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LSI nicht anklebe. — Aus allen diesen Gründen hatte er das Gespräch verlängert, auf Antworten folgten Antworten, die Gegenstände wechselten leicht und gefällig, bis plötzlich Clara herbeitrar und die beiden Damen sich auf Weise der innigsten Befreundung begrüßten. — Clara erzählte, daß sie später gekommen sei, als Dahl, weil Mütterliche Sorge sie am Bett ihres Kindes festgehalten hätte/ das durch plötzliches Er kranken sie erschreckte; sie würde es vorgezogen haben, ganz bei ihm zu bleiben, wenn ihr Mann nicht so bestimmt darauf gedrungen, die Besorgniß nichl zu übertreiben. Wir müssen ihm dafür einen Dank votiren, sagte Grimnitz. — Dein Mann hatte Recht, meinte Antonie. So schön die Mutterliebe ist, so leicht verfällt sie dem Uebermaß. Gefahr ist gewiß nicht vorhanden. Aber schon der Gedanke daran macht mich zittern, rief Clara. Hugo hält eö für nichts, er wollte nicht einmal den Arzt rufen lassen, die Männer sind immer har«. Ich werde jedoch nichl eher ruhig sein, bis ich sehe, daß mein lieber Knabe wieder lacht. Die Aengstlichkeit der jungen Frau gab Anlaß zum Scherz, bis Grimnitz endlich hinwarf: Es muß ein Glück sein, von solcher Liebe als Kranker behandelt zu werden, und wäre ich mein Freund Dahl, würde ich krank werden, des liebenswürdigen ArzieS wegen. Spotten Sie nicht, erwiderte Clara, Sie wissen nicht, wie oft ich schon erschreckt worden bin. — Mein Mann, ist zwar nie krank, wenn man ihn fragte; er kämpft ge ringes Unwohlsein stets nieder, aber finden Sie thn nicht auffallend bleich? Ich finde ihn, sollte ich denken, röther als sonst, sagte die Ultenhofen. Er wechselt die Farben zuweilen fieberhaft, fuhr Clara fort. Jetzt kommt es mir wirklich vor, als hättest Du Recht. Ich fasse den Gedanken nicht, daß er erkranken könnte, und dock, wenn ich die langen Stürme und Auf regungen bedenke, denen er unterworfen ist, überfällt eS mich, daß sein Körper einmal ihnen unterliegen müsse. Oder sein Geist! murmelte Grimnitz zwischen dm Zähnen. Sei unbesorgt, erwiderte Antonie; bei höheren Naturen trägt der Geist den Körper mit sich fort, und was gewöhn liche Mensche» in die furchtbarste Erschöpfung aller Kräfte stürzen würde, wird von jenen leichr überwunden und ohne allen Schaden. — Habe ich nicht Recht, Herr v. Grimnitz? sprach sie lächelnd weiter, indem sie sich zu diesem wandle; sind nicht gerade ausgezeichnete Menschen dazu?geeignet, die außerordentlichsten Anstrengungen zu ertragen? Gewiß, Sie haben Recht, antwortete Grimnitz, obwohl man behauptet, daß das geistige Arbeiten den Körper rascher auflöst oder die Maschine mehr abstumpft, als alles Andere. Wer viel denkt, lebt kurz. Nun, sagte daS Fräulein lachend, so machen die Herren StaaiSministcr und Diplomaten davon eine Ausnahme, da sie gewöhnlich hübsch alt werden, und doch hoffentlich nicht wenig denken. WaS ist daS! rief Clara, die Hand ihrer Freundin ergreifend und drückend. Was gehl dort vor? — Mein Onkel spricht mit Hugo, er ist sehr erzürnt, ich kenne diese heftigen Bewegungen und Seiler stellt daneben und zuckt die Schultern. — Was haben sie mit ihm? Ach! wenn ich mich kinmischen dürfte — ich will es, eS ist ein Streit. Bleib, flüsterte Antonic, es würbe Aufsehen erregen. Grimnitz hatte sich in den Stuhl zurückgelegt, er sprach mit einem Herrn, der sich in der Nähe befand, aber er verlor kein Wort von dem, was Clara sagte, und seine Augen hefteten sich scharf auf die Gruppe am Fenster, wo eS allerdings lauter und heftiger zu werden begann, als man vermuthen durfte. — Der Stcucrbirector drehte sich mit zorniger Lebendigkeit hkk Vnd W, N Wt DM tck einem Knopf fest und schlug mit dem Zeigefinger der rechten Hand wie drohend auf die Brust seines Neffen,»— Züwtlltt, wendete er sich gegen Seiler hin, als wällte er Von diesem etwas bekräftigen lassen, aber jede Antwort, welche Dahl erhielt, schien seinen Unmuch zu vermehret». Plötzlich ddöhttte die Stimme des alten Herrn bis zu Grimnitz herübet. ES ist sinnlos, unvernünftig! rief er, Sie können Nicht so unbesonnen handeln. s; -i? Dahl suchte ihn zu beruhigen. — Die Gespräche hatten aufgehört, von allen Seilen horchte man verlegen und.neu- gierig auf den Streit. Sehen Sie denn nicht, daß ich mit meiner Ehre eS unmöglich vereinigen kann, sagte Dahl sehr ruhig! — Ich bitte Sie, lieber Onkel! — -- ' Mit Ihrer Ehre, Potz Wettet mit Ihrer Ehre. Gewiß mit meiner Ehre, aber lassen wir heute die Sache auf sich beruhen. ' . Mit Ihrer Ehre! wiederholte der alte Herr, Nicht von träglich, die ehrenvolle Stellung zu übernehmen? — Was ist denn damit verträglich? Klubs, Versammlungen, WÜhk- vereine, Umtriebe! Er stieß diese Beleidigungen mit solcher Gewalt hervor, daß Jeder sie hörte, und ein plötzliches, tiefes Schweigen eintrat. Theuerster Onkel, flüsterte Seiler, ihn am Arm weg« ziehend, beruhigen Sie sich; unendlich leid thut es Mir, daß ich die Ursache dieses Zwiespaltes bin. ES ist mir lieb, sagte der Director mit hochrbthem Gesicht, denn ich bin jetzt endlich im Reinen und zu Ende mit meiner Rechnung. > . WaS ist denn geschehen? fragte Clara ängstlich. Um Gottes willen, Hugo, welche ärgerliche Verwirrung Hafk Du angerichtet? ! i i Die gestörte Gesellschaft suchte so viel wie möglich die Unterbrechung zu beschönichen. Gespräche wurden gewalt sam angeknüpkt, eine Fröhlichkeit durch Zwang hervorge rufen, die Keiner empfand. Die lachenden Gesichter suchten sich mit den Augen zu entschädigen und forschten gierig nach dem Zusammenhänge dieser fatalen Familrenscene, welche eine Fortsetzung in einem der Nebenzimmer faNV, wohin Dahl seine geängstigte Frau geführt hatte. Der Obergerichisraih war so ruhig > lächelnd hinaus gegangen, als sei nichts geschehen; Seiler folgt«! ihm, während' der alte Herr am Arm der Geheimräthin nach der anderen Seite hin sich verlor. , Sage mir doch endlich, bat Clara, waö die eigentliche Ursache dieses empörenden Auftrittes ist. . NM Die eigentliche Ursache? erwiderte Dahl. Nuy, Hit steht vor Dir. Unser geliebter Schwager und Freund hat sich dazu herbeigelassen. Lieber Dahl, versetzte der Geheimrath, ich habe dis besten Absichten gehabt und bin aufS Tiefste niedergeschlagen über diesen AuSgang meiner Erwartungen. Gieb Dir keine Mühe, lieber Seiler, Mr kennen NÄ? genau genug, um zu wissen, waS wir Vön Ms zw hallen haben. . - Du bist ungerecht gegen mich, wie gegin Alle. ' ' So sei um so stolzer auf Deine Gerechtigkeit. Und um Drin Zartgefühl nicht weiter zu vorletzrn: Gute Nacht! Wie, rief Seiler, Du willst es zum Äeußersten ttMetA Du willst geben? t > i «> Ich will Dir helfen Dein Werk >vbllSN>eN, saM Dahl, indem er sich kalt und verächtlich avwä'ndte? Komm ? " d- Dies letzte Wort wat mit solchem befehlenden Nach-' druck gesprochen, daß Clara ihren Arm in den ihres legte und masckinenartia folgte. , -vü»' Starrsinniger Mensch!! rief der Geheimwth, so geh' tii Dein Verderben und reiße Alle- mit Dir hinab, wsts Dicht