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hat theilweise mehre Jahre schrecklich gelitten und mehren städtischen Kommunen sind Lasten aufgebürbet worden, deren Folge sie eine Reihe von Jahren em pfinden werden. Berlin, 8. April. Nach einer aus Pari- ein- gegangenen Nachricht ist beschlossen worden, daß keine französisch-englischen Truppen auf türkischem Gebiet Zurückbleiben sollen. Die nächste Folge dieses Be schlusses ist, daß nun auch die österreichischen Truppen nichts mehr in den Donaufürstemhümern zu schaffen haben werden. Die Räumung ver Donaufürstenthümer soll ,,unverweilt" nach der mit dem Eintreffen der Ratificationen verbundenen offiziellen Proclamation des Friedens erfolgen. Man wird sich indessen wol darauf gefaßt machen können, daß Oesterreich zur Zu rückziehung seiner Truppen gerade so viel Zeil nölhig haben wird, als England und Frankreich ihrerseits gebrauchen', um ihre Truppen aus der Krim und auS der Tükkei in die Heimath zurückzuschaffcn. In diesem Punkte .wäre also, wenn, was jedoch wol nicht zu erwarten, nichts Unerwartetes dazwischen tritt, die Sache in Betreff der Donaufürstenthümer erledigt. — In politischen Kreisen ist man der Meinung, daß man preußischerseits die gegenwärtige Gelegenheit in Paris benutzen dürfte, um die Frage in Betreff deö Cantons Neuenburg zur Sprache zu bringen. Paris. Am 7. April hielten die Conserenzmit- glieder wieder eine Sitzung. — Der heutige Moniteur enthält, daß die krieg führenden Mächte in Erwartung der Ratification des Friedensschlusses einen Waffenstillstand auch zur See geschlossen haben und übereingekommen sind, daßsämmt- liche Prisen, die seit dem 30. März gemacht wurden, zurückgegeben werden, daß dje Blokade aufgehoben und die Aussuhr russischer Produkte, insbesondere von Ge treide, freigegeben sei. — Man schreibt der Berl. Börsen-Ztg. aus Paris vom 5. April: „Daö Unerwartete ist geschehen, für Niemanden zu größerm Leidwesen, als für Oesterreich. Frankreich und England sind übereingekommen, das Gebiet der Pforte sofort nach Ratification des Frie dens zu räumen. Die unmittelbare Folge dieses Ent schlusses ist die Unmöglichkeit für Oesterreich, die Be setzung der Donaufürstenthümer fortdauern zu lassen, nachdem Graf Buol so lange die Unmöglichkeit, die Truppen zurückzuziehen, aus der fernem Besetzung der Türkei gefolgert haue. Wir werden nun sehen, wie der „kranke Mann", nachdem ihn die gefährlichen Aerzte verlassen, sich selbst in seinem Siechthum helfen wird. Man Hal ihm das Necept verschrieben und über läßt ihm, die Arznei sich selber zu diSpensiren. Es ist so viel Scherz getrieben worden mit der bestgewählten Bezeichnung des großen Kaisers, dem man sie verdankt, baß man es seinen Manen schuldig ist, auf den Ernst, der in ihr liegt, hinzuweisen. Ja wol handelt es sich um eine Krankheit, deren Heilung nothwenbig, aber nicht wahrscheinlich ist. ES hält schon so schwer, Sicheres aus den Konferenzen zu erfahren, die an sich obwol geheim, doch thatsächlich sind, daß es böse er scheinen würbe, von Konferenzen bereits etwas wissen zu wollen, deren Eristeiiz man selbst in. Frage ziehen möchte. Ich berichte, was ich gehört habe. Man spricht nämlich und an nicht schlecht unterrichteten Onen von geheimen Bcrathungen, welchen selbst Lud- w'!g Napoleon beiwohne und deren Gegenstand die Zukunft der Türkei sei. ES handelt sich darum, dem „kranken Manne" sein Testament zu machen; eö han delt sich darum, die Vormundschaft zu ordnen und zu vertheilen, wenn der Kranke hülflos des Beistandes der Änderen nicht sollte entrathen können. Man will mit einem Worte dem Zusammenstoß begegnen,- der Europa in einen neuen und dann wahrscheinlich furcht baren und allgemeinem Brand versetzen müßte, wenn der Sturz deS morschen Gebäudes, das man die Türkei nennt, ein Einschreiten Europa'S zur Pflicht machen und die Mächte dann unvorbereitet finden sollte. — Die Bedingungen des FriedenSverlrags sollen folgende sein. Die Hauptpunkte sind: 1) Rußland darf im schwarzen Meere nur 10 bewaffnete Kriegs fahrzeuge zur VcrtheibiguNg der Küsten unterhalten. 2) Nikolajew wird Handelshafen und Rußland ver pflichtet sich, darin nur die bewilligte Anzahl von Kriegsschiffen cönstruiren zu lassen. 3) Rußland wirb in den Häfen des Schwarzen Meeres und der Ostsee Konsuln aller Mächte annehmen. 4) Bomarsund wirb nicht wieder aufgcbaut. 5) Rußland tritt einen Theil von Bessarabien mit der Festung Ismail ab. 6) Eö entsagt dem ausschließlichen Protektorat der Donau fürstenthümer. 7) Es entsagt gleichfalls dem Pro tektorat über die Griechen des türkischen Reichs.' 8) die freie Donauschifffahrt ist allen Staaten ohne Aus nahme garantirt. 9) Eine Commission wird sicb in die Fürstenthümer begeben, um die öffentliche Mei- nung, die Bedürfnisse des Landes und die Grenzen von Bessarabien zu studiren; diese Commission wird später ihren Bericht erstatten und der Congreß darüber berathschlagen; die hauptsächlichen Basen sind aber schon festgesetzt. In dem Vertrage befindet sich kein« Specialbedingung für Sardinien, welches mit in die italienische Frage einbegriffen ist. Der Hauptvertrag besteht übrigens aus 34 Artikeln. Petersburg, 5. April. Ein Erlaß deS Finanz ministeriums macht bekannt, daß infolge der Friedens unterzeichnung die früheren Handelöverhältniffe der kriegführenden Mächte wieder hergestellt sind. Die Handelsschiffe der Westmächte werben in den rufsischen Häfen zugelassen, und ebenso ist den russischen die un gehinderte Schifffahrt eröffnet. Aus der Krim. AuS dem Lager vor Seba- stopol wird der „Times" unterm 22. März geschrieben: In der Nacht vom 17. März ereignete sich ein schauder hafter Unfall auf dem über Kadiköi befindlichen Berg, abhange. In mehreren hölzernen Hütten wohnen da selbst Leute, vie zum Arbeitercorpö gehören: Metzger, Zimmerleute, Böttcher u. s. w. Ungefähr um Mitter nacht erscholl Feuerlärm, und sogleich eilte eine Anzahl Menschen nach jener Stelle herbei, um Hilfe zu leisten. Mehrere Hütten standen in Flammen und brannten trotz der größten Anstrengungen englischer und sardi nischer Soldaten gänzlich nieder. Sechszehn voll ständig verkohlte Leichen wurden unter der Asche her- vorgezogcn. Die Zerstörung der Häuser, Trancheen und sonstigen Werke in der Stadt hat täglich ununter, krochen ihren Fortgang, so daß die Südseite von Se- bastopol bald als ein eben so wüster Trümmerhaufen da liegen wird, wie Theben und Palmyra. Trotz der sehr heftigen Kälte steigen doch täglich'unsere Offiziere und Soldaten zur Tschernaja hinab, um mit den Russen zusammen zu kommen. Die Russen scheinen, seit sie von dem Zustandekommen'deS Friedens überzeugt sind, herzlicher oder wenig mürrisch geworden zu sein.