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506 DaS WirthSbauS füllte sich bald mit Verwundeten. Die Mädchen aus den benachbarten Hünen kamen herbei, die Wunden «heilnehmend zu verbinden. „Wo bleibt nur Therese so lange?" fragte der Wirth. „Sie eilte NikolaS entgegen," sagte ein alter Schmugg ler. „Ich kann daS arme Kind nicht tadeln. Sie muß unter wahren Marlern auf ibn gewartet haben!" Cs verging noch einige Zeit, bevor NikolaS mit den übrigen Schmugglern und den im Kampfe Gefallenen an kam. Er war von dem Marsche erhitzt,'und blutete ziem lich stark auS zwei Wunden im linken Arm. Er schüttelte mir die Hand herzlich, allein ein tcübeS Lächeln umspielte seine bleichen Lippen. „Wo ist Therese?" fragte er. „Nur sie soll meine Wunden verbinden. — Ich bin nun frei, und sie ist mein!" „Sic grng dir entgegen," sagte der alte Schmuggler; „Niemand von uns Hal sie gesehen." Der Verwundete wurde noch blässer, und argwöhnisch ruhte sein Blick bald auf Einem, bald auf dem Ändern. „Sie kann doch nicht so wahnsinnig gewesen sein!" rief er, und griff nach seinem Hut. „Bleibt, Nikolas!" sagte ich, indem ich seinen Arm ergriff. „Der Wald ist noch nicht sicher, und wenn man Euch trifft, so seid Ihr ein todter Mann!" „Wahr! Wahr!" antwortete er hastig; „aber in des Himmels Namen, bringt mir meine Therese!" „Sie wird ja wohl bald zurück kommen!" erwiderte ich, obgleich ich die Worte kaum ausuisprechen vermochte. Ich sagte ihm, wo und unter welchen Umständen ich seine Therese gesehen häkle, und wie wenig mein Wunsch, sie zurückzuhallen, geglückt war. Erschöpft durch seine Heftig, keil und den Blutverlust sank er auf einen Stuhl nieder, indem ich sprach. Er glich einer durch den Slurm gefällken Eiche. Er ließ sich wie ein Kind die Wunden verbinden, und starrte wie bewußtlos vor sich hin. Der Tag graute, und noch immer war-Therese nickt zurück. Nikolas würde gewiß auf seinem Willen, sie zu suchen, beharrt sein, wäre er nicht selbst hilflos gewesen. Malt und entkräftet biß er in bitterer Täuschung die Zähne aufeinander. Ich saß an seiner Seite, und erschöpfte meine ganze Beredsam keit, um ihn zu beruhigen. Er verschloß aber seine Ohren, und wollte nicht auf mich hören. „Ich will ruhig sein," sagle er endlich zu sich selbst; „ich muß es sein! Sah ich doch meinen Vater verbluten, meine Mutter den Kummertod sterben! — Ick habe Rache geschworen, und mein Wort gehalten; jetzt aber will ich kcS Glückes an dem Dusen meiner Therese genießen! — Therese, Therese — bleib' nicht fern von mir! — Sende sie mir, Himmel, und gönne mir endlich das stille Glück eines recht schaffenen Lebens!" Die Schmuggler verstummten. Die Morgendämmerung drang in die finsteren Gemächer. Die Thüren wurden ver schlossen und verriegelt. Etwa eine Stunde vor Sonnen aufgang hörte man klopfen. Der Wirth verließ uns, um nachzusehen, wer eS sei, und zwei der kräftigsten Schmuggler begleiteten ihn zum Beistand für den Fall der Noch. Das Wort „Therese" verbreitete Freude, Verwirrung und Be- sorguiß durch das ganze HauS. NikolaS sprang wie rin verwundeter Löwe von seinem Lager auf. Er eilte zur Thür, dann aber taumelte er, und fiel gegen die Wand, als der Wirth und seine Gefährten hereiulraten, den blutenden Kör per eines schönen Mädchens hereinliagend. Es war Therese. Sie trug noch die Kleidung eines ViehlrciberS. Um den Leib schlang sich die lederne Geldkatze; der Riemen, an dem die Peitsche über Vie Schulter hing, war von einem Säbel-Hiebe halb durchhauen; auS ihrer Brust tkäufelien Blutstropfen. Ihr Gesicht wurde von dem herabfallenden Haar bedeckt. Ihre Wangen waren leichenblaß, und ihr malleS, halbgebrochenes Auge suchte zum letzten Abschieds blicke den Mann, den sich ihr Herz erkoren hatte. Ste erhob matt die Hand. Der junge Schmuggler stürzte auf sie zu, sank an ihrer Seile nieder, und wiederholte schluchzend ihren Namen. „Für mich, Therese!" rief er. „Für mich! — Ich bin dein Mörder!" Das sterbende Mädchen lächelte; sprechen konnte sie nicht. Die leise Bewegung ihres Hauptes widersprach seiner Selbstanklage. Mit der letzten Anstrengung ihrer Kraft zog sie ihn zu sich, und versuchte es, die blutrvthe Narbe auf seiner Stirn zu küssen. Tann sank sie zurück; ihre Augen lider fielen nieder, und NikolaS schloß sie mit einem Kusse für immer. DaS heldcnmüthige Mädchen war dahin. Ihre Ver kleidung Halle die Grenzwäckler irre grteilel und zu ihrer Verfolgung angelricben. Mil Sonnenaufgang verließen mein Gefäbrle und ich den Schauplatz dieses lraurigen Auflriltes. Nikolas zcigle eine unnalürltche Ruhe. Seine Hesligkeil war in demselben Augenblicke verschwunden, als leine Therese den letzien Seufzer aushauchle. Seiner Wunden ungeachtet bestand er darauf, uns über den nächsten Berg zu begleiten. Er sagte, er hätte bei dem Grafen ein Geschäft abzumachen. Zwei Tage später hörte ick, der Förster deS Grafen sei erschossen worden — von Paschern. Mein Blut gerann, als ick dies Höne; ick dachte an Nikolas, und dessen Geschäft! — Erfahren konnte ich zwar nichts von ihm, aber ich zweifelte kaum daran, daß die Ungerechtigkeit, deren Opfer sein Vater geworden, sowie der Tod seiner Therese, diesen ungestümen, feurigen Menschen zu der Begehung des furchtbaren Verbrechens angetrieben hätten! Allgemeiner Anzeiger. Bekanntmachung. Das dem Handarbeiter Johann Carl Friedrich Pretzsch zu Rabenau gehörige, ohne Berücksichtigung der Abgaben auf 332 Thlr, — Ngr. — Pf. gerichtlich tarirte, sul> Nr. 94 des Brand-Katasters und Nr. I61a und I6Ib des Flurbuches gelegene Wohnhaus mit Schuppen und Garten, auf welchem Auszugs- und Herbcrgsbefugniffe haften, soll den S. December 18SV an hiesiger Amtöstelle nothwcndigerweise versteigert werben. Erstehungslustige werden daher unter Hinweisung auf die bei den an Amtsstelle und zu Rabenau auShängenden Sllbhastalionöpatenlcn befindlichen Beifügen hiermit geladen, obgedachten Tages vor Mittags 12 Uhr an Amtsstelle all- hier zu erscheinen, auf vorgängigen Nachweis ihrer Zahlungsfähigkeit zum Bieten sich anzugeden und gewärtig zu sein, daß Demjenigen, welcher nach 12 Uhr daS Höchstgebot behalten, die gedachten Immobilien als gesetzlich erstanden werden zugeschlagen werden. , Dippoldiswalde, am 10. September 1850. Königliches Justiz-Amt. Lehmann.