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Freitag. 12 10. Februar 1860. Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerih-Zeitung. PreiS pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalte». Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeigt-WM der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe ZN Dippoldiswalde, Frauensteia und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Taqesgeschichte. Dippoldiswalde, den 9. Febr. Ein merkwürdiger, launenhafter Winter, wie er uns kaum vorgekommen ist. Am 6. d. Mts. schickte er uns nach vorhergegangenem Thauwetter ein Schneegestöber, das am 7. an Heftigkeit zunahm, dergestalt, daß z. B. der Postenlauf dadurch nicht wenig gestört wurde und die Marienberger Post statt Mittags um 1 Uhr, erst Abends gegen 6 Uhr bei uns eintraf. Am 8. bis gegen Mittag währte das Unwetter fort und Jedermann dachte, daß nun wenigstens eine anständige Schlittenbahn daraus hervorgehen würde. Allein weit gefehlt! Gegen Mittag änderte der Wind seine eisige Natur und ward zum Thauwind! Es entstand jenes, dem Schuhwerk namentlich höchst un angenehmes Schneeschlickerthum, und die Auflösung des kaum gewounenen Schnee's schien wiederum vollständig zu sein. Da heute Morgen, als wir znm Fenster hinausschauten, welches Wunder! Frischer Schnee über Nacht und immer schneit es noch, als sollte nun erst recht gute Schlittenbahn werden. Doch wer weiß, wie es morgen früh aussehen wird! Geben wir uns daher keinen voreiligen Hoffnungen hin! Dippoldiswalde. Der frühere Büchsenmacher Röger, jetzt Armenhausbcwohner hier, hatte in letzter Zeit an der Tharand-Freibcrger Eisenbahn gearbeitet. Von seinem empfangenen Lohne scheint er ein gut Theil in Spirituosen umgesetzt zu haben, denn er ist in offenbar angetrunkenem Zustande am Sonntag Abend durch den Paulsdorfer Busch gegangen, dort wahr scheinlich umgesunken und am Montag erfroren daselbst ausgefunden und gerichtlich aufgehoben worden. Sein Hündchen, das schon Tags vorher an einem in der Nähe Vorübergehenden in die Höhe gesprungen und alsbald darauf wieder in den Wald gelaufen war (um diesen zu seinem todten Herrn zu führen), saß auf der Brust des Erfrorenen, als man ihn auffand. Altenberg, den 8. Febr. Bereits ist cs der dritte Tag, daß wir einen Schn ec sturm haben, wie selten. An manchen Orten liegt der Schnee 7—9 Ellen hoch, bildet hohe Mauern, in denen die nieder» Hütten ihre Schützlinge anerkennen. Aber leider ist anch der Ausgang und die Passage in den Wald dadurch ge hemmt. Wenn der geringe Holzvorrath manches armen Familienvaters zur Neige geht, so sieht er in dem nahen Forst einen Zufluchtsort. Er hängt seinen Handschlitten an, holt seiner Hausehre, die mit ihm ein Zweigespann ansmacht, wieder eine Fuhre Aeste, und der Holznoth ist wieder auf mehrere Tage vorgebcugt. Wie aber jetzt? Wir nehmen Leute, die sich den Sommer hin durch mit Holz wohl versorgen könnten, es aber nicht thun, keineswegs in Schutz, können aber doch auch nicht in Abrede stellen, daß ein Holzhof, in welchem für einige Dreier jederzeit Brennmateriale zu bekommen wären, hier am rechten Orte wäre. LungwiH, den 7. Febr. (Eine Auferstehung von den Lobten.) ES ist eine beilige Pflichl der Pietät, die Körper Verstorbener mit derjenigen RücksichtSnahme zu behandeln, die wir auch den Lebenden schuldig sind; denn es ist eine unter den Aerzten noch keineswegs ausgemachte Thatsache, daß mit dem letzten Athcmzuge und dem letzten Herzschläge auch das Leben erloschen sei, und die TinneSthätigkeit und das Bewußtsein ausgehört habe. Wie schrecklich muß es für einen scheinbaren Tobten sein, der auch nicht durch die leiseste Bewegung ein Zeichen des noch in ihm vorhandenen Lebens zu geben im Stande ist, wenn in seiner Um gebung von den Veranstaltungen znm Begräbniß gesprochen, oder wenn sein Körper rücksichtslos ange faßt und an einen abgelegenen, im Winter nicht erwärmbaren Ort gebracht und hier, nur leicht bedeckt, seinem Schicksal überlassen wird! Die Zahl der schein- todt Begrabenen ist eine weit größere, als man ge wöhnlich glaubt, da nur selten ein Zufall eine Kunde aus dem dunkeln Grabe an die Oberwelt bringt. So wurde z. B. vor ungefähr 15 Jahren aus Stettin berichtet, daß man beim Anlegen neuer Festungswerke genöthigt gewesen war, einen Kirchhof abzugraben, und daß man dabei eine vcrhältnißmäßig große Anzahl von Leichen in einer Lage gefunden hätte, die darauf schließen ließ, daß sie Solchen angehört hatten, die im Grabe wieder erwacht waren. Daß selbst von erfah renen Aerzten bloßer Scheintod mit dem wahren Tode verwechselt werden könne, davon gicbt folgende, aus authentischer Quelle geschöpfte Mitteilung ein schlagen des Beispiel, bei welcher wir nur aus Rücksicht aus die betreffende Kranke und die dabei beteiligten Acrztc Namen und Lokalitäten verschweigen, für die Wahrheit dcr Thatsachcn aber mit der Namensunterschrift einstehen. Ein Mädchen von ungefähr 24 Jahren aus dem Dorfe S. in der Nähe von Lungwitz, die sich seit 4 Jahren bei einer Dame in einer größcrn Stadt Sachsens in Conditio» befand, erkrankte im vorigen Herbste am Nervcnficber und ward zur ärztlichen Behandlung in's Stadtkrankenhaus gebracht, welches sich durch die Vor züglichkeit seiner Einrichtung und durch die Gediegenheit der an demselben angcstclltcn Aerztc weit und breit des Rufes einer Musteranstalt in seiner Art erfreut. Die Krankheit »ahm einen schleichenden Charakter an, so daß das Mädchen mehre Monate im Krankcnhause zubrachte. Ihre Kräfte nahmen immer mehr und mehr ab, bis endlich der LebenSsaden abgerissen schien. Die