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Sir. Dienstag den 4. September 1S17 B»i»«>P«et-r AnSgabe ^ mit illustr. Beilage viertatti jr.4kt» In »reSden mid g-nj » „ land srei -au« B.SB 2k: m Oesterreich L.S8 X. ««»gab«» vierteljährlich ». 1« 2k. In Dresden und ganz Deutschland srei Haus ».«» X: in Oesterreich LS« X. «inzel-Nummer 1« Die kächfische BolkSzeiiung erscheint an allen Wochentagen »a Süch fische Uolksmtllm AeschitftckfteKe orUl N«l»aktt»»r jKreS-««»A. 16, Hnlbetnslrahe 4< A«usprechrr 21366 ^Postscheckkonto Leipzig Sir. 147»? »lnsei««». IN Uhr. ««nähme ro„ ÄcichätlSau^eigen tiS I do» ganulicuanzelgen ins 11 UVr r. Preis siii die Petil-Lpaltzeilc 20 Betio< iiiclril 0<» K Für undeutlich geichnedene. lewie dinch s>ern- ivrechcr uusgeuedene Anzeigen Idmien wir die Veranurorllichleu mrdie Richtigkeit des rexie« nicht üdernehme». Ekrechilunde der Redaktion: lI —l2 U!>: dorm. Einzige katholische Tageszeitung inr Königreich Sachsen. Organ der ZenLrumspartei. Ausgabe ä mit illustrierter UnterhaltungsbeUage und relig. WochenbeUage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilagi. Die Russenoffensive 1917 Von Vizeseldwebel ö. N. Günther, Leipzig. l<>'. Lange schon hat die Entente den Schlag vorbe reitet, der nns in diesem Jahre treffen und vernichten sollte. So glänzend auch die Vorbereitungen waren, das Ergebnis war kläglich: kleine lokale Erfolge, mit denen sich die West mächte bescheiden mußten. Der große Organisator England hatte sich verrechnet, denn Rußland tat nicht mit. Wir wissen ja, daß der östliche Gegner zu einem Sonderfrieden bereit war. Was wäre dann aber mit den Westmächten geschehen! Diese Gefahr wußte der schlaue englische Botschafter Buck)a- nan in Petersburg zu beseitigen. In den Nevolutionsherr- schern in Rußland wie Kercnskij fand er bereitwillige Krea turen, die sich von einer russischen Offensive überzeugen lie ßen. Jin Stillen vorbereitet, setzten mit Anfang Juli an verschiedenen Stellen der Front die Angriffe ein. Und aber mals ein großer Rechenfehler: unsere Ostfront war so stark, dem Gegner zu trotzen. An einigen Orten hatten die Scheinangriffe der Russen kleine Erfolge bei Konynchy, Swimuchy, Brzezany nird vor allem in der Gegend von Stanislaw Hier drang er sogar 20 Kilometer weit vor. Aengstliche Gemüter sahen das mit Besorgnis an. Unsere Heeresleitung ließ den Gegner gewähren. Ruhig und plan voll wurden Reserven herangezogen, während man sich in Galizien um Stanislan scheinbar zursickzog. Dieser Sieg wurde den Russen zum Verhängnis. Bei Zboro wurde un sere erste Linie genommen, die sich vor der Zlota Gora hin zieht. Diese Bcrgknppe beherrscht die Landsclmft bis östlich Zloscow. Die Zivilisten flüchteten: sie wohnten vier Kilo meter hinter der Front, bebauten fleißig sine Felder und nahmen den baldigen Frieden schon als Gewißheit hin. Die armen Leute! Mit dem Allcriiotdürftigslen ausgerüstet, juchten sie Zuflucht westwärts, wo wir in Reserve lagen. Gern bot man »ns Milch und Eier. Eine Frau bat mich jeden Tag, wir möchten doch unsere Schützenlinie vorlegen, damit sie wieder in ihr Dorf käme. Auch lustige Stücklein trugen sich zu. Eine Familie war mit Kleidern, Betten, ihrer Kuh und einem Sack Mehl geflüchtet. Ter Mann machte den Weg ein zweites Mal, um noch etwas z» holen. Beim drirten Male findet er das Dorf Z. von Russen be setzt. Sie wollten ihn als Zivilgcfangenen znrückschleppen, er aber macht ihnen plausibel, daß er erst sein Pferd tränken möchte. Das wird ihm gewährt und langsam begibt er sich znin Brunnen, bleibt aber lange ans und wird von einer österreichischen Patrouille befreit. Doch nun wieder zurück. Wsstgalizien ist gut bebaut. Gottes Segen rnbt ans den Fel dern. Das konnte den Russen gefallen, nns die schöne Ernt'e zu nehmen. Ein so fruchtbares Land findet sich nickst gleich wieder. Unser Aufmarsch batet sich entwickelt, ohne daß der Feind davon eine Ahnung hatte. Da kam die Abrechnung: An der Plota Gora schoß unsere Artillerie einige Stunden Gasgranaten und dann wurde mit Granaten kurze Zeit ge trommelt. Als die Infanterie die Höbe nahm, fand man diese geräumt, was den Graben noch hielt, war tot. Nun hatte man den Russen im Lausen. Ruhe bekam er nicht. Es ist ja viel über den berühmten Durchbruch geschrieben, so daß ich mir es ersparen kann. Unser Keil war 10 Kilometer' tuest und am ersten Tage schon 20 Kilometer tief. Sofort fiel gleich der Unterschied auf. Kurz hinter unserer Front überall fruchtbare Felder, während das Land hinter den russischen Gräben wirklich wüst liegt: mannshohes Unkraut bat die Landschaft überwuchert. Uebcrall lagen Bekleidungs stücke, Gewehre. Munition umher, verwundete Pferde, tote Rnssenleiber. Ueberall Spuren eines plötzlichen Rückzuges. Da tanckst ein schwarzes Ungetüm vor nns auf. Beim Näherkoinmen entdecken wir es: ein Panzerauto, drei Ma schinengewehre in seinein Stnlsibauch. Ebe es nns etwas o»haben tonnte, batte ihm unsere Artillerie das Leben aus- gepnstet. Die Eisenteile waren ausgeglüht, und von der Besatzung simr nichts mehr zu sehen. Der Russe war uns auf breiten Front entwichen. Wir batten also Zeit, die schöne Landschaft zu bewundern, die nach und nach wieder schöner wurde. Diese herrlichen, gesegneten Felder! Und jetzt mußte man sie zertreten, es war eine Kriegs-Notwendigkeit. Es ist aber feststehend, daß erst jetzt Galizien als Wirtschaftsland entdeckt wurde. In leichten Bodenwellen zieht sich die Ge bend hin, wie eine Farbenpalette die Felder,, Weizen, Nog- gen Hafer, Biichstxsizen, Kartoffeln auf dem Rücken. Ein solcher Anblick tut wohl. Schrveigsam, etwas bedrückt, be wundern die Einwohner Deutschlands Heldensökme: zmn dritten Male ivechselt die Herrschaft um diese Gebietsteile. Hoffentlich nun zum letzten Male. Durch das schnelle Lau fen des Rltssen hatten wir oftmals die Führung verloren. Gewöhnlich dauerten die Gefechte von morgens bis zum Nachmittag 3 bis 1 Uhr. Nachts mußte Kavallerie den Fein- immer aufsuchen. Nack dem Gefecht zog er sich eiligst zurück. Dann war nichts mehr zu sehen. Nur vermuten H Das Neueste vom Tage ! »»»»- N MtlW »k«W AWbklW (Amtlich. W. T.-B.) Gr oß e s H a n p t quar t ier, den 4. September 1917. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rnpprechi: In Flandern war nachmittags die Kampflätigkeil der Artillerien an der Küste und zwischen Lengenmark und Warnston zu großer Heftigkeit gesteigert. Im Bogen von 2)pern entspannen sich Kleinkämpfe im Vorfeld unserer Stellungen; dabei wurden einige Engländer gefangenge- nommen. Nachts griff der Feind nordwestlich von Lens an; er drang vorübergehend in unsere Linien, aus denen er so gleich durch Gegenstoß vertrieben wurde. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: In der Champagne stießen die Franzosen an der Straße Somme'Py-Sonsis „ach Trommelfeuer vor. Unser Gegenangriff warf sie aus einen von uns geräumten Graben wieder hinaus. Der Feuerkampf vor Verdun nahm abends wieder große Stärke an, auch die Nacht hindurch lagen die Artil lerien auf dem Ostufer der Maas im Wirtnngöfcner. Heeresgruppe Herzog Albrecht: Westlich der Mosel wurden von gewaltsamer Erkun dung bei Rcmenauville französische Gefangene eingebracht. In der Nacht vom 2. zum 3. September bewarfen unsere Flieger Calais und Dünkirchen mit Bomben. Die entstandenen Brände waren tagsüber zu beobachten. Dover wurde gestern, Chatham, Sheerneß und Neniagate wurden heute nacht durch unsere Flugzeuge mit Bomben an gegriffen. Gestern sind 10 feindliche Flieger und zwei Fessel ballone abgeschossen worden. Rittmeister Frhr. v. Nichihofen errang den Ol. Luft- sieg; der vor kurzem wegen seiner Kampsleistnngen vom Vizefeldwebel znm Offizier beförderte Leutnant Müller brachte seinen 27. Gegner znm Absturz. Olstlicher Kriegsschauplatz Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: Nach zweitägiger Schlacht hat die achte Armee unter Führung des Generals der Infanterie von Hutier gestern das an mehreren Stellen brennende Riga von Westen und Südosten her genommen! Unsere kampsbcwährten Truppen brachen überall den russischen Widerstand »nd überwanden im ungestümen Drang »ach vorwärts jedes Hindernis, das Wald und Sumpf bol. Der Russe hat seinen ausgedehnten Brückenkopf west lich der Düna und Riga in größter Eile geräumt: unsere Divisionen stehen vor Dünanmnde. Dichte, ungeordnete Heerhanfeil drängen sich in Tag» nnd Nachtmärschen aus allen Wegen von Riga nach Nord- osten. Südlich der großen Straße nach Wende», zu beiden Seiten des Gr. Jaegel Baches warfen sich in verzweifelten blutigen Angriffen starke russische Kräfte unseren Truppen entgegen, mir den Abzug der geschlagenen 12. Armee zu decken. In erbittertem Kampfe erlager sie unserem Sturm ; die große Straße ist an mehreren Stellen von unseren Divisionen erreicht; einige Tausend Russen sind gefangen, mehr als 150 Geschütze und zahlloses Kriegsgerät erbeutet. Die Schlacht bet Riga ist ein neues Ruhmesblatt der deutschen Armee. Front des Generalobersten Erzherzog Joseph: Südöstlich von Ezcrnowltz entrissen öuerreichsich un garische Regimenter den Rasten eine zäh verleid'.gle Höhen- stellnng. Zwischen Sereth nnd Maldawa dauert die letckaste Geiechtstätigkeit an. Heeresgruppe des G e n e r a lk e 1 d m a r' ch a 1 t « v. Mackensen Bei Muneeluk, nordwestlich von Rossani, schonenen mehrere russisch rumänische eingrisfe verlustreich Mazedonische Fron«: Die Truppen der feindlichen Mächte wiederholten ihre Angriffe gestern nicht. Ter erste Generalquarliermeister:. Lud enü orss. ließ sich sein Aufenthaltsort: an den brennenden Ortschas- ten. Bereits am 19.' Juli ging Jrzierna in Flammen aus, und hiniinelhoch anssteigende Rauchsäulen ließen vermuten, daß es den Russe» auch in lvarnopo! nicht mein „gefiel". das er docl> drei Jahre deieist hielt. Eine ungeheure Wut packte uns bei diesem Anblick. In I. fanden wir riesenhafte Vor räte an Lebensmiltein. teilweise verbannt oder gerostet. Das tat aber nicht-. Die Eiei, die wir ans dem Feuer holten, waren hcsier als rohe. Leckerbissen waren nns die russischen Fijcl ionierven und dar- gedörrte Brot, nun ja, man muß es gegessen haben. Wir schwenkten dann reütS ab, um den Feind ein-,»schließen. Da gab es noch einen Spaß. Ein Generaistabshanptniann hatte eine russische Meldung abgesangen, etwa folgendes: Der Arbeiterrat sah voll Besorgnis das Vorrücken der Deutschen, fragt in Pe tersburg an, was egi tun sei. Wir lagen in der Nähe des Seratsi! Nn» kam die Entscheidung: starke Kräfte sollten den FInßnbeigang abwehren. Froher dentscher Angriffs geist trieb nns vorwärts. Hurtig gingen wir bei Trem- bowla über den Fluß. Dann kam der Russe, während er rechts nno linis davon die Höhen verteidigte. Ein Wald, brückenkopfartig von uns besetzt, sah hartnäckige Kämpfe, aber war waren drüben, erweiterten fächerartig nnd damit kam der Feind in neue katastrophale Gefahren. Verzweifelte Anstrengungen mackste er, trieb seine Massen oftmals in fünf, sogar acht Stellen vor. Wir staunten ob des unge wohnten Widerstandes, zu spät, wir batten uns festgebissen. P'ötzlicsi bekamen wir Flankenfener, kleine Granaten nnd Ma'cknnengewehnener. Znm Kuckuck. waS war das? ?ll>a, dort ans der Straße ein Panzerauto, das sollte Helsen. Un tere Artillerie nab eine Salve ab, verschwunden war es. Solche Ueberraschimgen gab es noch mehrmals. In den oiöß'ren Ortschaften wurde uns begeisterter Empfang zu teil. Tie Leute bildeten Spalier, riefen nns begeistert zu, empfingen nns mit Weihrauch und Kirchensahnen, streuten Blumen, bedingen nnS mit Kränzen nnd brachten Brot, Tausende von Eiern, Milch, Obst und anderes. Ergreifend war es anznseheri! Manche Frendenträne floß. Das war die Volksmeiming nach dreijähriger Nnssensierrschast! Nur nebenbei sei bemerkt, daß einige Inden Papier (!) spende ten znm Einwickeln der schönen Spenden, dafür überhäuf ten sie nns mit biblischen Segcnssprüchen. An der Reichsgrenze stellten sich die tllnssen gmiz der- wegen unserem Voimarich entgegen. Gefangene Oester- reicher halten Stellungen ansheben müssen (übrigens be freiten w:r viele nach ein-, zwei- oder dreijähriger Gefan- aein'chaft), nnd diese waren ganz modern befestigt, Gut ein- gescho"l.n > Aitillene, versteckt eingebaute Maschinengewehre und andere Dsitswassen suchten nns den Uebcrgang über den Zbrnez. den Grenzfluß, zu Wesiren. Vergebliche Michek Fwar kostete es Mühe. mancher ertrank, aber wir waren: ans russischem Boden, l! Tage nach Beginn unserer russi schen Offensive. Pie' Kriegsgerät. Mnnitian, Geschütze nnd Gefangene wurden c'»gebracht. Sicher wäre die Gefange nen zahl größer, -venu die Russen .sicht ihre eigenen Leute, die diese Absicht iermisten ließe», mit Maschinengewehren nnd Schrapnells niesim gemacht ballen. Diese armen, dum men Bauernsöhne. Mancher lOjäsirige fand sich darunter Ganz schneidig l en itzimn sich die Offiziere, und alle Achtung vor manchen Regimentern. Aber es fehlte die Ueberzengnng, der Wille znm Sieg. Und das ist. was nns auch gegenüber de" russischen Uebenngchk stark nnd siegreich macht. Als Soldaten konnten wir nur bedauern, an der russisch'» Reicsisarenze .Halt" geboten zu bekommen. Uns verschlie ßen 'ich die Gründe, aber wir sind überzeugt, in Rußland mit einem solche:' SngeSznae Friedensarbeit zu leisten. Dieser Krieaszna bleibt uns eine der wertvollsten Erinn niuge-i. Er bat gezeigt, daß trotz de§ langweiligen Gra- beukiieaes dec denticke Angriffsgeist nngeschwächt fow- beskcsit. Eine Unterredung mit Admiral Scheer Im ,.Leipziger Tageblatt" veröffentlicht Dr. Eberlein eine Unterredung mit Admiral Sch e er. Wir geben folgende Erörterung über die Uiiterseebootfragc wieder: ..Verspreckxm sich Erzellenz viel von dein verschärfen Unterseebootkrieg?" kragte icsi schließlich geradeswegs. „Alles." ..Das ist ein zuversichtliches Wort, aber icsi mnß ge neben, ich habe dasselbe Vertrauen bei allen Unterseeboots» sichrer» gesniidcm." Der Admiral nickte. „Hieniber gibt es, bei uns in der Marine wenigstens, keinen Meinungsstreit. Sie wer- d e i! e s schasse n. Unbedingt. Natürlich darf man sich nicht ans einen Termin scstlegcn wollen, aber ein Kind kann sich ansrechnen, daß bei nngesähr (gleichem Fortgang der Versenkung, einmal etwas weniger, das andere Mal wie-