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Nr. ALL RS. Jahrg. Montag den 17. Sept. 1917 «.schiislsstclle und Acdaklonr Dresden-'.'i. 1t». ^okbcinftroße 4L Feer.speechsr L!3t»t» Postscheckkonto Leipzig Vir. 14727 P " -—— 0 «e,»,»pr«tri «okaadr » mit illu'tr. Beilage vlerteljlhriich 2.4V X. In Dresden und ganz Deutsch land lrci LauS 2.H2 X l in Oesterreich s.a« x. UuSgadr v diertelstknlich 2.1« In Dresden und aanz Deutschland ftet Hau st.82 in Oesterreich 4.2» X. rinzel-Nummer Iv 4. Die Klichfilche BalkSzeituna «rschelnt an allen Wochentagen nachmittags. c, 0 Mi.icilNli ! >-1 .1,a'l ! rviU» i l HIN 11»>n 4luna! me l»o:> : ! > u: « : '.»>> Preis':'. , l -Il^ ,.n i.s.n Mtlcck ' . ...1 . -«-> > 1 .liir mi!'- 1 u!, ci ,l c ' r »:c d:.5tN F»>'» »prechcr ., ,. .« t',» !»">"' :>'» d«, ^e'.t'nlw..:. s. : r' .. Li' 4.-'»^ .1-1 i.l, »: »» ». ».»1 i ^er 'tit« tt —l-L Ul'r '»-. : Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der IcntrumsparLei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe L nur mit der Wochcnbeilagr. Zur Lage Die Polenfragc ist in der vergangenen Woche in den Vordergrund der Besprechungen gerückt. Das neue König reich Polen ist in seiner Entwicklung wieder einen Schritt vorwärts gekommen. Wir haben die diesbezüglichen Pro klamationen der Mittelmächte bereits mitgeteilt, wollen sie aber notwendigerweise noch etwas erläutern. Nach der Kundmachung der beiden Kaiser vom 5. November 1910 wurde aus Russisch-Polen ein Königreich, wenn auch vor läufig noch ohne eigenen König und für die Kriegsdauer unter deutscher und österreichischer Aufsicht. Der werdende polnische Staat besah als einziges Organ den polnischen Staatsrat, der schon von Anfang an eine Halbheit und in seiner Zusammensetzung eine Mißgeburt war. Dem Staatsrat waren keine gesetzgeberischen Befugnisse gegeben: er konnte nur raten. Er konnte auch nicht als Volksver tretung gelten, nicht eimnal als Vertretung der polnischen Parteien. Darin hätte unter Umständen seine Stärke liegen können. Wie aber die Auswahl der Personen erfolgte, war das seine Schwäche. Nunmehr sollen alle Rechte der Staats- gemalt in der dreigliedrigen Gewalt -es R e g en ts cha f t s- :ates vereinigt werden. Der Regcntschaftsrat soll nicht bloß raten, sondern er soll regiere n. Dadurch zeichnet er sich ails gewaltiger Fortschritt vor dem Staatsrat ans. Der Regentschaftsrat soll die künftige polnische Krone vertreten, ein Vorläufer, des künftigen Mo- narchen sein. Was in der Monarchie der König oder Re gent und in der Republik der Präsident ist, das soll für Polen der Regentschaftsrat werden, soweit seine Befugnisse nicht durch die Verhältnisse des Krieges beschränkt sind. Die endgültige Entscheidung über die staatliche Zukunft Polens soll erst der Friedensschluß bringen. Der Regentschaftsrat wird von den Okkupationsmächten eingesetzt. Wie der Mo narch. so ernennt der Regcntschaftsrat einen verantwort- lichen Ministerpräsidenten, in dessen Hand die Vollzugsgewalt gelegt werben soll und -er alle Regiernngs- alte des Regentschaftsrates verantwortlich- gegenzeichnen muß. Die Okkupationsmächte haben sich nur das Be st a ti g u n g s recht für den Ministerpräsidenten Vorbe halten. Wie in jedem selbständigen Staatswesen sollen für die einzelnen Vertvaltungszweige, die den Polen bereits von >in Okkupationsmächten übertragen sind oder noch über ragen werden, z. B. Justiz- und Schulwesen, später vielleicht mich das Finanzwesen, Ministerien errichtet und Minister e r nann t werden, die im Zusammenarbeiten mit den Okkupationsbshör-en die Organisation der polni schen Verwaltung durchführen sollen. Das schwierigste Ge bilde ist vielleicht der Pa rl a m en t s r a t, der in einem neuen nn- größeren Staatsrat gefunden werden 'oll. Dieser neue Staatsrat soll die gesetzgebende Gewalt verkörpern und mit etwa 100 Mitgliedern ein Vorläufer der Volksvertretung sein. Seine Bildung soll durch ein Gesetz des Regentschastsratcs mir Zustimmung der Okkupations mächte erfolgen. Der Regcntschaftsrat wird den Staatsrat zu bestimmten Sitznngsabschnittcn einbeniscn. Man erkennt ans den ersten Blick, welche Bedeutung dem ucu-en Gebilde des Regentschastsratcs zukommt. Der Re- gentschaftsrat ist nichts Endgültiges, sowenig wie es der Stantsrat war. Eins muß man sich immer wieder vor Augen halten: die Tatsache, daß noch immer Krieg herrscht, -ätz Polen noch Okkupationsland und Opera tionsgebiet ist, baß noch ein Viertel Million Staatsbürger des Einstigen polnischen Staates im russischen Heere gegen die Okkupationsmächte stechen. Diese Tatsachen macken es einfach unmöglich, daß heilte schon Polen mit absolut selbständiger Regierung frei und unabhängig regiert und verwaltet wird, ohne Rücksicht ans die Bedürs- nissc. Rechte und Pflichten bcr Okkupationsmächte. Auch ein König von Polen oder ein Regent und ein polnisches Parlament müssen die Rücksichten auf die Interessen und Neckte der Okkupationsmächte beachten, solange -er Krieg dauert. Darüber kann kein Pole, der ruhig und nüchtern denkt, im Zweifel sein. Die Ereignisse inRuß ! and baben sich vorüber gehend zugespitzt. Kerenski der Diktator bat bekanntlich den Oberbefehlshaber Kornilow abgesetzt, der sich das aber nickt gefallen ließ, sondern ihm ergebene Truppen sammelte und gegen Kerenski zog. Kornilow ist aber unterlegen, er hat sich nntettrwrfen, wurde gefangcngenommen und in eine un bekannte Festung gebracht. Damit ist nun die Sache durch- ans noch nicht erledigt. Zunächst ist festgestellt worden, daß Kornilow seine Revolte lediglich und ausschließlich a u f Bekrci bon ber Entente ins Werk setzte, die das Werk und die Arbeit Kerenskis haßt und denen die Arbeitsort, vielleicht auch die Ziele des Diktators unbequem sind. Welche Haltung Kerenski von jetzt ab den russischen Bundes genossen gegenüber einnimmt steht noch nicht fest, obschvn jj! Das Nerrefte von» TstM I ^ " -"—»ii»» Ztl MWe «U WMW < W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptouartier. 17. September. Westlicher KrieKsschauplaft Heeresgruppe Kronprinz R u p p r e ch l: Gute Sicht begünstigte die Entfaltung lebhafte! Fener- Listigkeit. In Flandern steigerte sich -er Anillenekamps an -er Küste und in einzelnen Abschnitten zwisckren Houthoulster- Walb und Lys mehnnals zu heftigstem Trommelsener. Englische Jnsanterieangrifse erfolgten nicht: es kam ledig lich zu örtlichen Vorfeldgefechten, bei denen Gefangene in unserer Hanb blieben. Nordöstlich von Ai ras stießen naclns starke Erkundnngs- abteiliingen der Engländer vor, an einigen Stellen auch bis in unsere Linien, von wo schneller Gegenstoß den Feind ver trieb. Auch bei St. Onentin bereiteten die Gegner mit Fener- uberfällen Poistöße stirer Aufklärer vor. die überall znrück- geworsen wurden. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: Längs der Aisne, vornehmlich nordöstlich von Soissons, ferner in -der Champagne und vor Verdun schwoll die Kampf- lätigkeit der Artillerie zu starker Wirkung an. In mehreren Erknndungsgefechten büßten -ie Franzosen Gefangene ein. Ans feindlichen Fliegergeschwadern, die gestern Eolmar zweimal angriffen, wurden zwei Flugzeuge d»rch eine unserer Jagdsrasteln abgeschossen. Außerdem verloren die Gegner 10 Flugzeuge. Oberleutnant Bcrtlwld brachte am 15. September zwei feindliche Flieger, Oberleutnant Schleich in den beiden lep- tcn Tagen drei Gegner im Lnstkampse znm Absturz. Oestlicher Kriegsschauplatz Keine wesentlichen Ereignisse. Mazedonische Front: Die Lage ist unverändert. Der erste Generalauartiermeister: Ludendcr". 29 000 Tonnen versenkt B c r l i n, '0. September. Amtlich. Fm Atlantischen Ozean, in der Biscava und in der Nordsee wurden durch unsere U-Boote wiederum 1 Dampfer und ein Segler mit 29 Ml Bruttoregistcrtonnrn versenkt, darunter die bewaff neten englischen Dampser „Malda" (7884 Tonnen! und „Roanckc" (3755 Tonnen), mit Stückgutladung, eine U- Bootssallc in Gestalt eines DrrimastschonerS, die mit zwei Geschützen bewaffnet war und unter schwedischer Flagge stihr. Von Dampfer „Roanckr" wurde der Kapitän grsangengc- nommcn. Der Ehrs des Admiralstabs der Marine. Russischer Staatsrat Petersbu r g. 10. September. (Petersb.-Tel.-Agent.) Die vorläufige Regierung teilt mit: Bis zur endgültigen Bildung des Kabinetts und angesichts der gegenwärtigen außerordentlichen Umstände bat -ie vorläufige Regierung alle Ttaatsgeschäfte dem Ministerpräsidenten Kerenski. dem Minister des Aeußcren Terestichenko. dem Knegsminister General Wercbowski, dem Mar ineminister Admiral Wede- rowski und -ein Post- und Telegraphenminister Nikitin an- vertrant. Meuternde rnssische Matrosen Petersburg, 16. September. (Reuter) Die Mann schaft des .Kriegsschiffes „Petropawlovsk" in .Helsingfors erschoß vier Offiziere, die sich geweigert batten, eine»! Befehle der örtlichen demokratischen Regierung zu gehorrben und ein Treugelöbnis gegenüber der vorläufigen Regiening zu unterzeichnen. D-as revolutionäre Komitee in Helsingfors sowie der- Marineminister haben Ausrufe an die Flotte gerichtet, in denen wiche Gewalttaten mißbilligt werden. er weiß, daß oie in hewrsbiirg > eildieienden Gesa, st: in wiederholte» Beratungen die Streiche gegen ilm aus stmckt haben. An-eren-'sts will er aber Ruhe im Lande le Hst und vor allem im Heeie ichasse», damit der Feind de. sind wir — nicht die D verband behält. Dem nnrnhigen T,st der Bevölkerung wurde eine Bernhignngspille geaeven durch die Erklärung der Republik. DaS Riesen '.kick, das vor einem Jahre noch unter der absolnti'ststhen Knute stand, ist jetzt Republik. Welch ein Gegeistatz' Ob die unruhige Bevölkerung sich nunmehr beruhigt, bleibt eb- zuwarten. Man wird ans den russischen Verhältnissen nickt klug, weil die direkten Nachrichten fehlen. Alles wa ans dem Lande tvinmt ist gefärbt, entweder nach der einen e r nach der anderen Seite, meist kommen aber nur Meldnn , die England, dem Beherrscher der Telegraphendrälst- m den Kram vassen. Trotz-em scheint uns festzustehen, s cs dem Großteil der russischen Bevölkerung ganz gwuh- gültig ist ob ein Zar, ein Kaiser, ein Regent oder ei» st i- sident an der Spitze steht, w e n n n u r de r Friede kommt. Wer ihr den Frieden bringt, ist ihnen gle eh, Das Volt stürzt sich jedem in die Arme, der ihnen den Frieden verheißt weil es von ihm Brot nn- Erlöjung ton allem Elend erhofft. A»S diesem Grunde bezweifeln wi> das Ende der Unruhen im Innern, lwornilow wird Nach ahmer finden, die versuchen, ob sie die starken Männer gegenüber dem Kraftmeier Kerenski sind. Die Ruhe nn Heere will kerenski, der sich auch de» Oberbefehl aneignete, dadurch erreichen, daß e. einen Tagesbefehl herausgab, worin es heißt: 1. Jeder polinscl». Kamps in der Armee soll aushören, dnrck alle Mistel soll die Wstderherstettnna ihrer Kamps- sälügkeit erstrebt »'erden. 2. Die Trnppeistranspo.te sollen nach dem Befehl des Oberkommandos wieder ansoenonimcn werden. 9. Die Verixsttiingen -er Fübrer sollen unterbleiben', zu denen nur Gt-rickie und Staatsanwaltschaft ein Recht hätten. !. >to>n!iinndanren dürfen nickst abaesetzt werden. Der Tagecbeschl schließt mit dem A » S d r n ck d e r Z r, versieht, daß die Armee, die in den Tagen der Unruhe Treue und volles Vettranen zu, vorlänsiaen Regierung be- 'undet habe, -eisen eingedenk sein werde, daß daS Vaterlanl» „nr dnrch Wiederherstellung de: Disziplin in der Armee !iij- durch enge Vereinigung aller stirer Glieder gerettet iverden könne. Mit einem bloßen Beselst stellt man »nn in. Rußland die Rnbe ruckst »'jede: der, wesbalb die Wirkung znwiselbast erscheint. Was min die Erri a n isse a n d e r F ro » t ans langt, so meldet de: Tagesbericht von Sonntag: „Au der slaudrisck'ti: Front weckiselte die Feuertätigkeit an Ausdehnung und Stärke Vonrehmlich an der Streck» Menin Bvern lagen heftige FeneniwIIe» ans Misere" Kampfzone. Tort griffen mehrere englische Bataillone o». deren Ansturm fast d u r ch:r eg verI u st r eich z u s a i - »i e n b r a ck. N'ördlick der Straße drang der Feind in linieren vorderstin Graben in Kompaniebreite ein. Südöstlich von Arras steigerte fick nachinittags d.s seindlicke Feuer schlagartig zu stärkster Wirkung. In künft- lichem Nebel brocken inrz daraus die Engländer in UM Meter Breite bei Eberii» vor. Flammenwerser und Panz'r- wagen sollten de» Sttirmttnppen den Weg bahnen. Unse w. krisitig einsetzende Mtixbr dnrck Artillerie und Maschine»- gelvehre brachten den feindlichen Stoß zu w Scheite r n. Wo der Gegner in unsere Gräben gelangte »mrde er dnrch die Infanterie im Nabkampfe znrrick- gcworsc n. An der gleichen Stelle wiederholte der Feind seinul Angriff kurz vor Dunkelheit, anck diesmal schlug Sttirnr vcrlustreich seb I." Die denffchem Kstiegsbcwickstenratter melden sogar einer, katastwplralen Ziistuninenbnlcki der englisckren Flandern- uns der französischen Verdunossensive. Die Ersckröpffmg b-et unseren Feinden sei riesengroß und die Teilvorstöße bäst-er nur den Zweck dicke Eckckövffmg zu verdecken. X Dir Prrsir zu dcn Vorgängc» in Rußland B erIi n. 17. -September. Zu de», B e s ch luised : 7 vor! ä usigen Regier u » g in Petersburg, wonach in. Rußland die Republik erklärt ustrd, sagt der Lokaler- zeig er: Danrst bat der Diktator Kerenski eine Entschei dung getroffcm, die nach den bisherigen Absichten der meisten revolutionären, Gruppen -er gcketzgebende» Versammlung rwrbe-ixstteu bleiben sollte. Die Berickste dieser Tilge lassen darauf schließen, daß sich Kerenski im Lause der' letzten Er eignisse auf die Seile -er Sozialisten gestellt lwt. Er zeigt, daß es von einem Zusammengehen inst -er kadettistiscken Politik nichts nnssen »wlle.