Volltext Seite (XML)
286 in vielen andern Staaten die Volksbildung, welche durch gute Volksschulen erzielt wird, herunterzudrücken. Die Audienz, welche der Kaiser den AdelSmarschällen in War schau gab, zerstörte die letzten Hoffnungen der Polen auf politische und nationale Zugeständnisse; der Kaiser will für Polen eben so gut sorgen, wie für seine übrigen Staaten, — aber „keine Träumereien!" Der Kaiser hat eine politische Amnestie verkündigt und sich dadurch viel Sympathie und Dank erweckt. Vielleicht findet dieses Beispiel der Großmuth auch in andern Län dern, wo die Völker dem Fürstcnhause rührende Beweise der Anhänglichkeit vielfach gegeben haben, Nachahmung. In Preußen wurde am 3. Mai der Landtag durch den König geschlossen. Die Majorität des Landtags hat den Gesetzenwurf der Negierung angenommen, wodurch eine große Anzahl der rheinischen Städte ihre Stadtverfassung vertieren. Die dringende Petition der rheinischen Land boten für Erhaltung ihrer Rechte und die loyale Ver wendung des preußischen Kronprinzen für die in ihren hergebrachten Rechten gekränkten Städte ist ohne allen Er folg geblieben; der König hat am 15. Mai jenem Gesetze die Sanction ertheilt. In Oesterreich hüllen sich die bischöflichen Con- ferenzen in tiefes Schweigen. Es ist eine Schmach für Deutschland, daß die Beerdigung eines Protestanten auf einem katholischen Kirchhof auf so große Schwierigkeiten im Kaiserstaate stößt. Hat man das Christenthum, das auf allen seinen Blättern Liebe und Duldung predigt, noch nicht besser verstanden?! Soll die Religion Jesu zu einer Quelle des Hasses werden? Angesichts solcher Vor gänge feiert man in manchen Ländern mit großem Schau gepränge Missionsseste, während die Feste des Gustav- Adolph-Vereins, weil sie etwas mißliebig angesehen werden, unterbleiben oder kalt und theilnahmslos begangen werden. So lange unsre Glaubensbrüder in der Nähe bedrückt werden, gebietet auch eine nähere und hei ligere Pflicht, an unfern armen Mitchristen Gutes zu thun. Wenn die Christen den Heiden kein besseres Beispiel geben, als die Unduldsamkeit und den Haß gegen einen verstor benen Mitbrudcr, so mögen sie nur unterlassen, den Heiden das Evangelium der Liebe und Duldung zu predigen. Eine Anzahl Gymnasien sind den Jesuiten übergeben. Glückliches Oesterreich! In Baiern setzten die Abgeordneten das Kriegs budget um anderthalb Millionen herab mit der allerdings wohlberechtigten Frage: ob denn das neutrale Deutschland allein keinen Theil haben solle an der Verminderung der Militärausgaben. Die Erhöhung der Tabakssteuer und die Wiederherstellung der Jagdrechte wurde abgelchnt. Im glücklichen Kurhessen sind die Stände noch immer ver tagt. In Meiningen votirten die Stände ein sehr merkwürdiges Judengesetz. Der große reußische Land tag ist nach Hause geschickt, nachdem er eine Verfassung, welche der KurhessenS nächgebildet ist, angenommen hatte. InSachsen giebt es Missionsfeste und bald Kirchen visitationen. H.. Tages geschickte. Altenberg, 17. Juni. Unsere neuerrichtete Klein- kin ber-BewaHr-An stalt, welche seit dem ein monatlichen Bestehen doch schon wenigstens den Nutzen gewährt hat, daß das Beiteln der Kinder, als Anfang zu großer Sittenverderbniß, gänzlich beseitigt worden ist, — befindet sich zur Zeit in finanzieller Hinsicht noch in mißlichen Verhältnissen; denn sind auch für daS von den Kindern gefertigte Strohgcflecht in diesem Monat 15 Thlr. 10 Ngr. 8 Pf., sowie durch frei willig gezeichnete Beiträge 10 Thlr. 25 Ngr., mithin unter Hinzurechnung deS von der Armenkasse gelei steten Vorschusses an 20 THIrn. überhaupt 46 Thlr. 5 Ngr. 8 Pf. eingenommen worden, so war diese Summe doch nicht hinreichend, alle nvthigen Ausgaben zu bestreiten. Allerdings nahm die Einrichtung der Anstalt, besonders die Anschaffung der Subscllien und des Feuerungsbedarfs, schon eine namhafte Summe in Anspruch, so daß nach Bestreitung desselben und der Lebensbedürfnisse noch ein Minus sich hcrauöstellt, welches nur nach lind nach gedeckt werden kann, wenn die Kinder im Strohflechten geübter sein werden, und wenn durch eine glückliche Erndte wohlfeilere Lebens bedürfnisse und billigeres Stroh erlangt werden können. Glücklicherweise hat sich die neulich in d. Bl. ausge sprochene Hoffnung realisirl, daß sich ein Frauen- verein constituiren möchte, welcher die Beaufsichtigung und Leitung der Anstalt übernehmen, sowie überhaupt sich der Erziehung der mitunter sittlich-verwahrlosten Kinder annehmen und nebenbei auch die so dringend nöthige Bekleidung der Kinder wenigstens theilweise mit beschaffen helfen soll. Mit Freuden vernehmen wir, daß säinnuliche Damen der hiesigen höheren Stände der an sie deshalb ergangenen Bitte bereitwillig nachgckom- men sind, und nicht allein, daß selbige bereits schon den dringendsten Bedürfnissen durch Bcrtheilung mehrerer Kleidungsstücke abgeholfen haben, so haben dieselben auch bei ihrer ersten Versammlung eine nicht uubc- deulende Summe unter sich zusammcngelegt, um Lein wand zu Hemden für die Kinder zu beschaffen, deren einige derselben dieses Kleidungsstück ganz entbehren. In Betracht nun, daß eS diesen edeldenkenden Damen nicht zugemuthet werden kann, die ihnen gestellte Auf gabe für die Folge stets allein zu erfüllen, halten die- selben auch noch andere Bürgersfrauen zur Bethci- ligung aufgefordert, nm vereint mit diesen daS Werk zu fördern. Haben nun auch von diesen eine große Anzahl ihre Theinahme und Unterstützung zugesagt, so muß es doch befremden, daß sich selbige bei der ersten Versammlung nicht betheiligten; es kann dies seinen Grund in einer falschen Anffassungswcise oder in einer hier nicht zu entschuldigenden Zurückgezogenheit haben. Nur durch vereinte Kräfte kann das gute christliche Werk gefördert werden! — ES ist auch dringend nöthig, daß die zur Erhaltung der Austalt gezeichneten freiwilligen Monatsbeträge richtig eingezahlt werden, und daß die Zahl der Wohlthäter sich noch mehren möge; denn berechnet man, daß ein Kind bei den je tzigen Brodpreisen täglich 2 Ngr. zu unterhalten kostet, mithin für 24 Kinder täglich 1 Thlr. 18 Ngr., daher wöchentlich II Thlr. 5 Ngr. nur zur Beköstigung nöthig sind, so dürste wohl der Wunsch und die Bitte zu größerer Betheiligung sich rechtfer tigen lassen! Glashütte, am 16. Juni. Groß war der Schrecken, den uns die Sturmglocke einjagte, als der Blitz am II. ds. Mts. das Gäbler'sche Haus in Luchau entzündet hatte; um so größer, als anfäng lich nur Wenige wußten, wo es brannte, und, wahr scheinlich auö Jrrthum, noch eine zweite Glocke einige Schläge mit denen der Sturmglocke vereinigte, dadurch aber für etliche Augenblicke die Meinung entstehen ließ, daß es irgendwo in der Stadt selbst brenne. Lobend muß dabei erwähnt werden, wie schnell Alt und Jung zu Hilfe eilte, so daß kaum 10 Minuten