaterländiscben Bodens gegen jede Gefahr und gegen jede Verletzung wahre. — Hinsicht lich der deutschen Farben enthält die preußische Zeitung einen anscheinend halb amtlichen Artikel, worin gesagt ist, daß der Verwendung der schwarz-roth-goldenen Fahne bei Festlichkeiten nichts entgegenstehe, da zur Zeit weder ein Bundesgesetz noch ein Landesgesetz die deutschen Farben verbiete. — In Cöln hält seit dem 10. Sept, der volkswirthschastlicbe Kongreß seine dtitte Versammlung. — Pastor Uhlig, der Sprecher der freien Gemeinde zu Magdeburg, der Herausgeber des „Sonn- tagsblattes," verläßt Magdeburg und geht als Sprecher der freien christkatholischen Gemeinde nach Berlin. Coburg. DaS kleine Coburg macht in neurer Zeit viel von sich sprechen durch die geistigen Interessen, welche dort unter der Aegide eines edelbenkeuden Fürsten ihren Vereinigungspunkt finden. In Coburg war es, wo die deutschen Lehrer tagten, in Coburg war es, wo die Turner auS allen Gauen veS deutschen Vaterlandes zu einem großen Turntag sich zusammen fanden. In Coburg hielt auch der deutsche National verein in den ersten Tagen dieses MonatS seine erste Generalversamlung unter' dem Vorsitz des Freiherrn von Bennigsen. Wir begnügen uns damit, Nur kurz die Resultate der umfangreichen Verhandlungen derselben mitzutheilen. Man sprach sich zunächst da hin auS, daß das deutsche Volk seine Ansprüche auf eine staatliche Einheit nimmer aufgebe. Es verpflicht ten sich ferner die Mitglieder deS Vereins, für eine allgemeine Amnestie der wegen politischer Vergehen in Deutschland Verurtheilten zu wirken. Sodann sprach der Verein seine Sympathie für die Beharrlich keit aus, womit daS kurhessische Volk seinen lang wierigen Kampf gegen die ihm zugemutheten Rechts widrigkeiten geführt habe. Auch die schleSwig-holstein'- sche Frage wurde im Sinne deS Vereins besprochen. Hinsichtlich der italienischen Angelegenheiten sprach