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Vermischtes Am II. April war in Bremen die ganze Neustadt und auch ein Theil der Altstadt in einer Art Aufregung; wohl an 100 Kinder hatte» auf einmal starke« Erbrechen und sonstige choleraartige Anfälle bekommen. Die Ursache war, daß sie von kleinen Bohnen gegessen hatten, die von einem Wagen gefallen waren, der seinen Weg durch die Altstadt in die Neustadt und zum Hohenthor hinaus genommen hatte. Jene Bohnen waren sogenannte Brechnüsse, au« denen da« unter dem Namen Höllen- Ll bekannte Oleum rieinum, sonst bei der'Arzncihcreitung vielfach verwandt, gewonnen wird. Glücklicherweise ist kein Verlust von Menschenleben zu beklagen. Die Betreffenden sind Wittgen's Raiibfchloss. (Fortsetzung.) Mil einiger Befangenheit grüßte Gülden stekn und zur Entschuldigung diente Vie Frage nach dem Wecsensteine. Der Wirth beschrieb ihm solchen, und Güldenstern vom Scheitel bis zum Fuße mit for- schenden Auge messend, schloß er mit der Frage: „Aber was wollt ihr dort, Herr?" „Mich durch den Augenschein überzeugen, wie eS da steht!" versetzte Güldenstern. „O, dann spart Euch die Mühe. Dieser Mann kommt so eben daher und kann Euch Alles erzählen." „O, «Hut es schnell, lieber Freund I" rief der Hauptmann, seine Hand auf des bis jetzt Verstummten Schulter legend: „vielleicht ist Eile Noth!" „Die größte!" erwiederte dieser in heftiger Er bitterung." Hoffentlich findet Ihr daS Thor schon offen; aber reitet Ihr nicht schnell, so bleibt Euch nur ein leeres Nest unv der Schweiß Eures Pferdes un bezahlt!" „Meint Ihr, ich sei ein Räuber und Plünderer? Nein, ich eile in der besten Absicht, um zu retten, wer noch zu retten ist, und hauptsächlich einem Sterbenden vcn letzten Liebesdienst zu erzeigen. Denkt nicht also arg von mir, lieber Herr!" Langsam wendete der Andere daS'Gesicht gegen Gülden stern, mit milderen Worten: „Der Himmel verzeihe mir meine Befürchtung! Verzeiht auch Ihr; Euer Rock hsst in gegenwärtiger Zeit nicht die Farbe der Engel. Doch Ihr könntet einer werden! Reitet fort um GotteS Barmherzigkeit willen, reitet und rettet die Habe und das Leben der Unglücklichen, die dort hin sich geflüchtet!" „So ist der Weesenstein in Gefahr?" „Ach, vielleicht schon erstürmt. Ich eilte von dort hierher, in der Hoffnung, hier eine reguläre schwe dische Garnison und einen menschlichen Anführer zu finden, der zu Hülfe eile gegen den zuchtlosen Haufen, »er dort wüthct. Darum flehe ich, mein Herr, hin- zueilen, den Jammer zu enden." „Nur einen Augenblick der Ruhe!" erwiederte Güldenstern. Er nahm den Lehnstuhl ein mit gro ßer Bewegung. „Mir ist wohl, sehr wohl in diesem bequemen Sitz. Sagt mir, Herr Stadtschreibcr, ist er schon lange Euer Eigenthum?" „So lange als dieses HauS^ Er gehörte zum Nachlaß deS vorigen Besitzers, dcS pensionirten Oberst- lieutnant Wittgen." „So ist er tobt?! Starb vielleicht in diesem Lehn stuhl?" „Ihr habi'ö errathen; er starb darin: fein letzter Gcufzer war: Gustav! ach mein Sohn! Doch wäh- mit dem Schrecken und den durch Anordnung de« Genusses von Milch und Oel alsbald gelinderten Qualen davon gekommen. Die Bohnen aber wurden hinterher auf polizeiliche Verfügung eingescharrt und dadurch tveiterm Unglücke vorgebeugt. Bei dem am II. April Abends zur Vorfeier deS GeburtSfestest JhrerMajcstätderKönigin ln Hannover vor dem königlichen Palais ander FriedrichSstraße abgebrannten, höchst brillanten Feuerwerke trug sich leider da« Unglück zu, daß durch Zerspringen eines RaketenmörserS ein zum Besuch hier weilender Herr aus Kassel das Leben verlor und drei oder vier Personen mehr oder weniger gefährliche Verwundungen davon trugen. rend Ihr hier der Neugier und Ruhe fröhnt, fließt unschuldig Blut! Darum eilet lieber!" — „Ihr habt Recht und sollt Euch nicht in mir ge irrt haben! Wisset, Freunde: eS ist etwas Trauriges um die Erinnerung an die Tobten an einem Ort, wo ein lheurer Vater den letzten Seufzer voll Sehnsucht ausstieß!" „So wäret Ihr dieser Sohn? Doch schon war Güldenflern verschwunden. Mit verhängten Zügeln jagte er die steile Gaffe hinab, dein Thale zu, welches am schnellsten zum Aeesensteine führte. Ohne zu straucheln erreichte das sichere Thier solches und immer muthiger griff es aus, als ob es fühle, was es gälte. Achtlos auf daS Wohl seines Lieblings stürzte er mit ihm in die Fluthen deS ange schwollenen Flusses und schnaubend schwamm das brave Thier hindurch und sprengte dann weiter, bis eS mit dem kühnen Reiter daS Schloß nahe vor sich hatte. KeinS der vielen Thäler, welche einst die Fluthen ausspühlten und Vie, von Mittag nach Mitternacht streichend, sich gegen daS linke Elbufer hinab öffnen, entbehrt des Reizes der Natur. KeinS aber unter allen bietet einen solchen Wechsel der Scene, als das, welches von Dohna aus sich weit hinter dem in feiner fürchterlichen Tiefe liegenden Städtchen Glashütte in daS höhere Gebirge verliert. Der freundliche An blick sanfter, fruchttragender Abhänge wechselt mit stei len Felsen, welche bald daö Schwarz düsterer Tannen und daS hellere Grün einzelner Buchen und Eichen im bunten Gemisch- bald dichte Waldungen bekleiden. Aber jede Krümmung deS Grundes bietet eine neue überraschende Ansicht und irgend einen Fund-, sei eS nun eine seltene Pflanze, oder ein Amethist, ein glän zendes Stück Bandagat ober Marmor. Mitten in einem der größeren Kessel dieses ThaleS liegt daS Schloß Weesenstein, von der Mügfitz umflossen. Sein Anblick erweckt Erstaunen und Be wunderung der menschlichen Kühnheit, welche mit der Geschicklichkeit der Schwalben, rings um diesen kegel förmigen Felsen eine Wohnung erbaute, deren eine Hälfte sie dem Gestein durch den Meißel abgewinnen mußte, so daß solches erst in der Höhe deS Thurmes sich verliert. Keiner Ringmauer benöthigk, trotzten damals die mächtigen Gebäude jeder Gewaltthat, ge stützt auf den unübersteiglichen Fuß; indem sie zugleich als Warte ihr Haupt erhoben. Nur ein Eingang führte zu der Veste; eine schmale Brücke über die Tiefe, die solche mit einer gegenüberliegenden Klippe verband, auf welcher die Bcsorgniß der Vorzeit, einen Thurm zur Vertheidigung gestellt hatte, n, . Lange schon halte Güldenstern ein starkes Schießen vernommen; als aber nun das Schloß vor ihm lag, sähe er das Außenwerk in der Gewalt der