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Freitag. 58. 29. Juli 1859. Erscheint Ptti- MWeißerih-ZeüungM Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadtrathe zu Dippoldiswalde, Muenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. * Altenberg, 27. Juli. Vor Kurzem starb hier der Bergarbeiter Puschel in Folge des Wahnsinnes, bei dem ihn mehrere Mann Wache kaum zu bewältigen vermochten. Man will die Krankheit der allzugroßen Hitze zuschreiben. — Zweckgemäß läßt bei dem jetzigen schwachen Wasserstande die Stockwerks-Administration den großen Teich schlämmen, und giebt dadurch, waö nur Lob verdient, einem Theil der Mannschaft, außer der Schicht, einen Nebenverdienst. — Als ich in der letzten Nr. d. Bl. las, daß in Chemnitz jeder Chorknabe 20 Thlr. jährliche Gratisication erhält, dachte ich an unsere Chorknaben, von denen jeder 1 Thlr., allo den 20. Theil, empfängt! Erwägt man, daß unsere Chor knabe», außer dem Kirchendienst, jede Leiche auch bei Sturm und Wetter auf den entfernten Friedhof be gleiten müssen, fv darf man sich nicht wundern, daß der oder jener beim Hinblick auf den spärlichen Lohn plötzlich wieder abspringt. Der Cantor hat nun die Noth, die Lücke wieder zu ergänzen und einen andern mit vielen Mühen dahin zu bringen, daß er eine Terz oder Quart trifft. Und an einer schönen Kirchenmusik, bei der die Chorknaben mitwirken, muß doch sicher der ganzen Kirchfahrt gelegen sein! Lauenstein, 25. Juli. Vor einigen Tagen spielten in dem unweit von hier gelegenen Dorfe Löwcnhain mehrere Kinder von 4 bis 8 Jahren an einem der Teiche dieses Ortcö und ein 4 Jahre altes Mädchen stürzte bei dieser Gelegenheit kopfüber in denselben. Während nun alle Kinder schreiend davonliefen, sprang der 8jährige Knabe Raue dem Mädchen nach, zog dasselbe, welches mit dem Kopfe im Schlamme steckte und dem Ersticken nahe war, berauS und übergab cs dem unter- deß auch zur Hilfe herbeigeciltcn Vater. Berlin, 23. Juli. Zwischen dem hiesigen und dem Petersburger Hofe bahnt sich eine innige Annäherung an, welche die Aussicht auf eine Verbündung Preußens und Rußlands bei irgend einer für Preußen oder Deutschland bedrohlichen Wendung der Dinge gewährt. Die Geneigtheit Rußlands zu einer vollen "Wiederher stellung des alten herzlichen Einvernehmens mit Preußen, soll sich bereits in mehreren vertraulichen Eröffnungen kund gegeben haben. Die Schritte, welche beiderseits zur Erreichung dieses Zweckes geschehen sind, haben hier in allen Kreisen, in denen sie bekannt geworden sind, große Freude hervorgerufen, da das Einvernehmen Preußens und Rußlands als eine wesentliche Bürgschaft für die fortdauernde Erhaltung des europäischen Friedens erkannt wird, um so mehr, wenn sich ganz Deutschland in dieser Beziehung an Preußen anschließt. Besonders erfreulich ist die Versicherung des Petersburger CabinetS, daß die freundschaftlichen Gesinnungen, welche es in Bezug aus Preußen hege, auch während der Entwickelung der Dinge in der italienischen Angelegenheit keine Preu ßen auch nur im entferntesten gefahrbringende Aenderung erlitten hätten. ES fallen damit mannichfache Besorg nisse, welche man in Preußen und dem übrigen Deutsch land gehegt hat, fort. Ein Bündniß Preußens mit Rußland wird bei der von England beobachteten Haltung, welche keine sichere Gewähr sür ein unbedingtes Zu sammengehen mit Preußen leistet, in allen namhaften Kreisen sür nothwendig erachtet. Es erleidet keinen Zweifel, daß diese Auffassung in ganz Deutschland volle Zustimmung finden wird. — Vom Wien er Cabinet ist gegenwärtig, wie in den hiesigen diplomatischen Kreisen verlautet, eine Eröffnung hierher ergangen, welche das Streben, Preußen zu begütigen und zu beschwichtigen, um am Deutschen Bunde wieder alles auf den alten (d. i. jämmerlichen) Fuß zu bringen, deutlich kund geben soll. Hier in Berlin, wo man nun doch endlich ein gesehen, wessen man sich überhaupt von Oesterreich zu versehen habe, ist aber die Anschauung die überwiegende, daß die Bundesverfassung vereinfacht werden müsse und daß die offenbaren Mängel und Gebrechen derselben, welche sich in jüngster Zeit in so überzeugender Weise der gesummten deutschen Nation in das Bewußtsein eingeprägl hätten, nicht länger mehr aufrecht zu erhalten seien, wenn auch nur von der Befähigung Deutschlands zu einem einheitlichen Handeln die Rede sein soll, ge schweige von der Einheit des Handelns selbst. Die Schwierigkeit der Bcschlußnahme in allen wichtigen Bundessachen hat der Würde und dem Ansehen des Bundes in der öffentlichen Meinung Europa's nun schon in so vielen Fällen unberechenbare Nachtheile ge bracht, daß es nachgerade wahrlich Zeit ist, an eine Vereinfachung der Bundesverfassung zu denken. — Der Borsig'schen Fabrik ist der Bau der Hälfte der Maschinen zur Herstellung vom 20 neuen Schrau benkanonenbooten der preußischen Marine über tragen worden. — Am 22. Juli brannte in Köln während eines heftigen Gewitters das städtische Schauspielhaus ab. Die Flammen zeigten sich zuerst in dem Zimmer des Castellanö Deutz, und griffen, genährt von dem durch eine Menge Röhren znströmenden Gase, so rasch um sich, daß bald der vordere Theil in vollem Feuer stand, bas sich nach der Bühne verbreitete, wo es Decorationen und andern inassenhasten Brennstoff fand. An eine Rettung des Gebäudes war nicht zu denken, kaum daß es gelang, die benachbarten Häuser, voy denen manche schon in Brand gerathen waren, zu retten. Leider