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Nr. »SS LS. Fährst. K- Freitag den 2. November 1917 l «eschitflSsteU- und N-dattl-«k Dresden««. 16, Holbeinftratz« 4S Aernspnecher 21366 Pastscheckkänt« Leipzig Nr. 14 767 «eiugSprelS, «nra»be X mit illultr. Beilage vierteljLhrlich ik.-l« In Dresden und a-mz Deutsch land sret Hans 2.NS I» Oesterreich L.»N X. UuSgabe v vierteliithiltch 2. >v In Dresden und gan» Deutschland sret HauS 2.82in Oeslerreich -1.8« X. kinzel-Nummer 1« z. Die LLchsische VolkSzeilung erscheint an allen v- Lochcutagen nachmittags. UMsmIum Anietge» 4ln»abi«c »an GeschltslSanjeigel, diS Itttthr. von st«nili«,gnjeigeu die- 11 Uhr Preis siir die Petit Lpaltjeite iik z.imReNa- nieteit 8V .s. ^«mitiemMjeigen2V .Z sein rardeiriltch geschriebene, sowie durch Feru- nnecher ausgeaebene Nnzeiaen tonven NN« vis Nerantwoitlrchkeil sii, dieitttchligtril deS DejrreS reicht übernehmen Lbrechitunde der Redalnorr > l —12 IN» bmnr. Einzige kacholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Zentrumspartei. Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe kZ nur mit der Wochcnbeilage. Die Entwicklung der Verhältnisse in Frankreich und Italien Frankreich und Italien sind durch den jetzigen Welt krieg in eine außerordentlich innige Lebensgemeinschaft ge treten, die bedeutend größer ist, als es die Gemeinfamkejf der Interesse» Italiens und der Kaiserreiche Mitteleuropas wälnend der lange» Friedcnszeit, während der der Trci- tinnd bestand, je gewesen ist. Der gemeinsame Tchntzherr der beide» verbündeten lateinischen Staaten ist bekanntlich England und in legier Zeit auch Nordamerika. Frankreich und Italien sind nicht melir Herren ihrer eigenen Lage, sie könne» nicht mehr nach freiem Ermessen über Krieg und Frieden verfüge», da sie hinsichtlich der Ernährung ihrer Bevölkerung ans das Gutdünken und ans die Machtmittel zur See angewiesen sind, über die che beiden großen Kriti schen Weltmächte, England und Nordamerika, verfügen. Deshalb sind die Veränderungen innerbalb der Ministerien, die wir in den legten Tagen in Frankreich und Italien ver lebt haben, nicht so sehr unter dein Gesichtspunkte rein französischer und italienischer Interessen ins Auge zu fassen, als vielmehr unter demjenigen der Gesamtlage der feind lichen Mächte Westeuropas und Amerikas gegenüber den jenigen Mitteleuropas. Der Sturz des Ministers des Aenßer» Nibot und dessen Ersetzung durch Barthon, der ein cküsiifo eingefleischter Dentschenfeind ist wie der erstere, hat eine viel geringere Bedeuinng als die Demission oes Mi nisters Boselli in Rom. Daselbst und in den größeren Städ ten Italiens herrscht Krisenstimmnng erster Ordnung. Nur der Umstand, daß der größte Teil der wehrhaften Bevölke rung Italiens an der italienischen Front festgehalten wird, wenn er sich nicht bereits in den Gefangenenlagern Oester reich-Ungarns oder aber in den Lazaretten Italiens befin det, bringt es mit sich, daß in den italienischen Städten bis seht noch nicht arge Ruhestörungen gemeldet wurden. Die italienische Presse wag sich gegenwärtig in den schönsten patriotischen Artikeln, die zur Kaltblütigkeit und Stand haftigkeit ernialmen, ergehen, sie wird deshalb die Tat- .jachen, die durch die siegreichen Heere der Mittelmächte mit ehernen Grisfeln geschrieben werden, nicht aus der Welt zu »hassen vermögen. Das irredentistische Italien ist zn- samnieiigebrvchen, die poetischen Träume eines d'Anmmzio sind dahin, sie sind der rauhen Wirklichkeit gewichen. Und leibst aus Italien, das von der savcnffschen Dvnnstie in rück sichtsloser und frevelhafter Weise ans Unkosten des Heiligen Stuhles, des Haiises Habsbnrg und des Hauses Bourbon geschaffen worden ist, es wankt und schwankt bereits in sei nen Grniidlagen. Ans der Straße melden sich die Sozia listen und Anarchisten, die das Erbe der Dhnastie Savopen antreie» möchten und in der venetianischen Tiefebene erschei nen bereits die Fahnen österreiclnsch-nngarisclzer und deut scher Truppen, die die Erben der ruhmreichen Ueberliefernn- gen sind, die eine mehr als tausendjährige deutsche Geschichte und eine solche Oefterreich-UngarnS hinsichtlich Italiens ans- znweffen bat. Das Eividale, Ivo die deutschen Truppen einmarschiert sind, war einst der Sitz jener lombardischen Fürsten, die von den jetzigen modernen Italienern so oft, obgleich mit Unrecht, als Barbaren gescholten werden. Wie anders ist die jetzige Lage, als diejenige des Jahres 1869. Auch damals war Frankreich und Italien miteinander ver bündet, um Oesterreich und das Hans Habsbnrg seiner Be- ülznngen in Italien zu berauben. Damals gelang es, Oektcrreich trat nach den Schlachte» von Maaenta »nk Sol len!:.-. die kam» als entscheidende Siege der Franzosen und Piewontesen zu bezeichnen sind, die herrliche Lombardei an den Kaiser der Franzosen N'voleo» III ok Ep Kpoang sich aber damals ans, daß die übrigen Verhältnisse in Italien unverändert bleiben sollten. Bekanntlich bat Cavonr diese von ihm beschworenen Bedingungen in schnöder Weise ge brochen, in ebenso heimtückischer Art und Weise, wie Italien den Dreibund im Jahre 1916 brach. Im Jahre 1869 waren ober Preuße» und die übrigen deutschen Staaten neutral. Das war auch -der Grund, weshalb die Lombardei dem Feinde Preisgegeben wurde. Gegenwärtig steht aber Oester reich-Ungarn und Deutschland, in Not und Tod vereint, gegenüber Frankreich und Italien, sowie allen ibren Bun desgenossen in Europa und in den auswärtigen Kon tinenten. Und der Abwehrkamps, den die Kaiserreiche Mit. telenropas führen, ist ein siegreicher. Wer hätte diese Ent wickelung 1869, selbst 1871. ja sogar vor Beginn des Welt- kUeges erwartet! Deutschlands und Oesterreich-Ungarns Kraft bat sich als eine so aewaltige erwiesen, daß sie weder von Len eigenen Staatsbürgern noch von denjenigen der uns »»»blichen Mächte als so groß geahnt worden ist. Unsere Bevölkerung und unsere Staatslenker haben allen Grund, darauf stolz zu sein. Wir brüsteten uns nicht leichtfertig mit schnelle» »nd großen Siegen, wie eS unsere Gegner ge tan haben. Wir dachten nicht daran, in einigen wenigen Wock-i'n „liiere Feinde niederwerfen zu können, wie diese eS stir sich selbst erwartet hatte». Jetzt reift aber die Frucht «-!-»»»» ü Das Neueste vom Tage s -»»»« N MIA LkMk TWÜM (W. T. B. Amtlich.) den 2. November 1917. roßeS Hauptguartier, Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rnpprecht: Der Artillerievampf in Flandern war gestern im Flut- gebiet der Jser, insbesondere bei Dffinude,! stark: zwischen dem Hvuthonlster Walde und der Lbs lag lebhaftes feind liches Störungssener ans unserer Kampfzone. Englische Erkundungsvorstöße scheiterten an mehreren Stellen der Front. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: Am Ltzse-Aisne-Kanal und längs des Rückens des Chemin des Domes hat die Kampftätigkeit der Artillerien bedeutend zugenommen. Nach mehrstündigem Trommel feuer griffen starke französische Kräfte bei Braue an. Der Ansturm brach vor unseren Linien blutig zusammen. , Oestlicher Kriegsschauplatz Keine wichtigen Ereignisse. Mazedonische Front: Nordwestlich von Monastir wurde ein Vorstoß seiud. licher Bataillone verlustreich nbgewiesen. I t n l i e n i s ch e Front: Längs des mittleren und unteren Laglianiento stehen unsere Armeen mit dem Feinde in Etesechtsfühlung. Italienische Brigaden, die auf dein Ostnser des Flusses noch Stand hielten, wurden durch Angriff z»m Znrückgehen gezwungen oder gefangen. Vom Fella-Tal bis zum adriatischem Meer ist das linke Tagliamento-Ufer frei vom Feinde. Der erste Generalquartiermsister: Ludendorsf. Neue Versenkungen Berlin, 1. November. Amtlich. In der BiScapa und in der Nordsee wurden durch unsere ll-Boote wiederum 2 Dampfer. i> Segler und 2 Fischerfahr zeuge versenkt, darunter ein bewaffneter Dampfer mit Kartuschhülsen als Deckladung und ein Dampfer, der Kohlen von Shields nach London geladen hatte, serner der englische Schoner „Perev S." anscheinend mit Petroleumladung, sowie die französischen Segler „Edouard Detaille" mit ,'tNttv Tonnen Weizei« für Frankreich, „Bon Premier" mit Rumladung, „Eugenik Fautrel" mit Tonnen Getreide für Frankreich, „Maseotte", „St. Pierre", „Stella ' «nd Ste. Antonie". Die letztgenannten vier Segler hatte» Fische geladen. Außerdem wnrden die französischc» Fischkutter „Gloire" und „Jenne Mathilde" vernichtet. Ein anderes der versenkten Schiffe hatte Oel in Fässern an Bord. Der Ehes des Admiralsftabs der Marine. Das schwere Weiter der letzten Zeit im Atlantic und in der Nordsee hat der Marine einen ihrer besten kl-Boots- kommandante» gekostet. Kapitänleutnant Schneider, welcher auf eine besonders erfolgreiche Tätigkeit als O-Boots- kommandant zurückblicken konnte, ist bei der letzten Fahrt seines kl-Bootes durch eine Sturzsee über Bord gespült worden und konnte von der Mannschaft nur nach als Leiche geborgen und zur See begraben werden. Das II-Boot ist wohlbehalten zurückgekehrt. — Außer dem englischen Linien schiff „Fornridable", das vom Kapitcinleutnant Schneider am 1. Januar 1916 im Aerinelkanal vernichtet wurde, hat dieser bewährte Il-Bootskommandaut Oll 000 Brutto- Registertonnen Handelsschiffraum versenkt. unserer Geduld u»d innerer Opler heran, während ffir un sere Feinde das Entgegengrse^ie emunl Ilnc St.nns- mänuer gebrauchen wgbl noch große Phrasen, das iß aber auch das Einzige, worin ne uns nocb überlegen pud. Mi- liläriicb sind iie am Ende ibrer Leislungskrast, zur See wer den sie von den Unterseeboote» der Millel mackste immer mehr eingeschnürt und politisch äußert sich die Wnknnq der ibnen eigeniümlicben demagogffctzen Demotraiie an ibreni Sinai- and Volkskörper in immer unbeilvollerer Weise. Italien bal zu Ende April 1916 den Bund mit England und seinen Verbündeten unter der Voraussetzung abgeschlos sen, daß der von ilnn uiilernonmie Kriea mir der Ab schluß eines bereits gewesene» neuen Verbündeten gegen Oesterreich. Ungarn gewonnene» .'KruM,längste,>-,ges sein werde. Der neue Staatsvertrag, der Italien an England und Frankreich keilet, trägt völlig den lebarakier dieses militärpolitischen Grundgedankens an sich. Oesterreich-Un garn sollte nach den Plänen der damaligen Koalition ganz einfach geteilt werden, wobei die südslawischen- Länder in recht unnatürlicher Weise zwischen Serbien und Italien ver- leilt werden sollten. Aridere Anleile batte sich- Rumänien, andere Rußland norbediingen. Der ruhmreiche Durchbruch von Gorlice ani 2. Mai NN 6 belehrte schon die öffentliche Meinung Italiens, daß die Tnrck'sülnnng dieses Planes leine leichte sein werde. Tie italienische Diplomatik war aber bereits die Gefangene der englischen und sranzösische». Das italienische Heer mußte marschieren und es inarschierie auch, da es nun galt, den bedrängten Russen in Galizien zu helfen. Italien konnte aber weder Rußland rcstten, »och Serbien. Es hat sich in den fruchtlosen Offensive» an de: Tiroler Front »nd an derjenigen des Isonzo verblutet. Nun mag Frankreich und England, die selbst gegen Deutschlands Heere an der Westfront nichts ansznrichten vermögen, Ita lien im Penetianischen zu Hilfe kommen. Der Hilferuf ist ein recht dringender. Er ertönt vom betrogenen Betrüge: znin Versübrer, und es wäre nst'al Wunder zn »elnnen. wen» das Echo daraus ein ebenst' verzweifeltes wäre. In den letzten Tagen haben die Italiener eine der artige Schlappe erlitten, daß ihre Hilferufe doppelt be greiflich erscheinen. Der Zusammenbruch der 2. und 8. Armee ist nach den letzten Ereignissen ohne Zweifel, er ist mit einer Fürchterlichreit erfolgt, die die Kaiastropde von Sedan noch weit übertrisst. Das sind die Folgen der italienisch-französischen Verbrüderung, die beiden Staaten wohl zu wünschen sind. X Erlebtes und Erlesenes zum Reformations-Jubiläum Wir erhielten von einem Freunde unseres Blattes til gende Zeiten mit der Bitte um Ve>.ösfenillchnng: Der 81. Oktober warf seine Schatten voraus, da be- snckste ich das schöne Städtckzen Weida tSachfen Weimar). Ais ich durch die Straßen ging, zog ein Schaufenster meine Aufmerksamkeit ans sich. Bilder von Lntbrr und Bismarck waren darin, Lntherbücher ans alter und neuer Zeit, fei »er Schriften von Hoensdroech und äbnlicNe P-Nein-ß, geaen die katholische Kirche, darunter das Buch: „Dir Tragödie des katholischen Pfarrers in Briefen einer Psarrköchin" von Karl Sanvain. Zwei gedrnctle Ankündigungen belehrte» das Publikum über den Zweck der Ausstellung. Der erste: ..^)er Rein ertrag ist znm Besten der Reforniations-Iiibiläninsspende," Die zweite: „Die Wiedererichtnng des deutschen Kaisertums' mit einem protestantischen Kaiser ist der zweite große Akk im Drama der Reformation. Fürst Bismarck im Reichstage am 4. Oktober 1872 " Ich beschloß, eine Lntherschrist zu kaufen. Als ich den Laden betrat, fiel mein Blick nicht aus Bücher, sondern aus ein geräumiges Lager von Weinflaschen. Erstaunt fragte sch die Verkäuferin: „Ist dies eine Buchhandlung?" Sie erwiderte: „Nein, Herr Altermann führt die Bücher nur zur Reformation." Ich kaufte, ging und überzeugte mich draußen: ..Weingroßhandlnng Altermann Soim," Ans der Heimreise las ich in dem erstandenen Büchlein „Martin Luther" von Hermann Schmökel. Keine historische eine schöngeistige Abhandlung. An: Schlüsse meint dev Verfasser: „Luther lebt! Ja er lebt und wird sortleben!" Ob er rcKst bat'? dachte ich und bolle ans meiner Mantel tasche eine andere Reiselektüre, Heit 3 der Zeitschrfft „Sonn tag ist's." Darin wieder ein Lnlheraufsah von Tr. Josef Bernhart, dem bekannten katbolffchen Literaten in München, lliid wieder am Schluß eine Antwort auf die Frage: „Lebt Luther?" „Wer war Luther? Ter Mann, der die Riegel der mit telalterlichen Kirche gebrochen hat, aber in ihrer Lust gefan gen blieb. Er hat neuen Wein in die alten Schläuche ge- gossen, die Schläuche zerrissen, dem Wein verschüttet. DaA