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Nr. 16Ä Mittwoch den 18. Juli 1917 c mit illustr. Beilage dlertelMkNch In Dresden und ganz Dettlch. HauS «.8« in Oesteridich B«»ug<pret», AnSaab« ^ mit illustr. Beilage dlertelMrNch « 4« >c ' >nnd frei S.»8 X. UoSgabe » dlerteljSbillch «.IN U«. In Dresden iiiid ganz Deutschland frei HauS « S« in Oesterreich 4.»« X. ikiiizel-Nummer IN 4. Die Sächsische BoSkszeitung erscheint an allen Wochentagen nachmittags. Sächsische UolKSMlMA GefchLflüftelle u»d Medattianr Dr<Od««»A. 10, HalL«instrahe 4L Fernsprecher 21366 Vostscheckkonto Leipzig Nr. 147V7 iUttirige« 1 Annahme dop BcschitftSanzeigen bis IN Uhr. von Familienanzcigen bis II Uhr vorm. Preis für die Pettl'Spaltzcile «v 4 - im diekla- meteii «U 4. Für undeittlich geschriebene, sowie dinch Fern- lvrechcr ausgegcdcnc Ilnzeigen können wir di» Lerantwortlichleit sür die Richtigkeit deS repeS nicht üvemchmen. Sprechslnnde der Redaktion: I I—I« Uhr vorm.. Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ -er Ientrumspartei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und reüg. Wachenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. Zur Lage Ter Hochgang der innerpolitischen Wellen hat die Er eignisse nnf den Kriegschanplätzen mehr in den Hintergrund neten tasten; n«d es ist nicht zn verkennen, daß nicht nur bei uns, sondern auch im feindliciren Ausland die inner politischen Vorgänge der jüngsten Zeit das weitaus größte Interesse der Oeffenttichkeil in Anspruch genommen haben. Wurde man sich bei uns aber überhaupt nicht recht klar .darüber, was in der Reichshauptstadt vor sich ging, glaubte bas feindliche Ausland schon am Vorabend der lang er- jebnten und voransgesagten deutschen Revolution zn sieben. In der Tat vollzieht sich gegenwärtig im Dentschen Reich,' <ine Umwälzung, die aber einen so friedlichen Charakter trägr, daß die Ernxrrtnngen unserer Gegner ganz gewiß ent- tänsctzt werden und seht schon Anzeichen vorliegen, daß ihre vorzeitige Freude sich in Mißmut und Betrübnis ver wandelt. schneller, als selbst Optimisten eS erwarten zn dürfen glaubten,' hat bei uns eine Renordnnng der inner staatlichen Verhältnisse eingesetzt. Preußen wird das gleiche Wahlrecht erhalten und mit dem Rücktritt des Reichskanzlers v. Bcthmann Hollweg dürfte auch im Reiche eine neue Aera beginnen. Noch sind die Auswirkungen der innerpolitischen Ereignisse ans die gesamte Lage noch nicht abznsehen, aber die Unrube, die sich der gegnerischen Preise schon vielfach be mächtigt bat und ihr Bestreben, die ganze Neuregelung in Prenßen-Dentschland als einen Bluff und ein Theaterspiel hinzustellen, dürften den Schluß znlassen, daß die friedliche Umwälzimg im Deutsche» Reiche trotz der großen unleug baren Fehler und Mißgriffe, die im Anfang unterlaufen sind, der Sache einer guten und schnelleren Beendigung des .Krieges dienlich sein wird. Zu großen Hoffnungen in dieser Hinsicht dürfen wir uns allerdings nicht hingeben, denn so lange nicht der Vernichknngswillen unserer Feinde gründ lich gebrochen ist, hat keine Bekundung und Verbürgung unserer Friedensbereitfchaft einen Zweck, und auch heute noch müssen wir mit den Waffen unser Recht verteidigen, das Vernunft und Willen unserer Feinde immer noch nicht anerkennen wollen. Selbst Rußland, das doch noch am meisten seine Sehnsucht nach Frieden bekundet hat, sendet fetzt wieder Tausende und Hnnderttansende seiner Zähne in den Tod unter der verlogenen Parole: Zur Befreiung Ruß lands! Wenn Rußland heute einer Befreiung bedarf, dann ist es die Loslösnng ans den Ketten seiner Verbündeten, die Beir.iiinck von den Männern, die das arme Volk auch heute noch stnn- und zwecklos auf Befehl Englands hinopfern. Es scheint allerdings, als ob die Erkenntnis dieses einen Notwendigen für Rußland in den Gliedern dieses riesigen Start-Körpers sich ihr Recht verschaffen null, dem: jüngst erst ! oben wieder die großen Gebiete Finnlands und der Ukraine den Petersburger Machthabern in aller Form die Gefolgschaft ansgesagt und die russische Regierung vermag anw nicht mehr dem Drängen und Fordern des Heeres und Volkes nach'Einstellen der opfervollen Offensive gegenüber sich raub zu stellen. Am erwartungsvollsten dürfen wir wohl hinsichtlich der Aufnahme der Neuordnung im Innern DeurstkslandS beim russischen Volke sein. Es ist doch wobl riickt anzilnehinen, daß es den russischen Machthabern nach dem Scheitern dieser letzten Offensive gelingen wird, Heer und Volk noch länger der Entente zuliebe den so heiß er- iebnren und so dringend benötigten Frieden vorzuenthalten. In England ist man sich von vornherein auch» darüber klar gewesen, daß ein Fehlschlagen der russischen Offensive — und ste ist fchlgeschlagen, w»nn Leinberg nicht erreicht wird — es unmöglich machen wird, den bislang so opferbereiten russischen Bundesgenossen nqch länger bei der Stange zn halten. Darum ist Englands Bestreben auch eifrig darauf gericl-tet, die bislang noch neutralen Völker Europas gegen Deurichland aufzuwiegeln. Je länger sie sich dagegen sträu ben. den Briten Gefolgschaft zn leisten, um so würgender und unerbittlicher wird der Druck, den England und sein amerikanischer Gesinnungsgenosse auf sie ansübt. England hofft, daß seine griechischen Rezepte auch anderwärts ihre Wirkung nicht verfehlen werden und scheint in jüngster Zeit wieder ein besonders liebevolles Auge auf Norwegen ge worfen zu haben, dessen langgestreckte Küste ihm eine vor zügliche Flottenbasis zn sein scheint. Kriegstreiber Wilson Im Repräsentantenhanse des amerikanischen, Kongresses laben nicht nur seiner Zeit nicht weniger als 5,0 Abgeord nete gegen den Krieg mit Deutschland gestimmt — der Kongreß ist auch heute noch keineswegs kriegsbegeistert, wie fick das an der Behandlung der von Präsident Wilson vor- geschlagencn Kricgsgesetze zeigt. Tics stellen — teils klagend, teils freudig — amerikanische Blätter fest und mehrere sagen ungeniert, der ganze Krieg sei nichts anderes als „Woodrow Wilsons persönlicher Krieg". Tie in Eharle- sion ^Südkarolina) erscheinende Zeitschrift „The Amen- N MW MW TWUM tW. T. B. Amtlich.) Großes Hauptauartier, 18. Juli 1917. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Nupprecht: Der Artilleriekampf in Flandern war an der Küste stark; von der A)ser bis zur Lys hatte er sich gegen die Vortage erheblich gesteigert. Zwischen Hollebeke und Warnston sind englische Er- kundungsvorstöße im Nahkampfe abgeschlagen worden. Am La Bassee-Kanal, bei LovS und Lens sowie auf beiden Ufern der Scarpe war das Feuer in den Abend- stunden lebhaft. Bei Einbruch der Dunkelheit griffen die Engländer nördlich der Straße Arras-Cambrai an. Sie wurden bis ans eine schmale EinbrnchssteUe westlich des Bois du Bert zurückgeworfen. Heute Morgest würbe ein englisches Bataillon, das nördlich Fresnop vorging, durch Feuer vertrieben. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: Längs der Aisne und in der Champagne blieb bei trübem Wetter die Feuertätigkeit meist gering. Aus dem linken Maas-User wurde tagsüber gekämpft. Nach dreistündiger stärkster Artilleriewirkung griffen die Franzosen in drei Kilometern Breite vom Avocourt-Wald bis zum Grunde westlich des „Toten Mannes" an. An der Südostecke des Waldes von Malancourt und beider seits der Straße Malanconrt-Esiies drangen sie »ach er bittertem Kampfe in die von uns kürzlich dort gewonnenen Gräben; im übrigen sind sie zurückgeworfen worden. In abends erneut vorbrechendem Ansturm suchte der Feind seinen Gewinn zn erweitern; dieser Angriff brach ohne Erfolg verlustreich zusammen. Oestlich der Maas war das Feuer lebhafter als sonst. Heeresgruppe Herzog Albrecht: Keine wesentlichen Ereignisse. Oestlicher Kriegsschauplatz Front des Generalfeld marschalls Prinzen Leopold von Bayern: Erhöhte Gefechtstätigtcit herrschte bei Riga sowie südlich von Dünaburg und Smorgon. In Ost-Galizien war das Feuer bei Brzezany stark. Im Karpathen-Vorland nahmen im gemeinsamen Angriff bayerische und kroatische Truppen die von den Russen zäh verteidigten Höhen östlich von Nowica und wiesen in den erreichten Stellungen rusische Gegenangriffe ab. Auch an anderen Stellen der Lomika-Linie wurden die Russen in örtlichen Kämpfen zurückgedrängt. An der „Front deS Generalobersten Erzherzog Joseph: und bei der Heeresgruppe des TeneralfeldmarschallS ». Mackensen ist ein allmähliches Aufleben der Feuertätigkeit, besonders zu beiden Seiten des Susita-Tales und längs Putna und Sercth merkbar. Mazedouische Front: Nichts Neues. Der erste Generalquartiermelstor: Ludendorfs. Neue U-Boots-Ersolgc im englischen Kanal. 23 000 Brutto- Rcgistcr-Donnen Berlin. 18. Juli. (W. T. B. Amtlich.) Unter den versenkten Schiffen befanden sich 3 bewaffnete tiefbeladene Dampfer, von denen einer Munition geladen hatte und in „ -Sekunden nach dem Torpedotrcffer in die Lust flo,^ ferner ein tiefbeladcner großer Tankdampfcr, der aus einem stark gesicherten Gcleitzng hemnsgei'chossen wurde. D e r C h e f d e s A d m i r a l st a b c s d e r M a r i n c. can", welche dies mit besonderer Sclxirse hervorhebt, be merkt n. a. dazu,.die Geschickte werde diesen Krieg so nennen, denn das Land sei nur in ihn verwickelt worden, weit Wilson und seine vertrautesten Ratgeber es nicht-hätten mit ansehen können, daß die Machtstellung des hritiicl-en Reiches vernichtet würde. Wilson liebe England, habe eS in überschwänglichen Ausdrücken ververrlicht und sich mit Männern umgeben, die teils britische Untertanen, teils An beter Englands seien. Das Blatt beimM dazu, abgesehen von einigen Englandfanatikern, von den Munitionsschacliern der Wallstreet und der Presse, die entweder englisch fühle oder im Solde von Wallstreet stehe, lehne das amerikanisch/- Volk einmütig den Krieg ab. Und der Kongreß habe das gewußt, als er unter Wilsons Knute für den Krieg stimmte. Dafür, daß der Kongreß dies gewußt habe, führt „The American" verschiedene Beweise an. Mehrere Abgeordnete hätten es offen ausgesprochen, so z. B. Senator La Follette, der die Ergebnisse verschiedener von ihm veranstalteter Rundfragen über die Haltung des ameritanisch-m Volkes vorgelesen habe — alle hätten einmütig den Krieg abge- Iclmt. Und angesichts dieser Tatsachen habe der Kongreß sür den Krieg gestimmt, sogar auch sür die Bewilligung von 7 Milliarden Dollar als erste Kriegsrate und sür du tillgemeine Wehrpflicht, welche das amerikanische Volk wie Lämmer ans die Schllrchtbank der frangösisclx'N Schützen gräben treibe. Der innerlich widerstrebende Kongreß sei eben von Wilson mit Gewalt gezwungen worden, obschou bewiesen sei, daß Amerikas Konflikte mit allen Kriegs gegnern Deutschlands älter und stärker seien, als die mit Deutschland selbst, und die Vereinigten Staaten sicher nichr die geringste Schwierigkeit mit dem Dentschen Reiche gehabt hätten, wenn sie zunächst von Deutschlands Feinden Genug tuung verlangt hätten. Zn den Angriffen ans den dentschen Militarismus be merkt dasselbe Blatt noch, daß der dentsckie Militarismus ebenso wie die deutsche Industrie und die dentsche Landwirt schaft und wie eigentlich überhaupt die gesamte üeutsche Zivilisation sich von denen der Feinde Deutschlands nur dadurch unterscheide, daß sie unendlich tüchtiger und leistungsfähiger seien. Ter Leser wird hierzu die Frage stellen: Ja, wenn der Kongreß den Krieg nicht wollte, warum hat er sich denn dazu „zwingen" lassen? Er ist doch dem Präsidenten keinen Gehorsam schuldig. Und wie konnte Wilsen ferner seinen Willen durchsetzen gegen die öffentliche Meinung? Dazu ist zn bemerken, daß die Verhältnisse in Amerika von den unseren so verschieden sind, daß sie miteinander gar nicht können vergliclxm werden. Man glaube nur nicht, daß der Kongreß im allgemeinen dem Präsidenten wie eine willenlose Schafherde folgt. Das int nickt einmal die demo- kiatische Regierungspartei. Man muß aber nntersclieiden zwischen Fragen der i n n e r e n und der ä u s;>e reu Poli - t i k. Tie tiefe Kenntnis, welche ans Grund jahrhunderte langer Uebnng und Ueberliefcrnng das englische Parlament von den Fragen der internationalen Politik besitzt, fehlt im amerikanischen Kongreß ganz und gar. Kaum ein einziger Abgeordneter versteht etwas davon-. Die amerikanischen Kongreßabgeordneten sind nichts als P a rt e i p o l i t i ke r und interessieren sich nur sür Fragen der inneren Politik. Für Lösung der innerpolitischen Aufgaben sind sie gewählt, und dem Präsidenten würde cs schlecht bekommen, wenn er sie darin bevormunden wollte. Aber in Sacken der Äus- landspolitik ist jeder Gesetzgeber des Kapitols ein „weiße? Blatt", und da fällt es dem Präsidenten leicht, die Herren zn beeinflussen. Uebrigens hat der Kongreß in Fragen der auswärtigen Politik auch keineswegs die Führung. Neben dem Präsi denten hat sie ein Faktor, der noch stärker ist als er, nämlich die Presse, besonders die große Ncnhorker Presse, welche allein den Ton angibt. Gleich bei Ausbruch des Krieges ergriffen sie alle, an -er Spitze „New Norker Times". „Tribüne", „Herald", „World", „Globe" usiv. Partei gegen Deutschland, und damit war die Stellung nahme der gesetzgebenden Faktoren von selbst gegeben. Sie konnte von da an nur eine deutschfeindliche sein. Ein ameri kanischer Präsident kann wohl triumphieren über den Kon greß, aber niemals über die Presse. Und die amerikanische Presse ist gerade in Fragen der Auslandspolitik maßgebend: in der inneren Politik ist das nicht in der Weise der Fall, weil dck Presse sich hier um die Einzelheiten weniger küm mert, auch die Kongreßlente hier ihren „eigenen Kopf" haben und sich von den Zeitungen nicht leiten lassen wollen. In der inneren Politik spielen auch z» viele persönliche Inter essen mit, so daß die Parlamentarier liier wenig geneigt lind, fremden Einflüssen nachziigebcn, sowohl denen der Presse als des Präsidenten. Wenn Präsident Wilson bet jeder Gelegenheit verrät, daß er geneigt ist, den Krieg gegen Deutschland mit mög lichster Bitterkeit und Leidenschaftlichkeit zn führen, so hat