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- Erscheinungsdatum
- 1920-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192009229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-09
- Tag 1920-09-22
-
Monat
1920-09
-
Jahr
1920
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Beilage zur Sächsische« Bolkszeilung Nr. SL8 Mittwoch den 22. Sept. 192V I». Iah E zberaer und dst Verbündeten !!>. Erzberger kommt in seinen Auszeichnungen („Erlebnisse im Well- kriege", Deutsche Berlagsanstalt. Stuttgart, gebunden 38 Mari) auch eingehend auf seine Tätigkeit in den Ländern unserer Verbündeten ,» sprechen. Er schildert seine politischen Missionen in Konst an- itinopel, wo er mit Talaat Pascha und Eiwer Pascha namentlich wegen der restlosen Aushebung der Kapitulationen verhandelte. Auf starken, ja selbst ärgerlichen Widerstand stieß er, als er bestimmte Maßnahmen zum Schutze d er A rm e n ler n n d der Christen überhaupt forderte. Der österreichisch-ungarische Botschafter in Kon. stantinopel Marlgraf Pallavicini hat schon im Februar 1916 Erz- berger gegenüber die Türkei als „einen durch Deutschland galvani sierten Leichnam" bezeichnet. Erzbcrger benutzte seinen Aufenthalt in der Türkei im besonderen dazu, um eine anderweitige Regelung der armenischen Frage zu erringen. Er hatte dicserhalb mehrfache Zu sammenkünfte mit dem armenisch-katholischen Patriarchen. Enver Pascha gab auch die bestimmte Zusage ab, daß keine Maßnahmen mehr gegen die Armenier erfolgen sollten. AuS der genauen Kennt nis aller Vorgänge stellt Erzberger fest, daß dem Deutschen Reiche eine Schuld au den sehr bedauerlichen Vorgängen in Armenien nich^ nnfgcbürdet werden kann, sondern daß die deutschen Behörden und die deutschen Katholiken alles taten, um Greuel zu verhüten. Erz bcrger hat deS weiteren in der Türkei für die befriedigende Regelung der Besitzverhältnisse an den heiligen Stätten in Jerusalem, nament lich des den Katholiken besonders heiligen Cänncnlums ldeS Abend mahlssaales aus dem Zion) und der Hmunelsahrtslirche auf dem Oclberge bemüht. Erzbcrger kommt angcsicht der Neugestaltung der Tinge in Palästina zu dem Schlüsse, daß die ganze Christenheit mit Bestimmtheit fordern müsse, daß sämtliche heilige Stätten in ihr Eigentum in der Fonn übergehen, welche künftighin Streitigkeiten ausschlicße. Auch nach Bulgarien reichten ErzbergerS politische „Be- ziehungcn." Erzbergex teilt mit. daß er mit verschiedenen andere» Seiten schon im November 1911 gegenüber der deutschen Obersten Heeresleitung die politische Forderung vertreten hätte, die dahin ging, sofort di» Donau entlang aus serbisches Gebiet vorzustoßen, um freien Durchmarsch über Bulgarien nach der Türkei zu erzwingen, Erzberger führt zu dststni Punkte wörtlich folgendes aus: „Ich habe der mitilnrisch maßgebenden Stelle in jenen Tagen die politische Not- Wendigkeit diele militärischen Ak'ion des längeren auseinandergesttzt und besonders betonst daß mir csti gnt informierter deutscher Ossi-str erklärt habe, daß mit etwa 10 MO Mann lglso einem Bruchteil von dem, waS damals nutzlos vor Apern an jungem dtnnschen Blut da- ! hinfloß) die ganze Operation absolut sicher vollzogen werden könne! die politischen Vorteile seien, daß nicht n»r die Türkei de» Krieg viel energischer sichren könne sondern sebr wahrscheinlich würde dann auch Bulgarien auf unsere S> ite treten und Rumänien würde infolge der Beherrschung der Donau in Schoch gehalten! ein sicherer Gewinn liege darin, daß die Zustchr der Munition an die serbische Armee donauanswNrts nn erfunden tverde, was über kurz oder lang die Kapitulation von Serbien zur Folge haben müsse. Ich war im höchsten Eirade überrascht, als mir der General erklärte, daß ein solcher Vorstoß gar nicht erforderlich sei, denn Bulgarien und Ungarn grenz ten doch aneinander, Ich mußte ihm erst durch Vorlegung einer Karte beweisen, in welch großem Jtttnm er sich befand" Die Schaffung eines direkten Landweges von Berlin nach Konstaniiuopel wnrtte daun erst viel später unter Aufbietung gewal tigen Materials und riesiger Menschenmengen erzwungen. Ein Bündnis mit Bulgarien wurde schon in de» ersten Kriegslage» 1911 angcslrebt. der erste Wafseuersolg der deutschen Annceu erleichterte die Bemühungen. Durch die unglückliche Wendung an d>r M>.,rn>' wurde allerdings im letzte,, Augenblicke auf bulgarischer Seste die Un terschrift verzögert. Den Käuia Ferdinand schildert Erzberger als dcn treuesten und zuverlässigsten Freund des Büudnisgedanlens mit Deutschland. Nus Grund persönlicher Unterredrrngen im Fstbnmr 1916 in Telia ornanisicrte Erzberger de» Besuch bulgarischer Abge ordneter in Denstchland und d«n Gegenbesuch einer Abordnung der büraerlichen Fraktionen des Reichstages. Damals setzte sich eine Reibe bulgarischer Persönlichkeiten mit Erzbvrger auch über die Mög. lichtest einer Union der bulgarischen Kirche mit Rom in Verbindung. Ende Juli 1916 wurde Erzberger vom Zar n von Bulgarien beaist- tragt, dem Papste leinen dringenden Wunsch z» unterbreite»., dir diplomatischen Beziehungen zwischen Sofia und Rom aufznnebmen, und zwar zunächst durch Errichtung eiiwr Nuntiatur. Nach Friedens schluss würde der König dann einen Gesandten nach Nom entsenden: im Anschluß daran selbe später nach dem Beispiel Serbiens ein Kon kordat mit Rom abgelcblosscn werden. Kronvrinz Boris hatte beim Einmarsch in Nisch das unmittelbar vor Kriegsausbruch zwischen Serbien und Rom abaeschloffene Konkordat nn'er den Men der ge stobenen serbischen Regierung selbst ausaekunden. Bereits am 13. Juli wurde mitgxteilt, daß der Vatikan mit Freuden „diplomatische Be- zstlmngen zwischen Bulgarien und dem Heiligen Stuhle Herstellen Werke, doch sei dies während des Krieges nicht möglich, da auch an dere Mächte ähnlich? Schritte unternommen hätte» (Japan, Serbien. Türkei) und der Heilige Vater nicht eine Macht der andere» ver ziehen wolle". Die Verhandlungen wnrden hinausigezogen. Im Jahre 1916 fanden in Wien Verhandlungen mit der bulgarische» Regierung über die Nuntiatur statt, die jedoch durch die politisch« Wendung der Dinge ins Stocken gerieten, Erzberger glaubt aber, daß das jahrelange Zusammenarbeiten in härtester Kriegsnot mit dem bulgarische» Volk auch für die Zukuust gute Früchte zeitigen werde. Selbst in Rumänien, das Erzberger als den Schlüssel zu« Orient bezeichnet, war er in dem Sinne tätig, daß Rumänien nicht auf die Seite der Entente trete. Seme Reisen nach Wien und Budapest im Jahre 191S nutzte er dazu aus. In Oesterreich wie in Ungarn hat Erzberger nach seiner Darstellung ae» Boden für die Wünsche der Rumänen so weit vorbereitet, daß diesen im allgemeinen leine unsreundliche Ausnahme zuteil wurde. In Budapest aber ließ man zu sehr den Wagen laufen. Im Februar 1916 hatte Erzberger eine zweistündige Unterredung mit dein König Ferdinand von Rn- Manien. Damals hat ihm der König bereits zu erkennen gegeben, daß er persönlich am liebsten die Neutralität bis znm Ende durch halten würd«, daß er aber nicht in der Lage sei, von sich aus einen Kcibinettswechsel z» vollziehen, oder eine Kriegserklärung gegen dir Zcnttnlniächt- auszuhalten. Tie Entente arbeite riesig im Lande. Eine grandiose Bestechung war der Auskauf rumänischen Getreides durch England, d«m hierauf Rumänien das formale Versprechen gab, den Krieg spätestens am 15. August 1916 zu beginnen. Im Mai 1016 ließ der Könia durch eine VertrnuensMson an Erzberger noch Mitteilen, daß das Verhältnis zu Deutlchland nach wie vor ein gutes bliebe, Anfangs Juli wurden Erzbcrger im höchste» Grade beuu- ruhigende Meldungen hiittcrbracht, die er sofort der Obersten Heeres leitung nnterlneitele und welche dann auch im August ihre Bestä tigung durch den Ausdruck) des Krieges fanden, Erzberger mach! den damaligen maßgebenden Stellen im Reiche den Vorhalt, daß sie auch in diesem Falle auf begründete Warnungen ebenso wie im Falle Italien nicht gehört hätten. Ein besonderes Kapitel widmet Erzberger seinen bekann'lich viel a»g grisstnen Beziehungen zu Wie Er verwahrt sich auch jetzt gegen alle Vonvürse mit der Feststellung daß er leine vielfältigen Beziehungen zu Oesterreich-Ungar» stets nur im deutschen Interesse u„t> zur Festigung des Bündnisses ansgenutzt habe Cr bäte aber allerdings nie vergesse», daß Oesterreich-Ungarn kein Nationalstaat iß. sondern ein ..Konglomeratstaat" sei, wie ein Oesterreicher aus dem Hochadcl sich ausdrückte Erzberricr bedauert, daß gerade die öster reichischen Dinar in deutschen Offizstrskreisen „nur durch ein Ka nonenrohr" anaesthm worden seien, woraus die E»oe des politische» Gesichtskreises sich von selbst ergäbe. Die anfängliche Begeisterung in Oesterreich-Ungarn sti un er dem „preußischen Druck" bald „einer stillen Resignation" gewichen. Auch diplomatisch sei Deutschland in j.'Ner Zeit nicht glücklich vertreten gewesen. Wir geben nun zu einigen Sonder'ragen Erzberger selber das Wort. Cr äußert sich dahin: „Meine Beziehungen zum Hause Pari» »-Bour bon lagen ln erster Linie nicht ans völkischem G'bst', die engsten BertthrnngSpnnlte fanden sich vielmehr in der Wahrung allgemein katholisch r Interessen. Die Behauptung daß das Haus Parma eine gegen das Bündnis gerichtete Politik gefördert oder getrieben hätte, ist eine oss »kundige G es cki i cht s fä ls ck, nn g Der politische Cinslnß der Damen des Hauses Parma wird gewaltig übertrieben. Cs gehört übcrhgnpt in das Grhiet des polili'ch'ev Aberglaubens, wenn immer wieder behauptet wird, daß das Haus Parma-Bourbon die österreichische Polin! gelcsttt oder n>>r wesentlich beeinflußt hätte. Im Gegenteil während der Reg!en»igS-ctt des Kai'ers Franz Josts haben die maßgebende» Kreise eine nahezu seindliche Stimmung nicht nur gegen das Hnns Parma, sondern auch gegen den damaligen Thronfolger Karl an den Tag gelegt. Der Thronfolger wurde ,ab sichtlich von Wien und damit von der Politik ferngebgtten. Kein politischer Vorgang wurde mit ihm besprochen: er irnrd-e ln die poli tische Entwicklung der Dinge überhaupt nicht einaen'eiüt. Das ging sogar so weit, daß der Thronfolger irrbt animal der Tauf« seines Kindes nach Wien kommen durste. Auch die andere Annahme, daß nach dem Thronwechsel eine gründliche Aendernna eingekestn sei und daß der junge Kaiser unter d m politischen Emstuß ''einer Ge mahlin Zita, einer Prinzessin Parma, gestanden habe, ist g«und- falsch. Das Hans Parma zeichnetet sich freilich s-!t vielen Jahren durch ost'enkmidige. nngebenchelte Frömmigkeit a"S. die auch im öffent lichen Leb n narb den Grnndsätzen des Privatlebens handelte Als der verstorbene .Herzog von Narma sich an die Sritce der Antidnelliga siMe. ist von der Wiener Garnison der stille Bovkott gegenüber de» Töchter» des Hauses ausgesprochen worden: er wurde in der Weise .«"handhabt daß bei Bällen und ähnlichen Festl'ch*!wn die Damen des Hnnies Parma als ..Ma»erhlümchen" sitzen lüstben. Als nun el»e Tochter ans diesem Hanse den österreichische» Kaiserthron bestieg, kann man sich denken westlst Empfindungen und Wandlungen aus- gGöst wurden. Kaiserin Zsta wurde von den einen als „Italienerin" bezeichnet: sie spreche nur italienisch, sie denke nur italienisch und ihr Wunsch gehe dahin, das Herzogtum Parma wieder einem ihrer Brüder zu verschaffen: die anderen sagten, sie sei besonders gegen Deutschland eingenommen und spreche kaum Deutsch All dies sind Kindcnnärchen. Dl« srülstro österreichische Kaik rin ist eine gute be scheidene Fra»: sie wurde in einem bayerischen Mädchenpensionat mitt bürgerliche» und adligen Kindern zusammen erzogen: sie hat für die deutschen Interessen stets das vollste Verständnis bewiesen und war ckne warme Freundin des Bündnisses mit Berlin. Auch auf der Höhe des Thrones vergaß sie nie die Pflichten gegen die Einfach': und Mcrmslen des Volles. Als warmherzige, edle Frau widm sie sich säst nur den Werken der Nächstenliebe, Kriegsnot lindernd, sie konnte In die Politik hat sio sich aus eigenein nach meinen viel festigen Beobachtungen nie eingemengt, . . . Das österreichische Sonderfriedensangebot vom Frühjahr 1917 mit dem Brief des Kaisers Karl an seine» Schwager Sixtus von Parma ist mir wie anderen erst durch die Ver öffentlichung des französischen Ministerpräsidenten Clemencoau iin Frühjahr 1918 bekanntgeworden. Wohl wurde mir im Frühjahr 1917 von ve'schietdenen Sei'e» aus Wien mitgeteilt, daß daselbst die größte Neigung zum Abschluß eines Sonderfriedens bestehe und daß man mit einem solchen rechnen müsse. Ein in Oesterreich begüterter deutscher Abgeordneter, der im Mai >917 aus Wien kam alarmierke dis Zentrumssrnklion mit der Meldung, der Sonderfriede Oester reichs sei so gut wie abgeschlossen. Ich konnte sosorr dartnn, daß die Behauptung unzutreffend sei. Das Bestreben des jugendlichen Kaisers ging von der Thronbesteigung a» dahin, für seine Völker den Frieden selbst unter Opfern zu erkaufen Dabei war man in allen politischen maßgebenden Kreisen Wiens im Geaensatz zu Berlin der Auffassung, daß solche Ovser nicht Wien allein zu bringen habe, sondern auch Berlin. Schon im Frühjahr 1915 sagte mir Minister Bnrian, er finde es unverständlich, daß man von Berlin ans ans Wien einen besonderen Druck ausübx. damit es das Trentino an Italien abtrete: wenn Deittschland Elsaß-Lothringen den Franzosen gebe., so könne sogar in wenigcn Tagen dar Westfriede geschlossen werden; den Oesterreichern sei aber das Trentino ebenio lieb und teuer wie den Deutschen Elsaß-Lothringen. .... Dis Behauptung ist falsch, daß der österreichische Außenminister Graf Czernin, nicht jederzeit und von Anfang an über alles infor miert gewesen sei, 'Ich weist cs auf das Bestimm'-sst, dass Kaiser Karl diese bedeutsamen Aktionen nicht eingeleilet und unternommen hat, oh»" sich mtt dem veranworliche» Minister des Acnßeren zuvor zu verständigen. Alle gegenteiliaen Schilderungen sind nach meiner Kenittnis der Dinge nrnntressend Daran ändert auch die Tat'ackie nichts, daß eine durch Drohung mit Selbstmord erzwungene Dar- st llung in Wien im Frühjahr 1918 eins andere- Le!or< verbreite'» Der junge Kaiser nahm damals freiwillig eine fremde Schuko auf sich, die er nicht verursacht Hatz" Zu seiner Reist nach Wien am 33. N"ril IT, 7 und dem Be richt des Grasen Czernin äußert sieb Emberg.r folgendermaßen: „Von meinen vielen Reisen nach Wien fand keine so viel Beachtung, wie die vom 22. und 23. Avril 1917 Damals rangen, wie schon er wähnt, nach Berlin bsitimntte Nachrirb en übe»' eine» Sonder frieden. den Oesterreich-Ungarn abscbließen wolle Berliner amtlich- Stellen ersuchten mich, narb Wi-n zu reist-n mich lid-'r die Verhältnisse zu erkundigen und meinen Einstuß gegen eme solche Aktion geltend zu machen sich war die Taae vorher in Stockholm gewesen uni mit russischen Politiker,, Verhandlungen zu pistg-n. Als ich dem Reichskanzler über diele berichtete, kam er ans eiarnem An trieb auf die Reile nach Wien zu spr-cben und hat mich, den dortia-.'n Kreist» und auch dem Kaistr Karl den deutschen StarGvunk' über ein einhsitüches polnisches Vorgehen vo„ Be-sin und Wie» llarzn- leaen. Dabei nab er mir Bericht von dem meniae Tage zuvor ein« g trvsstnen Bericht des Grase» Czcrnsii an Kaiser Karl vom 13. Avril 1917. Ctr teilte mir den Hauptinhalt dieses später so viel Aus sehen er,' genden Berich'es mit und stiate bei: sich möchte mir im Auswärtigen Amt sofort dcn Bericht selbst zur Einsicht geben lassen, damit ick über die Wiener üstdarlengänge vollkommen unterrichtet sei: es werde mir dann nicht schwer fallen, die en'st'rechonden Gewn" bemerlnngen anznbringen und namentlich den Kaiser' davon ah:u- h,itten, eine übereilst Friedensaktian für sich allein zu unternehme». Vom Reichskanzler begab ich »sich znm politische» R streuten für Oesterreich-Ungarn, der nach Zustimmung deS Staats'ekrctärs Zim- mermnmi mir in stimm Zimmer dicstn Bericht des Grasen Czernin, der in Abschrift an den Deutsche» Kaistr gesandt worden war, zur Einsicht unterbreitest. Als ich g nannten Bericht laS. erschrak ich allerdings " Der Kernsai; dieses Berichtes lautete wie folgt: „Euer Majestät haben mich beauftragt, de» verbündeten Staatsmännern des Deutschen Reiches zu lagen, das; wir am Ende unserer Krcsit sind und daß Deutschland über de» Spätsommer hinaus nicht mehr ans »Ns wi-d rechnen lönnen. Ich habe dst'e Befehle ausgcsnbrt, und di« deutsch',» Staatsmänner haben wir keinen Zioeif'l darüber ge lassen, daß auch für Deutschland eine weitere Winterkampagne cm Ding der Unmöglichkeit st! . . ." „Der Besicht hat leider," so fahrt Erzberger fort, „bei den politischen St llcn in Berlin die esivrderliche Beachtung nicht gesunden und noch weniger bei den militärischen. Die deutsche Oberste Ho.wesstimng legst ihn einfach m den Akten, während man von Berlin aus höchstens kleiner-' politische Gegen aktionen versuchst und mit neuen 11.Baotss<atistist"li und R de» des Vizekanzlers Helsstrich eine ander' Auffassung erzielen wollte. I» diese Zeit still' meine Reist nach Wien." Erzbcrger schildert dann den Inhalt stimw Besprechung mit dem Grasen Czernin und dem Kaiser Karl, Beide hätte» die politi'chen Wirkungen des U-BoatskriegeS seb, pessi mistisch beurteilt. Die Tatstcbe. daß man einige Wochen den Admiral Holzendorff nach Wim geschickt habe, mn beruhigend zu wirken, glos sierst Graf Czernin dahin: „Es werde dach niemand in Berlin an- nehmen, daß man den phantastischen Darlegungen dieses Admirals Die Verderberin Koman aus der römischen Ca m Pag na von Peter Dörfler (5. Fortsetzung) Als die Sonne sich meerwärts neigte, gingen wieder einzelne Fremde mit bvsitlrempigon Hüten vorbei. Sie blieben in uiisirer Nähe stehe» und zeigten lachend auf den roten Schirm, dies sonder barste Wohnhaus, das in Nom zu sehen war. Die Mutter beachtet« sie nicht, denn sie stand gegen Norden gekehrt. Wir aber fauchten, sobald sich die Gestalten näherten, wie wildsi Katze», koche» unter den Schirm und zcigstn ihnen die krallig gekrümmten Fingerlein: un sere feindseligen Blicke glückten und wir waren k» reit, ihm» zu fluchen, sobald cs ihnen wieder einsallen sollte, uns die Schmach eines Ge schenkes anzutun, Wirklich kramten sie in ibren Tasche» nach „Spie- rioli" und warfen uns eine Handvoll zu. Wohl! erwarteten sie, daß wir wie hungrig« und gierige Vögel hervorschießen und uns um die Münzen balgen würden, Sie machte» sehr erstaunte Gesichter, als ihnen das Unerhört« begegnest, daß in Rom klingende Saldi nicht beachtet wurden. Sie schüttelten die Köpfe und gingen in lebhaftem Gespräche weiter. Kaum war«» sie hinter eine« der alten Mauern derschwunden, da stürzten wir hervor — Virginia ergriff eine Münze, bespuckst sie mit allen Zeichen des Hasses und Abscheus und warf si« dann fort, snwtit ihre kleine Kraft eS vermochte. Ich bearbeitest ein anderes Geldstück mit einem Steine und stampfst cS dann in dst Erde. Die Fremden hatten sich jedoch nur hinter die Manvr zurück gezogen. um zu beobachstn, ob unsere Mammonverachtnnq etwa nichts andre«? sti als die Scheu verschämter Armut vor lächelnde« Gvbern. Als sie unsere kindliche Wut und der Mutter Teilnahmslosigkeit sahen, kamen sie aus ihrem Verstecke hervor und spracht-» uns an. Da die Mutter immerfort schwieg, rede'«» sie viel und warm airf sie ein Es muß diese Fremden ein Gestühl übet-kommen hakten, wie wenn man spielend«, junge Bestien ausich-eckt. Diese verzerre« all ihre An mut und Schönheit z» wilden Grimassen der Wut und zeigen mir noch ihre Zähne und Tatzen. So kehrten auch wir bei ihrer An näherung allls Naubtierhafte hervor nnd nicht viel hätte gefehlt, so hätten wir gekratzt und Gift gespien. Die Mutter würdigte die mit leidigen Frager nicht eines Blickes und stand von ihnen abgewandt wie eine Pythia, die sich weigert, dem Besrager des Orakels eine Antwort zu geben. Die Fremden ginge» endlich davon nnd haben wohl in ihrer nordischen Heimat noch viel vorüber nachgegrübelt. ob jene Römerin eine alten Gräbern entstiegene und dem Untergang der Weltlönigin nachkauernde Heroine gewesen wäre, oder ob sie wirklich in Fleisch und Bl>„ durch jene Ruinen gewandelt sei, eine Schönheit in der sich noch einmal das alst, stolztrotzige Nömerblut «ine Blüte gebaut habe. Aber am anderen Tage, als dst Mutter immer noch zweifelnd nach der Schicksalswage ansschaute, kam ein Mann mit einem schwär- zen Fed.'rhut und einer blanken Waffe an der Seist. Ich war nicht wenig esitannt, als die Mutter diesem Frager Antwort gab. Ich milderte sofort meine feindselige Wallung und schaute mir den Mann neugierig an. während Virginia das Fingerlein aus dttn Mund zog und auf die wallenden Fetter» des soldatischen Hutes zeigst. Ich weiß nicht, wie das Gespräch begann. Aber auf einmal sing der Mann zu schelten an und sprach: „Höre ans, mir sinnlose Rätsclantwckrtcn zu geben! Eine klare Antwort: Woher? Wohin?" Beim scharfen Klang dieser Worte krümmst sich Virginias zutrau lich erhobener Zeigefinger wieder und die lachenden Augen glühten mit jenen der Mutter um die We st. Der Bewaffnest machst eine Panse, und als auch dst Mutter schwieg, fuhr er fort zu drohen: „Ich m rde euch ans die Onesiura führenl sTie Herren werde« wohl herans- bringen, in welchem Taufbuch dein Name eingetragen ist," Gott, Gott, waS ««'wartest darauf meine Mutter? Ich weiß es nicht mehr „So bist d» eine Jüdin?" sagte erstaunt der Mann aus das mir dunkle Wort, „Miscra, Msera," ries die Mutter feierlich, „So muß ich euch verhaften: zwinge mich nicht zur Gewalt, Wir Kinder flüchte«» entsetzt in den Schutz der Mutter: dvnn als die Lage wirklich bedrohlich wurde, zerfloß aller wilde Mut in kindlich ohnmächtig- Tränen, Die Mutter aber richtete sich hoch auf. zog mtt der einen Handaestnk einen scharfen Dolch aus dem Busen- tuch. setzte ihn auf ihre Brust und ries: „Galantnomo. last eine« Leichenwagen holen, wenn du uns vor die Richter bringen willst!" Da wich dSr Mann und ging davon. Ms der Kiesweg kn »sichte, wagten wir unsere Blicke aus dem B estecke zu heben. Die Mutter stand reglos an ibrem Platze und blickst dem Schrecklichen nach. Dann reckte sic sich und bab lange di« Hände znm Himmel auf. Ich weiß nicht, ob sie um Hilfe oder Fluch gerungen hat. Ich habe sie nie stgnc» und beten seöen nie Kat sie gewimmert und um Trost und Kraft gesteht. Sie trug all ihr Leid mit stolzer Hoheit und mit stumm brütendem Grimme. Flüche aber hat siv oft genug gegen de» Himmel und gegen die Erde ge schlendert Fluchen hat sie ja auch uns gelehrt. „Alles ist bös; sagt den Menschen: Fluch euch!" das war ihre einzige Lehre. „So bist du eine Jüdin?" hatte sic der seltsame Mann gefragt Dies Wmtt hat sich wie ein grimmer Wurm in mein- Seele gebohrt und darein gegraben und gewüblt und sich immer tiefer eingcsrcssen. Gott, warum ist die beißesst Sebnsucht meines Lebens „ngGtillt. «ine Antwort ans kiest Frage aller Tragen zu finden! Mistra. Mistra — das ist daS Echo unß di-- einttae Antwort, die mir g-'wo-d> n !si. Wenn ich all meiner Mutter Worte, deren ich mich irgendwie erinnere, vornehme, und sie siebe am Lichte meines schärfste» G bvermögens: Ich sinke kein Wort, das christlich geklungen bä 'te Wie Sand laust» alle ikire Reden vor mir weg und das eine Gvldkorn blinkt mir nirgendwo entgegen. Und wen» ich mir dtt Bewegungen stirer Hand Var Auaen balte — wie beredt konnte sie mit ihrer Hand sprechen mtt diesen feinen, schlanke» Fingern, an denen goldene, mit stntt luden Ster«'» besetzte Ringe glänz'en bis in die Tage der äußersten Not — nst schrieben sst vor meinen Augen ein Kreuz ans die durkelfaebene Stinr nnd nie nahst» sie sich nnstren Locken mit dem himmlischen Zeichen Auch iln« Knst haben sich niemals gebeugt, um betend nie- derznsinken. Mochte das Glackenmeer der strnen Roma in dnmvstn Tranorwleisen von de? Herren Leiden erräblen oder keine He,Gissten Osierllänge »u »n? berübcrsenden: der klinaende Skom von Fröm migkeit rauschte an ibrem unbewegstn He-wn vorüber. Ach. sie bat wobl nie aeköstet stin wollen! Jlst Leid war für sie ein düsterer Genuß. Ihre Rochoaelüst- sttttiaten sich bei K',n G-danke« daß ihr nnd de« Kinder Leid mit seiner aonwn kasstnden Ver antwortung ans die Seiest des Feindes fallen werde, den sie bastte. (Fortsetzung folgt,)
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