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Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Psstanstal- tkn. Preis pro Quart. 1V Ngr. 64 15 August 1856 ————Inserate wrtdttt mit Weißeritz-DertimMD l angenommen. Em unterhaltendes Wochenblatt für de» Bürger und Landman». Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne.in Dippoldiswalde Dänemark und Schleswig-Holstein. Ein Blick auf Schleswig-Holstein in seiner gegenwärtigen Lage ist für jede deutsche Brust, welche für vaterländisches Interesse nur noch einigermaßen Gefühl hat, außerordentlich betrübend. Nachdem der deutsche Bund das sonnenklare Recht der Herzogthümer anerkannt, nachdem Heere deutscher Fürsten für die gute Sache des unglücklichen Landes gekämpft hatten, unter den Kämpfern selbst Fürsten- söhne, zog sich die deutsche BundeShilfe zurück. So wurde ein deutscher Staat unterdrückt und der Rachsucht des er zürnten Feindes ohne Bedingung überliefert. Welche Berfolgnngswuth seitdem in den unglücklichen Provinzen gehaust hat, wie die edelsten Männer ihrer Stellen entsetzt, verjagt in Deutschland umher irrten, welcher Hohn und Uebermuth, welche erbitterte und kleinliche Rache ihr schauriges Wesen dort trieb, davon haben die Zeitschriften fast allmonatlich Thatsachen mitgetheilt; aber es machte kaum mehr einen Eindruck, seitdem das unglückliche Land durch «inen deutschen Bruderstamm mit Gewalt dem über- müthigen Feinde ausgeliefert worden war. Wie die dänische Regierung in den Herzogthümern auftreten würde, nachdem ihr dieselben ohne alle Clauseln ausgeliefert waren, konnte Jeder Voraussehen, der nur die Anfänge der Dinge studirt hatte. Jetzt hat nun Dänemark einen Schritt gethan, der der hohen Diplomatie zu arg ist. Sie scheint deshalb überrascht und entrüstet. Wie bekannt, hatten die beiden Herzogthümer, welche in den reichen Märschen und einem kräftigen Viehbestände eine nachhaltige Steuerkraft besttzen und viel wohlhabender find, als die dänischen Provinzen, das Recht, eine eigene Staatskasse für sich zu bilden. Dänemark hat aber gesehen, daß es vortheilhafter sei, mit den reichen Provinzen staatliche Gütergemeinschaft zu machen, und eS hat für gut befunden, die holsteinischen und lauenburgischen Domänen (Staatsgüter) zu verkaufen und zur dänischen „Gesammt- casse" zu ziehen. Das ist ein gar arger Gewaltstrelch au dem hartbedrängten Lande. Man will damit neue Mittel gewinnen, die unglücklichen deutschen Provinzen zu knechten. Die lauenburgischen Stände wollten eine Beschwerde beim deutschen Bunde einreichen. Da beeilte sich aber die „Zeit", das Organ des preußischen Ministers von Manteuffel, von einem solchen Schritte abzurathen und bot dagegen die Dienste der preußischen Diplomatie an. Preußen hat nun, und eben so Oesterreich, in einer Denkschrift an die dänische Regierung dringende Vorstellungen wegen jenes unrechtmäßigen Güterverkaufs gethan. Uns wundert nur, wie man im Ernst glauben kann, Dänemark werde aus solche Vorstellungen etwas geben, nachdem man ihm erst die Herzogthümer auf Gnade und Ungnade unterworfen hat. , Wir glaubten unS sicher darauf vorberriten zu müssen, daß auch dieses Mal dänische Willkühr an deutsches Recht sich nicht kehren und dänischer Uebermuth aus deutsche Höflichkeit keine Rücksicht nehmen werde. Diese Voraussicht hat sich schneller, als man erwarten durfte, bestätigt. Vor Kurzem erschien in dem dänischen Gesetzblatt das vom Könige sanctionirte holstein-lauenburgische Do- mänengesetz. Darin heißt es: „Die Domänen gehören zu den gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie." Es wird also deutsches Eigenthum fort verkauft und Dänemark macht — Gütergemeinschaft. Das ist sehr kurz und einfach. Dänemark deliberirt nicht — es entscheidet; eS verhandelt nicht — eS handelt. Eine finanziell, wie politisch hoch bedeutsame Frage macht eS mit einem Proclama ab, mit nicht mehr Worten, als ein Kaufmann gebraucht, um die Entlassung eines Reife- dienerS anzuzeigen; die Herzogthümer, die man hat unter werfen Helsen, kann da- kaum noch überraschen. Aber der kecke Eindruck diese- einfachen Verfahren- erhöht sich, wenn man sich erinnert, daß eben jetzt diplomatische Verhand lungen von zwei deutschen Großmächten in dieser selben Frage erhoben find. Da- Herkommen schreibt für solchen Fall eine Erwiderung auf demselben diplomatischen Wege vor. Dänemark bat sich auch über solche- Herkommen einfach hinweggesetzt. Noch verlautet Nichts von einer nach Wien oder Berlin erlassenen AntwortSnote. Da bringt das dänische Gesetzblatt die Antwort ziemlich prompt gedruckt: ,,Es wird fortverkauft." Ob dieses nach Form und Inhalt höchst verletzende Verfahren in Berlin und Wien zu neuen energischen Schritten treiben wird? Ja, das mögen die Götter wissen. Wenn man zurückblickt, wie gefällig man zeither Dänemark gewesen ist, kann man eben nicht viel Hoffnung fassen. Was wollen die Großmächte, namentlich Oesterreich, antworten, wenn Dänemark sagt: Ihr habt uns ja selbst die Herzogthümer ohne allen Vorbehalt unterwerfen helfen, wie könnt ihr denn wagen, euch als Fremde in unsere innern Angelegenheiten zu mischen. DaS Hauptunglück für Schleswig-Holstein liegt darin, daß Deutschland fast nie völlig einig ist und daß die alte Eifersucht zwischen Oesterreich und Preußen stets unter der Asche fortglimmt. Das ungenirte Vorgehen DänemarkS in der Domänenfrage hat augenscheinlich in dem Lager der deutschen Diplomatie nichts weniger als feststimmlge Entschließung hervorgebracht. Die Verwirrung ist nur größer geworden. Oesterreich und Preußen, das find die zwei Prinzipale der Firma Deutschland. Aber diese zwei Herren machen ihre Geschäfte nur selten gemeinsam. Je großartiger und schwieriger ein Geschäft ist, desto leichter operirt nach dem Zengniß der Geschichte jedes der zwei Häupter auf eigene Hand. Auf die preußische Rote hat Dänemark einfach