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Schriften wegzunehmen: so mag man die Frechheit dieser Menschen eben so befremdend finden, als den Langmuth der Behörden; ja man könnte geneigt sein, der Behörde eine größere Schuld zuzugestehen, wenn anders die Antwort des StaaiSanwalkeS begründet ist, die dieser aus die Anzeige des Hauptmanns v. Erffa und aus dessen Gesuch um Einleitung der Untersuchung gegeben haben soll. Nachsicht, solchen Frevlern gewährt, reizt diese nur zu immer gröbern Aus- schreilungcn, entfremdet dec Regierung die gutgesinnten Bür ger und untergrabt alle Ächtung vor dem Gesetz. Kein Wunder, daß schon manche Familien, deren Verhältnisse cS erlauben, Rudolstadt verlasse» haben, und daß andere, die ihre Einkünfte hier verzehren, jenen nachzufolgen entschlossen sind, wodurch die NahrungSlosigkett, schon jetzt fühlbar, immer mehr um sich greifen würde. Eisenach, 21. Oclbr. Heute Nachmittag noch sind 4000 Mann preußischer Truppen aller Waffengattungen theils in Erlrazügen hier durch nach der hessischen Grenze gegangen, theils hier geblieben, unv werden morgen dorthin marschiren. Noch gestern Morgen ahnte in Erfurt kein Meirich einen Abmarsch, als der Telegraph den Befehl von Berlin brachte, der auch schon um 10 Uhr auögeführt ward. Man sagt, daß ein Theäl der Truppen nach dem an Baiern grenzenden Eisenacher Oberlande verlegt worden, da in den dortigen bairischen Grenzorlen schon die Baiern sich con- centrilt hätten. Von der Saale, 22 Oct. Die vorgestern aus der Provinz Brandenburg in Halle eingerücklen Truppen, dar unter eine starke Abiheilung Pionniere, sind gestern eben falls nach der kurhessischen Grenze marschirt. Dahin wer den in den nächsten Tagen auch die Necrutcn deS I. Ba taillons vom 19. Infanterieregiment, welche jetzt noch in Halle stehen, ansbrechen. Außerdem erwartet man für heule wieder zwei Erlrazüge mit Infanteriemassen aus dem Osten. München, 19. Oct. Gestern sollen umfassende Befehle wegen Mobilmachung und Aufstellung deS II. ArmeecorpS nach Würzburg, wo dessen Coinmandanl Fürst TariS bereits ringelroffen sein wird, ergangen sein. Wie man hört, wird das Corps längs der Mainlinie dispvnirt werden und sich mit seinem rechten Flügel an die strategisch wichtige Berg feste Rosenberg bei Kronach anlehnen. Bon Würzburg und Bamberg aus würde daö Corpö Souties erhalten können. Pferdeankauf für die Armee ist angeordnet. Man scheint 503 im Kriegsministerium auf einen länger», Aufenthalt der Truppen des II. ArmeecorpS in einem fremden Lande zu rechnen, da für dasselbe unter Andern» auch eine Feldpost eingerichtet wird. Dieses Auneccorps erhält überhaupt eine vollständige KriegSausrüfluiig. Traurig ist eS, daß durch dieze erneuerten Rüstungen Hunderuausende, vielleicht Mil lionen der Staatskasse, d. h. den steuerzahlenben Bürgern, aufgebürdet werden, ganz abgesehen von dem Zweck, zu welchem eö geschieht. (Nürnb. C.) — 20. Oct. Die Bamberger Zeitung läßt sich auS München schreiben, an das dortige Landwehrcommando sei die Anfrage gestellt worden, bis wann die Landwehr den Garnisondicnst in der Hauptstadt übernehmen könnte. Die Gesammtstärke deS am Main aufzustellendcn ArmeecorpS wird einschließlich deS österreichischen JägerbaiaillonS auf 40,000 Mann angegeben. Wien, 22. Oct. Zwei ArmeecorpS, das inner- österreichizche und VaS mährische, sollen mobil gemacht werden. Die heutige Oesterreichische Correspondenz und Vie Reichszeitung bringen vehemente Artikel gegen Preußen. Athen, 6. Oct. Der König von Griechenland hat die Reise nach Deutschland deshalb angetreten, um die Angelegenheit der griechischen Thronfolge wo möglich zu erledigen. Dem Staalsgrundgesetze zufolge hätten in Ermangelung einer direkten Nachkommenschaft deS Königs nächste 'Verwandten daS Recht, den griechischen Thron zu besteigen; hierzu würde vor Allem ein Religionswechscl ge- hören, welchem die Prinzen deS bairischen Hofeö sich zu unterziehen wenig Geneigtheit zeigen. ES Hal über den Fall der eventuellen Thronfolge bereits eine Verhandlung zwischen mehren europäischen Großmächten stattgesunden und würde vielleicht zu einem praktischen Resultate geführt haben, wenn nicht Lord Palmerston geradezu sich geweigert hätte, die Unterhandlung fortzusühren, indem cs noch nicht an der Zeit sei, sich damit zu beschäftigen. London, 15. Oct. Daö für's erste Mal verunglückte Unternehmen der Anlegung eines unterseeischen Telegraphen zwischen Frankreich und England ist noch nicht aufgegeben, sondern, wie die Times meldet, nur bis zum Frühling ver schoben. Während der Zwischenzeit wird man an der An fertigung der Drähte, die man jetzt unzerstörbar machen will, arbeiten, und denkt bis Mai mit der Legung der selben fertig zu sein. Schmngglerleben. (Fortsetzung und Schluß.) „So wurden wir durch einen Schlag zu Guinde ge richtet. Der Plan für meine weitere Erziehung ließ sich nun natürlich nicht auSsühren. Wir waren ohne Hcima h, ohne Brot. Voll Verzweiflung stürmte mein Vater hinaus in die weite Welt, und wir wußten nicht, waö auS ihm geworden war. Ich griff zu meiner Violine, aber ich konnte als Spielmann meiner armen Mutter nur einen spärlichen Lebensunterhalt gewinnen. So ging das ein halbes Jahr. Mein Haß über die Schlechtigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen sprach auö meinen Liedern und ost flehte ich den Himmel an, meinen Violinbogen in ein scharfes Schwert zu verwandeln. Meine Mutter weinte, wenn ich sang, und hörte sie auf zu weinen, so betete sie zu dem Himmel um Gerechtigkeit. So kämpften wir manchen Monat mit dem Hunger. „Das war ein Harles Leben, Ihr Herren; ich verzwei felte an den Menschen — au dem Himmel sogar, und der Einfluß jener Zeit führte mich zu der jetzigen Lebensweise. „Der Herbst war schon weit vorgerückt, als ick eines Abends zu dem Torfe zurückkchrte, in welchem wir die ärm liche Hütte eines ehemaligen Freundes bewohnten. Meine Mutter war während des Weges krank geworden: Sorge, Kummer, Entbehrung, hauen ihre Gesundheit untergraben. Ich konnte singen und spielen, um den Lebensunterhalt für meine arme Mutter zu gewinnen; — betteln konnte ich nicht! — „Wir betraten mitsammen das elende Loch, daS unS^ zur Wohnung diente. Da war nichts als hartes Stroh und frische Lust; diese drang reichlicher als nöthig durch die zerbrochenen Fensterscheiben herein. Auf dem Halse einer zerbrochenen Flasche brannte eine Kerze, und bei ihrem spär lichen Lickte gewahrten wir, auf dem Strohe liegend, einen Mann. Ec war mit Lumpen bedeckt, sein Gesicht bleich und eingefallen. Einen Augenblick glaubte ich, einen Geist zu erblicken, — als ich mich aber näher über ihn beugte — Himmel und Erde — da erkannte ich meinen Vater! „Meine Mutter sank neben dem Stroh auf die Kniee, ich bedeckte die Hände deS Themen mit Küssen, benetzte sie mit meinen Thränen, und fluchte den Verfolgern deS Un glücklichen, der nach Trost zu dürsten schien." „Still, Nikolas, still!" flüsterte mein Vater. „Du,