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- Erscheinungsdatum
- 1921-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192112249
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19211224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19211224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-12
- Tag 1921-12-24
-
Monat
1921-12
-
Jahr
1921
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Nr. LS? 20. Jahrg. Ausg. ^ ^«»»sprecher: Redaktion 32723 — Geschäftsstelle 32722 Postscheckkonto: Dresden Nr. 11797 Sonnabend, 24. Dez. 1921 Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden-R. 1«, ^oldelnstras,e 4K B«,uoSvre«S> «lerleljährilch »1 zweimonatlich I« moimlltch « frei Ha»S. «lnzel,»immer 50 Die Slichtitche VoitSze,»,»» er.chenn sechsmal wöchentlich. — Sprechstunde der Redaktion <i bl4 « Uhr nachm. Rlcht auk> drückUch zurlickverianate und mit Rückporto nicht versehene Einsendungen a» die Redaktion ioerden nicht ansbewahrl Anzeige», Annahme von Metchütt-anzetaen bi» IO Uhr. von FaniiNenanzetge» bt» II Ubr vorm. — Anzeigenpreis iür d e Petitzetie L.3N FamtNenanzetgcn L.E3. Istr Vereine 2.—. mi Rekiameieil S.—^k. - Iür „»deutlich geniirienene iowie durch Zernivrecher luiacaei-sne Anzeigen 'ünne» wir d>» Aeraniworiiichkeit ür die Rnbngteo iiichi übernebmeil Annahme in Dresden: Schmldl'sche B»chha»dl„ Inh. P. Beck, Schlohstr. 5. in Bauhen Franz Niirjat a. d. Petritirche ts Vertagung -er Londoner Konferenz London. 22. Dcziinber. Briand u»d L l o l> V Ge- o r „ e l»»ir» hcnlc vormittag »ochmalS zusamnie». »m eine amtliche Mitteilnug mit etwa folgender Ankündigung zu formnlieren: Die Besprcchnngen der Premierminister uv» England und Frankreich ,,gtzx„ ci„e befriedige»de Grund- lage für weitere Erörterungen gebracht. Die Fort setzung der Besprechungen, die Iicutc in London unterbrocheir werden, erfolgt in der ersten Januar-Woche in Cannes (Ri viera) auf einer Tagung des Obersten Rates. Briand reist noch liente nachmittag nach Paris zurück. L > o » d George verläßt nüchstc Woche England und begibt sich sogleich nach Cannes, da itzm der Arzt eine Erholuiigsknr in mildem Klima vorg-. schrieben bat. Zugleich mit dem Obersten Rat in Cannes treten die Angenminister von England. Frankreich uied Italien am 8. Januar in Paris zusammen. nm alle n u ß r n p o l i t i - scheu Fragen der drei Mächte, beginnend mit der Angora- Frage zu regeln. Die Besprechungen dürften zwei oder drei Zöchen dauern. Weiter verlautet, das; Deutschland, wen» die Bera tungen von Cannes einen befriedigende» Anfang nehmen, »och nachträglich zur Entsendung eines Vertreters nach Cannes nnsgefordrrt werden soll. Rach Beendigung der Kon ferenzen in Cannes und Paris, also im Februar, soll die Ein berufung der grossen wirtschaftliche» Europa konfc- re»z erfolgen. Rach dem „Dailt, Telegraf»," ist die Unterbrechung der London,-,- Besprechungen destzalb erfolgt. w,>il positive Er gebnisse vorläufig nicht zu erzielen waren. Die Beziehungen zwischen Frankreich und England, schreibt das Blatt, sind noch ii »gehen er gespannt. Die Kluft zwischen ihrer Polilik müsse setzt oder werde nie ubcrbrnckt werden. Dir Enlcnte stehe augenblicklich auf sehr schwacher Grnndlage nnd müsse konsolidiert werden. Brün,!» sei noch recht weit von Llond Georges grösstem Wunsch nach einem europäischen Abkomme» entfernt. Dagegen meldet der Sondcrberichlcrsiattcr der Agentur HavaS aus London: Eine Annäherung des französischen und des englischen Standpunktes über die verschiedenen Frage» ist er folgt. Ans der Londoner Unterhaltung ist nieder eine fran zösisch englische Allianz, noch eine endgültige Lösung des Repa- ratlonsproblemS, »och die wirtschaftliche Wiederausrichlnng Euro pas hervorgegangcn. Die grossen Fragen sind zwar ansgerollt worden, doch muß vorerst der Oberste Rat einige Fragen »n- mitlelbare» Interesses endgültig regeln. Der Oberste Rat wird sich mit der Wiederanfrichlung Mitteleuropas nnd Russlands be schäftigen nnd dabei de» Plan eines internationalen wirtschaft lichen Kongresses ansstellen. Die zu erwartenden Ergebnisse Pari s, 22. Dez. Rach einer Meldung des „Jntransigcant" sind von den gegenwärtige» Londoner Besprechungen folgende Ergebnisse zu erwarten: 1. Eine politische Annäherung zwischen England nnd Frank reich, die die Gewissheit bietet, das, Berlin künftig nicht in der Lage sei» werde, eines der Länder gegen das andere a » S - Zuspielen. 2. Eine Verständigung über eine Organisation finanzieller Mastnalimen, die c-Z Dciilfchland ermöglichen solle», während des Jahreö 1922 diejenigen Barzahlungen zu leisten, die nok. wendig sind, um die belgische P r i o r i t a t zu tilgen und dir dringendsten Bedürfnisse Frankreichs zu befriedigen. 9. Der Beschluß, daß der Oberste Rat zu Anfang Januar znsnmi'ientreten werde. Er soll sich mit der Frage der deutschen Zahlungen nach dem Jahre 1922, dem Problem der Stabili sierung der Wechselkurse aller Lande: »na dem Projekt einer großen internationalen Anleihe, die es Deutschland ermögl'ckien soll, seinen Beipflichtungen in der nächsten Zeit nach- zukommrn, befassen. 4. Ein Abkommen Uber die Durchführung des Lsu che ur-Rat Henau-Vertrages und der Abschluß ähn licher Abmachungen zwischen Denlschland und England. Man hält das für einen Beweis, daß England seine Absicht, aitt seinen Anteil an den Reparationen zu verzichten, aufgcgebrn habe. Die Schsuhberatungen London, 22. Dez. Briand begab sich um 11 Uhr nach der Dvwnivgstrrct zn einer letzten Besprechnna mit LGvd George. Die beiden Ministerpräsidenten prüften die Vorschläge der Sach verständigen über die nächsten von Deutschland zu fordernden Zahlungen. Paris, 22. Dez. Die Agcnce HavaS meldet: Die lebte Un terredung zwischen Briand und Llohd George, an der Loucheur, Berthelot nnd die französischen nnd britischen Sachverständigen teilnahmcn, endete halb 1 Uhr nachmittags. Die beiden Ministerpräsidenten verständigten sich über aste Punkte. Da sie jedoch in Abwesenheit der anderen Alliierten keinen Beschluß fassen können, werden dir endgültigen Entschließungen von» nächsten Obersten Rat, an dem Briand und Llopd George tcilnehmcn werden, in engem Einvernehmen getrof fen werden. Briand versicherte der Presse seine lebhafte Genug tuung über das erzielte Einvernehmen. Zwei wichtige Ergebnisse wurden ln London erzielt: DaS erste, das praktischer und materieller Nalur ist. bestellt in der Einberufung des Obersten Ra»e8 nnd der Berücksich tigung der gemeinsamen Anfsastnng der Fragen, die von der Ver sammlung behandelt werden sollen. Das zweite ist politisckier Natur nnd bal Vielleicht noch größeren Wert. Es bedeutet eine engere Verknüpfung der Entente, eine wichlige Grundlage für den Erfolg der nächsten Tagung in EannrS nnd für die künftigen Maßnahmen von größerer Tragweite. Paris, 22. Dez. In einer Londoner Meldung der Agen tur HavaS wirb berichtet: Bel Beendigung der letzten Befvre. chung zwischen Lloyd George und Briand wurde der Presse eine Mitteilung übermittelt, in der gesagt wird: Die französische unv die britische Regierung sind in allen Punkte» sehr befriedigt. Auch die wirtschaftliche Lage Europas wurde sorgfältig geprüft und die Möglichkeit eines Wiedcraus- tzancS besprochen. Man ist darüber vollkommen einig, daß die Mächte, die am beste» fundiert sind, die Initiative für eine Wis- deraufbanbewegung ergreifen müssen. Die französischen Inter esse» werden in ähnlichen Unterredungen in Paris besprochen werden. Im Lause der nächsten Woche sollen die Ver treter der beiden Negierungen die finanzielle Lage besprechen. Die Ergcbnisie dieser Besprechung selbst werden bei der Kon ferenz in EanneS milgrteilt werden. Die Vorschläge, die in EanneS den beiden Negiernngen vorgelrgt werden, umfassen auch den Vorschlag der Einberufung einer europä ische» W i r t s ch a f t S k v n f e r c n z, die darauf hinznwirkc» hätte, daß di ecnropäischen Rationen ihr Wirtschaftsleben wieder Herstellen könnten. Enttünschunq in London Paris. 22. Dezember. Nach dem Londoner Korrespondenten des „T e m p S" haben die französischen und die englischen Sach verständigen sich über eine gewisse Anzahl wichtiger Pnnkle ge einigt, die zur Grundlage des Programms der nächsten Sitzungen des Obersten Rates gemacht werden sollen. Diese allgemeinen Grundsätze könnten indessen nicht eigentlich als Beschlüsse ange sehen werden, da unter den Sachverständigen gewisse Mei nungsverschiedenheiten bestünden, es liege aber kein Ansaß vor, deshalb zu erwarten, daß die Unierhaiidlnngen von Downingstreet gescheiicrt und der fraiizösi'che Standpnntt mit der englischen Auffassung »»vereinbar sei. Doch legten die eng lischen Regiernngslreise eine gewisse Enttäuschung an den Tag. Man hätte eine ziemlich rasche Verständigung über die Reparation--frage im allgemeinen und über das nmsassende Prv- blcm der Wiederherstellung Europas, ans die Llatzd George offen bar große» Wert lege, erhofft. V o n e n g l i s cd e r Seite könnten schon jetzt die beiden H a n p t g r n n d s ä tz c für die Beratungen von Cannes festgesetzt werden: I. Keine Teil- rege tun g, alles muß im Zusammenhang behandelt werden; 2. Ätz i e d c r h e r st e l l n » g deS e » g l i s ch s r a » z ö s i i ch e n E i „ v c r n c h m e n S, keine chronischen Krisen wehr. Nach dem Vertreter des „Temps" wäre rin Moratorium für Deutsch land iinwahrscheinlich. Entgegen den Verichlen anderer Blätter behauptet das Blatt, Deutschland werde ansgesordert werden, seinen Beipflichtungen am 15>. Januar »nd am l.ü. Februar »achzukomine», während die übrige» im Jahre 1922 fälligen Zahlungen zum Gegenstand von Beschlüssen des Obersten RateS gemacht werden mußten. Das G a r a » t i e k c> in i t e c werde mit neuen Vollmachten ansgestattet werden. lieber die Ausdeh nung dieser Vollmachten beständen jedoch Mcinnngsverschiedcn- hcilcn. Die Franzosen verlangten eine viel strengere Kontrolle, als England ins Auge fassen walle. Der englische Bericht London, 22. Dez. Reuter erfährt von maßgebender ' Seite, daß die britische und die französische Regierung ein sehr , befriedigendes Einvernehmen über alle Pnnkle er reicht hätten. Die Beratungen seien nur vorbereitend und »»form eil gewesen, nnd alles sei noch bis znm Zujanimen- tritt des Obersten RaleS ganz vorläufiger Art. Neve» der un» mittelbaren Frage der Rcparalione» babe die Konferenz >n der Downingstreet die wirtschaftliche Lage EnrovaS sowie die Mval'ch- keit des Wiederaufbaues eingehend erönerst. Es bade vollkom menes Einvernehmen darüber bestanden, das, die stabileren Mächte bei!» Wiederaufbau die Führung übernelnnen. Ver treter der britischen I » dustrie » n d Finanz wer de» morgen mit Llovd George nnd seinen Kollege» über die näheren Einzelheiten der Vorschläge beraten, mit denen sich die Kouier.nz besaßt bat. Die französische Regierung wird ahn' de Ecöiieringiei: mit Geschäfts- nnd F i » a n z i e n t e n in Paric abbatten. Nächste Woche werden Vertreter beider Län der g e m e niciine Beratungen in Paris pflege», bei denen wahrscheinlich einige Minister Englands nnd Frankreichs zugegen sein werden. Das brilisebe Kabinett wird vielleicht durch mehr als eine» Minister vertreten sein. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird auf der bevorstehenden Konferenz von Can nes geprüft werden. Es sei nnihrscheinlich. das; die Vo>>chläge der beiden Negiernngen, die in Eannes unierbreitet werden, auch die Einberufung einer allgemeinen europäischen Wicischastslonfercnz unter Teilnahme der Nentralen vorsehen werden, um den euro päischen Nationen z» ermöglichen, beim Wieder rn?l><r>l ihres Wirtschaftslebens und allgemein bei der Wiedervecstellnug der Wohlfahrt ihrer Völler mitzuwirken. Die Alliierten werden ent scheiden welche Nationen auf dieser Konferenz ve-ureien sein ollen. Was die N e p a r a t i o n 8 f ra g e betreffe, so hatten einerlei ernstliche M ei n n n gs v e r s ch i e d e n h e i t e n bestände». London, 22. Dez. Ein Soiiderberichierstailer des „Man chester Guardian" nennt die Konserenz zwischen Llovd George und Briand einen MeinnngSanSianjch zwischen einem gefesselte» und einem freie» Mann. Briand sei mit dem schwere» Gewichi der sranzös-schen Meinung belastet »nü habe deshalb nicht gewagt, bedingnngöl s dem Plane Llopd Georges znznslimmeii. In einem Leitartikel schreibt „Manchester Guardian". Briands Abreise nach Paris sei ein schlimmes Zeichen. Das Londoner Abkommen könnte keine: Bestand haben, aber bevor es znsaniinenbrcche, habe es dazu gedieitt, den Schein einer Einigkeit unter den Alliierten aufrechtznerhalic». Dies sei jetzt nicht mehr möglich, und die Notwendigkeit, etwas Besseres zu rinden als nur einen Repara tionsplan auf Papier, habe die Erwägung anderer noch wich tigerer Fragen mit sich gebracht, mit denen das gesamte Rcpara- tionSprrblei» verbunden sei. Schuld und Sühne Den Reichsgericht-ssaal zu Leipzig, der in diesen Tagen einen Prozeß von politisch geschichtlicher Bedeutung erlebte, haben nach Beendiguiig des gerichtlichen Nachspieles drei Schuldige verlassen. Denn wenn auch nur einer von jene» drei Angeklag ten, der ehemals königliche Polizeipräsident von Berlin nnd kläglich gescheiterte Kapp Minister, Herr von Jagvw, die Sühne für die Schuld ans sich nehmen muß, so sind auch jene beiden anderen Männer, deren Namen im Mittelpunkte des Leinziger Prozesses standen, Wangeuheim nnd Schiele, von der Schuld .nicht sreigesprochen worden; nur der Grad ihrer Teilnahme hat eine andere Beurteilung gefunden. Der Begriff der Nicht-Fäh rerschast hat sie vor einer Strafe bewahrt, die an sich verdien! gewesen wäre, wenn das Aninesiiegesetz ibncn nicht zu Hilfe kam. Von der Anklage des Hochverrates sind auch sie nicht frei. Damit tragen sie die moralische Schuld »»auslöichlich an sich — rechtlich belastet. Das Verfahren gegen sie ist nur eingestellt worden, da sie nach Ansicht des Reich-geeichtes nicht als Führer anznsehen sind. Das ist des Urleilsspruches Sinn. Mit ihm zugleich Und i» der Begründung zwei Tatsachen von entscheidender Bedeutung sestgelcgt: die erste, die als geschicht liches Dokument gelten darf, daß das Unlernehmen Kapps und Lüttwitz' den votlcndelen Tatbestand eines hochverräterischen Un ternehmens gemäß Paragraph 81 Absatz 2 des Strafgesetzbuches darstellte und daß beide Führer ini bewußten Znsammenwirien die Verfassung des Dentschen Reiches gewaltsam haben ändern wollen. Die Feststellung dieser nackten Tatsache ans dem Munde der höchste» richterlichen Instanz Dentsrhlands ist »mso wert voller. als vor allem der Hanplaagellagte Dcrr von Jagow in juristischer Nabnlistik immer wieder de» Versuch machte, die Ereignisse des Märzputsches ans die legale Bahn zu schiebe» nnd als Unternehmung zur Stütze der Weimarer Pecjassnng anszu- spielen. Diese Selbstentlastnng ist ihm nicht gelungen. Im Gegenteil — dieses Verfahren der Angeklagten war nur »mso mebr geeignet, die ganze Armieliiteit dieser Teilnehmer zn ent hüllen nnd blvßznsiellcn. Mit Recht hat der Obcrreichsanlvalt in seiner Anklagerede davon gesprochen, daß cs »och ei» spni pp! bischer Zug gewesen wäre, wenn einer von denen, die jetzt vor den Schranken stehen, den Mut gefunden hätte, z» ihrer Tat sich zu bekennen. Wahrhaftig, erst jetzt dnr'le das deutsche Volk — nnd unter ihm auch diejenigen, die ihre Angen bisher verschlos'en vielten — selien, wie diese „abenteuerlichen Helden" sich unter dem klugen Fragespiel des Richters zu leichljertigcn Komödianten entpuppten, die glanbien, dem denlschen Volte eine lttaiiswurjliadc anssühren zn können. An dem festen Willen dieses Volles sind sie genheitert, noch mehr aber an ihrer Un- ! fähigkeit, die sie dem Gespött der Welt ansst-tzt. Verwirrung und Ohnmacht, das waren die beiden Kennzeichen ihrer „Tages-Re- gierung". Tenn znm Regieren ist es nicht einmal gelommea. Aber noch eine andere Tatsache enthält die Urteilsbegrün dung, die von nicht geringerer Bedeutung ist Das Reichsgericht stellt sest, daß entgegen der Behauptung der Verteidigung das Strasgesetzbnch znm Sclmtze der Rechtsgüter nnd -einrichlniigen in ihrem jetzigen Stande berufen sei und daß die jetzige Ver fassung vom Ii. Angnst 1919 strafrechtliche» Schutz genieße. Ter Paragraph 81 des Reichsslrasgeietzbnches also schützt »ach dem Ilcleil der höchste» richterlichen Instanz gegen gewaltsamen Umsturz nicht nur die alte Reichsveriaisting, die zur Zeit itzrer Ent stehung des Strafgesetzbuches in ctze lnng war. sondern anch die Weimarer Verfassung. Dieses Urteil ist die Anerlennnng dafür, daß die Weimarer Versagung icstc» Fnß und Boden geinnden hat und daß sie deshalb von allen Bürgern des Tcntschen Reiches die Achtung, die Aiierkeniiung nnd den Respekt zu beanspruchen hat, den sie als fundamental cinkbanendes Werk verdient, dieselbe Rcspettiernng, die man in früheren Zeiten für die fr.Niere Ver fassung verlangte. Die Weimarer Veria lang, hervorgegangen ans der Arbeit der Nationalversammlung, ist somit das maßgeb liche, vom Hochverrats-Paragraphen geschützte deutsche Siaat-.-recht. Man hat Herr» von Jagow zu 5 Ja! r.-n Festung vernneilt, eine Strafe, die er verdient, auch dann verdient, wenn das Reichsgericht i» Herrn von Jagow nur einen „Genilsen" des boclwerräterischen Unterne.'mens gen-hen ha! Mag vielleicht hier und da die verwunderte Fr-re erhoben werden, warum man ihn denn nicht amnestiert hak. wenn man ihn nur wegen Gehilfen schaft bestrafte, io üebl zunächst das Eine fest, daß der Begriff der Fnlrer'ch 't nicht einzi, und allein abhängig ist von der juristisch..i Talerstchail >m Gegen atz zur Gehiiien chrit, sondern daß gerade dericiiiae, der — wie es im Paragraph 19 des StG B herßt -- „durch Rat und Tat wissentlich >eil>e leistet", hierdurch in einem hohen Grade eine führende Rolle spielen kann An den Folgen gemessen, die jene Wahnsinnstat der Kappistea heransb,. schworen bat, die Deutschland in seiner lang sam anjetzenden Aickwnrtsentwictlilng nicht nur hemmte und bc- tzindertc, sondern Volk nnd Vaterland fast in den Abgrund siürzle, die zu blutigen Auseinaiidcrsetznngen führte, an biesen Folge» gemessen ist die Strasznmejsung für einen der Hanptniittäter, wie es Herr von Jagow war, vielleicht eher zn milde als zn scharj. Nicht alles, was sich an politisch wichtigen Dingen in jenen Märztagen abgespielt hat, konnte einwandsrei klargestellt werde». Denn einmal haben sich die Hanptiäter Kapp, Lüttwitz, Bauer, Pabst nnd Erhardt durch Flucht dem Richter entzogen und zum andern darf man nicht vergessen, daß dieser Prozeß sich immer und immer wieder hinansjchvb, daß in der langen Zeit von einilnddreiviertcl Jahren, die wir aus die Aburteilung der Kappisten warten mußte», zweifellos manches Bcweismab:- rial »nd manche weitergehcnde Feststellung erschwert worden ist. die bei einer »»initleü'ar folgende i Prozeßverhanblnng ermöglicht woe ben wäre. Der Prozeß selbst aber hat erwiesen, wie notwendig er war; nicht nur als nnenlbehrliches Material für die geschicht liche Entwickln»., dieser Jahre, »ein, noch mehr für seine politische Bedentnng. Die Torbeit des Unternehmens lenchtet ans jeder Zeile des Prozeßberichtes hervor; die Gloriole, mit der sich jene von manchem rechtsstehenden Kreise hcrtzeigeschnten „Reiter des Vi.ien'andeS" umgaben, ist durch die Akten dieses Prozesses bis ans den letzte» Nest vernichtet. Was das deutsche Volk von solchen Abenteurern zu erwar ten hat, führt ihm dieser Prozeß eindringlich vor Auge». Denn es durfte sehen, wie erbärmlich diese Leute aussehcn, nach denen, die Agitationsreden von irregeleiteten Politikern riesen und di«,
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