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- Erscheinungsdatum
- 1930-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193002139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300213
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-02
- Tag 1930-02-13
-
Monat
1930-02
-
Jahr
1930
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Ein Jahr Lateran-Vertrüge Neuregelung -er Schullrln-erlpeisung Dresden. 12 Februar. In der gestrigen Sitzung des Ge- sqmtratcs. die unter dem Borsitz Dr. Blutzers in Anwcsentzeit non 32 Ralsmilgliedern abgehalten wurde, wurden über solgende Piinktc der Tagesordnung Beschlüsse gefaßt: Für die Schulkinderspeikung werden für 1930 neue Richtlinie» aufgestellt. Darnach wird u. a. Boraussetzung für die Zulassung zur unentgeltlichen Speisung oder solcher mit ermäßiglein Kostenbeilrag Zusammentreffen von körperlicher Bedürftigkeit und bedrängter oder schwieriger wirtschaftlicher Lage sein, von Kinder», deren Unterhaltspflichtige einen Bei trag bezahlen können, ein solcher von 60 Rpf. wöclienllich er hoben und von solchen Kindern, deren Ellern die Teilnahme wünschen, der annähernde Selbstkostenpreis mit 1,5V NM. wöclienllich zu zahlen sein. Durch die Neuanlagen für die Internatio nale Hygiene-Ausstellung ist die Dersetzung des Märchenbrunnens an der Albrechtstraße, Ecke Johann Georgen- Allee erforderlich geworden. Der Rat genehmigt die Neuanlage im Nbododendron'xrrk im Stadtteil Striesen. Zum Bebauungs plan für den Stadtteil Grnna wird eine Aenderung der Platz- gestaltung im Schnittpunkt der Schlüter-, Heynahts- und Schneebergstraße genehmigt. Im übrigen wurden noch zehn Punkte erledigt. Mr Kürzung -er Dlülen Dresden. Die nationalsozialistische Landtagssraktion hat den Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuchen, sofort einen Gesetzentwurf vorzulegen über die Neufestsetzung der Aufwandsentschädigung der Landtagsabgeordneten und dabei nach folgenden Richtlinien zu verfahren: 1. Tie Höhe der Diäten wird nach dem lausenden versteuerbaren Einkom men bemessen. 2. Die Mitglieder des Landtags erhalten von der jen»eils festgesetzten Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Reichstags bei einem versteuerbaren Jahreseinkommen bis 4W9 Mark 80 Prozent sofern sie in Dresden. 90 Prozent, sofern sie außerhalb Dresdens wohnen, bei 5060 Mark 60 Prozent beim. 70 Prozent, bei 8000 Mark 30 bezm. 40 Prozent, bei 10 WO Mark 10 bezw. 20 Prozent und über 11000 Mark über haupt nichts. Als Unterlage für das vcrsteucrbare Einkommen gilt der letzte Einkommensteuerbescheid. Abgeordnete, die in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Aussichtsrats der ASW. Aufsichtsratsgclder beziehen, werden diese besonderen Bezüge von der Aufwandsentschädigung gekürzt. Der Antrag enthält einige durchaus brauchbare Gedanken. Wir glauben aber nicht, daß ein solcher Antrag, dessen Ziel letzten Endes «ine Kürzung der Diäten ist, im Landtag eine Mehrheit findet. Der Arbeilsmarkk in Sachsen Einen äußerst nachteiligen Einfluß aus die Entwicklung des ArLeitsmarktcs haben die zahlreichen Stillegungen ausgcübt. Im Monat Januar 1030 sind 336 Betriebsüillegungsanrcigen beim Arbeils- und Wohlfahrtsministcrium eingcgangen. gegenüber 266 im vorhergehenden Monat und 200 im Januar des Vorjahres An der .Zunahme ist die Metallindustrie. i„ der die Stillcgungsanzcigcn von 98 aus 110 ongewachscn sind, nicht in io starken: Maße beteiligt wie die Textilindustrie, Ivo die erhebliche Zunahme von 46 aus 83 vom Dezember zum Ianuar sestzustellen ist Die Steigerung der Slill- legungSanzeigen in der Textilindustrie beruht in der Hauptsache aus Saisonbcendignng einiger Betriebszweige, wie der Tuchindnstrie. der Jute- und Baumwollspinnereien, der Wirkereien und Stricke reien. Auch der Bergbau meldet im Januar 5 StillcguiigSanzcigen. eine Erscheinung, die im letzten Jahre nicht vorgekommen ist und die auf dem Rückgang des Bedarfs an Hausbrandkohle und Jndu- slricbrikctis beruht. Es ist aus diese» Gründen erklärlich, daß die Zabl der Arbeits losen noch ständig steigt, und zwar vom 30. 1. bis 6. 2. von 260 760 HauptunlerstützungZempfängcrn in der Arbeitslosenversicherung und 38 236 Haupiunterstützungsemvsängern in der Kriscnnnicrsiütznng auf 266117 in der Arbeilslosenversicherung und 40 030 in der Kri- senuiiterstützung. gekommen, wie lang« er noch dienen müsse, und so ließ ex die : Zuchthausstrafe für einen Heirats- und Wechselsckwind'er. Ein größerer Bctrugsprozcß beschäftigte am Dienstag das Ge meinsame Schösfenaerichch Dresden, wo der seit 7. August o. I. in Untersuchungshaft befindliche, 52 Jahre alte Kaufmann Paul H. aus Görlitz wegen einer Reihe schwerer Betrügereien, teilweise auch in Tateinheit mit gewinnsüchtiger Urkundenfäl schung begangen, unter Anklage stand. Hollstein, der schon wiederholt wegen Betrugs, zuletzt wegen Rücksallsbetrugs im Jahre 1914 zu 3 Jahren 6 Monaten Zuchthaus vorbestraft wurde, und diese Strafe bis zum 10. Dezember 1917 verbüßte, siedelte im Jahre 1927 noch Dresden über, wo er in der Zeit von Juni 1927 bis August 1929 die gegcnivärtig unter Anklage stehenden Betrügereien verübt hoben soll. Nach der Anklage schädigte Hollstein zunächst als Heiratsschwindler nacheinander eine Kon toristin um 3110 Mark, eine Exl'edientin um 2000 Mark und i Erhofftes und Erreichtes Berlin. I t. Tebr-mr. Heute jährt sich der Tag, da am Vorabend der siebenten Wiederkehr der Krönung Pius XI. in Rom im Lateran palast von Kardinalstaatssekreuir Gasparri und Mussolini jene Verträge unterzeichnet wurden, welche das Verhältnis des Heiligen Stuhles zum italienischen Staat in grund legender Weise regelten und die Basis fi^r künftige normale Beziehungen zwischen Kurie und Quirinal schufen. Die Bekanntgabe der Texte, welche kurz daraus erfolgte, bewies, daß es sich in der Tat um Abmachungen von säkularer Be deutung handelte, deren Auswirkungen auf lange hinaus unabsehbar sein mußten. Gewiß hat die Kurie nicht er wartet, daß mit diesen Vertragsabschlüssen ein restloses Einvernehmen zwischen geistlicher und weltlicher Macht in Italien herbeigeführt werde, und die Vorgänge der letzten 12 Monate haben gezeigt, daß sich die Auffassungen des faschistischen Regimes in grundsätzlichen Fragen noch sehr weit von der katholischen Staats- und Eesellschafts- auffassung entfernen. Das kann aber den positiven Wert des Dertragswerkes nicht vermindern und hat auch seine Ausführung in keiner Weise verzögert oder gar verhindert. Die im Ctaats- vertrage mit Italien erfolgte Anerkennung der territo rialen Souveränität des Pavsttums hat zu zahlreichen ver- waltunostechnischen Maßnahmen geführt, in welchem diese territoriale Hoheit deutlich zum Ausdruck kommt. Das Gebiet des neuen Kirchenstaates, der „Cittä del vaticano", ist abgegrenzt und am Tage der Natifniernng der Verträge von päpstlichen Sickerheitsoraanen besetzt worden, in der Vatikanstadt murde eine eigene Ba^n- und Vastverwaltung eingerichtet. Den Bewohnern der Vatikanstgdt wurde dos kuriale Büraerreckt verliehen und eine Sanderverwoltung für das Gebiet der Vatikanstadt wurde eingesetzt. Dieser unterstehen auch die im Lateranvertraae als päpstlicher Besitz hestätiaGn Basiliken und Kirckwueiaentömer. Durch den Austausch von BotlchaAern zwischen Vatikan »nd Olnriiial sowie durch entsprechende Erweiterung des Auf trages der verschiedene» vatikanischen VotsckaAen wurde eine Witwe um 14 928 Mark. In den nachfolgenden Betrü gereien handelte es sich in der Hauplsoche um Darlehen in grö ßerem Umsange, wobei minderwertige Einrichtnngsgegenslände mehrfach übereignet wurden. Eine weitere Anzahl Fälle betras gefälschte Wechsel, womit verschiedene Personen hineingelegl wurden. Der Gesamischaden. den H. angerichtet hat. beziffert sich ans rund 30 000 Mark, doch hat inzwischen ein Teil der Opfer dieses Betrügers kleinere Beträge zurückerhalten. Das Gericht verkündete nach über zweistündiger Beratung kurz vor 8 Uhr abends folgendes Urteil: Der Angeklagte wird wegen schwerer Urkundenfälschung in 8 Fällen, davon 3 in Tateinheit mit Betrug, sowie wegen Betrugs in weiteren 8 Fällen zu 4 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. d. Todesfall. Im 71. Lebensjahre verstarb in Tharandt Geheincer Forstrat i. R. Prof. Tr. Dr. h. e. Heinrich Baier. Der Verstorbene wurde im Jahre 1887 als ordentlicher Pro fessor der Mineralogie und Geologie an die Forstakademie Tharandt berufen. Prof. Dr. Vater hat zohlreiche Aussätze und Abhandlungen über die verschiedenen Wissenszweige der Boden kunde veröffentlicht. Welche deutschen Städte haben den größten Mblioiheks- besitz? Auf dem kürzlich staitgehabten 1. Internationalen Biblioihekskongreß in Nom ivar eine von der Denischen Bücherei bearbciietc Bibliothekskarte ausgestellt, die ans Grund eingehender statistischer Erhebungen die Bibliotheksbestände der größeren Städte Deutschlands üarstsllte. Danach steht Berlin mit 9 360 000 Bibliothelisbünden an der Spitze: cs folgen Mün- clce» mit 4 260 WO. Leipzig mit 3 130 000. Dresden mit 1890 000. Homburg ncit 1 370 000. Stuttgart mit 1 400 000. Franksurl a. M. mit 1280 000 und Breslau mit 1230 000. Betrachtet man die Bibliotheksbestände im Verhältnis zur Bevölkerung, so er gibt sich ein anderes Bild. Unler den genannten Städten ha! dann München die Führung, das anßeodem auch die größten Hanöschrifrenschätze besitz!: hier kommen nicht ipeniger als 6.2 Bände aus einen Einwohner. An zweiter Stelle steh: Leipzig mit 4 6 Mnden. Dann folgen Stuttgart mit 4. Dresden mit 3.1. Frankfurt a. Nt. mit 2.7. Berlin ncit 2.3. Breslau mit 2.2 und Homburg mit 1.6 Bänden. Insgesamt entfallen in Deutsch land auf 60 Millionen Einwohner 54 Millionen Bibliotheks bünde. also ans jeden Einwohner 0.9 Bände. d«r vollzogenen Einigung und dem neuen territoriale« Status des Kirchenstaates Rechnung getragen. Die Durchführung des Konkordates, welches der Hl. Vater am 5. Juni ausdrücklich als integrierenden Be standteil des gesamten Vertragswertes bezeichne«-, stieß auf größere Schwierigkeiten, weil sich der Faschismus überall durch die Erfüllung der Konkordatsartikel in seiner Mono polstellung beeinträchtigt glaubte. Weniger die Formali täten der Designierung und Einsetzung des Klerus, noch die rechtliche Stellung kirchlicher Persönlichkeiten und Genossen schaften führte zu ernsten Meinungsverschiedenheiten, als vielmehr die im Konkordat ausdrücklich sestgelegten Grund sätze über christliche Jugenderziehung und Freiheit der öffentlichen katholischen Meinungsäußerung. Wiederholt mußte der Hl. Vater unter Hinweis auf den Wortlaut des Konkordats gegen den Versuch Front machen, die katholische Presse in Italien restlos auszulöschen, bzw. in der faschisti schen Presse aufgehen zu lasten. Auch der Versuch der faschistischen Negierungsinstanzcn, die katholischen Jugend organisationen zugunsten der Balilla zurückzudrängen oder gar aufzulöscn, ferner der Versuch, die Unterweisung in den christlichen Glanbenswahrhciten ncit faschistischen Eedankengängen zu verquicken, führte zu berechtigten und entschiedenen Zurechtweisungen von höchster kirchlicher Stelle. Diese Gegensätze erklären sich vor allem daraus, daß der Faschismus seinem innersten Wesen nach altheid nisch, nicht aber christlich ist. und schließlich auch aus der Tatsache, daß die kirchenfeindlichcn Tendenzen eines halben freimnurerischcn Jahrhunderts sich auch heute noch auswir ken trotz aller Anstrengungen Mussolinis, dem Faschismus freimanrerische Tendenzen fernzuhalten. Am Vorabend der Belrouung des Kardinals Pacelli mit der höchsten politischen Würde des Vatikans gebühren besondere Worte der Anerkennung der Leistung des zurück tretenden Kardinolstaatssekretörs Kasparri bei diesem Vertragswerke, das er in Gemeinschaft mit Dr. Pacelli, dem Bruder des neuen Staatssekretärs, den faschistischen Ver handlungsführern in harten und wechselvollen Kämpfen abgerungen hat. k>. l.eiprig unel Umgebung Feskungshafk we en Vorbereitung zum Hochverrat Das Ehemnilicr Mai-Extrablatt vor dem Reichsgericht. Leipzig, 12. Februar. Bor den, 4. Strafsenat des Reichsge richts batte sich am Dienstag der Miiihrige Rcvaltcur Rudolf K c l» ler auS Ehemuitz mene,, Vorbereitung zum Hochverrat und Unter stützung einer slaalsseindliclieii Bcibiiitdimg zu verantworten. I» dieser Sache balle bereits zweimal Termin anacstaiGen. Keller >var jedoch das erstemal überhaupt »iclit das zweitemal mit einsiündiger Verspätung erichicnen Er wurde deshalb in .Halt genommen und zur gestrigen Vcrbandlnng voracsührt. Als veranttvortlichcr Redak teur des „Kämpfer" halte Keller am 2 Mai früh 5 Iler eine Extra- Ausgabe über die Ncrlnier Maworgciuge lieransgegebeu. Darin wurde die Ehcimiitzer Arbeiterschait zur Solidarität mit den Barri kadenkämpfer». zur Bewaffnung des Proletariats und zum politischen Massenstreik auwcwrderl. Rach der An klage liege in der Ansiordernng zum polilisä'en Massenstreik gleich zeitig der Wille zum Bürgerkriege, der die »»ncrmcidbare Felg« eines solchen Streiks wäre. Das Gericht verurteilte Keller, dem Nu. trag des Rcichsanwalts entsprechend, unter Zubilligung der lieber- z«ngungslätcr!cha>t zu 1 Jahr Fesluiiaslwit und IW Mark Geld strafe. Drei Machen dr Freibeiistiraie gellen als durch die llicter- suchnnnsbait verbüßt Ter Hastbeieh! wurde aufgehoben da Flucht verdacht nicht vortiege. ) Bahnbau Zöschen—Leipzig-Leutzsch. Pom Ralsoeekchrs- amt wird mitgcteilt. daß die Stadt Leipzig die erste Rare der anteiligen Baukosten kür den Bahnbau gecahlt hoi. — Hoffent lich wird nun mit den Miliarbeilen bald begonnen, so daß auch eine Beschäftigung von Erwerbslosen möglich wird. ) Neuer Schlackthosdircktor. Der Direktor des städtische» Schlachthofs in Dessau. Dr. Hawmann, ist cum Direktor des städtischen Schlacklvichhoics in Leipzig gewählt worden. Pumpernickel Das herrlich schwarz« Brot der alten Westfalen mit seinem kräftigen Erdschollcngeruch. das Brot, das so recht zu der ur wüchsigen Eigenart Westfalens gehört, war etwas in Mißkredit gekommen, seitdem di« verfeinert« Küche Mund und Magen verweichlicht hatte. Im Westsalenland« hat es trotz der steten Verfeinerung unserer Speisen, trotz des steten Verlangens nach ausgesuchteren Lebensmitteln seinen Platz als tägliches Nahrungsmittel behauptet. Dem westfälischen Bauern, der nicht so leicht von alten Gewohnheiten ablätzt, ist das schwarze Brot noch täglich« Nahrung, wie ehedem zu Zeiten, wo man mehr aus Sparsamkeit das Brot buk. Woher der Name Pumpernickel kommt, ist bisher noch nicht genau festgelegt worden. Eine Meinung geht dahin, das Wort stamme aus dem Süddeutschen. Dort sagt man gerne, wenn jemand recht gesund ist. er ist pumpergesund. Pumper heißt soviel wie Kern. Eine ander« Deutung leitet das Wort aus dem Lateinischen her, und zwar von „donum ponieulurn" gleich Kern-rot oder gutes Brot. Im scherzhaften Volksmund sagt man, daß Napoleon das Wort geprägt Hab«. Als ihm di« deutschen Dauern am Rhein als Gab« einst auch Pumpernickel darboten, soll er sich zu seinem Reitpferd, das deck Namen Nickel führte, gewandt und gesagt haben „bon pour nieei". Auch über die Entstehungsgeschichte des Pumper nickels ist man bis heute noch im Unklaren. Viele glauben, daß das Vrot zur Zeit großer Not zuerst in Osnabrück um 1409 gebacken worden ist. Ter Turm, Pcrnickel genannt, wo zuerst das Brot gebockcn worden sein soll, steht heute noch in Osnabrück. Die Geschichte des Pumpernickels scheint aber noch viel alter zu sein. Es scheint die Annahme wohl als berechtigt dazustehe», wenn man anninimt, daß das schwarze Brot schon pir Zeit der alten Germanen bekannt gewesen ist. Viel eicht läßt sich aus einem anderen vielfach auf den west- fälischcn Bauernhöfen nach Schlachten eines Schweines her- grsteUten schwarzen Brote, dem sogenannten Wnrstebrot tMopken oder Mopke»), die Geschichte des Pkmpernickels her leiten. Das Wurstedrot wird hrrgestellt von Noggenmehl und Tierblut. in Kugeln geformt, an der Luft getrocknet und dann vor drin Genuß gebraten. Das Vrot ist tiefschwar». Seit urdenklicheii Zeitig wird aus den Bauernhöfe,> dieses Brot hrrgestellt. Ob der eigentliche Bn»ir>ernickel mit dem nur iür den Hausgebrauch yergesieNken Wnrstebrot verwandt ist, mutz dahingestellt werden. Schon in früheren Jahren knüpften sich an den Pumper- nickel alle möglichen mystischen Begriffe. Haustiere, die im Stalle beieinanderstanden und sich nicht vertragen konnten, übergoß man mit der Brühe von Pumpernickel. Das schwarze Brot galt den Alten als besonders heilig und man glaubte an seine sühnende und heilende Kraft. Diesen Glauben findet man auch heute noch in Westfalen. Stets galt die Uebcr- reichung eines Pumpernickels in Westfalen als eine besondere Ebre und Auszeichnung. Fürsten und Könige wurden bei Be suchen in Westfalen mit der Ueoerreichung der drei Haupt- trihuten Pumpernickel, Butter und Schinken geehrt. Auch nie der ehemalige deutsche Kaiser in Münster war, wurden ihm diese drei Dinge übergeben. Fremde haben sich wenig mit dem rohen schwarzen Brote befreunden können Der holländische Philologe Lepsius schreibt einmal über den Pumvcrnickel: Was für ein Brot, wenn du die Farbe, das Gewicht, die ganze Gestalt gesehen hättest, du hattest es abgeschworcn dock es Brot sei! Es ist schwarz, herbe und zu Klötzen von vier oder fast fünf Fuß Länge geformt, die ich nicht hätte aufhcben können." Auch der päpstliche Ge sandte beim Westfälischen Frieden. Fabio Lhigi, uns der Kal marer Gesandte konnte ihr Entsetzen nicht vorenthalten, wie man nur ein solches Brot essen könne. Der englische Historiker Lidiard sprach in seinen Aufzeichnungen sogar davon, daß man das Brot mit Beilen abhaue. Der französische Gesandte de Thiöbaiilt, der 1784 von Berlin nach Frankreich zurückkehrte, schreibt in seinen Memoiren, daß er in Minden Pumpernickelt gelaust habe, ihn nach Paris mitgenommen habe, und daß es dort zu seinem Erstaunen Leute gegeben habe, die ihn sogar ganz ausgezeichnet gefunden hätten, llcberhaupt scheint man in Frankreich schon früher den Pumpernickel sehr geschätzt zu baben. In Flauberts „Madame Booary" wird an einer Stelle auch vom Pumpernickel gesprochen. Es heißt dort: „In der Hand hielt Homais, in rin seidenes Halstuch eingewtckclt, sechs Stück Pumpernickel für seine Frau. Frau Homais schätzte diese kleinen turbansörmigen Brote sehr die in der Fastenzeit mit gesalzener Butter gegessen werden. Eie sind die letzten Kostproben gotischer Nahrung und wurden viel leicht schon im Jahrhundert der Kreuzzüge gebacken, und die robusten Normannen stopften sich voll davon, und wenn sie dir Brote beim gelben Fackelschein auf dem Tische sahen, zwischen Meldum»eu »nv aiaantischen Braten, mochten li« lick rin- bildcn, SarazenenkSpfe zu verzebren. Die Avothekerssrau ver zehrte sie mit nicht geringem Heldenmut, trou ihrer abscheulich schlechten Zähne: wenn daher Homais in der Stadt zu tu» hate, versäumte er nie ihr welche mitznbringen, die er an der beste» Ouelle kauite. in der Mördergasse." . .. Die Herstellungswcste des Pinnpernickels ist ganz anders als bei gewöhnlichem Brote Zur Herstellung wird un« gebeuteltes Roggenmebl verwendet, das 25 Stunden vor dein Backen angemengt wird, und zwar in einem hölzernen Troge, in dem sich noch Reste vom vorhergehenden Teige befinden. Vielfach steckt man in den Teig noch eine» zin„er»en Löffel, um dem Brote einen säuerlichen Gescbmock z„ geben. Ans den Bauernhöfen wurde in früheren Jahren der Teig noch mit bloßen Füßen geknetet. Es ist anzunchmen. baß diese primitiv« Behandjnng heute nicht mehr geschieht, zumal heute die Pumper- nickelbäckereien in Münster, Dortmund. Rheine. Osnabrück mit modernen Maschinen ausgestattet sind Die Backöfen sind jedoch meist primitiv. Sie werden noch mit Holz geheizt, und der Ofen muß einen ganz bestimmten Hitzegrad haben, was man dadurch feststellt, daß man einen Strohhalm in die heiße Lust des Backofens hält und zusicht, ob er versengt. Nachdem das Brot in den Ösen geschoben >st, wird der Ofen mit Lehm sest ver mauert, so daß keine Außenluft in das Innere dringen kann. So bäckt das Brot in seinem eigenen Wasserdamps 24 Stunden. Besondere Pumpernickel-Feinschmecker lassen sich das Brot zwei mal 24 Stunden backen, wodurch dos Brot eine tiesschwarzr Farbe erhält nud einen ausgeprägten Geschmack erhalt. Die Brote sind meist 12 und 24 Mund lckwer. Neben der täglichen Nahrung der meisten Westfalen, be sonders der bäuerlichen Bevölkerung, wird der Pumpernickel auf die verschiedne Art genossen. Als Desserlspeisc mit Käse ist er am bekanntesten. Vielfach brockt man ihn in Milch oder genießt ihn zur sauren Milch, die man vielfach in den westfäli schen Baucrnwirtschasten. als Spezialität unter dem Name« Etippmilch erhält. Die sogenannte „Protsoppe" gilt in Ems. land als Delikatesse. Der Pumpernickel wird in Wasser gekocht, dann herausgcnonnnen und auf eine Schüssel gelegt und mit süßer Milch und Honig begossen. Trotz der fortschreitenden Verfeinerung unserer Nahrungs mittel hat der Pumpernickel bis heute sein Recht behauptet und gilt noch immer als die Verkörperung cchtderben und unver fälschten Volkstumcs. Man kann nur wünschen, daß diese derbe und gesunde Nahrung gerade ia der Gegenwart unserem Volk« wieder »ahegebracht wird. r >.»,>.»
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