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Freitag. ^14 17 Februar 1860 Erscheint Dienstag« und Freitag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerih-Zeitung. Prei« pr» Quartal 10 Ngr. Inserate die spalten - Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Statt der Königlichen Gerichts-Ämter und Itadträthe zv Dippoldiswalde, Fraucnstein nnd Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. ———— 7 ———««MM. TageSgefchichte. -s. Dresden, den 10. Febr?) Wie ich ans dem hiesige» stenographischen Correspondenzblatt ersehen habe, findet gegenwärtig in Ihrer Stadt die Kunst der Stenographie eine sehr rege Theilnahnie. Es wird daher Ihren Lesern von Interesse sein, zn ersabren, wie man hier Gabelsbergers, des Erfinders unserer Stenographie, 71. Geburtstag gefeiert hat. Ich beeile mich daher, Ihnen einen knrzen Bericht über diese Feier zu geben. ES versammelten sich zu diesem Zweck gestern Abend in dem festlich geschmückten Saale des Hotel de Pologuc die Mitglieder des k. stenographischen Instituts nnd eine große Anzahl von Freunden und Beförderern der Stenograbpie — unter ihnen auch der Staatümiuistcr v. Beust. Den Fcstaetus eröffnete Geh. Reg.-Rath Häpe mit einer Rede über die neuesten Fortschritte und den gegenwärtigen Stand der Steno graphie. Er zeigte darin, wie die Stenographie jetzt immer mehr Gemeingut werde, wie dieselbe bereits an 12 verschiedenen Universitäten, an allen Gymnasien in Baiern, an 29 anderen Gymnasien in Deutschland (unter denen sich aber leider keine sächsischen befinden) ferner an 15 höheren Neal- und GewerbSschnlen unter die UnterrichtSgegenstände ausgenommen ist. Diesem Vortrag entnehmen wir scrncr, daß es in Deutschland jetzt 80 stenographische Vereint giebt, von denen 25 auf unser Sachsen komme», und baß im Jahre 1859 wohl an 3000 Personen an 106 verschiedenen Orten <— unter denen bei der nächsten Gabclsbcrgsfcicr auch Ihr Dippoldiswalde ehrenvoll mit genannt werden wird —) Unterricht in der Stenographie nahmen. An diesen Vortrag schloß sich ein anderer des Lehrer Wagner an, der mit Hülfe einer schwarzen Tafel, an die er die stenographischen Zeichen schrieb, ein klares nnd entsprechendes Bild von dem Wesen der Steno graphie gab, worauf ein Wettschreibcn in stenographischer und gewöhnlicher Currentschrist erfolgte, dessen Resultat viele der anwesenden Gäste in Erstaunen setzte. ES wurde dabei bemerkt, daß ein geübter Stenograph im Stande lei, Dasjenige in einer Stunde zu schreiben, zu dessen Niederschrift ein flotter Schreiber in Current schrift 8 Stunden Zeit brauche. Das hierauf folgende Festmahl war durch eine Reihe allgemein ansprechender, zum Theil recht humoristischer Toaste geistig belebt. Unter den letzten, heben wir den des Redacteur Siegel hervor. Er bekannte, daß er erst heute seine bisherige „Scheu vor den mystischen Krakelbcineu" überwunden habe, eine Scheu, die freilich gerechtfertigt sei, wenn *) Konnte wegen Mangel an Ran», nicht mit in die vorige Rümmer ausgenommen werden. man bedenke, wie wenig behaglich eS manchmal sein könne, eine leicht hingeworfcne Rede sich fixirt zu denken. Schließlich aber pries er die Stenographie als ein Mittel zur Entdeckung der Wahrheit. Kaum batte er seine Rede geendet, da erhob sich auf einen Wink des Vor sitzenden ein Stenograph und las zum heitern Staunen des Redners die ganze Rede Wort für Wort vor. Die Tafellieder, welche gesungen wurden, waren stenogra phisch gedruckt. Während des Mahles langten aus der Ferne von zwei versammelten Stenographcnvereinen tele graphische Festgrüße an, der eine aus Löbau, der andere aus Bamberg. Sie wurden mit einem Hoch ans die fernen Knnstgenoffen vorgelesen und sofort telegraphisch crwiedert. Den Schluß des Festes bildete eine humo ristische Vorstellung, die sich ans den ersten Erfinder stenographischer Schriftzeichen, den freigelasscnen Sclaven des berühmten römischen Redners Cicero, bezog. -s- Dresden, den !2. Febr. Bei dem regen Streben, welches Ihr Dippoldiswalde auch in gewerblicher Hin sicht entfaltet, wirb Ihren Lesern eine kurze Schilderung des am Abend des 4. Febr. in Braun'S Hotel auf der äußern pirnaischcn Straße abgcbaltcneii 26. Stif tungsfestes des hiesigen GcwerbevercmS nicht uninteres sant sein. Dasselbe nmr von ungefähr 100 Mitgliedern des ungefähr 600 Mitglieder zählenden Vereins bcsucbt. Das Festmahl ließ an geistigen wie an leiblichen Ge nüssen nichts zu wünschen übrig. Die Reihe der Toaste eröffnete der Vorstand beS Vereins, Prof. Schubert, mit einem Toast auf den König Johann von Sachsen, worauf der Sekretär des Vereins, Kaufmann Hänsel, die Gäste leben ließ, in deren Namen dankend der Geh. Reg.-Ralh Häpe in herzlicher Ansprache ein Hoch auf den Geu crbeverein ansbrachte. Ein Tafellied, welches in würdiger Weife der Idee der Gewerbcfreihcit Rech nung trug, folgte. Hieran schloß Redacteur Advokat Siegel einen recht sinnigen Toast aus den Frieden und zwar den Frieden in der Welt, den Frieden im Gc- werbslebcn, den Frieden im Hause nnd endlich den Frieden in der eigenen Brust. An diesen Toast später wieder anknüpfend, ließ Commissionsratb Redacteur Hartmann die Frauen leben, die hier durch energisches Auftreten, dort durch kluges Nachgeben den Frieden im Hause zu erhalten wüßten. Kaufmann Hänsel brachte, nachdem er in scherzhasien Versen die verschiedenen Gründe dargclegt hatte, die Manchen vom Besuch des heutigen Festes abgehalten hätten, ein Hock ans die Gcwcrbcfreihcit ans, baö mit lebhaften. Beifall auf genommen wurde. So wechselten noch lange Reben, Gesang und Trinksprüche, bis endlich eine vom Lehrer Clans' mit vielem Witz und Humor abgchaltenc Auktion verschiedener Attrappen daS Fest in höchst ergötzlicher