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OnterlialtunL und V(^i88en 261 — 13. November j<>30 ^ 8äcji8isctis Vuißsreitur 8äcli8>sc>ie Vuiksreitung Oeneral 6al§otr^, der Lpötter Oie ^nelrrlote vom Lsei — „Lin OenersI vor» Nilitteixröüe" unä 6er Lrnckenbsu über Hebenskitre Als vor einiger Zeit General Anton von Ealgotzy, der ehemalige Militärbesehlshaber im Oesterreich der Vorkricgs- jahre, im hohen Alter von 93 Jahren starb, lähmte der Tod eine Zunge, die für den beherzten alten Krieger mehr Schlachten gewonnen hatte als sein Schwert. Sein Name war mit weit mehr humorvollen Anekdoten verknüpft, als der irgend einer anderen Persönlichkeit in der alten Monarchie der Habs burger, denn er war ein unerschrockener, schlagfertiger Witz bold. Die Verkörperung militärischen Stolzes und soldatischen Geistes selbst, zog er nichtsdestoweniger nicht nur den Eeneral- stab auf, terrorisierte die bürokratischen Kriegsminister und er teilte den kaiserlichen Erzherzögen manche derbe Rüge, sondern verschonte selbst seinen Kaiser, Franz Joseph, nickt mit seinem Leistenden Spott und seiner unfehlbaren Ironie. Die Bürokraten im alten Oesterreich sowie der kaiserliche Eeneralstab waren Galgotzys bevorzugte Opfer. Er dachte nicht daran, mit seiner Verachtung jener Beamten, die nichts taten, als „Befehle aufs Papier zu kitzeln", wie er es nannte, hinter dem Berg« zu halten. Als er einst in einer Rekruten- aushebungskommission Dienst verrichtete und einen Mann prüfte, der das Attest eines Arztes vorwies, in dem der junge Mann als geistig minderwertig bezeichnet wurde, mur- nn-! - er auf dem Kaserncnhof Ausstellung genommen hatte, salutiert« vor dem Oberst, und sagte laut und deutlich: ..Es tut mir leid, dast ich Sie einen Esel ge nannt Hab e." Als er eine Stunde später dem Oberst im Militärkasino begegnete, wiederholte er seine Entschuldigung, fügte aber hinzu: „Ich kann mir nicht Helsen, Oberst, aber Sie haben einen Fehler gemacht, weil Sie den Widerruf vor aller Oesfentlichkeit wünschten." „Warum-"' lautete die Gegenfrage. Als Ealgotzy in der Eigenschaft eines kommandierenden Generals nach Bosnien versetzt wurde, brauchte er eine neue Uniform. Um aus eine von ihm oft ausgestellte Behauptung besonderen Nachdruck zu legen — dast nämlich nur Ossiziere des Eeneralstabes Unisormen nach Mast trugen —, depeschierte er an eine Wiener Firma, deren Spezialität fertig gelieferte Uniformen waren. Das Telegramm, das kurz darauf jede Zeitung in Mitteleuropa zum Abdruck brachte, hatte diesen Inhalt: „Senden Sie sofort zwei Uniformen für einen General von Mittelgröße." Es entsprach d.'n Tatsachen, dast Galgotzy der schlechtest- gekleidete General in der österreichisch-ungarischen Armee war. Er Hatzte es, seine Paradeuniform anzuziehcn, und selbst bei össentlichen Veranstaltungen pflegte er in seinem schlichten Waffenrock zu erscheinen. Einst war er zu einem Festessen ein geladen, das der Gouverneur von Bosnien in seinem Palast in Serajewo gab. Das Anlegen einer offiziellen Uniform war obligatorisch, aber Galgotzy vergast, wie gewöhnlich, sie anzu legen. Der Gouverneur war entschlossen, seinem unbotmäßigen Gast eine Lektion zu erteilen, rief den General beiseite und flüsterte ihm zu, dast er noch immer Zeit habe, sich in sein Hotel zu begeben und seine Uniform zu wechseln. Ealgotzy verbeugte sich, verschlvand und kehrte augenblicklich in der verhaßten Paradeuniform wieder. Beim Festessen war die Gesellschaft entsetzt, als sie sah, dast Galgotzy mit Absicht seinen Arm erhob und den Aermel seiner goldgestickten Uniform mit wahrem Behagen in den Suppenteller tauchte! „Ich lasse meine Uniform din!-"en", -"-'lö-»« er lo s"->f. das; ihn der Gouverneur hören konnte. „Es war meine Uni form, die man eingeladen hat, nicht mich." Einst erhielt er den Auftrag, eine Brücke über den Trebentshitzstrom zu bauen. Für diese Arbeiten wurden ihm vom Kricgsminiiterium 10 WO Gulden bewilligt. Galgotzy „Weil", antwortete Ealgotzy, „weil vorher nur Sie und ich wustten, dast Sie ein Esel find. Jetzt aber weist es die ganze Armee." „Geistig nicht ganz normal, he'? Nun, er würde ein großer Mann iin Generalstab werden." Einst, als er noch Hauptmann war, nahm er an den Armeemanöoern teil, und mußte von einem Major des Stabes Befehle entgegcnnehmen. Der Major war als Stratege ein großer Fchlschlag, und die meisten seiner Befehle richteten Ver wirrung an. Schließlich führte er seine Heeresgruppe in ein Artillerieseuer, das, wenn es nicht bei einem harmlosen Ma növer, sondern im Kriege geschehen wäre, die ganze Gruppe ver nichtet hätte. Als ihn Ealgotzy an der Spitze seiner Soldaten galovvieren sah, rief er aus: „Nehmen Sie sich Zeit, Major! Sie reiten um Ihre Be freiung vom Heeresdienst!" Natürlich brachten ihm derartige Bemerkungen manchen Protest aus dem Hauptquartier ein. Als er einen gewissen Oberst rund heraus einen Esel nannte, mußte etwas gegen ihn unternommen werden. Es wurde ihm be fohlen, den beleidigten Offizier öffentlich um Verzeihung zu bitten. Galgotzy kam dem Befehl aus das genaueste nach. Er zog seine Paradeuniform an, näherte sich dem Regiment, das )unAer ^ e!n am OuacisZczuivir ln cier llelmst von fusns — k'rüklicire, sorglose lKenscken Im weißen Cordova, unter der alten Römerbrückc mit den 16 Steinbogen, über die drei Völker, Römer, Mauren und Spanier dahingczogen sind, fließt der Guadalquivir schläfrig und lehmgrau. Aber wenn eine Wasserfläche alle Spiegelbilder aufbewahren könnte, die sie einst ausgenommen hat, so würde sich eine Welt der Wunder vor uns austun. Vor mehr als tau send Jahren zählte Cordova über eine Million Einwohner. Die Kaliscnstadt besaß damals 3000 Moscheen, 900 Bäder und 600 Gasthäuser. Von all der Pracht ist nur die herrliche in eine Kathedrale umgewandelte Moschee der Omajaden übrig ge blieben. Cordova ist Morgenland in abendländischer Maskerade, wie auch das übrige Andalusien. Die engen gewundenen Gassen, die zur Kathedrale und zum Guadalquivir hinabsühren, gehören in ein Bilderbuch aus Afrika. Man siebt wenig Fenster. In den Innenhösen, in die man durch das Gitterwcrk des Torweges blicken kann, sitzen die Frauen unter Blumen und Orangen bäumen. In den Kaffees und in den Tavernen sehen wir nur Männer in breitrandigen andalusischen Hüten, und man weist, dast ihre Vorjahren noch den Turban getragen haben. Der Guadalquivir fließt weiter durch Weingärten und graue Olivenhaine, in denen hier und da Palmen in den tief blaue» Himmel ragen, nach Sevilla, nach der Stadt der Aben teuer, der Lieder und Sagen. Der schöne Turm der Giralda mahnt daran, daß auch Sevilla eine Maurenstadt war. Siebe» Zaragosja ist Sevilla heute die Stadt dep Wunder mit dem gnadcnbringenden Muttergottesbild del Carmen, dem ganz be sondere Anbetung erwiesen wird. Sevilla ist die Stadt der Lieder, der Gitarren, des Weines »nd der Sonne. Aber die Musik und die Lieder sind sehr ver schieden von den üblichen Opercttenschlagern. El „Canto Fla menco" erinnert eher an die melancholischen, immer gleichen Ls must auch für die Nachtwächter «ine schöne Zeit gewesen sein, als sic noch niit Spiest, Horn und Laterne durch die nächt lichen Straßen wanderrcn und die Stunden mit allerlei guten Mahnungen und Wünschen absangen. Einen geschützten Winkel, um einmal ein kleines Nickerchen zu machen, fanden sie wohl auch jederzeit, ohne daß ihnen neuzeitliche Kontrollapparate diese Ruhepause miszgönnten. Auch die Zunft der nächtlichen Gesellen war gemütlicherer Natur, da wurde nicht gleich ge schossen und gestochen, — man ging sich bestensfalls sorgsam aus deni Weg, und jede Partei war damit zufrieden. — An Stelle dieses romantischen Nachtwächters gehen heute in den großen Städten Tausende von Leuten dem Nachtwach- bcruf nach, deren Dienst streng und unerbittlich ist, die gut vor- gebildct sind und eine tatsächliche Abwehr ungebetener nächt licher Gäste darstcllen. Kontrolluhren, die von ihnen in be stimmten Zeitabschnitten bedient werden müssen, stellen eine un bestechliche. stets tätige Aussicht über ihre Wachtätigkeit dar. Weisen, die die Kameltreiber singen, wenn sie durch die Wüste ziehen. Es ist ein trauriger und schicksalsergebcncr Gesang, der zu den Gesichtern am Schanktisch patzt, die in der Einheitlichkeit ihres Ausdruckes so verschieden von den Menschen bei uns sind. Wenn wir in de» Ventas und Schänken Betrunkene sehen, so sind es Ausländer, die unter der Wirkung des starken Weines zu singen oder zu streiten beginnen, während ihnen die Spanier kühl und verständnislos zuschauen, wie man etwa dem Treiben von Barbaren zusieht. Hier wie überall im Lande fühlt man die Kluft, die Spanien vom übrigen Europa trennt und zu einer Insel zwischen unserem Erdteil und Afrika macht. Die goldene und warme Herbstsonne hat die kostbaren Trau ben reisen lassen. In den riesigen Weinkellereien in San Lucar de Varrameda und in Jerez de la Frontera stehen die großen Tonnen aus schwarz gebeizten Eickcnbohlen bereit, um den Saft der jungen Ernte einzufangen. Der neue Wein wird pro biert, gemischt und gelagert und aus die Tausende von Ventas und Tavernen verteilt, in denen er zum Ausschank kommt. Jerez oder Sherry ist ein teurer Wein, er ist in seinem Mutterlands teurer, als ihn Nichtkenner im Auslande zu bezahlen pflegen. Eine billige Flasche Jerez kostet in Spanien 1—6 Pesetas, be sonders gepflegte Sorten sind viel teurer, es gibt auch kostbare Weine, für die Kenner 100 Mark und mehr die Flasche bezah len. Da», was im Auslande als billiger Jerezwein verkauft wird, ist meistens andalusischer Wein, der in alte Jereztonnen abgefüllt wurde und deshalb das Typische Aroma des Sherry angenommen hat. Dasselbe geschieht mit Porrwein und Ma deira. Es liegt auf der Hand, daß die verhältnismäßig kleine Insel im Atlantischen Ozean nicht soviel Wein produzieren kann, als unter dem Namen „Madeira" in der ganzen Welt ausgeboten wird. In den zahlreichen Tavernen in Sevilla und am Guadal quivir mit den blumengeschmückten Patios wird deshalb auch weniger Jerez als der herbe „Manzanilla" und der feurige Wein aus San Lucar getrunken. Betrunkene sieht man selten, denn Laute di« Brück«. «nterNetz es jedoch, ein« Ausstellung der Au»«s gaben und Kost«», die «r für den Bau der Brücke aufgewendek hatte, vorzulegen. Schließlich macht« er folgende geniale Auf stellung: „Brückenbau über Trebentshitza. 10 000 erhalten, verbraucht 7300, rllcksende 2700, Ealgotzy." Das Kriegsministerium gab sich damit nicht zufrieden und forderte abermals eine detaillierte Ausstellung darüber, wie di» 7300 Gulden Verwendung fanden. Galgotzys Antwort lautete: „Brückenbau über Trebentshitza. Empfahlen 10 000, ver braucht 7300, rücksende 2700. Jeder, der's nicht glaubt, ist ein Esel." Der Kriegsminister begab sich zum Kaiser, zeigte ihm di« kurze Antwort und forderte, daß Ealgotzy wegen Ungehorsam bestraft würde. Der Kaiser las das'Dokument und sagte: „Aber ich glaube es . . Der General hatte persönliche Streitigkeiten mit den Mit gliedern des kaiserlichen Hofes auszufechten, nicht selten sogar mit den Erzherzögen. Seine Fehde mit den Mitgliedern der kaiserlichen Famili» datierte von seinem berühmt gewordenen Siege bei den Armermanövern im nördlichen Ungarn, als Eal gotzy eine der Armeen befehligte und ihm auf der anderen Seite kein Geringerer als Erzherzog Friedrich, der spätere Ober befehlshaber der österreichisch-ungarischen Armeen im Weltkriege, i gegenüberstand. In solchen Fällen war es gewöhnlich der Erz herzog, dessen Armeegruppe gewann: aber in diesem besonderen Falle war Galgotzy rücksichtslos genug. Erzherzog Friedrich zu schlagen, der sich jedoch später rächte, indem er die Beförderung des Generals zum Feldmarschall verhinderte. Ealgotzy war nicht der Mann, der den Kampf ausgab. und bei jeder sich bietenden Gelegenheit kam er auf dis Mitglieder der kaiserlichen Familie zu sprechen. Einst stellte er einem Erzherzog, der unter ihm diente, ein interessantes militäriiches Problem, und schließlich gab er fol- ^ gende „Erläuterung": „Dieses Problem bot zwei mögliche Lösun gen. Eure kaiserliche Hoheit beliebten die ^ dritte zu w ählen..." Aussichtsbeamte machen ihre Runde, um «ine weitere Kontrolle über den einzelnen Wächter auszuüben. Revolver, Gummi knüppel. Signalpfeifen, nicht selten auch schars dressierte Hunde sind die Waffen dieser Wackeren die das Eigentum des Bürgers vor dem Verbrechen schützen. Schmer ist der Dienst der Nachtwächter von heule Da gibt es in den Städten Geschäftshäuser, deren Bewachung gleich un mittelbar nach Geschästsschluß cinsctzcn muß, und die sich wo möglich auch über den geschästsfreisn Sonntag hinzieht Lager plätze Neubauten, Schuppen müssen bewacht werden, Groß garagen, Markthallen, Transporte aller Art, und schließlich dis Wohnhäuser selbst, eingeteilt nach Straßenzügen oder Blocks. Und es sind nicht nur die Verbrecher, denen ihre Aufmerksamkeit zu gelten hat, »»'kommende Feuer, das in letzter Zeit so be sonders heimtückische Gas und viele andere Gejahreumomente bedrohen die nächtlich Schlafenden, Die NachUvachen von heute arbeiten schichtweise. Ist a» ein Betrunkener erregt Abneigung, aber dafür sehr viel fröh liche und sorglose Menschen. Graziöse Mädchen tanzen Scvilla- nas und Seguidillas, dazu Eitarrenbegicitung und Flamenco gesang. In diesen Tavernen saß einst auch Don Juan, der Sohn Andalusiens, und nur wer an den Ufern des Guadalquirir stand, durch die Calle de Sierpos streifte und die Frauen unter den Blumen des Patio schmachten sah, nur der kann sich den wirk lichen Don Juan der spanischen Uebcrlieferung vorstclle». Et war Abenteurer, aber kein Grübler und Zweifler, zu dem ihr die Germanische Dichtung gemacht hat. Bei Hosfmann wirk Don Juan zum Verächter der Welt und der Menschheit, dei Triumphe im Vernichten fremden Glückes feiert. Der Dar Juan Lenaus und Erabbes, kann ebensowenig wie der Don Carlos von Schiller in Spanien heimisch sein. Auch Mozarts Don Juan zeichnet ihn wohl als Konquistador des Genusses aber er war nie ein lebensberauschter Stürmer, nie ist das Champagnerlied gesungen worden (es gibt keinen Champagner) und nie konnten sich die hinter Fenster- und Torgittern ge fangenen Frauen so leicht verleiten lassen. Die ursprünglich« Bearbeitung des Don-Juanstoffes in Spanien stützt sich auf eine von Moja, Bolioar und Carnejo übereinstimmend bearbeitete Legende. Demgemäß saßen nach der Weinernte Don Juan mit einigen Freunden zechend in einer Taverne in Sevilla. Als ihnen der Wein zu Kopf gestiegen war, gingen die jungen Leute aus den Friedhof. Don Juan grub einen Totenschädel aus, steckte ihm zwei Kerzen in die Augenhöhlen und lud ihn ein am Ge lage Teil zu nehmen. Das Skelett nahm die Einladung an und erschien am anderen Abend in der Taverne. Obwohl viele spanische Dichter den Don Juanstoff in den verschiedensten For men bearbeitet haben, so ist er doch erst 1811 durch das Drama von Jose Zorilla berühmt geworden. Dieses Drama wird noch immer mit dem gleichen Erfolge wie vor fast hundert Jahren auf den spanischen Bühnen aufgeführt, namentlich im Novem ber nach dem Totentage ist seine Aufführung obligatorisch. Es gibt heute keine Don Juans mehr in Sevilla und am