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so schrieen sie auf, so stürzten sie an die Arbeit. Die Kranken waren gesund, die Trunkenen nüchtern, und in zehn Minuten waren alle Segel gesetzt und die Karronaren geladen und schußfertig und Vie Waffen parat. Und wär'S eine Fregatte gewesen, — diesmal hätten wir sie angegriffen. Wir mußten einen Kampf haben, und Blut, Blut! Aber eS kam keine Fregatte, — eS war unser Spaniole, wie er leibte und lebte, wie man ihn uns beschrieben. — Und da faßte auch uns die Brise, der Schoner folgte dem Steuer, wir kamen los von dem verfluchten Fleck und zu ihm hinan, der sorglos nivder- kam. „Ich seh eS noch, wie er in seinem stetigen Lauf schwankte, alS ihm unser erster Schuß über die Spieren fuhr, damit er beilege. Doch er fuhr wieder stetig weiter und die englische Flagge ging in die Höhe. Allein daS irrte uns nicht, unsere nächste Kugel kostete ihn die Fockraa und die Leesegel kamen herunter wie eine Wolke. Aber wenn wir ibn damit zu haben ge- gedachten, hatlen wir arg in die Kohlen geschlagen. Im Nu hatte er gewendet und daS Wrack vom Halse und dann lief er hin vor der sich stets frischenden Brise, so stolz, so leicht, daß wir wohl sahen, wie Don Cristobal so unrecht nicht hatte, daS Schiff war edel und seine Mannschaft mit ihrem Kapitän so brav, wje eine auf der Well. Zu einer andern Zeit hätt'S mich ihrer jammern können; aber damals war auch ich nur voll heißer Gier. Und unser Schoner ward jetzt auch lebendig und that, waS in seinen , Kräften stand. Dagegen konnte Venn kein ander Schiff auf kommen. Und vennoch jagten wir ihn vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Abend, und vom Abend wieder bis zum Morgen, ohne ihn recht fassen zu können, denn eS war ein trefflicher Segler. Doch am folgenden Morgen erreichten wir ihn mit unserer langen achtzehnpfünbigen Karronade, knickten ihm eine seiner Federn nach der andern, und eine Stunde nach Sonnenaufgang hing er matt an unfern Enterhaken. „Ich will Euch nicht davon erzählen. Die Zeit vorher hatte unS erhitzt; die Jagd hatte unS nicht ab gekühlt. Der Spaniole ergab sich auch nicht wie ein feiger Hund, sondern wehrte sich mannhaft. Und bei unS war niemand, der da kalt geblieben. Kurz eS war eine Stunde voll Blut, und eS blieb nicht ein Leben an seinem Bord von allen, die wider unS ge-, kämpft. DaS habe ich öfter erlebt — und dabei wär' nichts, das mich dran besonders bedenken ließe. Es war ein Spiel: du ober ich, — und so war'S wett. Aber nun!" — Er holte tief Luft und schwieg einen Augenblick. „Als eS still droben war, als daS Geschrei, das Schießen und Klirren verstummt war, da kam von unten ein gellender Ruf, und indem flog eS schwarz die Leiter herauf, und auf dem Verdeck stand ein Weib in dunklen Gewändern — glühend --- entsetzt — zit ternd vor Schreck und Angst — ein paar wilde Ge sellen stürzten hinter ihr drein — und sie sah wild nach dem Blut und den Leichen, und sie sah entsetzt auf die wilden, geschwärzten, blutigen Bursche umher, und indem heftete sich ihr Blick auf mich, und mit einem neuen Ruf stürzte sie durch die Menge und warf sich mir zu Füßen und umschlang meine Kniee und drückte das Gesicht dagegen —„Don Jorge!" rief sie stöhnend. „Don Jorge!" „Wie durchfuhr es mich! Es war Donna Teresa, die Gattin eines deutschen Kaufmanns in Cadiz, in dessen Haufe ich auf zwei meiner frühern Fahrten mit meinem Kapitän ost gestug gewesen und daselbst sehr viel Gutes empfangen hatte. So waS vergißt ein armer Matrose nicht. „Härt' ich mich besonnen, ich weiß nicht, waS gescheht,; denn klug war meine Einmischung nicht. Aber ich besann mich nicht. Ich riß mich los und warf mich vor sie und schrie den wilven Burschen entgegen: „wehe dem, der sie anrührt! dies Weib ist mein!" Und in der einen Pistole hatte ich noch einen Schuß, und mein Degen war noch scharf. So stand ich vor ihr, und bei Gottes Donner, ich hatte nicht im Sinn zu spaßen. „Da stellt sich der Kapitän vor mich hin, mit untergeschlagenen Armen, mit höhnischem Gesicht — ich seh sie noch die böse, mit Blut besudelte Fratze — und so starrt er mich an, ganz stumm, waS die Stimme anbelangt, aber die Augen lebendig wie leib haftige Teufel. Und endlich sagte er: „Ei, ei, Don Jorge, waS Ihr für charmante Bekanntschaften habt, — Hätt'S Euch gar nicht zugetraut!" Damit schweigt er zwar wieder, allein ich merk' es schon, wohinaus eS mit den Worten soll, und ich spreche auch kein Wort, sondern halte nur mein Pistol fest in der Hand, den Finger am Drücker. DaS sieht er, sein Gesicht färbt sich noch röther, Vie Stirne runzelt sich noch mehr, und mit einem Male bricht er auS: „Aber, mein Bursch, qeue Moden führst du hier nicht ein. Bekanntschaft hin und her — fort mit dir -n deinen Posten, und dast Weib in meine Kajüte! — Kein Wort! —Schnell!" „Aber eS gehorchte ihm Niemand. Sie sahen'S mir an, wie eS in meinem Sinne stand, und, wie ich Euch sagte, hatte ich auch meine große Partei an Bord, die fest zu mir hielt. Je mehr ich nun fühlte, daß eine Entscheidung nahe sei, desto kaltblütiger und ent schlossener wurde ich, und so warteie ich — nein, zu warten hatte ich nicht mehr, denn er sprang auf mich ein, wie ein Tiger — in demselben Augenblick ging mein Schuß los, er stürzte im Fallen auf mich und riß mich um. Aber ich stanv im Nu wieder aus meinen zwei Beinen. DaS ging so schnell, wie ein Gedanke, und wenn ich'S ebenso schnell erzählen wollte, müßte ich eine Zunge haben, wie ein altes Weib ober ein Franzose. — WaS jetzt geschah, brauche ich Euch. nicht zu sagen. Genug, ich ward damals der Kapitän der Schaar, nachdem man mich feierlich von aller Schuld an dem Todtschlag freigesprochen. Und mein erstes Werk war, vaß wir uns mit der günstigen Brise davon nnd in unfern eigenen Hasen machten. Die See halte an diesem Tage so viel von unS zu sehen gekriegt, daß wir bange hatten, die Wellen sogar möchten plaudern. Wir wollten sie erst vorüberziehn lassen." „Ich will Euch das schnell sagen, denn verweilen dabei kann ich nicht, noch mag ich'S. Wenn eS lang und breit erzählt werben müßte, möchte ich es auch nicht mehr genau in meinem Kopfe zusammen- fiuden. — Die Frau ging mit unö an Land. Aber als ich nach sechs Wochen wieder in See wollte, weil eS mir auf der Feste nicht länger behagte, da bot ich ihr än, mit uns zu gehn, und versprach ihr, sie auf daS erste unS begegnende Schiff zu setzen, damit sie dann hinginge, wohin es ihr beliebe. Ihr Mann war freilich tobt, wie ich von ihr erfuhr, aber sie konnte ja zu dem alten Oheim gehen, zu dem sie eigentlich gewollt, oder wohin eS ihr sonst paßte. — Ich will