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Nr. LGO IG. Jahrg. Donnerstag den 6 Dezember 1917 ^ B«,ua»pr«t», Nata«0« ^ mit Mustr. Betll An Dre-den XnU, ftri HauS ».«» ».»0 ^ ««»,»»»« vierteljäkrttch Dresden und aanz Deutschland frei 0 -0 in Oesterreich 4.00 >e. Sn -aus Di« ktnzel-Nummer IO 4 sche »ol»,i iochenlagen «n allen ( «eschästSstelle und R-daMo«: Dro»Ven»A. 16, Hovbotnftrahe 4« Kerafprecher 213«« > Postscheckkonto Leipzig Nr. 14 787 — 0 A»t«tS«>>: Aonadme v»n S>eschSstS«»ieiaN bi» 10 Uhr »an Aamllie»anj««sen bis I« Uhr »arm. PretS fit« »jePeli,,ebalt»e««e »S Z. m»R«Na. meleU OO SamUt-^Unieipm »0 Z nicht übernehmen. Sprechstunde der Redalitan: I l—18 Uhr »»rm. 0 1, Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Ientrumspartei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und rslig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe v nur mit der Wochenbeilage. Zum Hirtenschreiben des deutschen Episkopats , Das Hirtensckireibeli der deutsche» Erzbisck-öfe und bijchöfe, das wir in der vergangenen Woche zu in, Abdruck brachten, ist von ganz besondrer Bedeutiing. Es war leider nicht möglich, es diesmal in einem Sonderblatt ans einmal misern Le.eru zu über»,len, weshalb es notwendig erscheint, auf den Inhalt des Hirtenschrerbens in zusammensasscnder Weise einzugehen. Zunächst sei betont, daß das Schreiben mckst mir von den in Hulda sich versammelnden Erzbischöfen und Bischöfen ansgeht, sondern daß es von allen dcntsclsen Bischöfen ohne Ausnahme unterschrieben wurde, und von allen Kanzeln der katholischen .Kirche in Deutschland verlesen worden ist. Was nun den Inhalt anbelangt, so ist darüber algendes zu sagen: Ausgehend von der Sintflut des .Krieges weist das 'ürtenschreiben hin auf die Friedensaktion des Papstes und auf die Friedenssehnsncht der Völker, auf die Sehnsucht nach einem Frieden, den die Welt nicht geben kann, den Gott neben muß, um dann die Aufgaben zu bespreckpen, die der Friede uns stellen wird. Dabei gedenkt es neben dem Guten, bas der Krieg, wie bedeutungsvoll bemerkt wird, nicht her- .wrgebracht, Wohl aber offenbart hat, der Verwüstungen, die er auf sittlicknm, und religiösem jöebiet angerichtet hat. Von sei, Folgen des Krieges für das gesamte Völker- und Staats laben ist nur kurz und andeutungsweise die Rede. Was da wird, kann noch niemand übersehen, aber allgemein ist die Atmung, daß eine neue Zeit und eine neue Welt erstehen muß. In dieser Unsick-erheit wird uns ein Leitstern hinge- üellt, der göttliche Befehl: Gebet Gott, was Gottes ist, lin dem Kaiser, was des Kaisers ist. An Gott haben wir uns wr allem zu halten, ihn kann keine Staatsvergottung, keine lA-rgoltung der Nation ersetzen. Mit dem alten Glauben an '4ott und mit seinen zehn Geboten können wir allein die neue Zeit meistern. Von ihnen ausgehend können wir die Krieger wieder an das Leben des Friedens gewöhnen, kön nen die Ehrlichkeit und Redlichkeit im Handel und Wandel wieder voll zur Geltung bringen, können wir die Frau ibrem eigentlickxm Wirkungskreise in Hans und Familie wie dergeben. Eine Neuorientierung aber müssen wir anfbaiieii auf (Hebet, praktisches christliches Leben und vor allem auf de» häufigeren Empfang der heiligen Kommunion. Wer so lein Leben ordnet, wird von selbst gleichsam das richtige Ver hältnis zunr Kaiser, zum Staate finden. Wie den Altar, so iverden wir auch den Thron gegen alle ihm feindlichen Mächte ickniyen und stützen. Wie dem Kaiser so geben wir auch dem -taate, ivas des Staates ist, aber wir erkennen ihn nicht als Urquell alles Rechtes an, wir lehnen die Staatsallmackst so wohl in der absolutistischen wie in der „demokratischen" Form üp die Staatsallmackst wie dm Staatssozialisinus. Was die airßLr.gewöhiilick>en Verhältnisse des Krieges in dieser Hinsicht gebracht hüben, kann nicht zur Grundlage eines neuen Le vens gemacht morden. Hier iverden die Bischöfe zu beredten Anwälten der persönlichen wie der bürgerlichen Freiheit, aber sie fordern auch Freiheit für die .Kirche, nicht aus Mackst- willen, sondern zur gedeihlichen Förderung ihrer Aufgaben, 'deren Erfüllung im Interesse des Staatswohls und des Ge meinwohls liegt. Sotveit der erste Teil. Im zweiten wird in Anknüpfung an das Hirtenschreiben vom Jahre 1913, in dem die Familie Lebenszelle und Lebensqnclle der Menschheit, der Nation, des Staats und der Kirche genannt wurde, auf die Bedeutung der Heiligkeit der Ehe zur Gcslindcrhaltnng der Familie und aller größecrn menschlichen Gemeinschrftcn die daraus sich -ergebenden Pflichten eben dieser Gemein- 'wasten, vor allem des Staates bingewiesen. Daran schließen ich bedeutsame Darlegungen über Erziehung und Schule. Nachdrücklich wird das Vorrecht der Eltern und der Kirche aut die Kinder betont, denn den Eltern und der Kirche ob- äegt die religiöse Unterweisung und Erziehung, und deshalb müssen sie an der konfessionellen Schule festhalten und sic verteidigen gegen diejenigen, die von der sogenannten na-io- »alen Einheitsschule zur Simiiltanschule, von dieser zur GIlaiibenSlosen und religionslosen und schließlich zur glau- veilsfeindlichen und religionsfeindlichen Schule kommen macksten. Der Grundsatz der K o n fe s s i o n a li tä t gilt a»ck> für die Mittelschulen und höhern Schulen, minde stens aber muß hier für Religionsunterricht entsprechend ge- otgr werden, und dafür, daß die studierenden Katholiken an den Hochschulen die sogenannten Geisteswissenschaften nach katholischem Gesichtspunkt kennen und beurteilen zu lernen Gelegenheit haben, eine Forderung, die ja da »nd dort be- i-eiks erfülltest. Diese Forderungen sind nur logische Forde rungen wahrer Freiheit ahne Erfüllung kann nur versagen,- vier diese Freiheit nicht anerkennt. Ueberzeugend wird die oleicke Freiheit auch verlangt für die katholische Caritas, die lwtt notwmdigstem abgesehen, bürokratische Reglementierung nickst verträgt. Sie braucht Freiheit und Selbständigkeit, ! Das Neueste vom Tage! »»»»s'IM MslWW",,'«,»» Ln WM WM LlWbMl (Amtlich. W. T.-B.) Große- Hauptquartier, den 6. Dezember 1917. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: In dem flandrischen .(Kampfgebiete nahm die Artillerie tätigkeit am Abend wieder erheblich an Stärke zu. Südlich und südlvestlich von Moeuvres stürmten unsre Truppen englisckze Gräben und stießen bis über die von Ba- pamne auf Cambrai führende Straße vor. Unter der Einwirkung unsrer letzten Angrisfserfolge und unter dem steten Drucke von Norden und Osten räumte der Feind zwischen Moeuvres und Marcoing seine vordersten Stellungen uns zog sich ans die Höhe nördlich und östlich von Flesqnieres zurück. In scharfem Nachdrängen wurden die Dörfer Grainconrt, Anneux, Caistaing. Noyelles sowie die Waldhöhen nördlich von Marcoing genommen. Auf 10 Klm. Breite haben wir unsre Linien bis zu 4 Klm. Tiefe vorge schoben. Auf seinem Rückzüge hat der Feind, soweit es die Zeit noch zuließ, die Ortschaften durch Brand und Sprengung zer stört.. Die Trümmer dieser Dörfer und das zwecklos be gonnene Zerstöningswerk an der nun dem Feinde wieder loeitentrücktvi, Stadt Cambrai sirrd die Spuren, die der Eng länder von seiner mit so großen Hoffnungen begonnenen, mit einer schweren Niederlage -ndenden Durchbruchsschlacht bei Cambrai für lange Zeit aufs Frankreichs Boden binter- läßt. Tie Verluste, bie der Feind in den letzten Tagen, be sonders im Sourlon-Walde erlitt, sind außergewöhnlich hoch. Die Zahl der aus den Kämpfen bei Cambrai eingebrach- ten Gefangenen hat sich ans mehr als 9000, die Beute an Ge- scknitzen ans 118, an Maschinengewehren ans 716 erhöht. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: An der Ailette in einzelnen Abschnitten der Chanpagnc und aus dem ösüickpen Maasnser zeitiveilig verstärkte Fener- tätigkeit. Nördlich von Invanconrt brachten Sturmtrupps von Anzahl Gefangene ein. Gestern wurden im Lnftkampfe und von der Erde aus 18 feindliche Flugzeuge abgeschossen. Unsere Flieger haben die Hafenanlagen von Calais sowie London. Sheerneß, Gravesend, Chatham, Dover und Margote mit Bomben angegriffen. Große und zahlreiche Brände kennzeichncten ihre Wirkung. Oestlicher Kriegsschauplatz Die bevollmächtigte» Vertreter der Obersten Heeres- leitungen Deutschlands. Oesterreich-Ungarns. Bulgariens und der Türkei haben mit den bevollmächtigten Vertretern Rußlands für die Fronten von der Ostsee bis zum Schwarzen Meere, sowie aus dem türkisch russischen Kriegs schariplätzen in Asten Waffenruhe für die Zeit vom 7. Dez 1917 12 Uhr mittags bis zum 17. Dez. 1917 12 Uhr abgeschlossen. Die Verhandlungen zur Herbeiführung eines Waffen stillstandes werden in einigen Tagen fortgesetzt werden. Mazedonische Front: Keine größeren Kampfhandlungen. Italienische Front: Der am 4. Dezember i» den Siebe» Gemeinden cin- geleitrte Angriff der Heeresgruppe des Feldmarschalls Conrad brachie große Erfolge. Oesterreich-ungarische Truppen haben die starken italie nischen Stellungen im Meletta-Gebirge erstürmt und gegen mehrfache Gegenangriffe behauptet. Deutsche Artillerie hat an den Kämpfen mitgewirkt. Bisher wurden 11 000 Italiener gefangen und 00 Geschütze erbeutet. Der erste Generalquartiermeister: Ludendorff. Amtlich. Die bevollmächtigten Vertreter der Obersten Heeresleitung von Deutschland. Oesterreich. Ungarn, der Türkei und Bulgarien haben qm 5, Dezember mit den bevollmächtigten Vertretern der russischen Obersten Heeres- (Fortsetzung ans Seite 2) denn nur so kann sie ihrer Liedestätigkeit gereckst werden. T-aß die Caritas größtenteils mit dem Ordenswesen zu sammenfällt, ergeben sich die gleichen Forderungen auch für dieses. Hier ist das Je s u i t e n ge j e tz endlich gefallen, freilich ohne noch den Jesuiten überall ihre Freiheit zu geben, aber noch lniben die Ordensgesellsckpaften bei ihren Nieder lassungen und in ihrem Wirken mit Härten und mit Miß- Gnindsah: Gleiches Recht für alle, freie Bann den, Tüchtigen l muß auch hier Wirklichkeit werden. Diese Forderungen liegen, so wird im dritt e n Teile dargelegt, keineswegs in, einseitigen Interesse der Kirche, sondern auch im Interesse des Staates und des Vaterlandes: beider Interessen sind so eng miteinander verbunden wie die beiden Teile des Gebotes: Gebet Gott ivas Gottes ist rntd dem Kaiser, ivas des Kaisers ist. Die Störung der so ge ordneten Berechnungen durch Bedrückung der Kirckpe künir auch Staat und Volk nur schaden. Die gottgewollte Ordnung fordert ein sriedlick-es Einvernehmen zwischen Kirck-e uni» Staat, uird die Zukunft stellt ausgaben, die nur ihre verein ten Kräfte werden bewältigen können. Im Lickste dieser Er kenntnis ist die Forderung der Trennung von Kirche und Staat z» burteilen und dal>er abzulehnen. Des Volkes lischst« Güter, Glauben und Religion, kann der Staat nickst unbe rücksichtigt lassen, ohne die Grundlage seiner eignen Autori tät zn erschüttern. Das gilt, einerlei, ob die Trennung von glauliensfeindlichen Absicksten diktiert ist oder nickst. Gewiß wünsckMi die Katholiken möglichste Freiheit ihrer Kirche, aber gerade dort, wo man die Trennung unter diesem Ge sichtspunkt empfehlen möchte, müßte sich, sollte man meinen, doch auch das Znsammenbleiben beider so ordnen lassen, daß der Kirche die notwendige Freiheit zuteil wird. Gerade die Staaten und ihre Lenker mögen bedenken, daß von der Re ligion vor allem ihre Macht getragen wird. - Ter vierte und letzte Teil des Hirtenschreibens gilt der Einheit der Katholiken m entschiedenem und mutigen, Bekenntnis zum vollen Glaubensinhalt. Dieser Katholizis mus verträgt keinen InterkonfessionalismuS, keinNatio- n a l k i r ch e n t n m, keine Verschiebung der Grenzsteine, keine Verschleuderung von Glaubens- und Gnadeinverden. Wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen kann man Rech nung tragen, aber man soll auch beim Zusammenarbeiten auf diesen Gebieten die Gefahren nickst übersehen, umso weniger, je mehr die zu verfolgenden Zwecke an Fragen der Weltrm- sckxnliing und der Religion rühren. Wo und tvann diese Gefahren vorhanden sind und wie ihnen entgegenzuarbeiten ist, darüber zu befinden ist Aufgabe der kirchlichen Obrigkeit. Wo eine Entscheidung -eS apostolischen Stuhls nicht vorliegt, ist bie Entscheidung frei, ober von Maßlosigkeit des Urteils und vor Derdäckstigung Andersdenkender muß man sich hüten. In, übrigen haben wir die Stimme des Heiligen Vaters zu hören. Diese nachdrückliche Betonung des katholischen Stand punktes beeinträchtigt den konfessionellen Frieden in keiner Weise. Denn gerade von di,-sein Standpunkt aus haben wir, wenn wir auch grundsätzliche Unterschiede, nicht verwischen können und wollen, doch mehr zu bieten als ein. küble Tole ranz, die so oft nickst tveit reicht: Christliche Liebe, die pein lich vermeidet, was andre in ihren religiösen Anschauungen und Gefühlen kränken könnte. Das Hirtenschreiben schließt mit einer M a l> >r n ng z u Geduld und Liebe; zur Geduld zum Ansharren bis zum Morgenrot des Friedens, und zur Liebe, die der Welt jetzt nötiger ist als je, denn: „Der Weltkrieg war ja doch eine wahre Weltherrschaft aller bösen Geister des .Hasses und der Feindschaft. Wenn nickst die Liebe sckstießlich Siegerin bleibt, wie soll danu je wieder ein geordnetes Zusammen leben, ein fruchtbringender Verkehr unter den Völkern, ein Fortschreitcn der Menschheit, eine wahre Kultur möglich sein?" Den Papist aber sollen wir unterstützen in seinom unablässisgen Bemühen, der Liebe und dem Fried,m wieder zu ihrem Rechte zu verhelfen. Die nickstlatholisch- Presse ist da und dort bereits am Winke, ans dem Zusammenhang gerissene einzelne Stellen dieses großen Programms für eine tvahrhast fried lich- und segensreich- Entwicklung zu mißdeuten und einseitig abjpreck'end z» beurteilen. Von katholisch,, Kirch-nfürsten. kann mau natürlich weder eine Empfehlung religiöser Ver schwommenheit noch ein Bekenntnis zn», staatlichen Umsturz erwarten. Auch wer hier auf ganz andern, Boden steht, müßte doch die Folgerichtigkeit der Fordeningen der Bischöfe anerkennen. Für manchen aber wäre es gut, wenn er dieses Programm doch einmal als Ganzes hinnähme und gründlich studiert,-. Vielleicht würde er im Hinblick auf die Lehren der Geschichte dann doch cinsehen, daß die hier vertretene Ge fells chafts- und Staatsordnung sich besser als alle andern Tln-orien belvährt hat. . Jedenfalls sind die Oberflächlichkeiten, die die „Kritik" bisher geliefert bat, imS keine Veranlassung, darauf näher einzugeben. X