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42 Weißerih-Ieitung Dienstag. Erscheint Dienstags und. Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis,,ro Quart lONgr. Ein nntcchaltcndcr Wochenblatt für den Bürger nnd Landman». 3V Mai 1854. Inserate werden mit 8 Pf. für die Zeile berechnet S u. in allen Ex peditionen an genommen. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dem Andenken Bernhard's v. Lindenau. Wir erfüllen eine schmerzliche Pflicht, indem wir dem Andenken Bernhard's von Lindenan einen Nachruf der Dankbarkeit und Liebe widmen. Eine schmerzliche Pflicht und doch eine wohlthuende; eine Pflicht, zu deren Erfül lung uns ein innerstes Herzensgefühl drängt; nicht äußere Rücksichten, nicht hergebrachtes Ceremoniel oder angewöhnte Convenienz. Bernhard v. Lindenau! Wer dürste sich rühmen ein Sachse zu sein, dem das Herz nicht höher schlüge bei diesem Namen? Dieser Name steht über der Pforte geschrieben, welche für Sachsen die alte Zeit trennte von einer neuen, die Zeit feudaler Vorrechte von einer Zeit des für Alle gleichen Rechts, die Zeit der Heimlich keit in Staat und Gemeinde von einer Zeit der Oeffent- lichkeit in -allgemeinen Angelegenheiten, die Zeit der un beschränkten Herrschaft Weniger und des schweigenden Ge horchens der Uebrigxn von einer Zeit der Theilnahme Aller am Gemeinwesen und der verantwortlichen Geschäfts führung der Negierenden unter der obersten Herrschaft des Gesetzes und der Verfassung, die Zeit der Unduldsamkeit in religiösen Dingen von einer Zeit der Achtung vor dem Geiste und der Intelligenz, der Duldung im Religiösen, der Reinheit öffentlicher Sitte, der Redlichkeit in der Politik. In Bernhard v. Lindenau virehrt der sächsische Bauer seinen Befreier von einer Knechtschaft, die ihn mehr noch moralisch erniedrigte, als materiell erdrückte, verehrt er den weisen Gesetzgeber, der- ihm ein freies und gesicher tes Eigenthum, eine geachtete Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft, ein Anrecht auf Mitbctheiligung am Allge meinen, mit Einem Worte,, ein menschenwürdiges Dasein zurückgab, welches dieser Stand so lange entbehrt hatte. Bernhard v. Lindenau gilt dem sächsischen Bürger noch heute als die Verkörperung des Princips einer vernünf tigen Gleichheit der Stände, einer gerechten Schätzung je des auch des bürgerlichen Verdienstes, einer aufgeklärten Verachtung eingebildeter Vorzüge der Geburt. Ihm hielt man sich verpflichtet für die Verfassung, welche Sachsen, bis dahin in politischer Bildung eins der am weitesten zurückgebliebenen Länder Deutschlands, plötzlich neben die vorgeschrittensten stellte, für die Städteordnung, welche den so lange unterdrückten Gemeingeist entfesselte und tiefge wurzelte Mißbräuche beseitigte, für die überall durchschei nende Offenheit und Wohlmeinendheit der Regierung in ihren Beziehungen zum Volke, für den aufrichtigen und thätigen Elfer, womit dieselbe sich aller Interessen dieses letzeren annahm. Lindenau'S Name an der Spitze des CabinetS bekräftigte und verbürgte die Hoffnungen, die man auf das neue Verfassungsleben setzte, und beruhigte auch über Das, was Manchen darin etwa noch zu be schränkend schien. Niemals, das darf man kühn behaup ten, während der ganzen l 4jährigen Amtsführung dieses Staatsmanns, ist das Vertrauen des Volks zu der Lau terkeit seiner Absichten und der Wärme seines patrioti schen Eifers im geringsten irre geworden; niemals aber auch hat es sich getäuscht gefunden. So groß war die ses Vertäuen, daß, wenn etwas geschah, was man anders hätte wünschen mögen, das Volk alle Mal Lindenau von der Verschuldung sreisprach. Jedes Jahr, welches Lin denau wirkend in diesem Berufskreise zubrachte, steigerte das Gefühl seines hohen Werths im sächsischen Volke. Der Name Lindenau ist durch keinen andern verdrängt worden; ja es ist keiner, der sich neben ihn stellen dürfte. Wie ferngerückt auch die Zeit scheinen mag, wo sein Geist über Sachsen waltete: das Andenken daran lebt unverlöscht und unverlöschlich in vielen Tausenden dankbarerSachsenher« zen fort, und wie einst den aus dem öffentlichen Leben und aus dem Lande, dessen Wohlthäter er gewesen, Abschiedneh menden Segenswünsche und Zeichen der Verehrung aus allen Kreisen des Volks begleiteten, so werden jetzt, dem gänzlich von uns Geschiedenen viele, schmerzliche Klagen Nachfolgen. In unserer Zeit, wo das dem Menschen in« wohnende Bedürfniß der Pietät gegen ausgezeichnete Per sönlichkeiten so häufig sich in einem Gegenstände getäuscht findet, oder wo man aus äußerlichen Rücksichten Gefühle heuchelt, von denen das Herz nichts weiß, thut eS dop pelt wohl, eine Persönlichkeit zu finden, welcher man den Zoll jener Pietät aus voller Seele und mit gutem Ge- wissen darbringen kann. Eine solche Persönlichkeit war Bernhard v. Lindenau; darum Ehre seinem Andenken und Friede seiner Asche! (D. A. Z.) Tagesgeschichte. Hirschbach bei Dip old iS walde, 25. Mai. Der gestrige Tag war für uns ein Tag des Schre ckens und der Ängst, indem mehre schwere Gewitter über unfern Häuptern sich zusammenzogen, welche unter massenhaften, mit schloßenartigem Niederschlage gemischten, Regenströmen, sowie unter vielfach wieder holten gewaltigen Donnerschlägen sich entluden. Lei der wurden unsere Fluren, namentlich auch die des hiesigen Vorwerkes, durch erstere vielfach empfindlich beschädigt, während ein Blitzstrahl in das bereits vor acht Jahren durch Blitz zerstörte und seitdem'erneuerte Gehöfte des Gutsbesitzers und Gemeindevorstandeö Fuchs herabfuhr, dießmal aber, Gott sei Dank, nicht zündend, sondern nur den Scheunengiebel mehrfäl- tig zersplitternd, und den an der Kette liegenden Hof hund tödtend. Möge der Allmächtige uns vor fer nerem Witterungsschaden in Gnaden bewahren! * Altenberg, den 27. Mai. Nachdem in der am 15, d. M. abgehaltenen Versammlnng des Ar-