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lßeißerih-Ieitung Erscheint Dienstag« undG Freitag«, q Au beziehen durch alle Post ¬ anstalten. Amts- und Anzeige-Klatt -er Königlichen Gerichts-Jemter nnd Stadträthe zn Dippoldiswalde, /ravenkteia und Attenberg. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Verantwortlicher Redaetcur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Wie steht's mit Deutschlands Einigkeit? Diese Frage ist zu keiner Zeit dringlicher und eine günstige Antwort darauf niemals erwünschter gewesen, als jetzt. Gebe der Himmel, daß eine solche Antwort recht bald durch alle Gauen Deutschlands mit lauter Stimme erschalle! Recht bald, sagen wir; denn der Augenblick, in dem wir diese Zeilen schreiben, ist leider noch nicht Zeuge eines völligen ungetrübten Zusammenwirkens der deutschen Mächte. Noth läßt sonst immer, zumal in kleineren Kreisen, Hader und Zwietracht verstummen, und die von einander getrennt waren, sich wieder vereinigen. So hoffen und wünschen wir, daß auch unser herrliches deut sche- Vaterland diese Erfahrung noch an sich machen möge. Wer ist denn aber uneins im deutschen Lande? Während Preußen erklärt, daß es nöthigenfalls mit seiner gesammten Macht, weit über seine bundeSmäßigen Ver pflichtungen hinaus, zum Schutze der Sicherheit und Unabhängigkeit Deutschland- eintreten würde; daß eS aber auch deshalb, mit Rücksicht auf die besondere Stellung, in welcher die andere deutsche Großmacht durch den italienischen Krieg sich befinde, mit um so größerem Rechte von ihren übrigen deutschen Bundesgenossen erwarten könne, daß sie Preußen die Initiative für die nothwendigen militärischen Maßregeln überlassen: hat Hannover, im Gegensatz zu dieser Erklärung, beim Bundestag die Aufstellung eines ObservationScorps am Oberrhein beantragt. Preu- ßen hat sich diesem Anträge als einem nicht zeitgemäßen widersetzt und so harrt diese Streitfrage noch ihrer Erledigung. Ferner erregte in den jüngst verflossenen Tagen ein aus dem Schweizerischen HandelScourier entnommener Artikel über angebliche Sonderbündnisse in Deutsch land vielfältiges Aufsehen. Demselben zufolge sollte ein wirkliches, volländiges Uebereinkommen zwischen Oester reich einerseits, Baiern und Sachsen, vielleicht auch Wür- temberg andrerseits, bestehen, dessen wesentliche Puncte wären: von der einen Seite das Versprechen, die öster reichischen Länder mit einer entsprechenden Truppenmacht zu schützen, von feiten Oesterreichs dagegen die Verpflich tung, bei einem dereinstigen Friedensschlüsse nicht bloS den dermal igen Besitzstand der betreffenden Staaten ihnen ungeschmälert zu erhalten, sondern ihnen zu Vergröße rungen zu verhelfen und zwar so, daß Sachsen seine Ver luste vom Wiener Kongreß, Baiern den an Baden ab getretenen Theil der Pfalz zurückerhalten würde. Dieses angebliche Uebereinkommen ist bereits auS officieller Quelle, dem Dresdener Journal, als durchaus erfunden und erlogen bezeichnet und als das Erzeugniß eines politischen Spaßvogels hingestellt worden, der den schlech- ten Geschmack habe, in dieser ernsten Zeit leichtgläubige Zeitungsredactionen und Leser mit den Erfindungen seiner politischen Laune zu düpiren. Zu beklagen bleibt e- gewiß, daß solche Gerüchte jetzt aufkommen können, die nur dazu dienen, Zwiespalt und Mißtrauen unter dem deutschen Volke zu erregen. Hoffen wir, daß Alles, was Lügengewebe ist, vor der Macht der Wahrheit verschwinde und jeder Deutsche es zumal jetzt mit seinem Vaterland« redlich meine. Während also am politischen Himmel für unS Deutsche noch hie und da Wolken stehen, welche die ungetrübte Einigkeit der Nation in ihrem vollen Glanze nicht durch scheinen lassen wollen, häufen sich in socialen Kreisen die Zeichen eines einigeren Sinnes. Einig ist man wohl überall in dem Zurückweisen französischen Uebermuthe«, sofern er Deutschlands Recht und Wohlfahrt anzutasten Mienen macht. Diese- Zurückweisen spricht sich in mannig fachen einzelnen Kundgebungen aus. Wir wollen nicht ausführlicher davon reden, daß man z. B. die französische Sprache in ter Unterhaltung zu meiden anfängt, daß man französische Seide und Weine gleichen vaterländischen Er zeugnissen zu opfern sich anschickt; es kann hier bet aller guter Meinung doch etwa- zu weit gegangen werden. Aber interessant ist eine Mittheilung der Neuen Münchener Zeitung vom 20. Mai: Die patriotische Kundgebung diesiger Damen, den französischen Einflüssen auf unsere Industrie und Mode einen entschiedenen Krieg zu erklären, ist in den höchsten Kreisen sowol wie in der bürgerlichen Sphäre mit Befriedigung und Enthusiasmus ausgenommen worden. Damen aus den hervorragendsten adeligen Fa milien haben sich dem Unternehmen der Frauen von Dettenhoser und Elise Knorr angeschloffen und vor Allem das auffälligste Zeichen französischer Geschmacklosigkeit, die Erinoline, abgelegt. Die hiesige Künstlerschaft, Direclor v. Kaulbach und Hofmaler Dietz an der Spitze, wird ebenfalls einen Ausruf an die deutschen Frauen erlassen und eine Zusammenkunft unserer Damenwelt bet dieser Gelegenheit veranstalten, bei welcher verschiedene Trachten, die von der bisher üblichen Mode nicht wesentlich ver schieden. aber doch frei von den gallischen Auswüchsen ge halten sein werden, zur Vorlage gebracht werden sollen. Man hofft auf diese Weise sowol dem deutschen Gewerb- fleiß in einer düster» Zeit unter die Arme zu greifen, als für immer sich dem herrschenden Modegeist des Westens entziehen zu können, ganz abgesehen von der weitern Tragweite eines solchen konsequent durchgeführten Vor habens auf die Stimmung der französischen Industriellen in dem gegenwärtigen kritischen Moment. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Ueber die künftigen Sonntag Rogate bei uns stattfindende Kirchenvisitation geht uns folgende Mittheilung zu. Bei demVormittagö- gottcSdienste, der in herkömmlicher Weise abgehaltcn