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G Bei! läge zur Sächsi iscl ,en Bo! lkszeitu ng Nr.L4V > ! Sonnabend den 30. Juni 1917 1 LS. Jahrg. Die Kämpfe im Wytschäte-Bogen Von militärischer Seite wird uns ge- schrieben: Das Feuer an den dom Angriff im Wytschaetc-Bogen voraufgehenden Tagen hatte alle deutschen Stellungen in zerrissene Trichterfelder verwandelt, in denen die Be- satzungen der einstigen Gräben miteinander nur nachts in Verbindung treten konnten, um die von rückwärts unter todesmutigem Einsatz herangesiihrte Verpflegung und Mu nition den Kameraden weiterzugeben. Das traf nicht nur für die Infanterie zu, sondern in gleichem Maße auch für die Bedienrungen der Maschinengewehre und der wenigen Geschütze, die vorn eingebaut dem erwarteten englischen An sturm begegnen sollten. Sie wiesen die Erkundungsstöße zurück, die bald hier, bald da englische Kompanien und Bataillone durchzuführen suchten. Wo die lichten Sturm wellen der Engländer sich auch näherten, überall prasselte ihnen das Feuer aus Front und Flanke entgegen, das sie scharenweise niederwarf. Wohl alle Führer der englischen, australischen und neuseeländischen Kompanien, die dort vor stießen, haben als Erkundungsergebnis ihrer Führung ge meldet, daß die deutschen Linien zwar zerschossen wären, daß aber noch nichts von Zermürbung der Infanterie und Nachlassen der Verteidigungskraft zu merken sei. Lob, An erkennung und Dank gebührt den Braven aus Württem berg, Westpreußen, Pommern, Sachsen und Bayern, die dort bei der schon früher vielnnrstrittenen Doppelhöhe 60 an der Straße nach Zillebeke, zwischen Bahn lind Kanal nach Z)pern, an den Trümmern von St. Eloi, auf den Höhen von Wytschaete, an den zerschossenen Höfen und in den Hecken nordwestlich und westlich von Mcssines, im Sumpf des Douve-Grundes und den nassen Wiesen südlich des Baches aushielten und kämpften! Endlich, ain 7. Juni früh, setzte der englische Angriff ein. Seit Mitternacht rasten lind heulten die englischen Geschosse stärker als je zuvor, Verderben bringend und doch Erlösung, denn nun wurde es gewiß, heute würde er an greifen. Und er kam! Vorher aber mußte er noch andere Mittel einsetzen, um in die deutschen Linien zu kommen. '. sliuen ließ er springen, die plötzlich anfflogen und Bresche in die Stellungen und ihre Verteidiger rissen. In die Lücken stürmte -der Feind. Jetzt galt's, ihn zu werfen mit der blanken Waffe! Und meist glückte es dem Verteidiger, )ie khakibraunen Stürmer im Nahkampf zu übenvältigen. Doch neue traten an ihre Stelle. Hinter Tanks her, die nicht alle zerstört werden konnten, da Staub und Rauch sie genauer Beobachtung entzog, quollen immer neue Feinde gegen die eigenen Linien, die immer lichter wurden! Der Feind schonte seine Truppe nicht, über die zurückgeworfenen ersten Sturmlinien strömten die zweiten und dritten Wel len. 11 Divisionen hatte der Feind gegen die 16 Kilometer breite Angriffssront eingesetzt. Er hat sie geopfert. Denn hinter den vordereil Linien fand er neuen Widerstand; dort griffen die Bereitschaften und Reserven ein, dort hämmerten die im Zwischenfeld verteilten Maschinengewehre und Nah- kampfgeschütze, die der Eisenhagel nicht batte zertrümmern können. An sie klanimerten sich die Schützen an, ihre Wir kung vervielfältigend und steigernd. ES gab keine zu sammenhängende Linie mehr, Nester bildeten sich unter un erschrockenen, tatkräftigen Führern, die trotz Verlust im stahlharten Willen: „Wir halten" dem anstürmenden Feind immer neue Verluste znfügtcn. Aber die Reserven des Feindes schienen unerschöpflich: Mlteten Trümmer seiner Sturmlinie zurück, so traten neue an ihre Stelle und in stundenlangem Kampf sahen die Führer die Munition knapp tverdcn, da Zuschub von rückwärts durch das Feuer im Hintergelände nicht mehr ausreichend durchkam. Allmählich wurde es ruhiger auf dem Schlachtfelds, wenigstens in dieser Zone. Rückwärts lag jetzt das feind liche Feuer, die Höhen- lind Wiesenstellungen abriegelnd. Ter Nachbar schwieg, dort tauchten Engländer ans dem Ranch auf: „Umgangen!" „Durchbrechen zum nächsten Nachbar? Aber wie?" Auch das eigene Häuflein, das bei dem immer noch feuernden Maschinengewehr so treu ans gehalten hatte, war immer kleiner geworden! Der Engländer war im Besitz der ersten Stellung von Wytschaete, Messines und all der ans der Welt des Schützen grabens bekannten Ortsnamen, benannt nach Heimat, Führer und Erbauer. Aber die englische Masse hatte sich verbraucht, ihre Stoßkraft war erlahmt im Kampf um die erste Stellung. Und der Feind glaubte schon, es sei ge- lnugen, was er erstrebte: Ter Durchbruch. lieber Messincs und Wytschaete ostwärts fließ er vor. Von den Bataillonen, die früh den Sturm geführt hatten, war wenig geblieben. Er mußte neue Reserven Vorbringen. Sie sollten noch die Kanal- und Lys-Uebergünge nehmen, die weiter östlich das erhoffte Tagesziel bildeten. Ta setzte der deutsche Gegenangriff ein. Feldgraue Linien lösten sich ans Knicks, die die Fernsicht hinderten, zwischen Wambeke und La Poterie, und kamen in unauf haltsamem Vorgehen, bald feuernd, bald im Sturm die eng lischen Linien überrennend, bis Messines vor. Dem An- griff der Garde, der Bayern und Sachsen, hielt der Gegner nicht stand. Ans diesen: Teil des Schlachtfeldes mußte er zurück. Ta setzte er seine letzten Infanterie-Reserven, Tanks und Kavallerie ein. Von den Höhen nördlich Wytschaete in südöstlicher Richtung vorbrechend, traf der neue englische Stoß auf den rechten Flügel des deutschen Gegenangriffs, der sich vor dem Anprall zurückbog. So machte er das Feld frei für den rechten Nachbar, in dessen Feuer die englischen Schwadronen zerfetzt wurden und zurückfluteten. Doch südlich des im Gegenangriff wiedergeivonnenen Geländes saß noch der eingebrochene Feind. Er flankierte aus den Gräben westlich von Warneton das Kampffeld nördlich der Tonve. Erst später gelang es den Bayern, dort den Feind wieder znrückzndrängen. Inzwischen wurde es Abend. Ter englische Durchbruch war heute mißlungen. Tie 11 englischen Divisionen hatten die 6 deutsckw'n nicht durchbrechen können. Wohl hatte der Feind sie zurück gedrängt und Gelände gewonnen, die Höhen bei Wytschaete, das Torf Messines waren sein. Im Zwischenfelde wurde noch bis zur Nacht gekämpft — Um klare Verhältnisse zu schaffen und gegen weitere An griffe am nächsten Tage gerüstet zu sein, der Artillerie auch ihre geordnete Mitwirkung im Sperr- und Abwehrfeuer zu erleichtern, gab die Führung das wiedergewonnene Gelände auf und wies der Truppe ihre neue Verteidigungslinie über Hollebeke—Wambeke—Poterie, gegen die bisher alle eng lischen Vorstöße gescheitert sind. Ter Engländer hat dort seitdem im größeren Umfange nicht inehr arrgegriffen. — Er hatte die Zahl seiner zum Durchbruch angesetzten Tivi sonen zu niedrig bemessen. Wieder einmal hatte deutsches Wollen in zähem Aus harren und kraftvollem Gegenstoß der englischen Massi Schranken gezogen! Die Taten der deutschen Regimenter, Maschinengewehr trupps und Batterien reden ihre eigenste Sprache: Der Feind hat sie gefühlt, fühlt sie noch an den Lücken, die der Tag von Wytschaete und Messines in seine vor dem Kamp' anfgefüllten Divisionen gerissen hat! Wollen wir nicht endlich ... Unter dieser Ueberschrift finden wir im „Deutschmeister" vom Februar 1917 folgenden starken Tabak, von dem wir unfern Lesern etwas anbieten wollen, damit sie sehen, daß es in Deutschland den Ent-Entenschnäbeln zum Trotz noch Freiheit gibt für deutsche Worte. Die frischen Sätze stammen aus der Feder Wilhelm SchwanerS, des tapferen, hochge sinnten Herausgebers, der wie kaum ein zweiter unentwegt im Kampfe steht für deutsche Zucht und Sitte. „200,70 Mark haben laut Rechnung, die in meinen Händen ist, vor einigen Wochen drei „Herren" in einem „Vornehmen Restaurant" des Berliner KurfürstcndammS — verpraßt und verschlemmt. Man verzeihe die beiden harten Worte; aber gibt es passendere für diese Zahlen; Brot und Butter 2,70 M-, Caviar 72 M., Schildkröten 15 M., Kalb steak 15 M., Rebhuhn 8 M., Schnepfe 12 Pt., Jungschwein 5 M., Bratkartoffeln 8 M, Spinat 4,50 M.. Bananen 1,50 M., 3 Flaschen Wein 39 M., Zigarren 11 M., Fische 12 M?! Wollen wir nicht endlich die Zcntral-Einkaufs- Gesellschaft und das Kriegs-Ernährungsamt zwingen, die offenbar noch in reichem Maße vorhandenen Lebensmittel der „vornehmen Schlemmer-Restaurants" und gewisser Schlösser dem wirklich notleidenden armen Volke, des Mittel standes zuzusühren? Und wollen die Herren der Linken, die früher, als die Rechte am Staatsruder saß, imme^ so ergreifende Töne zu reden wußte, von der Not der kleinen Beamten, die so tapfer cinzutrcten wußte gegen die Steuer- Drückeberger und -Hamster des „feudalen Ostens", wollen die millionärfetten Zeitungs- und Händlerfürstcn des Jerusa lemer Viertels — die mit ihrer Kapitalgier in Wirklichkeit die eigentlichen KriegSkcime sind! — wollen die lieben Frei sinnigen, die Volksparteilcr und Sozis nicht allen Ernstes mal an die „Expropriation der Expropriateure", an die Enteignung der Enteigner, an die Verteilung der ergaunerten Millionen unserer gräßlichen KriegSschlemmcr gehen und da mit bei sich selber anfangen? Das ist cs, wonach unsere Soldaten als nach dem höchsten Siege ausschauen! 34000000 Pfund Zucker hat Herr v. Batocki hin- gegeben zur Versüßung sauren Weines als für „ein wichtiges, schwer zu entbehrendes Gcnußmittel" — wir wissen also, warum unsere Einmachefrüchte verderben müssen, warum wir jetzt das ganz wertlose Saccharin zur Versüßung unserer Tees nehmen müssen; damit die „schwer zu entbehrenden", für den Hurrapatriotismus so dringend notwendigen Restau rantbrüder ihre alte Marke ja weitercrhalten! 850000 Tonnen Gerste geben wir immer noch her zur Erzeugung von Bier. Diese Gerste ergäbe 570000 Tonnen Graupen, d. h. auf jeden Deutschen jährlich 16 Pfund, auf eine Familie von 5 Köpfen also 80 Pfund, so daß eine solche Familie wöchentlich beinahe 2 Pfund Graupen erhielte, fast genügend für 2 Mittagsmahlzeiten! Herr Batocki aber meint: „Es wäre für die Gegenden und die für die Leute, die an mäßigen Bicrgenuß gewöhnt sind, unrichtig, diesen Genuß vollständig zu beseitigen." Wollen wir, zum Donnerwetter, dieser Exzellenz nicht endlich klar machen, daß es Verbrechen, daß es Vaterland-verrat ist, die Gegenden und die „Leute", die schon sowieso an nur mäßiges Essen und Trinken ge wöhnt sind, durch weitere Vorenthaltung wichtiger Nahrungs mittel zum Aeußersten zu treiben? Wollen wir, zum Donner wetter, uns nicht endlich fragen, was und wer wichtig ist für die Zukunft deö deutschen Volkes und der germanischen Rasse, die deutschen Biertrinker oder die deutschen Mütter und Kinder?! > N7 Anfang Dezember hatte die Berliner Polizei gewissen „Restaurants" mit Nachtmusik und „Damen"-Bcdienung die Polizeistunde gekürzt. Wer wütete am meisten dagegen? Die Rose vom Rhein Roman^von Erich Friesen. Nachdruck nicht'gestattet. (14. Fortsetzung.) KI. Mit Bangen harrte inzwischen die „Rose vom Rhein" des nächsten Tages, an dem Walter v. Hochstedts Rappen iyr aufs nene Modell stehen sollte. Wie oft fragte sie sich, ob sein Herr das Tier ihr selbst zuführen oder ob er es dem Reitknecht überlassen werde. Als aber zur festgesetzten Stunde der Rappen mit dem Reitknecht eintraf und kein Walter v. Hochstedt zu erblicken war — da verging der kleinen Rose die ganze Freude an der mit soviel Begeisterung begonnenen Arbeit. Am liebsten hätte sie die Zeichnung in tausend Stücke gerissen und wäre davongelaufen — weit, weit weg. Doch was würde die Mutter denken! Und Herr v. Hoch stedt, wenn er davon erführe! So begab sie sich denn an die Arbeit — ohne jede Lust, bloß aus Pflichtgefühl, weil sic die. Bestellung doch nun ein- .nal übernommen hatte. Ihr war, als hingen ihr Gewichte an den Fingern, die sonst so hurtig und fröhlich übers Papier glitten. Sie war sich selbst nicht klar über die seltsame Empfin dung, die ihr junges Herz bewegte. Sie fühlte nur, daß seit kurzem alles anders geworden war — nicht nur in ihr, sondern auch um sie herum. Die Welt erschien ihr schöner, die Sonne strahlender, das Leben lebenswerter. Und daß dies innere Frohlocken, dieser goldene Schim mer, der für sie über allem lag, mit Walter v. Hochstedt zu- sammenhängen mußte — auch das fühlte sie. Wenn sie die blonde Reckengestalt nur von weitem er blickte, so hüpfte ihr Herz bereits vor Freude. Und wenn seine von einem kleinen blonden Schnurrbart bedeckten Lippen gar ein paar freundliche Worte zu ihr sprachen — dann meinte sie, ihr törichtes kleines Herz müßte stille stehen vor Glück .... Und nun war er heute nicht gekommen! Wie kalt er schien ihr Plötzlich die Welt! Und wie dunkel! Und wie öde! Im geheimen zerdrückte sic eine Träne. Dann regte sich der Stolz in ihr. Sie wollte nicht weinen — nein. Was ging sie überhaupt dieser Herr v. Hochstedt an? Ebenso wenig wie der Baron v. Prillwitz! Sie waren ja alle gleich, die vornehmen Herren! Einer wie der andre. So suchte sie ihr bang klopfendes Herz znm Still- schweigen zu bringen. Aber es wollte ihr nicht gelingen. Und als sie plötzlich drinnen im Hanse eine Männerstimme vernahm, die ihr bekannt war und vertraut — ach, so ver traut! da gebärdete sich dies unbegreifliche kleine Herz ganz toll. Es machte einen plötzlichen Sprung, um dann für eine Weile stillzustehcn Dann aber huschten die kleinen Finger mit dem Stift wieder flott übers Papier. Rose hatte wieder Lust zum Zeichnen bekommen. Sie hatte wieder Lust zu allem. Am liebsten möchte sie Da trat auch schon Walter v. Hochstedt an sie heran. Zögernd reichte sie ihm die Hand, die er herzlich drückte. Dabei trafen sich für einen Moment ihre Blicke . . . . Während es in den braunen Männeraugcn hell auf- leuchtcte, senkten sich in scheuer Befangenheit die Lider über den blauen Augen des Mädchens. Er blieb nur etwa eine Viertelstunde. Und redete nicht viel — — Und doch fühlten beide, daß ihre Herzen einander ent- gegen schlugen. Und znerkwürdig — beide vermieden es, von Schloß Eichwald und seinen Bewohnern zu sprechen, als könnte die Erwähnung des Barons v. Prillwitz und seiner Schwester die Weihe dieser Stunde stören. — Mehrere Tage waren vergangen. Heute hatte der alte Rappen zum letztenmal vor dem kleinen glycinicnumwachsencn Hanse Modell gestanden. So eben war er wieder fortgeführt worden nach dem heimat lichen Stall. Das Bild war fertig. Mit vor Eifer glühenden Wangen betrachtete Rose ihr Werk. Es war wohlgelungen — sic wußte es, und berech tigter Stolz strahlte aus den veilchenblauen Augen. „Guten Morgen, Fräulein Rose!" rief plötzlich eine näselnde Stimme übers Parkgittcr herüber. Wie aus glückseligem Traum jäh erwachend, schreckte das Mädchen zusammen. Am Tor stand der Baron v. Prill witz und spähte mit seiner gewohnten Sicgermine durch sein Monokel zu ihr herüber. Schweigend neigte Rose den Kopf zum Gegengriff;. Sie hatte in den letzten Tagen die Existenz dieses Mannes fast vergessen. Und wenn ja einmal ein Gedanke ihn flüch tig streifte, so geschah es nur wie ans weiter, weiter Ferne. In ihrer Unschuld meinte sic, er müßte sich schämen wegen seines damaligen Benehmens ihr gegenüber und würde sie fernerhin in Ruhe lassen. Umso unangenehmer berührte es sie, als er jetzt, ohne auch nur um Erlaubnis zu fragen, näher trat und mit der Miene eines Menschen, der ein Recht dazu hat, über ihre Schulter hinweg, die Zeichnung betrachtete. „Ach, hin — ist das eines meiner Pferde?" „Nein," erwiderte sie klopfenden Herzens, ohne ihn an zublicken. „Nicht —? Wem gehört es denn?" „Herrn v. Hochstedt." „So, so! . . . Und für wen ist die Zeichnung be stimmt?" Sic zwang sich zur Ruhe, obgleich bereits leichte Nöte des Unwillens ihre Wangen färbte. „Für Herrn v. Hochstedt."