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Nr. 188 18o Iahrg. Dienstag, den 8. Juli ISIS abends »«»«ad« X mU Mustr. Beilage vterleljSHMch ».88 F». In Dresden uni gan, DeiUIch- land sie« Haut S.8V ^ m Oesterreich ».«« X. »»«gab, » dterieltahrltch ».88^». In Dre-ten und gan, Deutschland frei Hau« in Oesterretch 8.8« X. M»,«I.Kummer 1« «. ^-»«chafrsftelre «,,v Rebus k«»> DrraLen-A. 16, Holbeinst««K., 's Fernsprecher 213SS Postscheckkonto Leipzig Nr. 14 mG «luzetgeui Annahme von Mclch-UiSanzciaen di? 14 Nh, von gamtlienanzei^e» bis II Uhr vmm. Preis sür die Petit Svaltzetlel« z, Uv meteil I gamll>en Anzeigen tt<» 4. Für «»deutlich geschriedene. sowie durvl Igrv svrecher aiisgegebcnc Anginen lanncn wirbl j VeraniworUichkeit für die AlchtigleU deü XeM, nicht übernehmen. kprechslunde der Redaktion! II-1» Uhr vormittags. Einzige katholisch« 'LagtzszMMK A WSW«.. Ausgsde ^ miß MAstriertex NMWsHMÄWgsbEsßr -Mi MG- WschErMMK^ GMrM'ixslÄ M? «iL Wr»ch«cheÄ«K^ Georg von Hertling Wir leben im Zeichen der Mcmoirenliteratur. Alles schreibt Erinnerungen: Hammann, Jagow Helffei ich, Betli- wanii. Tirpitz, Llidendorff und selbst Hindenbnrg ivird demnächst seine sickserlich sehr interessanten Lebenserinne- rnngcn der Oesfentlichkeit übergehen. Manches Memoiren- merk erscheint gewiß entbehrlich. Wir denken hier vor allem an das von uns bereits besprochene Buch des früh wen Staatssekretärs von Jagow. Dieses Buch hat nur insoweit Interesse zu beanspruchen, als es mit erschreckender Deut lichkeit zeigt, wie wenig Staatsweisheit das Deutsche Reich im kritisckfen Jahr 1014 regiert hat. Hingegen darf heute schon ein anderes Werk wirklich großes Interesse in Anspruch nehmen. Es sind das die Erinnerungen aus dem Leben des dein katholi'chm Volke im besonderen Maße nahestehenden Staatsmannes Georg von Hertling. Er, dem der Kummer über unseren furchtbaren Zusammenbruch das Herz brach, konnte zwar sein Werk nicht mehr völlig zu Ende führen. Er hat aber doch noch ver seinem Ableben auch das ganze Material feiner Kanzlerzeit bis zu seinem Rücktritt so weit gesam melt und gesichtet, daß seine Erinnerungen lückenlos er scheinen können. Das kann um so mehr geschehen, da sein Sohn, der ihm während der Kanzlerschaft zur Seite strud, die Bearbeitung der letzten Amtstätigkeit übernommen hat. In der allernächsten Zeit wird der erste Band des Wer kes erscheinen. Die Herausgabe besorgt der bekannte Ver lag von Josef Kösel (Kempten-München-Eoblenz, Preis der drei Bande in der Vorsubskription 30 M. ge bunden lind 21 M. geheftet). Der Verlag hatte die große Liebenswürdigkeit, uns vom ersten Bande bereits Aushänge bogen t102 Seiten) zur Durchsicht zur Verfügung zu stellen. Wir haben diese Aushängebogen mit größter Spannung in einem Zuge gelesen. Sie behandeln die Jugendzeit, die Studienjahre und den Anfang seiner Lehrtätigkeit als Privatdozent an der Universität Bonn. Die Schilderungen Hertlings, die tief schürfen und die ein getrcnes Spiegelbild der damaligen Zeitverhältnisse bieten, zeigen uns, daß wir es bei seinen Lebenserinnerungen mit einem Werke von liobem literarischen Werte zn tun haben, der es weit aus der Reihe der üblichen Memoirenwerke hcraushebt. Schon diese Aushängebogen beweisen, daß das Werk üir alle die, die im öffentlichen Leben stehen und nicht zu lebt für unsere Jugend, die in das öffentliche Leben treten will, geradezu unentbehrlich sein ivird. Tie Gestalten eines Viichofs Kettcler, eines Neichenspergers usw. werden uns bereits im ersten Teile plastisch nahegebracht. Eine Schilde rung der Osterfeierlichkeiten in Nom machen der Nachwelt die erhabene Persönlichkeit des Papstes Pius IX. doppelt verehrungswürdig. Von besonderein Interesse sind die Gedanken über die Vismarcksche Politik, die in jener Zeit -- IM — Hertling niedergeschriebcn hat. Aus den Anfängen seiner Lehrtätigkeit ist ersichtlich, mit welchen Schwierigkeiten der gläubige Privat- dozcnt zu kämpfen, welche Zurücksetzungen er seines Glau bens wegen zu erdulden hatte. Heute wissen wir ja, wie er mb durchgesetzt und durchgctampft hat, ohne etwas von seinen Grundsätzen preiszugeben. Schon damals schrieb Hertling die markanten Sätze in einem Briefe an seine Mutter: „Wenn je einer wie der unerschrockene Herr von Mallinckrodt den Versuch macht, ein wahres Wort zu reden, so unterbricht ihn lautes Geschrei . . . Alles Ideale ist aus der Welt verschwunden: nur noch zweieilei gibt es, woran man sich erwärmen kann: Religion und Kirche und das Leben in der Familie. In die Familie wird sich mehr und mehr alles zurückzichen, was von gesunden und christlichen Elementen noch übrig ist, »all- dem das ganze öffentliche Leben sich von Gott abgewandt hat. Heil uns, die wir die feste Gewißheit haben, daß weder Wissenschaft noch Politik die Höchsten Güter und letzten Ziele des Menschen sind." Auch heute wissen wir, daß wir vor der menschlichen Ab sicht, die höchsten Güter zu vernichten, nicht kapitulieren brau chen. Hertling hat von Jugend an sein ganzes Leben hindurch für die höchsten Güter gestritten und gelitten. Für das ganze deutsche Volk werden seine Memoiren von großem Werte sein, vor allem aber wird das katholische Vplk ihm noch über das Grab hinaus danken, daß er seine Lebens erfahrungen niedergelegt hat. lull. Demokratisch? Volksrechte Ttim m u n g sbild a u S der Nativ n a l v e r - s a m in l n n g Durch die neue Reichsverfassung, die soeben in der Na tionalversammlung dulchberaten wird, werden dem deut schen Volke Rechte eingeräumt, die wohl kein Volk der Erde besitzt. Das Volk wählt in Zukunst seine Regierung und setzt sie ab. wenn sie sich nicht mehr des Voltsvertraucns wert zeigt. Auch die Reichsgesetze können vom Volke beanstan det und nmgestoßen werden. Tie Verfassung sielst in ge wissen Fällen eine Volksabstimmung vor. So kann der Reichspräsident ein vom Volke beschlossenes Gesetz vor seiner Verkündigung erst dem Volke zur Beurteilung vorlegen. fer ner hat dann eine Abstimmung slattzufindeu, wenn ein Drittel des Reichstages die Verkündigung eines neuen Ge setzes-ausübiebeu will und ein Zwanzigstel Ges Hauses die ses verlangt. Fordert ein Zehntel der stimmberechtigten Wähler im Reiche ein Gesetz, so ist wiederum eine Volks abstimmung vorzunehmen. Die betreffenden Artikel 73 und 7l der Reichsverfai- suug, die dieses Volksrecht festlegcn, standen Montag nach mittag in der Nationalversammlung zur Beratung. Tie Deutsche Volkspartci bat einen Antrag eingebracht, dieie beiden Artikel in der Vorlage zu streichen. Ter Sprecher der Fraktion, Dr. Heinze, begründet den Antrag damit, ^ daß ein Referendum unter Umständen die Gesetzgebung ganz unmöglich machen könnte. In der Vergangenheit habe das Einperstäudnis zwischen Bundesrat und .Reichstag ge nügt, um ein Gesetz zustande kommen zu lassen. In Zu kunft müsse man dieses Zusammenarbeiten nun auch dem Reichstag und dem Neichsrate überlassen. Tr. von Del brück von der Deutschnationalen Volkspartei erklärt, daß seine Fraktion nicht grundsätzlich gegen eine Volksabstim mung sei, doch müßten sich seine Kollegen geschlossen gegen den letzten Absatz des Artikels 71, der ein Referendum auf Begehren des Volkes vorsieht, ablehnen. Tie Unabhängigen Frau A g n e s und Genossen verlangen, daß ein Gesetz vor der Verkündigung innerhalb eines Monats nach der endgül tigen Abstimmung im Reichstage dem Volke vorgelegt wird, wollen also die Entscheidung des Präsidenten in jedem Falle ausschaltcn. Auch die Sozialdemokraten haben einen eige nen Antrag eingebracht, in dem sie ein Gesetz dem Volke zu unterbreiten wünschen, wenn ein Zwanzigstel aller Stimm berechtigten es innerhalb zweier Monate nach endgültiger Abstimmung im Reichstage fordert. Ter Abg. K atzen- st e i u begründet namens seiner Fraktion diesen Antrag. Ter Neichskommissar Dr. Preuß bittet das Haus, alle eingebrachten Anträge abzulehnen und nur für die Negie rungsvorlage zu stimmen. Sie biete schon genug Gelegen heit zu Volksabstimmungen: wenn man auch jetzt noch wei tere vorsehen wolle, so schaffe man damit die Möglichkeit, über jedes Gesetz erst die Volksabstimmung anrnfen zu müssen. Ter Unzufriedenen im Lande gäbe es immer ge nug und gerade die jüngste Vergangenheit habe wieder gezeigt, daß, je kleiner die Minderheit, desto rabiater auch die Opposition sei. Man gebe damit nur den Unzufriedenen die Gelegenheit, gegen ein Gesetz zu agitieren, und könne eS dann nach Beliöben umstoßen. Das Hans spendet insbe sondere den letzten Worten lebhaften Beifall. Abg. Koch- Kassel von der Demokratischen Fraktion erklärt sich eben falls gegen die eingebrachten Anträge und verlangt die Annahme des Verfassungsentwurfes. Es kommt hierauf zur Abstimmung. Ter Antrag der Dcutschnationalen wird mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen des Hauses abgelehnt. Für die beiden sozialistischen Anträge stimmt nur die Linke, während der N e g i e r u » g S e u t w u r f ohne jede Abänderung mit überwiegender Mehrheit a 77 - g e n 0 m m e n ivird. Ende Unter dieser Uebersckirift gibt ein Abgeordneter der Zentru »1 spartei, der gegen die Unterzeich nung gestimmt hat, in der „Schlesischen Volkszeitung" (Nr. 317) eine Schilderung, aus der die Schwierigkeiten dei Situation deutlich ersichtlich sind. Wir entnehmen dem interessanten Aufsatz folgendes: „Abgeordnete sind auch nur Menschen: der Kampf ihrer Volksgenossen gegen Uebermacht, Hunger, zuletzt auch gegen j inneren Zerfall hatte sie körperlich und seeli'ch nicht unbe rührt gelassen. Auf diese Geistesverfassung traf in letzter Stunde die Aufregung und ungeheure Verantwortung, die die Frage: „Ja" oder „Nein"-mit sich brachte, denn die I eiaentliche Enlicheidnna zöaerte stch hinaus bi? uiimittekbak vor Ablauf der Nachfrist. Viele erklärten, ihre Nerven Här ten leinen Tag länger aebalten. Eraranie Parlamentarier versicherst!! wie etwas Aehnlick'es erlebt zn habe». Einige warf der Schluß buckstäblsth um. Ein Abgeordneter, ein somst eiserner Mcnill. wand sich in wildem Weiukrampf aus seinem Sine, als der Vorbehalt der Eure -puiiUe geßstlen. war. In vielen Augen 'ckümmene es i allst nicht nur bet d.u Flauen, als der Vläüden! tim benegl LenUckland dem Schuhe des barmherzigen Gottes emviabl. Vielleicht Hot mancher Schaden an seiner Gesundheit genommen. Bel einem Abgeordnest 11 stellte der ärztliche Kollege säst Ge hn nülsta 1 fest. REt einem Worte: es wir s » r ch r h a r... Denn jelst kam die E n ts ch e i d u n -a. Die Frist Golste atu lau'?"., sts zeigten stch 'cknvere G-.gemäbe. Nick t mir zwischen den Vmteien. :onoe:n innerhalb stirer allst. Zwischen Preußen und dein Reich, zwischen Prenßm. nnb süddeutschen Regierungen. Diese verloren beim Sieden kein Gebiet. Preußen seine viel. Besonders schwer w - die Lage der Abgeordneten ans de» bedr 0 h t e n (st e die! e n. Lelstere sollten nach Feindeswiilen teils mit. teils 0! m lb- stinimnng verloren gehen. Die Einzelheiten über dieie . en bis znin Schluß nickst bekannt. Das lag an der Tücke des Objektes. Gassverrstnnden. die wegen Kohlenmangels plötzlich eiincststen. hinderten die Drucklegung der endgülti gen Bestimmungen über Ob e r s ch 1 e s i e n. Schreib- Maschinen versagten. Die gewährte Frist war übe : upt für eine sachgemäße Prüsuua viel zu kurz. Sachverständige, Fricdcnsdelegierte. einzelne Minister sprachen sich »harr gegen die Annahme ans. Die Abgeordneten sollten wällen. Es gab welche, die k ä m p f e n wollten, besonders ans Nord osten, solche, die nur passiven Wide r st a n b vorichln- gen, so einige Obersckstesicr, endlich dritte, die für s 0 s 0 r - kige Annahme eintroten, hem,Weis ">is dein Süden des Reiches. Bestimmte Persönlichkeiten mußten alstreten weil sie sich ans das „Unannehmbar" festgelegt hatten, in S cb eidc m a n n. Es kam znin Sturz d e s c r st e n M e h r heit s k a b i n e t t s in der Nacht zn Fronleich nam. Das Fest feierten wir nur durch Umgang i n dev Kirche und mit sorgenvollem Herzen. Jetzt sollte die nein- Regierung mit den Demokraten gebildet werden. Diele weigerten 'ich aber schließlich. Es kam znin Ministerium B a n e r - E 1 z b e r g e r, in dem. das Zentrum den Vor behalten der Eh renp unkte durchsetzte, für die auch die Mehrheit der Nationalversammlung stimmen wallte. Es erschien damals als unerläßliche Bedingung. In der Pvllsi h u n g a m S 0 n n t a g gelangte aber der Antrag S ch n ! b - (st r ö b e r zur Annahme, in dem manch eine vorbehaltlose Ermächtigung der Negierung zur Annahme sahen, andere nicht. Die namentliche Abstim mung brachte eine unerwartet große Mehrheit dafür. Schau in den Vortagen waren dauernd Wahrscheinlichkeitsrech nungen über mögliche Mehrheiten angestellt worden, die sich alle als falsch erwiesen, aber von Eins'ns; ans die ge wählte Taktik gewesen sind. Tie Depesche »ach Versailles Nur mit dem Vorbehalt abgegangen. Man erwartete fie berhaft die Antwort. Montag abend 7 Uhr lief die Frist ab. Da schlug in diese Spannung »och die Nachricht vam selbstgewählten U n t e r gang der Flott e. Tie meisten freuten sich, manche befürchteten davon Erschwernisse der Lage. Alle aber waren erreat. Den Höhepunkt erreichte die Aufregung am Mo nta g. Schon in der Nackst hatte die Enteule vorheliallslose Unter werfung gefordert. Fetzt wankte alles: Parteien, Regie rung, Vaterland. Neue Kabinettssitznngcn und Fraktions« beratnngen. Es heißt, Generale und Offiziere wollen geben, wenn die Kameraden dem Feinde ansgelieselst werden. Ein ungewöhnlicher Voroang. Näsle sprichst beim Zen trum. Dieses beschließt gegen 12 U!,r mi! großer Mein beit, an der Ablehnung der Ebrenpnntte sestznbalten. Vollständiger Umschwung in den M i t t a g st n » d e u. Nun verlautet, die Truppen blciben tien. auch wenn imr unsere Schuld bekennen und die Offiziere anSliesern. Die Frage spint sich so zu: Bei Ablehnung befürchte! man den Abfall von Süddeutschland inüstge des feindlichen E u-- Marsches, Anarchie im Innern, allgc acines Ebaos. Bei A » n a b m e. io sagen ihre Geaner, ioainit es auch zu Gebiet'.-Verlust, zu Unruhen, und ' F.Nude haben ein näch tiges Anerlennlnis von uns. EiV.stpreck-mg des Sem- orenkonvents bat über Mitlag beschlossen, daß die Ovpou- tion den Unterzeichnern Ehreneuläeiingen abgeben ivird. Darauf bleiben die Zentininsiiiinisler im Amt, die schau zurücktreteu wollten. Nim liegt die Entscheidung allem üremleii MIMilM 1? kernMes!»»' 17III velssrümM eiMtroküM -«-s s«