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Nr. A V RE». Jahrq. Sonnabend den 1V. März 1017 Geschäftsstelle und Nedaktlan, Dresden»2l. 16. Hotbcinstonße Fernsprecher -:1 3<»6 PosLscherkt-nto Lvi^g Str. 147»? 0 a Anzrlgen: Pnnalnuedo» Vi-ichüfis-nzoiqenü!? ItNUN. »o» ^amiUnlmizeicN'» dts 11 lv»r 1»ni>. Preis 15» k>iePrIU>Cpa1!zelI«SV z. tiu SVNa- incleil «v ^ Mr undciüUch prschrirlmr, sowie durch Arrn- s>'7> i!,cl nuiqe,»?!».'!»' lom!>>» wn dir «rra:r»vvni>chlril lürdir!'!u1,>ik,srU deSLex1o» mchl Ldcnichnien. Sprechsimidr der SIrLuliionr I I—-lS UHr von». U — Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Ientrumspartei. Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. 8 uost 84 Der preußische Landwirtschastsminister, und seine Gegner Vor einigen Wochen wurde die Nachricht verbreitet, der i eubische Landwirtschaftsminister Freiherr v. Sctsorlemcr .erde von seinem Amte znrücktreten. Kurz darauf erklärte ws W. T. B. die Nachricht für falsch und in der Tat be- ünüet sich der Minister bis heute noch auf seinem Posten. 5ein Rücktritt wurde von der gesamten Linken im Abgcord- »etenhanse und im Reichstage gefordert und in den ihr nahe- n-henden Blättern mehrten sich die Angriffe von Tag zu ä'ag. Sie nahmen ständig an Heftigkeit zu, weshalb in rolitischcn Kreisen ernstlich mit einer Krisis gerechnet wurde. üAs hatte nun Herr v. Schorlemcr verbrochen? Er soll ie Interessen der Landwirtschaft zu viel und die der groben rtädte zu wenig wahrgenommen haben. In diesem Sinne ,)ube er auch auf die einzelnen Kriegsgcsellschaften einen Einfluß versucht und teilweise gehabt, sodaß die ErnährungS- -.llwierigkeiten der Städte zum größten Teil den angeblich unrichtigen Maßnahmen zuzuschreibcn seien. Die dem Minister gemachten Vorwürfe gaben ihni nun Veranlassung n einer Art Abrechnung mit seinen Gegnern, die er in der Atzung des preußischen Abgeordnetenhauses am 7. März > ornahm. Der stete Mangel an Raum laßt uns die An gelegenheit erst heute behandeln. Nach einem Bericht des W. T. B. sagte der Minister: Dem Abgeordneten v. Kardorff danke ich für das mir -msgesprochcne Vertrauen. Die gegen mich erhobenen Vor würfe muß ich als durchaus unberechtigt zurückwciscn. Die -kreise, von denen diese Angriffe und Vorwürfe auSgchen, ibcrsehcn vollständig, wieweit der Einfluß des preußischen Land- w i r t s ch a s t s in i n i st e r s 'ich gegenwärtig noch erstreckt. Ich soll nicht nur das Reichsamt des Innern, sondern auch das Kriegsernährnngs- amt völlig meinem Willen unterworfen, und ich soll bei weiner Tätigkeit die Interessen der Konsumenten völlig - nßer acht gelassen haben. Die zahlreichen K r i e g s o r g a n i s a t i o n c n. die das „Berliner Tageblatt" in den letzten Tagen ja in so abersichtlicher Weise zusammengestellt hat, haben den Ein- stuß des preußischen Landwirtsck-aftsministers, seine Mit wirkung bei zahlreichen Maßnahmen nicht allein auf dem Gebiete der Volksernährnng, sondern auch auf dem Gebiete der Erzeugung, in weitestem Maße abgeschwächt. (Leb haftes Hört, hörtl rechts.) Ich kann, ohne zu übertreiben, - ersichern, daß die Dinge gegenwärtig schon soweit gediehen und, daß niir der nötige Ueberblick über unsere gesamte wirtsck-aftliche Lage und die Prüfung der Frage, wieweit die Erzeugung auf die Bedürfnisse der Konsumenten einzn- stellcn ist, sehr erschwert, wenn nicht geradezu unmöglich wnmcht ist. (Stürmisches Hört, hört! rechts.) Angesichts dieses tatsächlich vorhandenen Zustandes soll ich nun der Verbrecher sein. n-r das Reichsamt des Innern, das Kriegscrnähningsamt -nd die verschiedenen Neichsstellcn an Maßnahmen ge bindert hat, die im Interesse der Verbraucher sich als not wendig ergeben haben. Das ist keineswegs der Fall. Wie weit meine Kompetenzen noch gehen, möge folgendes N'ige»: Nach unlnidersprocktenen Zeitungsnachrichten ist im Rc- aierungsbezirk Trier der Kartofselanbauzwang eingeführt worden. Ich habe von dieser Maß nah nie nichts gehört. lHört. hört! rechts.) Ich bin als Landwirtsckiastsministcr !>ir Preußen nicht danach gefragt worden. (Erneutes leb haftes Hört, hört!) Ich tvar genötigt, mich an den Regie- nmgspräsidentcn von Trier mit der Anfrage zu wenden, ab diese Nachricht richtig und auf Grund welcher Bestim mung eine deratige Verordnung ergangen sei. (Hört, hört! cchts.) Ich mußte dies anführen, um der Anschuldigung mikgegenzutreten, als wenn ich in Preußen Maßnahmen des KriegsernährnngsamteS unmöglich gemacht hätte. (Sehr l»t! rechts.) 1 Das Neueste vom Tage! In MW ÜkllW MerllM (Amtlich. W. T. B.) Großes Hauptquartier, den 10. März I9l7. Westlicher Kriegsschauplatz Südlich der Avre griffen die Fraizosen Teile unserer Gräben bei Lmconrt und südlich von CrapeaumeLnil an Eie wurden im Handgemenge geworfen, 12 Gefangene blieben in unserer Hand. Oestlich von Reims holten unsere Stoßtrupps 1-t Mann aus den feindlichen Linien. In der westlichen Champagne gingen beiderseits von Prosneü Russen, geführt von französischen Oifiziercn, gegen unsere Stellungen vor. An einzelnen Stellen eingedrnngcne Abteilungen wurden durch Gegenstoß Vertrieben. Südlich von Ripont entspannen sich westlich der Cham pagne Fe., die mehrmals den Besitzer wechselte, neue Kämpfe, die keine wesentliche Aendcrung der Lage hcrbeiführlen; dort wurden von uns 55 Gefangene einbehaltcn. Auf dem Westufer der Maas blieb am Walde von Cheppg ein französischer Vorstoß ergebnislos. Oestlich der Maas brachen unsere Sturmabteilungen in den Canrieres Wald ein und kehrten mit tt Offizieren, 200 Mann und zwei Maschinengewehren zurück. Der Rest der französischen Grabeubcsatzimg entzog sich der Gefangen nahme durch eilige Flucht. Auch bei Flirch. zwischen Maas und Mosel, gelang eine Sturmtriippenniiteriichmiing wie beabsichtigt', dabet wurden 15 Gefangene eingebracht. Unsere Flieger schossen 0 feindliche Flugzeuge und 2 Fesselballons ab; durch Abwehrfeuer wurde ein feind licher Flieger zum Absturz gebracht. Leutnant Freiherr von Nichlhofen blieb znm 25. Male Sieger im Lnstkampfe. Oestlichen .Kriegsschauplatz Keine Kampfhandlungen von Belang. Die Zahl der bei Erstürmung von Magharos gemach ten Gefangenen erhöhte sich auf 13 Offiziere, 50 t Mann, die Beute auf 17 Maschinengewehre und 5 Mincnwcrser. Mazedonische Front: Nichts Nene?. Der Erste Gencralquartiermeistcr: Ludendorff. Gegen die fricdenSsreundlichen Tcnatoreu in Washington wird laut «Voss. Ztg." die Hetze mit beispielloser Heftigkeit fortgesetzt. Um den Senator Stone znm Rücktritt von seinem Amte als Vor sitzender des AnSschnssc's für Auswärtige Angelegenheiten zu zwingen, ist ein planmäßiger Feldzug eingeleitet worden. Wilson lässt die Handelsschiffe bewaffnen Laut „Verl. Lokalanz." befahl Wilson nach einer längeren Unterredung mit Lansing die Bewaffnung der amerikanischen Handelsmarine. Das Marineministerinm habe den Schiffswerften mitgeteilt, sie würde» staatlich be- schlagnalunt werden, wenn sie den Ban der von der Negie rung bestellten Schiffe nicht beschleunige» würden. — Auch im „Bert. Tagebl." wird mitgeteilt, daß Wilson von seinem Rechte, alle Handelsschiffe zu bewaffnen, Gebrauch mache. Die höchste Autorität im Lande hätte den Bescheid gegeben, daß der Präsident Befugnis dazu habe, ohne dazu vom Kon greß ermächtigt zu sein. Angrblichrr Schub gegen Unterseeboote Norfolk, Baltimore und Washington sollen gegenüber Uebcrraschnngen durch Unterseeboote geschützt werden. Znm Schutze der Reede von Hampton-Noad ist ein Stalstnctz ge spannt worden. Ein Minenleger arbeitet unausgesetzt, um Unterseeboot-Minen ausznstrcncn. livuo >mN piwrinii-ttts, kg» I!»!-.- uuä nan«»0tttunrs von M »r. Im Hinblick ans die Angriffe des Abgeord neten Scheide mann tröste ich mich damit, daß der Reichstag nicht befugt ist, die preußischen Staat-Sminister zu berufen oder abznsetzen. Ich kann dem Abgeordneten Scheidemann versichern, daß ich ans meinem Platz anüharren werde, solange mich der Wille Seiner Majestät des Königs und das Vertrauen der Landwirte hält. (Lebhafter Beifall rechts und im Zentrum.) Einen Beweis für den weitgehenden Einfluß des preu ßischen Landwirtfchaftsministerinmä und die engen Be ziehungen zwischen ihm und den leitenden Stellen im Reich bildet die Eingabe der deutschen Gewerk- s ch a f t e n an den Reichskanzler und das Kriegsernährnngs- amt. Sie ist datiert vom 21. Februar und ist am 23. Fe bruar in die Hände des Reichskanzlers und des Präsidenten des KriegsernährnngSaintes gelangt. Ich babe von dieser Eingabe gestern Kenntnis erhalt e n durch die Nummer des „Vorwärts" vom 3. März. (Stür misches Hört, hört! rechts und im Zentrum. Bewegung.) ES ist das Bemühen meiner Verwaltung, die Interessen der landwirtschaftlichen Erzeuger und in erster Linie der Verbraucher zu berücksichtigen. In der Eingabe wird die Lairdwirtsck-aft verdächtigt, daß sie die Interessen der Ver braucher nicht berücksichtige. Sie legt ferner Zeugnis ab von einer völligen Unkenntnis der landwirtsckwftlichen Verhältnisse, so daß ich bedauere, daß die Gewerkschaften, und vor allem die christlichen Gewertsck>aften, sich haben ver leiten lassen, eine derartige Eingabe zu unterzeichnen, die geeignet ist, das gute Verhältnis zwiscisen Stadt und Land zu trüben. Die Eingabe hat sich noch mit meiner Person besck-äftigt. indem sie behauptet, daß ich den Städten verboten hätte. Verträge mit den Mastorganisationen abzuschließen. In. Wirklichkeit liegen die Dinge so. daß ich gar nicht i» der Lage bin, derartiges zu verbieten und auch nichts in dieser Richtung getan habe: ich bin durchaus nicht den städtisck)en Wünschen und Ansprüchen feindlich gegenübergetreten. DaS gebt auch daraus hervor, daß ich der S t a l t E s s e n zwei Do mänen weiter verpachtet habe, nachdem die Stadtverwa! tnng Essen sich mit den Pächtern über die Abtretung der Pacht geeinigt hat. Ich werde daraus hinwirken, daß durch Lieferungs- Verträge ein direkter Bezug derStädte vom Land ermöglicht werde. Der Abgeordnete Braun hat die geringen Brotrationen bemängelt: dafür muß er aber nicht mich, sondern den lieben Herrgott verantwortlich machen, der uns im jüngsten Jahre nicht die Ernte beschert twt, die wir er wartet hatten. Ter Abgeordnete Braun hätte wohl auch Worte finden können gegen den, der das Brot bei uns ver kürzt hat, gegen unseren Feind England. (Sehr richtig!) Professor Eltzbarix-r hat gegen mich den Vorwurf erhoben, daß ich bei den Ernährnngsfragen einen Ressort-Patriotiö- mns bekundete. Ich bin erstaunt, daß ein Professor der Berliner Handelshochschule sich nicht gescheut hat. einen Minister derartig anzugrcisen. (Uiierhörst!) Dir Angriffe sind erfolgt, weil ich Bedenken geltend gemacht habe gegen die Herabsetzung der Viehpreise in der Erwägung, daß dann die Hoffnung ans Herabsetzung der Fleischpreise nur sehr gering wäre, weil dann auch die Mästung und die Viehhaltung geringer werden würde. Im übrigen muß bei der Preisbemessung daran sestgehalten werden, daß die Stetigkeit der Preise für die Landwirtschaft wichtiger ist als hohe Preise. Ich bedauere lebhaft den Mcinnngsstieit zwischen Stadt und Land, zwischen Verbrauchern und Erzeugern. Ich bitte in dieser für das Vaterland so schweren Stunde nicht daS, ivas uns trennt, sondern n>as uns eint, hervorznheben. (Sehr wahr!) Wir wolle», bei allen Entbehrungen, durchhalten bis znm Siege in dem unbedingten Vertrauen zur Obersten Heeresleitung und im Hinblick ans unsere Erfolge zur See.