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23 Mai 1854 Wienstag. M 40 Erscheint Jnsrmte nttrden mit , 8 Pf. für die Zeile berechnet ^u. tn allen Ex peditionen air genommen. Dienstags und WM M WWerßemtz-IMunK Quart ION,>r. , , Ein untcrhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Die beiden Fürsten der Moldau und Walachei. Während jetzt die Russen in den genannten Fürsten- thümern domiiiiren, befinden sich die beiden Fürsten der selben, Gregor Ghika und Barbo Bibesco Stir- bey, in Wien, indem sie, wie unfern Lesern bekannt sein wird, beim Beginne des russisch-türkischen Streites der Forderung Rußlands nachgeben und ihre Sitze verlassen mußten. Wir geben hiermit einen kurzen Lebensabriß dieser beiden Fürsten. Fürst GregorGhika (III.), dessen Geschlecht seit 1661 blüht, wurde am 16. Juni I84S zum Hospodar der Moldau ernannt. Seine Bildung erhielt er in Deutsch, land und Frankreich, wo er die freisinnigen Ansichten sich aneignete, welche ihn mit den Pascha s in unangenehme Berührung brachten, die ihm die Pforte auf Rußlands geheimen Betrieb zur Seite gestellt hatte. Unter den ruhm würdigen Verdiensten, welche seine Verwaltung bezeichnen, -verdient ganz besonders auch die Einführung von Natio- ualschulen der Erwähnung. Durch sie gedachte er, den alten noch nicht erstorbenen Geist rumänischer Nationali tät wieder zu beleben. Freilich hatte er, wenn er, von glühender Vaterlandsliebe erfüllt, gegen tief eingewurzelte Mißbräuche kämpfte, nicht immer die Genugthuung, sie leicht zu besiegen. Große Unruhe und viel Verdruß mußte ihm die verhängnißvolle Sendung des Fürsten Mentschi- koff nach CoNstantinopel verursachen, und die unverkenn baren Zeichen, welche die Vorläufer einer russischen Be sitzergreifung der Fürstenthümer waren, untergruben seine Gesundheit mit solch' erschütternder Gewalt, daß seine Freunde auf den Wahn kamen, es sei ihm ein langsam wirkendes Gift beigebracht worden. Nachdem er gezwun gen worden, seiner hohen Stellung auf einige Zeit zu entsagen und sich von der Hauptstadt zurückzuziehen, er folgte eine gerichtliche Untersuchung, in welche einige der wichtigsten Personen der Fürstenthümer verwickelt waren. Als er drei Monate später auf seine Landgüter zurück kehrte, geschah dies nur, um Zeuge des Einzugs russischer Truppen z« sein. Welche unauflösliche Schwierigkeiten wurden dem Fürsten Ghika durch diese verdeckte Besitz ergreifung bereitet! Er, der anerkannte Vasall der Pforte, war gezwungen, im Angesichte eines bewaffneten Einfalls der Russen passiv zu bleiben! Endlich verließ er das Land, welches er nicht länger vertheidigen konnte. Fürst Ghika lebt jetzt, wie bereits bemerkt, umgeben von seiner Fami lie und seinen Freunden, in Wien. Der 50 Jahr alte nnd zum zweiten Male vermählte Fürst hat in seiner äu ßeren Erscheinung etwas äußerst Feines und Elegantes; sein Blick ist fest und männlich. Möge ihm eine freund lichere Zukunft bald lächeln! Fürst Barbo BtbeSeo Vtirbeh, Hospodar der Walachei, welchen der Kaiser Nikolaus'vor einigen Mo naten entthront hat, ist der ältere Bruder des während der Revolution von 1848 entsetzten Fürsten Georg Bi- beSeo. Di« Abkunst dieser Brüder ist dunkel; ihr Groß vater war Pferdebereitrr, ihr Vater dagegen, welcher sehr jung in den Dienst einer sehr geachteten Familie des LandeS trat, zeichnete fich bald durch Strebsamkeit und Bildung aus, und erlangte, unter dem Schutze einfluß reicher Personen rasch aufwärts rückend, endlich noch eine Stelle bei der Regierung. Die beiden Brüder BibeSeo erhielten ihre Ausbildung in Paris, wurden bet ihrer Rück kehr ins Vaterland mit ausgezeichneter Achtung empfan gen und unter dem Fürsten Ghika im Staatsdienst an gestellt. Man hat sie beschuldigt, daß sie diese unerwar tete Güte zu ihrem Kortheil gemißbraucht, ihren Beschützer verlassen und ihre Dienste dem russischen Generalkonsulat verkauft haben sollen. Auch soll eS Rußland im Jahre 1848 hauptsächlich durch.die Mitwirkung des Barbo Bibesco Sttrbey gelungen sein, Besitz von den Für- stenthümern zu ergreifen und deren Archive hinwegzusühren. Mag dem sein, wie ihm wolle, so ist doch so viel gewiß, daß weder er noch sein Bruder einen Gewinn davon hatten, sondern nach und nach die Beute der russischen Politik geworden find. Fürst Stirbey hat jetzt sein 60. Leben-jahr erreicht; er ist hochgewachsen und erfreut fich der besten Gesundheit. Auch er lebt, wie gesagt, ge genwärtig in Wien, als Flüchtling, Als er erfuhr, daß ihm der Kaiser von Rußland eine Pension von tausend Dukaten bewilligt habe, weil er abgedankt, protestirte er entschieden dagegen. Auch brieflich wiederholte er dem Verwaltungsrath bei seiner Abreise die Versicherung, daß er sich nur vorläufig entferne, bis ihm neue Ordre zu- gehe. Auch seine Physiognomie trägt die Züge einer ge wissen Feinheit, doch mangelt seinem Benehmen di« An- muth der Manieren, wodurch das der Vornehmen seine- VaterlandeS ausgezeichnet ist. R. G. TageSgefchiehte. Pirna, am 18. Mai. Bei der Wahl eines Stellvertreters für den LandtaaSabge ord neten im 7: städtischen Wahlbezirk, welche heute Hier selbst stnttfand und wozu sich 6<t Wahlmänner (von 63) eingefunden hatten, wurde gleich bei der ersten Abstimmung Herr Bürgermeister Rüger in Dippol diswalde mit 41 Stimmen gewählt. . Dresden. Die diesjährigen Wollmärkte in Sachsen werden, nach einer Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom lö. Mai, an nachfol genden Tagen abgehalten werden: