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Nr. LGS LS. Jahrg. Montag den 23. Juli 1917 o > o »««g-de 0 di-rt-lsthUtch ».IO ^ I» D»»«den und ganz Dextzchlmid frei Hau» »S» ^k! in vesterreich 4.0« X. Linzel-Nummer 1« 4. Dt- Votks^-ttim^ei^e« an a»en '» 1» n»» M-daktt»», 16, HolLekkstrahe 4« Fernsprecher 21366 «-ftfcheckkont- Leipzig Sir. 14797 U»j»iftkni Amiahme von Kcl<h»N»a!,jetae!i bi» I« U-e von Aamilienanzeigcn bi-' 11 Uhr vorm. Pret« fiii di- P-tit-SpaUj-iie HO 4. im »eNa- m-icil ««» z. Für »nd-utlich geschriebene, sowie durch Fern- svrecher »usgegebene Sli^eige» küinien wir di- jicimUworMchieii sürdi-RichIigtcit de»!lep»» nicht übernehmen. Sprechslinide der Redaktion: II—I» Uhr vorin. Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Ientrumspartei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. Nach dem Gewitter Die Fenster auf, damit die frische Luft herernströmt und den angesammelten stickigen Dunst himvegfegt — nämlich aus den Köpfen und Herzen. Eine Masse von Zweifeln, Sorgen, Mißklängen hat die Krisis zuwege gebracht, auch in unseren Reihen. Wer da meint, dieses oder das hätte anders gemacht werden können und sollen, mag in seiner Ansicht über das Ver gangene ungestört bleiben. In der Gegenwart können sich alle wieder zusammenfinden auf dem Boden der voll- endeten Tatsachm, mit denen jede praktische Politik rechnen muh. Und diese Tatsachen sind glücklickzerweise so geartet, dah sie ein gedeihliches Zusammenrücken der guten Kräfte für die Zukunft ermöglichen. Um die aufgefrischte Luft in alle Ecken und Winkel dringen zu lassen, gibt cs kein besseres Mittel, als die allgemeine Verbreitung von zwei Reden, die von durchschlagendem Wert sind für die Klärung der Lago, die Beruhigung und Sammlung der Volkskräfte: die Antrittsrede des neuen Kanzlers und die Programmrede des Zeutrumssprechers Fehrenbach. Wer diese Kundgebungen von der Ministerbank und aus der Mitte des Hauses nrit einander würdigt, wird von der Befürchtung von weiteren Konflikten und Krisen befreit werden und insbesondere auch von der Sorge, dah durch den jüngsten Sturm etwas verdorben sei an der Kampffähigkeit und Siegessicherheit Tcntschlands. Die Uebereinstimmung zwischen den beiden mah- gebenden Rednern in allen wesentlichen Punkten gibt der a-anzen Lage das günstige Gepräge. Sie erstreckt sich auf jeden der drei Punkte, die bei der 'Krisis in Bctraclff kamen. Der Frage des preuhischen. Wahlrechtes l-atte bereits Herr v. Bethmmm Hollweg den Stachel ausge zogen durch seine letzte, Amtshandlung, die Gegenzeichnung der ergänzenden Botschaft, die das gleiche Wahlrecht ver- beihl. Der neue Kanzler hat. sich rücklialtlos auf diesen Boden gestellt, und der Zentrumsredner erklärt sich be friedigt in der Hoffnung, dah möglichst bald die volle Er- süllring eintrete. Zur Frage der „P a r l a m e n t a.r i s i etu n g" führt der Abgeordnete Fehrenbach aus, dah sowohl der bundes staatliche, Charakter des Reiches wie auch das Erncnnungs- recht des Monarchen sorgfältig gewahrt werden solle und das Ziel einfach dahin geht, die Fühlung zwischen Regie rung und Parlament zu verbessern, insbesondere Lurch Be setzung von Reichsstellen mit Parlamentariern. Der neue Kanzler erklärte bestimmt, daß er zu diesem Zwecke alles tun werde, was bei dem bundesstaatlichen Charakter und den konstitutionellen Grundlagen des Reiches möglich sei. und er fügte noch hinzu: „Ich halte cs auch für wünschenswert, dah das Vertrauensverhältnis zwischen dem Parlament und der Regierung dadurch enger wird, dah Männer in leitende Stellen berufen werden, die neben ihrer persönlichen Eig nung iür die leitenden Stellen auch das volle Vertrauen der großen Parteien in der Volksvertretung ge nießen." Der Kanzler dehnt also den Kreis etwas weiter aus, indem cr nicht allein die gegenwärtigen Abge ordneten, sondern auch die augenblicklich mandatloscn Vertrauensmänner der großen Parteien in Betracht ziehen Null. Dagegen ist offenbar nichts einzuwenden, denn cs kommt ja aiff die Heranziehung der tüchtigsten Persönlich keiten aus allen Gr rippen und Schichten an, und mancher, der kein Abgeordnetenmandat übernehmen konnte oder wollte, kann sich für einen höheren Bcamtenposten sowohl in sachlicher wie in politischer Hinsicht vorzüglich eignen. Nach den letzten Nachrichten wird die „Parlamentär!- sie.'iing" in diesem Sinne tatsächlich bereits vorbereitet durch eine Besprechung, zu der Staatssekretär Helfferich die Führer der Reichsparteien zum Freitag abend eingeladeu hatte, und an der auch der Kaiser selbst teilnahm. War nun den dritten und hervorragendsten Punkt, die K r i e s z i e l - E ' k l ä r u n g , angeht, so ist schon darauf ilüngewiescr. worden, daß der neue Kanzler sich im wesent- lichen der Erklärung angeschlossen hat. Er führte aus, was wir im Wege der Verständigung für die Lebensbedingung des Deutschen Reiches, für die dauernde Versöhnung der Völker und den wirtschaftlichen Frieden erreichen müssen, und erklärte dann bestimmt: „D i e s e Z i e l e l a ss e n s i ch im Rahmen Ihrer Resolution, wie ich sie auf- fasie erreichen." Dah seine Auffassung richtig ist. be- zeugt ihm ausdrücklich der Abgeordnete Fehrenbach: „Die Absicht des Reichstages gebt in U c b e r e i n st i m - ui n n g in i t d c n^ soeben gehörten Worten des Reichskanzlers auf einen Frieden der Verständi gung." Wenn mar noch hinzunimmt, daß der .Kanzler die Zustimmung der Obersten Heeresleitung hat, so darf niuu jede Befürchtung mner lähmenden Mcinungs- verschiedenlwit abstreifen und ebenso die Sorge wegen eines Schwäche-Eindrucks im AuSlande. «««»- -«»»«»»»»- H Dtts Nenefte vom Tage H -»»»»»«»,- -»>»» M WM ilkMk WEM (Amtlich. W. T.-B.) Großes Hauptquartier, den 23. Juli 1917. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Krau Prinz Nu PP recht: In Flandern ist die Artillerieschlacht wieder zu voller Kraft entbrannt. Sie dauerte die ganze Nacht hindurch an. Unsere sür die Führung des Feuerlampfes unentbehr liche» Fesselballons waren längs der ganzen Front das Ziel erfolglosen feindlichen Sperrfeuers, östlich von Allein wurden sie einheitlich auch durch zahlreiche Flnggeichwader angegriffen. Unsere Kampfflieger und Abwehrgeschütze brachten diese Luftangriffe zuin scheitern Die Fesselballons blieben unversehrt; acht feindliche Flugzeuge wurden ab geschossen. Erkundnngsvorstvße englischer Bataillone scheiterten. Heftige nächtliche Angriffe erfolgten zwischen Avion und Mericourt; Anfangserfolge des Gegners wurden ausge glichen. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: Bei guter Sicht lebte durchweg die Feuerlnligkeii aus. Am Nordhang des- Winter Berges bei Craonne gelang cs in kraftvollem, durch Feuer gut vorbereitetem Angriff, die eigene Stellung in 1 Kilometer Breite vorzuvcrlcgen. Brandenburgische und Garde-Truppen warfen die Franzosen aus mehreren Grabcnlinicn zurück und brachten über 233 Gefangene ein. Am Cornillet-Verg südlich von Nauroy waren Unter- nehmen hessisch-nassauischer Stoßtrupps erfolareich. Eines unserer Fliegergeschwader warf gestern Vormittag mit beobachtet guter Wirkung Bomben auf Harwick, an der englichen Ostküste. Die Flugzeuge keyrlen vollzählig zurück. Oeftltcher Artegsisch«nploitz Front des Gencralfcldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Heeresgruppe des Generaloberst vo» Eichhorn: Längs der Düna insbesondere bei Diinaburg und beider seits des 'Narocz-Secs nahm die Arlillerieiätigkeit er heblich zu. Südwestlich von Dünaburg ist ein russischer Vorstoß gescheitert. Südlich von Smorgon bis einschließlich Krowo griffen nach den verlustreich gescheiterten Anglisten den Vorabend die Russen am Morgen erneut an. Trommelfeuer ging dein Sturm voraus, der zu wechselvollen Kämpfen in unserer vorderen Stellung führte, in die an einzelnen Stellen die Russen eingedrungcn waren. Am Abend war die Stellung dank frisch durchgeführler Gegenstöße bis auf zwei Einbruchsstellcii wieder in unserer Hand. Heute früh blieb^,, neue breite Angriffe der Russen südlich yg„ Sniorga,, in unserem Sperrfeuer liegen. Heeresgruppe des Generaloberst v. Vöhm-Ermolli Unser Gegenangriff südlich des Sereth ist eine Opera tion geworden; der Russe weicht bis in die Karpathen hinein. Hervorragende Führong und ungestümer Drang nach vorwärts haben das erhoffte Ergebnis verwirklicht. Wir stehen auf den Höhen hart westlich von Tarnopvl, haben die Bahn Rohstyn-Ostr«w östlich unserer alten Stellung überschritten und die Vorwärtsbewegung zu beiden Seilen des Dnjestr begonnen. Der Feind leistete südlich der genannten Lahn starken Widerstand. „Front des Generalobersten Erzherzog Joseph: Längs de-:- Karpnihen Kammes b:s zur Pntna nahm die russische üstfechlsstäl gleit merklich besonders im Züdieil zu. Mehrere Vorstöße d?s Feindes wurden abgeschlagen. Heeresgruppe deS Generalfeld murickalls v. M > ckensen Am unteren Sereth deutete lrbhcstles Feuer ans be vorstehende Kämpfe. Mazedonischen Front Nichts Neues. Ter erste Gcneralqnartiermeister: Ludendorff. Schöner wäre es ja noch gewesen, wenn die National- liberalen und der bedächtigere Teil der Konservativen sich der Mehrheit für die Entschließung zugesellt hätten. Aber dis Nationalliberalen haben durch ihren Parteiredner in der Hai ptsache sich auf den Boden der Entschließung gestellt und ihre Zurückhaltung nur mit der taktischen Er wägung tug'-iindet. daß sie einen förmlichen Beschluß jetzt nicht sin zweckmäßig hielten. Zielil man alles in Belrackn. so standen Reichstag und Negierung schließlich ans dein Boden der Sam ml uns und B e r n h i g n n Tie öffentliche Meinung kann nichts Besse-, c- tun. als dnseu: Beispiel nachznahmen und nach dem Slucm, der g.näa'u verlausen ist. sich wieder zu frischer, flotter, einträchtiger Arbeit anszuraffen. Werffe,-Weisel! Iw: »nd zagen wollte, wird sich bei rich tiger Würdigung der Ergebnisse sagen: Es geht auch so! Ans das Gewittcr folgt Sonnenschein. Ein erfrischender Strahl ist die Bewilligung der ist Milliarden in der alten e i ii in ü tige n M e l- r bei! aller positiven Parteien. V v r m a ' t den Blick! Der französisch-russische Geheimverlrag Obwohl übrr die verlraulicken französischen KaiNiiier-- vcrhoadinngeii von allen Beteiligten strengstes Stillschweigen bewahrt wurde, ist doch aus dem Umweg über die Schweiz einiges darüber in die Oefsentlicbkeit gedrungen, was auch die Neugier der russischen Revolutionäre noch drin Inh >lt dieses VerlrogeS befriedigen könnte, für dessen Ersüllww bei dein letzten russischen Angriff wieder das Blut viel- ' tausender russischer Soldaten geflossen ist. Wie die Benu-o Tagwoch! nämlich initissit, gewährleistet das russisch-fran zösische Abkommen den Franzose» lischt »nr die Wieder gewinnung von ElsaßLotbcinge», sondern auch den Besitz des Soargebieies und gewisser Teile der Rheiiiproviaz, deren Einverleibung Frniktffch wünschenswert erscheint »ud außerdem die Erwerbung Syriens- Es ist bemerkensweu. daß nicht nur die französischen Abgeordneten, sondern auch die srinizöiiiche Presse, die bei. ihrer engen Verbindung mit de» Abgeordneten über die verii nnlichen Verhandlungen zweifellos unterrichtet wo.,, sich über den Inbai! dieses Abkommens vollständig on-r- schveigt — nniürUch ans rii.en Wunsch der stanzösisi-b.--, Regierung b». die olle Veranlassung hm, zu ocryinde-n, daß gerade jetzt in Rußland e!was über den Inhalt die--4 Abkommens bekannt n-std, das nicht die Französi n, sonde-n die Russen durch idien blutigen Angriff zu verwirklichen-, Veristen sei» sollen, llm so weniger bol wnn natürlich deutscherseits Veranlassung, dieses rnssiich französische Ge heimnis inil derselben Zmückballimg zu behandeln, zumal, die Kenntnis dieles rnisiich-sravzvnschen Abkommens a-,-»> sür weite Kreise in Deutsch!ni,d >chr lehrre ch ist. die da glanblen, Denstchland brauche nur in seinem Kliegsziel. ewen Pslvck zurückznslecken, n-.n sostn den Flieden hecb-'i-- zuführen. Die Indiskretion der Bc-rinr Tagwacht zeigt wieder einmal, wo die wahre Erobcrnngslnst und mithin die Schuld an dem Kriege zu suchen ist: nicht bei dem „imperialistischen" DenNchlano. das durch die Schmntzslnt der Lügenpcesse unserer Feinde für den Krieg verant wortlich gemacht w-rd, sondern bei den „deinekcatischei," Westmäckten und dem vor ihren Wogen gespchwte,, demo kratisierten Rußland. Daß England, die eigentliche Trieb feder des Krieges, an diesem Abkommen und an der Pe» nichtung Deutschlands in gleicher Weste lnteiligl ist, be kundete der englische Minister Curion, indem er in der ihm eigenen treuherzigen Weste Deutschland nnfforderte, seine Truppe» hinter den Rvein z-arückzuzieyen, wen» es ,Fried-iS- Verhandlungen einleiien wollte. «»«»«« « « »»«»«« Der Weltkrieg « »«»»« Zur Kriegslage In Ost Galizien trieben unsere Truppen am 2l. Juli, die geschlagenen Russen, wie an den Vortagen, in schaff-:» Verfolgung vor sich her. Wo der Gegner Widerstang stk leisten versuchte, wurde er mit energischen und kühnen Stößen gewors'-n und sinn sehr schwere Verluste beigebracht. Tie .Kriegsberichterstatter bestätigen, das; ähnlich wie bei dem großen russischen Rückzug im Jahre 191."> in Galizien und Polen, die von Kerenski befehligten russischen Truppen dii'cb besondere Brandkommandos »nd Brandgranaten alle Städte und Ortschaften in Brand setzen, die sie dem Tre-ge« überlassen müssen. Brennende Ortschistcn bezeichnen den Weg der weichenden geschlagenen Russen. Wie bei früheren Rückzügen, sind die Landstraßen »nd Wege mit Kriegsgerät, sortaewoilenen Ausrüstungsstück--», steckengebliehenen Wa gen Mid »nigeslnr-ten Automobilen übersät. Ln den