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- Erscheinungsdatum
- 1920-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192004147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200414
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200414
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-04
- Tag 1920-04-14
-
Monat
1920-04
-
Jahr
1920
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Mittwoch drn 14. Aprll 1S20 > > i X -! «- 'i ! N». 84, Seil« 2 Nationalversammlung vtkir«, 13. April. Präsident Fehrend ach «Üfftftt di« Gib»,ig um 1 Uhr S Min. Auf Ansrag« de» «lg. Mum « DmttsH- nalional) wegen Abschaffung des ReligionSunterrich. »es in Bremen wird regierungsseitig erklärt, daß dieser Zustand mit den, Sinne der Reichsvcrfassung nicht im Einklang« stehe. Die Regierung hat sich mit dem Bremer Senat in» Benehmen gesetzt- Aul Ansrage Dr. B ö h m e - Magdeburg (Dem.) wegen Handhabung de» EiedelungSgesetzes in Preußen, wonach der preußische Landwirtschafts» minister nicht gewillt sei, 10 Prozent des DomänenlandeS zur Deckung bestehender Kleinbetriebe zur Verfügung zu stellen, wird regianngs» festig geantwortrt, daß bas nicht »utresfe. Auf Anfrage de» Affg. Menge (Deutsche Vp.) «egen unerhörter Ausländ« lm Gothaer Schulwesen wird geantwortet, daß auf Verordnung de» Reichs präsidenten ein Reichrkommissar mit weitgehenden Vollmachten zur Prüfung und Abstellung der Mißstände nach Gotha entsandt worden sei. Aus Anfrage Beuermann (Deutsche Bp.) wegen Schrecken»- Herrschaft der Polen in Posen und Wcstpreußen wird regierungsseitig geantwortet, daß die Reichsregierung dauernd Gegenvorstellungen er hoben und Entschädigungen gefordert habe. Von Geqenmas,regeln «gen Polen auf deutschem Gebiete sei bisher au» politischen Gründen Abstand genommen worden. Aus Anfrage Lbb« >'Soz.) Wege» Aus« »ahlung der Gehaltsaufbesserungen vom 1. April ab wird regierungs seitig geantwortet, daß die bi» Ende Mär» bewilligtn« erhöhten Leu«. rungSzulagen weitergezahlt werden sollen, ebenso die Krieqsbeihilstn. Aus Anfrage Löbe (Soz.) wegen Veröffentlichung de» Standes de» schwebenden Schuld wird geantwortet, daß diese Veröffentlichung nächstens erfolgen solle. Ans Anfrage Sagawe (Zent,.) «egen plan» mäßigen Anläufe- von Grundstücke» durch Ausländer wird graue« «ortet, daß »In Gesetzentwurf über diesen Gegenstand dem Relchsrat« demnächst zugehen werde. E» folgt die Besprechung der RegirrnngSerlkil» ,nng. verbunden mit der ersten Beratung de» Rotetat». Abg. von Payer (Dem ): Sein« Partei sei im allgemeinen mit brr RegierungS- erllärung einverstanden. Eie begrüße bie Zurückweisung jeder Art von Relenrcgierung. Abg. Hub (Soz.): Die Bergarbeiter nnd Eisenbahner sind ge» willt, lieberstunden zu machen. Die Blutschuld der offenen und ge heimen Kappisten muß immer wieder betont werden. Der Kapp-Putsch hätte ohne Waffengewalt beseitigt werden können wen» d-r Führer der Reichswehr der Mentalität der Bevölkerung besser Rechnung getragen hätten. In weitem Umfange wird das Bielefelder Abkommen von der Arbeiterschaft anerkannt. Aber irreführende Nachrichten, auch vom W. L. B., erregten die Mafien immer wieder vom neuen. Im sogenannten Wildwest, wo keine genosseaschastliche Disziplin herrscht, entglitten die Massen zuerst den Händen der Füb>:r. ES war das Verhängnis der Unabhängigen, baß ste di:s» Zusammensetzung jener Arbeiterschaft nicht beachtet haben. Di; Nachrichten über die Neubildung einer roten Armee sind mit größt'r Vorsicht auffunehmen Nekenregierimgen haben wir vor dem Kriege gehabt; sie standen der Schwerindustrie nah«. Die NeichSregierung muß einschreiten gegen die Verschleuderung unserer Bodenschätze an ausländisches Kapital. Wann kommt das Reichs» berggesctz? Die Republikanisi-rung der Reichswehr muß durchgeführt werden. Das beste wäre freilich, wir könnten alle Mordwaffen kurz Und klein schlagen und auSmien: Die Waffen nieder! Aba. Tr im dorn Zrntr.,: Ten Beist des Versailler Vertrages haken wir dnrch unseren Einmarsch in das neutrale Gebiet nicht ver letzt. Deutschland soll nicht zur Ruhe kommen. Sein Verbrechen be sieht darin, daß es noch existiert. Tasbeweisen die veröffentlichten Richt linien. Wir Rheinländer lehnen drn rheinischen Pufferstaat ab. In zivile Aktion-n soll das Militär sich nicht rinmischen. Aber wenn einmal militärische Aktionen im Gange sind, bann soll die Zivilbehörde sich nicht einmischen sonst gibt es auch hier eine Rebenregierung. Severing hat die besten Absichten; aber gegen seine Tätigkeit sind von mehreren Seiten schwere Bedenken laut ge worden. Ein einseitiges Hervorkeyren sozialdcmo» lratischer Anschauungen im Vorgehen der Regie rung im Ruhrgebiete verträgt sich nicht mit dem Geiste der Koalition. Das Ruhrq-biet darf nicht vom mili tärischen Schutze entblößt werden. Die Äaffenablieserung muß streng durchgeführt werden. Die voraehenden Truppen muffen die nötigen haben. RötigenfallS müssen besondere Kriegsgerichte mit zivilen Bei sitzern errichtet werden. Die staatliche Autorität muß jetzt nach rechts und links ihre Pflicht tun. Ein weichliches Be gnadigungsrecht würde die Waffe der Truppe abstumpfen. Die Reichs wehr hat sich im Ruhrgebiete große Verdienste erworben. Sic ist sieben der Verfassung die wichtigste Sorge des Reiches. Meine Kri tik der Koalitionsregierung entspringt der ehrlichen Ab sicht, diese Regierung zu stärken. Der Vorstoß Legiens bewegte sich in der Richtung, der sozialdemokratisch organisierten Arbeiterschaft, im Staate eine Vorherrschaft zu verschaffen. Eine reine Arkeilercegierung lehnen wir ab. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Reichskanzler Müller: Wir haben andauernd' daran ge arbeitet, das Programm, das ich vor 14 Tagen ausführte, in die Tat Umzusetzen. Binnen kurzem hoffen wir, Ihnen die Entwürfe vorzn» legen, die ich angekündigt habe. Aber in 14 Tagen können diese im Reichstage und hier im Hause nicht erledigt werden. Wir hatten mit der Gesamtheit der Alliierten verhandelt, daneben aber auch unmittel bar mit der französischen Regierung, ebenso mit London und mit Rom. Ich habe keinen Zweifel, daß die Kommunisten seit langem auch im Ruhrgebiete etwas vorgchabt baden. Wenn der Kapp-Putsch nicht 'gekommen wäre, wäre es ein Kinderspiel gewesen, mit ihnen fertig zu werden. Die bolschewistische Bewegung verfolge ich aufmerksam. Den Ränberhauptmann Hvlz kann man keiner Partei anhängen. Di« NeichSregierung hat eingegriffen, sobald die sächsische Negierrmg Militärische Hilfe anfordcrte. (Lärm.) Wir verfolgen die Vorgänge t". »mm^u^qkcht, »«AvssGA»» I «DTkUlM» WsM MssHragt» Aksl WENN W wir »ach de» -»»ehe«. sobald wt» tzt« veberze^nng hatten daß ble ach»te >»ö«m»g et »«langte. Bi» dahin »»Ki» wt» «in» ftiedAche Entspann«»- vev- suchen. Die Fristverlängerung «folgte, «eil di« Frist dom kanuuau- dierrnten Gene« zu km» bemessen worden war. Di« tz-chste voll« ziehend« Gewalt Ä jetzt überhaupt an die Oberpräsidenten usw- üdev- gegangen. Da« Rnhrgeliet ist für un» und für Europa so ungeheuer wichtig, baß Severing sein« büchst ersprießliche Tätigkeit dort noch sorv- letzen muß. Ein« «MtärdÜtatnr tst in Deutschland unmügllch. Eine Rebenrrgterung, konune fle wvh« fle wolle, ist ebenso »«möglich. Die Forderungen der Gewerkschaften würben un» von ein« Abordnung vor getragen, bie ich unter Hinzuziehung de» Ressortminister» genau st empfange, habe, wie and«« Abordnungen. Ein Ultimatum -ist uns nicht gestellt worden. Alle wichtigen Entscheidungen de» Kabinett» sind ohne Parteirücklichten gefällt worden Ans »em Gebiete südlich der Ruhr haben wir dringende Bitten erhalte», auch von Gemeinden und führenden Industriellen, nicht einzumarschieren. Sin Einmarsch ohne zureichenden Grund würde un» auch internationale Schwierig keiten bereiten. Wo keine Kampfhandlungen mehr pattfinden, muß e» doch auch oh« Standrecht abgehen. Di« außerordentlichen Kriegs gericht« werden vermehrt ««den. Bo» eine« wahllosen Begnadi gungsrecht« ist kein« Rebe. Die Kritik an« den Kressen der KoaÜtions» Parteien möchte ich nicht missen, aber stn Rahmen de» Vertrauen-, da» die Parteien zur Regierung haben müssen. Abg. Lattermann (Deutsch»»«.): Die -estrige Rede de» Reichskanzler- war «ine reine WahlagitattonSrede, bi« nicht über den Parteien stand. (Beifall recht», Lärm b. b. Mehcheit.) Di« Regie rung steht dollkommen unter »em Joch« der sozialdemokratische» Ge» werffchastrn, auch stn Falle Hölz. Mit schönen Worten hat der Reichs kanzler gestern den französischen Militarismus angegriffen. Er hätte hinzufügen sollen: O, daß wir doch drn deutschen Militarismus auch noch hätten, dam» könnten wir »ns dagegen »ehren. Reichswehrminister Geßler erklärt anf ein« Bemerkung beü Vorredners, daß es nicht wahr sei, daß eine Abordnung bayerischer Reichswehr nicht von der Regierung empfangen worden fei»'soll. Reichsjustizminister Bl« nck: Seiten» aller Reichsstellen ist alle» geschehen, um die Kappisten zur rechtliche« Verantwortung zu ziehe«. Das Verfahren ist eingrleitet gegen alle Verbrecher von recht» und link-, Dee Minister wendet sich dann gegen die Deutsche Volk» Part ei und deren Haltung bei der Kapp-Nfsäre: er verliest einen Aufruf der Partei vom 13. März. (Stürmische Zwischenrufe, Glocke des Präsidenten.) Bei dem Redalteur Schnitzler ist am 11. März lei einer Haussuchung ein vollständiger Organisation-plan d«S Putsche- gefunden worden. (Rufe rechts: Wer ist Schnitzler?), der sich eingehend mit der Kabinettsbildung, mit der Abwehr von General streiks usw. befaßt. (Ruse recht-: Wer ist Schnitzler? Was geht uns da- an?) Die weiteren Ausführungen de- Minister» über die Vor geschichte des Putsche- waren von andauerndem Lärm von recht« un terbrochen. (Glocke deS Präsidenten. Beifall. Lärm und Pfuirufe.) Abg. Dr. Most (Deutsche Vp.): Der Herr Minister scheint die Absicht gehabt zu haben, durch Art und Ton seiner Ausführungen jede« Zusammenarbeiten für di« Zukunft unmöglich z« machen. Abgeord neter Dr. Heinz« hat erklärt, daß bie Partei von dem Putsch nicht» ge wußt hat, und er kann als ehrlicher Mann verlangen, daß man ihm glaubt. Der Generalstreik hat den Boden für di« Rote Armee be reitet. Das Streben nach der Militärdiktatur ist Hochverrat, aber auch da« Streben nach der Rät-rrvu-fik. Reichsjustizminister Blunck: Schnitzler war ein Vertrauter KappS und in der Pressestelle der Gardelavallerieschützendivision tätig. Gegen Halbheiten und Schwäche Zur Red« de» Abg. Trimborn Von unserem parlamentarische» Vertreter wirb un» geschrieben: Die Rede des Abg. Trimborn in der Sitzung der Nationalversammlung vom 13. April ist nicht nur parteipolitisch, son dern auch vom Gesichtswinkel der ganzen Innenpolitik aus gesehen von größter und heute noch gar nicht in ihrer ganzen Reichsweite zu über- sehenden Bedeutung. Da« Zentrum hat das erlösende Wort ge- sprachen: Fort mit der Halbheit, fort mit der Schwäche, fort mit de, Nachgiebigkeit! Unsere Leser erinnern sich, daß wir in letzter Zeit mehrfach gegen staatSgesährliche Halbheiten und gegen eine staatSqefährliche Schwäche uns gewandt haben, wie sie sich in letzter Zeit und nach Erfahrungen der letzten Wochen breit zu mach-n schienen. Di- ZentrumSwähler- schaft im Lande wird eS der Fraktion der Nationalversammlung und ihrem Sprecher zu Danl wissen, daß jetzt endlich einmal ein klares, deutliches und nicht mißzuverstehendeS Wort von der ParlamcntS- tribüne des Landes herab gesprochen wurde. ES waren ernste Wort«, die der Abg. Trimborn gebrauchte, dir den ganzen Ernst der Dinge be leuchteten. Darüber kann es keine Täuschung geben, dag die nach drücklichen, mit großer Vornehmheit, aber mit nicht mlßzuverstehender Klarheit vorgetragenen Bedenken und Beschwerden nicht ernst genug genommen werden können. Die Sozialdemokratie muß erkennen, daß das Zentrum nicht gewillt ist, alles unbesehen hinzunchmen, wa» die Genossen in der Regierung zu tun für gut befinden. Als Koalitions- Partei hat das Zentrum vollen Anspruch daraus, diejenige Berücksich tigung zu finden, die seiner Bedeutung, seiner tätigen Mitarbeit und der Kraft dieses Mitwirken» gebührt. Aus den Bedenken, die mehr «nk mehr kn Zentrum-kressen über die regieenngspvUtsschen Maß. nahmen de» Kabinetts sich ergeben, machte Abg. Trimborn keinen Hchß Mit aller Entschiedenheit wandte er sich gegen den ganz unver- stnnbaren versuch, eine Nebenregierung der sozialistischen Gewerk- schäften aufzurichten. Unsere Regierung habe gezeigt, daß sie nicht pari sei, gerade jetzt aber könne «nse» Volk vur eine starke Regierung gebrauchen. Schwäche und Nachgiebigkeit ist immer vom Nebel, sl, kann, wie wir schon «rwLhnt haben, zu einer Gefahr für den Bestand de» Reiches selbst und für den inneren Zusammenhalt de» Volkes wer den. E« war gut, baß da» Zentrum da» erlösende Wort gesprochen hat. Ob di« Sozialdemokratie nun >ähig ist, den Bann zu brechen, in * den sie sich dnrch ihre schwächliche Hinneigung zu den Radikalen hat bringen lassen, wirb sich nun zeigen müssen. Wenn nicht, dann muß da» Zentrum seine Konsequenzen ziehe»! Di« Tagung der Deutschen Nationalversammlung Wird, wie wir HSren, am 23. April geschlossen werden. Bis dahin hofft «an. die noch z« erledigenden Vorlagen aufgearbeitet z« haben. Unbedingt erledigt werden soll noch da« Wahlgesetz unb di« Beamten- besoldungsrrform. sowie einige kleinere Borlagen. Mit dem Abschlüsse diese» Tagung-abschnitte» ist die Nationalversammlung am Abschluß ihrer Tätigkeit angekangt. Eie wird aber am 23. April noch nicht etwa aufgelöst, sondern nur vertagt werden. Di« Auflösung der Na tionalversammlung bann verfaflnngsgemäß erst erfolgen, wenn der neu« Reichstag zosammengetrrten ist. In dringenden Fällen besteht also üi» zum Zusammentritt de» neuen Reichstage» durchau» di« Möglich» keit, die Nationalversammlung nochmals zusammenzuberuftn. , Frankfurt — Wl adln» »stak Haag, 13. April. „Nieuwe Tour.- schreibt: Die Kluft »wi schen be» ANkerten wirb denüich sichtbar, nutz yvar stehen aus der einen Seit« Frankreich, sein Satellit Belgien und JapaH diese» Land hat Millerand wissen lassen, daß r» die Be setzung der deutschen Städte billig«, und während Fach da» Kom mando zmn Borrücken gibt, landet die japanische Marine ihre Trup pen in Wladiwostok. Frankfurt Und Wladiwostok, diese Namen bedeuten beide den Widerspruch gegen die englische Füh rung in der allgemeinen Politik und gegen den Gedanken de» Völkerbünde». Auf der anderen Seite stehen England und Italien mit dem neuen Oesterreich, da» sich nach Westen orientiert. Abseits stehen die Vereinigten Staaten, di« in der ganzen Krise sicher «ine Haltung zuungunsten Frankreich- ein genommen haben, ohne aber dieser Stimmung in einer amtlichen Note Ausdruck zu geben. Für die Zukunft der Welt verspricht dieser Zu- stand wenig Gutes. Der Völkerbund wird so ein Instrument in der Hand einer der beiden Gruppen oder er verliert jede Bedeutung: bei- des würde unheilvollste Folgen haben. Deshalb ist allein Rettung möglich, wenn die Weltpolitik aus eine neue Grundlage gestellt wir», indem der in Amerika schon oft befürwortete Gedanke einer ganz neuen Friedenskonferenz angenommen wird. Aber erst muß in jedem Lande eine Umkehr erfolgt sein, erst müssen in Frankreich, aber auch in Eng» fand diejenigen Kräfte di« Leitung des Staates in die Hände bekom men, die auf die Herstellung Europa« hinarbeiten. Baldi«« RLurrrmra? Pari», 13. April. Ministerpräsident Millerand wird, wie die Blätter melden, heute nachmittag in der Kammer eine Erklär rung über die Ereignisse stn Ruhrgebirt und über die Besetzung von Frankfurt und den anderen Städten im Mainga« abgeben. Der eng-' fische Botschafter Lord Derby habe gestern nachmittag nochmals versichert, daß die Städte Darmstadt und Frankfurt zu gleich«! Zeit mit den Städten Hanau, Dieburg und Homburg geräumt würden und nicht etwa staffekwelhe. Ferner habe sich Lord Derby bestätigen lassen, daß die Räumung erfolge, sobald die über da« Augustabkommen hinaus in das Ruhrgebiet estnnarfchierten Truppen die neutral« Zone verlassen haben Wie die Preßinformation ans Paris meldet, hat Millerand in einer Note an Lloyd George erklärt, daß die Besetzung der hessischen Städte von Marschall Foch im Interesse Frankreichs und der übrigen Alliierten für unbedingt erforderlich erachtet wurde, mn Deutschland' st, di« nötigen Schranken zu weisem Er habe nach dem Anhören de« Vortrages deS MgrschallS Foch sich den Beweisgründen für die Be setzung nicht verschließen können, werde jedoch jetzt, nachdem das mili tärische Unternehmen von den Alliierten ungünstig ausgenommen wor ben sei. seinen Einfluß dahin geltend machen, daß möglichst bald der Zustand vor dem 6. April wieder hergestellt werde. Wenn der Oberste Rat die Frage der von Deutschland beantragten Ver längerung der Frist, Truppen in der neutralen Zone behalten zu dür fen, in gustimmendem Sinne beantworte und wenn die Zahl der deutschen Truppen in diesem Gebiet aus da» vereinbarte Maß zurück gebracht werde, wolle die französische Regierung nicht länger den Ein druck hervm-rufen, als ob sie den Entscheidungen des Obersten Rate« dadurch rntgegenwirke, daß fle die getroffenen BesetzungSmaßnabmen verlängert. Amsterdam, 18. April. Einer „Telegraaf"-Meldilng zufolge er klärte Bonar Law stn Unterhaus« noch, er halte ein« Aussprache über die Mißhelligkeiten zwischen der französischen und der englischen Regie rung für unerwünscht. Wenn der Verlauf der Ereignisse es wünschens- wert machen werde, darüber zu sprechen, würde die Regierung dazu vollkommen bereit sein. Er glaube, daß die Behauptung, Deutschland habe mehr als zwei Millionen Mann nnter den Waffen, vollkommen unbegründet sei. „Das erste Ehejahr" Roman von Ruth Goetz (2S. Fortsetzung.) „Wir wollen nun beginne»," schlug Malwe öor, denn sie (rannte schon darauf, gerade Storm zu zeigen, wa» sie konnte. Nun senkte sie die Hände auf di« Tasten, und der Baß ertönte, Mit sonderbarer Kraft, wir das Herannahen gewappneter Reiter. Und eS begann nun in der Mittellage wie der Anfang eines fröhlichen ThorgesangeS. in den sich der Baß mit seinen Läufen mischte. Und' jetzt wurden die tiefen Tön« zu Herrschern; das brauste nnd rauschte, w!« wenn weiche elastische Hämmer auf die Tasten schlügen, und me lier war es, als vernähme man das Getrappel der Pferde, den schweren Schritt von Gepanzerten, dm leichten Gang der Schützen näher und' Näher kommen. Immer mehr schwollen die Tbne an, Fanfaren schmet terten, laute Muse begrüßten Fremde, Ankommende, die durch rin brei te«, geöffnetes Tor einzogen. Und plötzlich schwiegen die starken Tön«. Matt hörte muntere» Geplauder, weiche» Frauenlachen aus der Musik erklingen, aber nur wenige Minuten, dann wieder setzte der feierlich freudige Gesang in scharfen Mhvthmen ein und schwoll in herrlicher Steigerung, bi« er endlich in einem scharfen Echlußakkord aufhbrte. „Da« war die As-dur-Polonaise von Chopin." Malwe hatte ganze Physische Kraft, ihr ganzes Können eingesetzt, und dm Zw- rern war eS wie ein Rausch und wie »in Traum. Noch nie hatten in der kleinen Stadt mit solcher Vollendung spielen hören. Selbst enigen, die nicht gerade für Musik empfänglich warm, fühlten sich ubert. Otto Storm lehnte am Klavier, unfähig, «st, Wort heiauszw- bringen- . Seine Seel« schwelt« in ken Tönt«. Er fühlte sich fortgerissen, hl »tn« ander« Welt versetzt bei dem Brausen und Rauschen, und bw wundernd und heiß gingen seine Auge» z« bem jungen Mädchen Hst». Alle« in ihm war tn Aufruhr. Nun aber, da Malwe pch erhob, trat er gns fl« za, drtzckt« ihre Hände an ftä«, Lippen nid' sprach lein W«G> Auge sn Auge blieben die beiden Menschett stehen, l Nur Renate hatte das stumm« Schauspiel beobachtest Frau Weinhold flüsterte: „Wunderbar." und ihre Augen waren an der Deck« de» Zimmers. „Wunderbar," flüstert« sie verzückt vor sich hin, während' ihr Mann beifallsfreudig nickt« und sich dann schnell wieder zu seiner Bowl« begaff. Ja, das ist eine Kraft," msinte er als bedeutende Kritik. Frau Sestgast allein sagte kein Wort zu Malwe. Sie fühlte sich ge radezu abgestoßen davon, daß man mit einem jungen Mädchen soviel hermachte. „Mein Gott, das bißchen Klavierspiell" Sie hatte ebm ander« Vorzüge, und niemand war heilte hier, der fl« anerlannte. Mallve nähere sich mit leise gleitenden Schnitten der jungen Fra«, die am Flügel stand. Ein leises Hohnlächeln lag aus den Lippen, die röter schienen als vorher „Nun, gnädige Frau. Sie wollten unS etwa» bieten " Sie sprach rü eindringlich nnd freute sich jetzt schon auf die Wirkung, hie da» Spiel der jungen Frau auslösen würde. Mein Gott, sie kannte ja die Dilet« tantenlefftungen. Da griffen die ungelenken Finger daneben, und schließlich flatterten die Tonwellen zaghaft und schüchtern durch de« Raum, so zaghast, wie die Spielerin selbst, die am Flügel sah. Mit einem hevsehenden Verständnis erkannte Renate, weshalb Malwe Weinhold darauf bestand, sie spielen zu hören. Sie wollte ih« eigene Sonne nur Heller dadurch leuchten lassen, und wirklich bekam sie angesichts dieser forschenden Mädchenaugen, dieser ungeheuren Sicherheit, die aus den Zügen sprach, «ün« «ist und geheime Angst. „Nein, nein," sagte sie und trat zurück, daß ihre 'chlanke Gestalt jetzt gerade unter der Lampe stand. Flimmernd wob sich da« Goldhaar um den schmale« Kopf. Da» weiße Gesicht sah eigentümlich fremdartig und seltsam i« dieser Umgehung au». Und auch Malwe vermocht« sich Vicht dem Zauber zu entziehen, der au» diesen schwärmerischen Augen, au« dieser hohen Weetzen Stirn leuchtet«. Ab« gerade, well die Schönheit der Frau sich ihr o eindringlich ansprägte. wollte fle fl« demütigen, und ih« kindlichen Auge» bettelten nnd flehten-, »AG. tznä- dize Fran," -, .fl, sprach nun ganz l«n», dam» «ich di, anderen «» hören sollten «nd ihr beistimmen mußten >", . »ach, gnädig, Fra«» Sr« haben e» vorhin versprochen, nun wollen Sie mir allein die Unter haltung und die musikalischen Genüsse de» ganzen Abend« Überlassen? Da» ist nicht nett von Ihnen." .Wie sollt« ich mich nach einer Künstlerin vernehmen lassen," sagte Renate. .Ich spiele nur für mich, nur in stillen Stunden, und habe seit den Monaten, da ich verheiratet bin, keine Taste mehr angr- rührt. Reh», nein, ich spiele nicht." Vor diesem Widerstande schien Malwe die Waffe« zu strecke», fast gab sie den Triumph schon verloren. Sinnend stand sie da und biß sich aus die Lippen. Plötzlich aber, als auch die Worte der anderen Säst« nichts zu nützen schienen, schlug sie die Hände zusammen nnd sagte: „Ich weiß schon, weshalb Sie meine Bitte tticht erfüllen wollen, Ihr Herr Gemahl hat eS Ihnen verboten." Und' ihre Augen forschten in den Zügen der Fra«. Die freut« sich auf da» «usflammen. , . Sie kannte da» von den selbständigen Frauen ihrer Bekanntschaft in Berlin, wenn sie denen als letzte Prole da» Verbot des Gatten entgegenhielt. Renate aber neigte ruhig das schöne Haupt: „Sie haben recht,. gnädiges Fräulein." Otto trat nun einen Schritt näher. Er hatte daS leidenschaftlich« Flehen von Malwe wohl mit angesehen, und die unpersönliche Liebens würdigkeit seiner Frau versetzte ihn in Zorn. Nun sah er seine Fra« scharf an. „So spiele doch, Rennte, wenn dich Fräulein WeinhoU» so sehr darum bittet." „Muß eS sein?" Renale lächelt« und ging mm an da» In strument, das von dem Fenster au» quer in da« Zimmer hineinslanb. Die Gäste hatten sich wieder auf ihre Plätze gesetzt Frau Weinhold machte jetzt «in gerührte» und halb mitleidiges Besicht. Sie wußte, gegen Malwe kam so bald keine andere anf. Und Malwe lehnte selbst vergessen an d«n Flügel. Ihre Angen flackerten, ihr« Atemzüge waren rasch und lebhaft. Sie hob di« Schultern, als wollt« sie der kleine» Gestalt dadurch mehr Ansehen derlrihen. .. ,.E» wird schon gehen," sagte Malwe avnnerhast und warf Ott» Allen beruhende Ausschlag der midfichen Fugen z«.
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