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Vie leMsme veimlcekr j^omsn von Lksrlotte Orlins ohne selbst daran auch nur das geringste verschuldet zu haben. Der junge Bauer aber batte sich mit allem Eifer an sein Gut gemacht und eine Sparsamkeit entfaltet, die hart an dis Grenze des Darbens stich. Er hatte gearbeitet, wie fünf Knechte zusammen nicht einmal gearbeitet haben würden. Und als er drei Jahre den Hof in seinen Händen gehalten, hatte er Tina Terhoevel gefreit. Sie war zwar nicht das Mädchen nach seinem Herzen gewesen, aber sie hatte ihm ein sauberes Säcklein voll klingender Münzen ins Haus ge bracht, und das war ihm damals wertvoller erschienen als das Glück seines Herzens. Doch Tina Terhoevel war auch keine schlechte ffrau ge wesen, im Gegenteil! Sie hatte Haus und Hof mit aller Tüchtigkeit vorgestanden und etwas von jener Sparsamkeit, die Jupp Haussen treu und zähe beobachtet hatte, auch aus dem elterlichen Hause mitgebracht, also, da» cs vortrefflich vorangegangen war mit der Wirtschaft. Die alten Schul den waren abgetragen, ehe die Gläubiger es gedacht, und ein sicherer Wohlstand begann sich zu bilden. Und dennoch rvar der Segen dieser Ehe ausgcblieben, zum bitteren Schmerze für beide Gatten. Und als Tina Terhoevel in einem Winter ernstlich zu kränkeln begonnen und im nachfolgenden Frühling endlich ein Söhnlein ge boren hatte, war es zu schwach gewesen, um länger als drei kurze Tage am Leben zu bleibe». Seit diesem traurigen Ereignis war die Ehe dieser beiden Menschen wie mit feinstem Messer durchschnitten ge wesen. Weder Jupp Janssen noch Tina Terhoevel hätten auch nur sagen können, wie es gekommen — aber es war gekommen und nicht mehr anszugleichcn, noch etwa zujam- menzustilckeln gewesen. Leider! Frau Tina hatte noch zweimal die süße Hoffnung auf den Segen ihres Schoßes verspürt; aber wie beim ersten Male, so war es auch beim zweiten und dritte» vergebens gewesen. Drei winzige Seelchen aus Jupp Janssens altem Stamme hatten den Weg zum Himmel gesucht, noch ehe ihrs zarten Flüglein einen fröhlichen Schwung über die Erde genommen. Der Bauer hatte seinen Schmerz krampshast verbissen und zwischen den Falten des Herzens begraben wollen; aber aus diesem Schmerze war langsam und vielleicht ihm selber unbewußt ein Groll gegen Tina Terhoevel gewachsen, und ein Groll gegen Gott und schließlich gegen alle Menschen. Und eines Tages hatte man angesangen zu flüstern und die Köpfe gehörig zusammenzuduclen — Jupp Janssen hätte man doch wahrhastig mit llllicle Moers gesehen, ein mal und zum zweiten und zum dritten und gar zum siinften und zum zehnten Male; und schließlich habe er sich ganz öffentlich mit ihr im „Hahn im Korbe" gezeigt, einem Wirtshaus, das im Nachbardors ein Ansehen genoß, wie zum Glück sonst kein anderes in der ganzen weilen Gegend. Nun, Ullicke Moers war im Grunde nichts anderes nachzusagen gewesen, als daß sie bettelarm nnd früh Waise geworden war, und ihre Hände als einfache Magd ehrlich und getreuen Fleißes hatte regen müssen. Sic war wirtlich recht hübsch und stattlich gewesen und Halle ein guies, sauf» tes Herz besessen, das Jupp glockenrein und voller Glauben entgegengcschlagen, als er angellopst Halle. Ja, man war allgemein der festen Ueberzcugung gewest», Jupp Janssen würde dieses Mädchen zum Altäre führen. Elwas anderes war eigentlich gar nicht zu erwarten gewesen — nach Ansicht der Leute. Sie war das Kind braver Ellern, die durch ein siroßes Mißgeschick alles hallen verlieren müssen, was einst lhr solider Besitz gewesen; so allein hatte cs auch nur ge schehen können, daß Ullicke Moers in sremde Dienste getre ten war, um ihr Brot tapfer und treu vor Herrgott und Menschen zu verdienen. Und wer Ullicke Moers in Dienst gehabt hatte, war des Lobes und der Zusriedcnheit voll. Ja, dieser und jener gute Bauernsohn hatte die freiende Hand nach ihr ausgestreckt; doch Ullicke war dem treu geblie ben. an dem ihr Herze gehangen halte — Jupp Janjj.n. »toi I Mit der freien Hand schnitt er dann und wann einmal mitten durch die Lust, aber so, als merke er es selber nicht, als gehöre diese Bewegung gar nicht einmal zu ihm, dem jungen Menschen Aegidius. Doch plötzlich blieb er mitten auf dem Wege stehen, hob den Kopf und sah in den Himmel. Troß und blau stand er über ihm, ewig und unendlich — fern und unerreichbar für die Menschen. Das Land lag in seinem herbstgoldencn Frieden.^Kein Mensch war zu sehen. Nicht einmal ein Vogel bewegte sich durch die goldflimmernden Lüfte. Alles war regungslos und still wie ein großes Geheimnis. Im Westen stieg das Dunkel eines schönen Waldes gegen den Himmel. Sonst gab es nichts als Weiten von Wiesen und Weiten von Feldern, und wo die weiße Wolke kühn und stolz im Winde segelte, da lag der gewaltige Strom. Doch wenn Aegidius rückwärts blickte, sah er noch di» wenigen Dächer jenes kleinen guten Dorfes, das er eben verlassen hatte; sah er das schieferblaue Türmchen der Kirche wie einen Finger zur Höhe weisend und ganz deutlich rechts neben der Kirche das breit ausladende Strohdach von Jupp Janssens behäbigem Hause. Es war das schönste Vauern- l-aus im ganzen Dorse. Ja, wenn man sich nur recht um schauen wollte, eigentlich in der ganzen meilenweiten Ge gend. Es war frisch ausgeputzt, weiß gekalkt und mit einem neuen eisernen Gitter um den gefälligen Garten versehen; auch hatte es ziegelrote Fensterladen und eins ebenfalls ziegelrote Haustür mit schönstem alten Messing beschlagen. Kurz, es »var das stattlichste Haus, das seine stillen Bewunderer hatte und manchen halblauten Neider. Hinzu kam der große, gesegnete Garten mit den früchte schweren Bäumen, den üppigen Hecken, den trefflichen Kohl- und Gemüsebeeten und dem lachenden Bunt einer Pracht herrlichster Blumen. Hinter dem Hause lag breit und be haglich der Hof mit Ställen und Scheunen, nnd gleich hinter diesem reichen Besitze schlossen sich die großen Felder und Wiesen an und dehnten sich in die Unermeßlichkeit des niederrheinischen Landes. Ja, ja, Jupp Janssen war ein reicher Mann geworden. Er wachte über sein Eigentum wie ein kleiner Herrgott und blieb unermüdlich in seinem Fleiße zähe in der Kraft seiner Arbeit, sparsam und ernstlich besorgt, den kleinsten Krumen zu verlieren, geschweige denn, eine arme Kruste zu verschwenden. Wer seinen Besitz sah, meinte, er hielte das Glück in beiden Händen. Doch dem war nicht so. Jupp Janssen war zwar reich an Boden und gefüllten Speichern und reich an allerbestem und gesundem Vieh, aber sein Herz u>ar trotzdem immer arm geblieben. Er zählte einundsünszig Lebensjahre, war stattlich und in seiner Kraft schier gewaltig und hielt mehr aus sein vorteilhastes Aussehen, als es sonst bei einem Bauern üblich war. Aegidius hatte zum Beispiel niemals ein Loch in seinem Rock gesehen und keine fadcndünne Stelle an der Hose, und seine blauen Werktagskittel pflegte er zweimal in der Woche zu wechseln. Verner Jupp Janssen war eben der große Bauer Jupp Janssen! Das wußte er selbst, und darum hielt er auch den Kopf um manches höher als die ander», ohne dabei einen Stolz zu verraten, der irgendeinen beleidigen konnte. Und was einmal gewesen — und es war leider recht vieles ge wesen —, das war längst vorbei, und daran zu rühren, wäre keinem Menschen eingesallen. Jupp Janssen hatte sehr jung das väterliche Erbe über nommen. Doch die Zeit war damals eine höchst böse ge wesen an Mißernten und an Wetter- und Hochwasserschäden, also, daß sein Vater mit dem schönen, alten Hose auch manche harte Schuldenlast batte hinterlancn müllen, dock' Abschied. Der Herbst hing goldene Trauben an den Weinstock und blaue Pslaumen an die Bäume. Es war die Zeit der duftenden Aepfel, der süßen Birnen und köstlichen Nüsse. Es war die Zeit des Segens und der reichen Ernten und der Offenbarung jener gewaltigen Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen. Noch war der Himmel sammetblau, und die Sonne ver klärte den heiligen Vogen, und in den Nächten regten sich sprühend silberne Sterne und sielen Milliarden schimmernde Tropfen. Zwischen Himmel und Erde aber woben sich tausend duftige Schleier, blaue und grüne, und verhüllten die Fer nen, und auf den Wassern schwamm noch das Gold einer rötlichen Sonne in kleinen, höchst seltsam ovalen Dukaten, di» eilig auf und nieder hüpften; und wer darnach griff, fühlte sie wohlig zwischen den Fingern zerrinnen wie ein yauchfüßes Glück. Und hier und dort gaukelte ein verspäteter Falter und schwenkte ein Bienchen die emsigen Flügel. Warm war »», und die Luft erzitterte rings von der Fülle der Düste. Schön war der Herbst! So schön wie der ganze Sommer in diesem Jahre gewesen war. Die Menschen konnten Gott danken. Nur dann und wann kam einmal ein Regen, leise und sanft, und erfrischte die Erde. Der Wind blies noch immer auf seiner Flöte, und die gewaltige Orgel, die der Sturm um diese vorgerückte Jahreszeit sonst schon oftmals recht tüchtig bediente, stand irgendwo in einem Winkel vergessen und stumm. Es war schön! Es war schön! Doch was nun den jungen Aegidius betraf, so sah er nicht über den herbstlichen Frieden der Felder, noch suchte lein Blick die unendliche Weite des stillen, besinnlichen Lan des zu fassen — nein, Aegidius starrte auf seine Füße, auf den Staub seiner Schuhe, das schlenkernde Schuhband und auf die Landstraße mit ihren groben, holprigen Steinen. Er hielt die Lippen zusammengeknisfen nnd die Stirne in kleine Falten gezogen, und sein Blick war stumpf, ohne das warme Licht eines Feuers. Aegidius setzte harte, zähe Wanderschritte. Er trug «inen erbsgriinen Rucksack auf seinem Rücken, vollgepfropft mit allen Habseligkeiten, die sein Eigentum «usmachten — <r waren nickt viele. Sein Nock zeigte hie und da eine tüchtige Stopfe und an den Aermcln bereits umständlich große Flicken aufgesetzt; auch war die Hose reichlich abge tragen, verbeult in den Knien und ausgesranst an beiden Beinen. Der Hut war ein grüner, verregneter Filz mit einem wohl einmal gelb gewesenen Bande und saß ihm tief in der Stirn, das Gesicht zu beschatten. In seiner Rechten hielt Aegidius seinen SLanderstock, der klotzig war und knotig zugleich und unbarmherzig lärmend auf die Erde klopfte. Aegidius selbst war noch ein junger Mensch, schlank und schmal m den Schultern, leicht beschwingt in jeder Bewe gung, aber der Rhythmus einer innerlichen Harmonie schien ihm zu fehlen. Ein Ruheloses herrschte noch in ihm, das immer und immer zur Eile drängte, das nie Zeit suchte nm einen Atemzug länger innezuhalten, als unbedingt nötig. Aber Aegidius besaß tiefe blaue Augen, eine schmale, beinah fein geschnittene Nase, blondes, wehendes Haar in gestutzten Strähnen und einen breiten, kräftigen Mund mit prächtigen Zähnen. Das war Aegidius. wie sich Richard Magner benommen hat ... Eine köstliche Episode erzählt Hans Earossa aus seiner Jugend in einem demnächst ersckrcinenden neuen Werb, aus dem ein Kapitel „Familtenforschung" im neuesten Heft des „Insel schiffs" zum Abdruck gelangt. Er spricht da von seiner Tante Josephine, einer älteren Schwester seiner Mutter, die eine ge wisse Vorliebe für das Vornehme hatte. „Wie bannte sic schwärmen", schreibt der Dichter, „von der großen Welt, in die sie nicht hineingelangcn sollte, von der Welt des Hofes und der Geistesgrößen! Wie wechselten Bewunderung und Empörung in ihr, wenn sie von Nickmrd Wagner sprach! Einmal war sie In der Brienner Straße gegangen, als eben vor ihr der König seine Equipage halten ließ, weil der Meister des Weges kam. „Wie sich aber der lögöre benommen hat, das ahnt ihr nicht. Er qualmte seine Zigarre weiter, während sich Seine Majestät mit Ihm unterhielt, und dabei setzte er seinen rechten Fuß auf das Trittbrett des königlichen Wagens. Unser Ludwig aber war aufgelöst In Entzücken über diesen Menschen; die kleine Beamtenstochter und ihren Hofknicks geruhte er überhaupt nicht zu sehen." — „Der König wird Ihm wohl das Rauchen aus drücklich erlaubt haben, sonst wäre es ungeheuerlich", warf die Mutter ein, während der Vater den Kopf schüttelte nnd meinte, dem Bismarck gegenüber hätte er sich das gewiß nicht erlaubt." Mer zuletzt lacht... Schiller, der bekanntlich auf der Karlsschule Medizin als Lehrfach erwählt hatte, tat sich nicht wenig zugute aus seine in der Jugend erworbenen medizinischen Kenntnisse. Da beschlos sen eines Tages seine übermütigen sii.dentlsckten Schüler In Jena, ilrm hierin einen Streich zu spielen. Sie verfertigten einen Brief, In dem Schiller der medizinische Ehrendoktor ver liehen wurde Es erregte allgemeines Erstminen und Heiterkeit, wie ernsthaft Schiller den Brief aufnahm und wie er sich dar über freute. Dann erfuhr man. eln reitender Bgtc von Schil ler sei nach Erfurt mit einem Dankschreiben unterwegs. Die Heiterkeit verwandelt« sich in allgemeine Bestürzung, zwei Stickenten zz.' Pferde wurden dem Boten nachgejag». Ak>er sehr niedergeschlagen kehrten diese nach Jena zurück, sie hatten den Voten unternwgs nicht mehr gefunden. Nun mußte man wohl oder Übel Schiller die Fopperei erklären, die man sich mit ihm erlaubt hatte. Der Dichter aber hörte sich das Geständnis mit lächelnder Miene an l.nd meinte darauf, das ffovpcn verstände er doch wohl «in wenig bester als die Herren Studenten I Lin Lebensmüder Ferdinand Raimund war einmal bei einer sehr reichen, aber ebenso geizigen Dame zum Kaffee geladen. Der Volks dichter nahm sich bei seiner bekannten Vorliebe für das Süße ziemlich viel Zucker aus der dargereichtcn Dos«. Darüber war die alte Dame so ungehalten, daß sie es sich nicht verkneifen konnte zu bemerken: „Zucker ist eben nicht das Gesündeste!" „So", meinte der Gast gelassen, indem er mit der ganzen Hand nochmals eine» ausgiebigen Griff in die Zuckerbüchse tat, „das ist mir gerade recht und kommt mir sehr gelegen, denn das Leben ist mir ohnehin ein« Qual!" Sprachs und Stück für Stück wanderte währenddessen in feine Tasse. Lin arotzer Dichter achtmal abgelehnt Di« jungen Dramatiker,.die ihr dickleibiges Manuskript, dgs sie mit den größten Hoffnungen einem Theater einsandten, prompt wieder zuriickkommen sehen, können sich mit Gustav« fflaubert trösten, der nicht nur seine großen Romane schrieb, sonder» auch eine heimlick^e Liebe zur Bühne hatte. Auf «mein seiner Theatcrmannskripte lpit er getreulich ausgezeichnet, wie es ihm bet acht Bühnen damit ergangen ist: „1. Marcfournier hat sich geweigert, mein Stück zu lesen, unter dem Vorwande, ich sei unfähig, «ins zu schreiben. 2. Gustave Claudiu Kat mich nm ein Stück für den Di rektor des Varietös Noriac aebeten. Begeisterung besagten Noriacs, der gesagt hat. er werde es sofort einstudicren. Still ¬ schweigen von sechs Monaten, nach deren Ablauf ick nur mein Manuskript nur durch eine ganz brutal« Hartnäckigkeit wieder erobern konnte. 8. Das Stück hat sich in den Händen des Direktors des Chatelet Holstein befunden, der es mir 21 Ctmck.» noch dem Empfang durch seinen Parlier mit dein Bemerken zurückgc« schickt: „Herr Holstein läßt Herrn Flaubert sag» das wäre nicht ganz das, was er brauchte." -1. Ein Direktor des Galle hat sich das Stück non mir vor lesen lassen und mir s-stvc Vnvunderung ausgedrückt, aber ich habe nichts mehr von ihm gehört. 5. Die Direktoren des Gaste haben das Stück von mit eingefardert und es drei Monate lang behalten, dann habest fies mir mit Verachtung zuriickaeschickt. t>. Raphael Felix Kat es sich von mir vorlesen lallen und mir vorgcschlagen. es auspaknhren. aber er Kat das sogleich wieder zurückgcnomnn'n. weil er sich erinnert Hai. daß er „Lucrezia" spielen müsse. 7. Voriges Jahr bot der Direktor des Gaste das Ma nuskript wieder «ine Woche von mir gehabt und mit derselben Antwort zuriickaeaeben wie seine Kall um. 8. Diesen Winter bat man nbaeiehnt. es :n der Revue Francalse zu verössentlicken." Die gelbe Weste An einem schönen Maitag des Jahres 1812 war Jean Paul von Dresden aus, nm er gerade zu Besuch weilte, in die Lößnitz hinausgefahren, um sich in dieser wundersamen Hügcl- landsck>ast am Elbufcr von dem Ansturm zu erholen, den beson ders die Frar.enn'clt der Hauptstadt auf den von ihr als neuen „Frauenlob" verehrten Dichter eröffnet halte. Schon als er an- kmnmen sollte, hatten viele auf der Straße seinen Wagen er wartet, aber er ivar dem entgangen, indem er In stockfinsterer Nackt anknm, und hatte dann am Morgen sehr behaglich im großblumiczen Schlafrock und mit langer Pfeife ans seinem Fenster im Gasthof herausgesehen. Dann aber hatte eine regel rechte Belagerung eingesetzt, junge nnd alte Damen wollten den gefeierten Mann sehen, ihn reden hören, aber auch ihm gefal len. Blumen und Kranze, große und kleine Briefe trafen un aufhörlich ein. und der Stiefelputzer des Gasthauses wurde um kleine Andenken bestürmt. Von einem Gastmahl zum anderen wurde er geschleppt, wo er sich nur blicken ließ, besang und be kränzte man ihn, und wer seine Tischnachlmrin sein durste, war Anlaß zu erbittertem Streit. Das war dem nicht mehr pingen Dichter doch zu viel ge worden, und nun wollte er in der Einsamkeit der Natur aus ruhen. Aber er hatte die Reckprung ohne den Wirt gemacht. Als er in das Haus des Frouirdes kam, der ihn dorthin einqeladen hatte, sah er sich wieder von zahllosen anderen Gästen umringt, hörte immer mrr seinen Namen und musste feierliche Anrede» über sich ergehen lassen, denen er nur zerstreut antwortete. Nicht alles war für ihn unaugenchm. Etwa«' abseits van dest anderen stand eine blonde zarte Frau mit tiefblau» Auge», d s plötzlich mit einem Jubelruf auf den Dickster st eilte, die Arme um seinen Nacken schlang und l>alb lachend, halb weinend einen feurigen Kuß au' seine Lipjren drückte. Jean Paul zog sie sanft- an seine Brnst. bog dann das jugendliche Antlitz der Schwär merin zurück, sah sie lange liebevoll an i.nd sagte leise: „Kind — soll ich sagen liebes oder böses Kind —, mos tust du mir, an?" Woraus sich das junge Mädchen, die jüngere Schwester dev Gastfrcundin. errötend lasriß, ihn noch einmal ansah und auf thr Zimmer eilte. Jetzt aber kam die letzte Pristung. Bei Tisch hatte mast ihm eine Dame zur Nachbarin gegeben, die selbst eine Dichterin zu sein glaubte und die sich aus alle Weise um Ibn bemühte^ Aber keine Frage, kein Seufzer, kein Viick. kein Lackeln half, Jean Paul blieb zerstreut und beachtete sie kaum Nun ließ sie, ihre letzte Mine sprinaen und redete den Dichter in Versen an, die mit der Bitte schlossen: „Oh. sprich! Oh, nur ein einzig Wort laß kalken hier — lind auf den Knien »»erd' ich's danken dir!" Da fi.hr Jean Paul auf, sah sie starr an, griff mit der Rechten, ins Haar, seufzte sckpver, schlug endlich mit der Hand ans seine Brust und sagte: „Raten Sie einmal, mein« Gnädigste wieviel mich diese gelbe Weste gekostet hat?'