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1697 finden. Sl« weist aus oie Entstehungszeit hin, wie wir später noch näher erfahren werden. Ungefähr in der Mitte -er nördlich gelegenen Längswand ist die Kanzel angebracht. Da die Watch bis zum Deckenansatze nicht sehr hoch ist, liegt der Kanzelboden nur wenig über dem Gestühl. Um so mehr fällt sie aber bei einem Umblicke auf, und das Auge beobachtet dann die Einzelheiten, angezogen von dem Schnitzwerke, mit -em das Holz bedeckt ist. Die Brüstungsecken find mit Gehängen verziert,' über den Kartuschen auf -en Brüstungsflächen sind -ie vier Evangelisten farbig -argestellt. Besonders reiche Schnitzereien zeigt -er Schall-eckel, in dessen Inneres eine Taube gemalt ist. In das hinter -er Kanzel liegende Mauerwerk ist eine Treppe einge baut, über -ie sie erreicht wird. « Im Osten ist der Raum mit drei Seiten eines Achtecks geschloffen, das heißt, an dieser Seite bildet nicht einfach eine Querwand -ie Abgrenzung des Raumes, sondern drei kürzere Wandflächcn stoßen in stunipfen Winkeln aneinander und bilden so eine Nische, in die -er Altar gerückt ist. Am Beginn des um eine Stufe erhöhten Altar platzes steht zunächst auf einem halbkreisförmig vorgebauten Absätze der Taufstein (Abb. 1), -er wesentlich älter als die Kapelle ist. Es handelt sich hier wirklich um einen Taufstein". Der Rundbogen fries, -er ihn in se.nem oberen Teile ziert, kenn zeichnet mit -en romanischen Stil. Es ist außer ordentlich erfreulich, -aß -as alte Werk eines Stein- vretzen hier noch -en Kulthandlungen -ient, für -ie es vor vielen Jahrhunderten geschaffen wor-en ist. Wer sich in -er Heimat umgesehen hat, weiß, daß -em nicht immer so ist. Da ist ein Stein solch ehr würdigen Alters durch einen neueren, nüchternen Tauftisch ersetzt wor-en, -er bar jedes Reizes ist. Wenn -er alte Stein wenigstens in der Sakristei oder an einem anderen Platze der Kirche aufgestellt ist, so kann man sich -essen noch freuen; als Blumen- kitbel in einem Gutsgarten ist er aber wohl fehl an seinem Platze. Doch das gibt es auch! — Holzkranz und Holzdeckel, -ie -em Seerhausener Stein aufge setzt find, sollen ans -em Ende -es 17. Jahrhunderts stammen. Vielleicht kann man für ihr« Anfertigung Abb. 1 das Jahr 1697 annehmen, das wir an der EmporL lasen. Anscheinen- ist in diesem Jahre die Innen ausstattung der Kapelle einhettllch ausgcführt worden. Abb. 2 Das Kleinod -es Bethauses bildet aber -er Flügelaltar, -er in der Ostendung aufgestellt ist. Abbildung 2 zeigt uns dieses Werk. Beherrschend tritt der 115 Zentimeter hohe »nd 85 Zentimeter breite Mittelschrein hervor mit seinen bemalten Relieffiguren. Auf einem Tische fitzt das Jesuskind, -as nach einer Weintraube greift, -ie ihm die rechts von ihm sitzende Heilige Anna mit der linken Hand zureicht. In -er anderen Hand hält sie ein Buch. Ter nackte Knabe wird von seiner Mutter Maria gehalten, -ie auf einem Stuhle in der linken Hälfte -es Schreines sitzt. Im Hintergründe ist ein offenes Schränkchen zu sehen. Die Verzierungen über dem Relief sollen in späterer Zeit (1679) ergänzt wor-en sein. Die lebendige, ungezwungene Haltung der drei dargestellten Personen, die verschiedenen Ansdrucks- formen der Gesichter, -ie reichgcfaltelte Gewandung der beiden Frauen sind von überaus starkem und sprechendem Ausdrucke. Die Flügel -es Altars find mit je zwei Heiligen- gestalten bemalt; ebenso sind aus seinen Außenseiten Heilige in farbigen Schildereien dargestellt. Auf der Abbildung ist noch das auf dem Altar tische stehende Kruzifix zu sehen. Es ist darum be merkenswert, weil -er Körper des Gekreuzigten trefflich in Buchsbanm geschnitzt ist. Der Altar bildet den kostbarsten Inhalt -er Ka pelle; er gehört mit zu -en besten Arbeiten -er Um gegend. Gurlitt nimmt an, daß er nm -as Jahr 1520 entstanden sein könne. Er sei — so Mrde mir tm 2chnk Doml r: S I LNWSttx-N-L «QL «Ls 8r* Schloß berichtet — als ein Werk oes sogenannten »Brandenburger Meisters" anzusprechen. Leider habe ich bisher über diesen und sein sonstiges Schas sen In der mir zugänglichen Literatur nichts finden können'). . Der Klngclaltar hat früher in der Bloßwitzer Kirche gestanden, zn der Seerhausen an sich gehört. Cie ivar in den Jahren 1697 bis 1699 durch mannig fache Arbeiten um- und ausgestaltet worden. Dabei hatte man auch einen neuen Altar bei -em Meißner Bildhancr Valentin Walther bestellt, der aber erst 1705 fertig wurde uud dann erst ausgestellt werden konnte. Glücklicherweise wurde aber der alte Altar nicht zerstört und vernichtet. Ihn kaufte im darauf folgenden Jahre für ganze 15 Taler der Geheime Rat und des Johannitcrordcns Ritter Christoph Dietrich von Bose ans Ober- und Untersranklebcn nnd Nickern, -er sich am 4. Dezember 1693 mit Jo hanne Charlotte von Schleinitz vermählte und damit in den Besitz von Seerlnmsen gekommen war. Er ist cs also gewesen, der überhaupt um die Jnneneinrich- tnug der Seerhausener Kapelle bcnrüht gewesen ist, ist uns doch schon einige Male die Jahreszahl 1697 begegnet. Diese letzten Angaben haben uns nun bereits zu einem Teile auf die lyeschichte der Kapelle hingewie- scn. Wir können über sie aber noch mehr erfahren, wenn wir uns »ocitcr in dem Ranme nnrschanen. Zwischen Kanzel nnd Empore hängt an -er Wand cin Jnschristgemälde, aus -em wir nachstehende In schrift entziffern können: ^Illustris 8ei>Ivinitr, öokLNnes Oeorgius, vrtu» Avis »Ii»8 vetori, pvrcvledriqus äomo, 8»xvni8 Lnsilsri, 3ol>»onis Leorgii, »manti» ?»eem ot. qui pscvm serv»t innorbe, Douw, ^sprimv kxoolleos et Lonsilisriu» >11» Intimus, Antisto» 8»xonie»o Oamerse Okticiisque »Iliis io Oelsa splvnöirln» Aul»; Lui kskel Lopkie brisi» jiinct» toro, Aultum LIeetori et wultmn qui gr»tus 3ov»v, Ha» Aoäeis ivoit lunöitus esev ovvas. öluLvitii Dastnr, ilickavl Kargstritko Usgistor, Heiv primus perlen» äedit» s»or» stellt, Leinrieus Drvitting, kuoso Draekvotus io isto, As Domini outum ut seäulus ursit vpu«. 8io sov«v cvlebr»n» bonitatem oonoio gr»ta: 8ie, vovit, bo»u8 dvio 8«mper, sov», tuis! l!L«v,notL,IstL,I-eßeo8,v» qVintaxvst» Vvt'eMdri», Lt stet ibi IvVae gratis porro? VoVv^ Glücklichcrivcis« hat der Berfasser dieser latei nischen Inschrift, der Bloßwitzer Pfarrer Magister Michael Markgraf, uns -er Mühe und Arbeit ent hoben, uns um ihre Uebcrsetznng zu sorgen. Er hat selbst den Ehrgeiz besessen, die lateinischen Distichen in unser geliebtes Deutsch zu übertragen. Die von Ihm kunstvoll gefügten Bcrszetlen lauten: »Johann Georgius, der Mann von großem Ruhm«, So aus der Schleinitze uraltem Adeltume, Und -en Johann Georg, der AnL're, so ein Held, Der Friede liebt und Gott, der Fried' erhält der Welt, Zu seinem lieben und Geheimen Rat ernennte, Nachdem er selber sich, als Kammerpräsident« Und in mehr Aemtern noch beliebt, längst vorgestellt; Dem Rachel Sophie won Friesen zugesellt; Der in Ehursachsen und in Gottes Gnaden stunde, Erbaute dieses Haus ganz neu auf aus dem Grunde. Magister Michael Marggrafe, dieser Zeit Zu Bloßwitz Pfarrer, rhat sein Amt aus Schuldigkeit, Wie sich der Schösser hier, Herr Heinrich Breitling nähme Des Baues an, daß er zu solchem Stande kam; So sagte man Gott Dank in häufiger Gemein! Und wünscht: Hier, frommer Gott, den Deinen stet- erschein! Behali-te I-eser, Wie siOH soli-OeS zVgetragen, Ai.sIeztAVVentszcRtWar.gar kVrz Vor'n kVrzstcn Tagen! Bet aVOH Von Herzen: Gott, o großer Gott steh' hier, THV ai-i-en Herzen GVts, so treten hier Vor vir. Was besagen nun diese Verse? Zunächst einmal enthalten sie ein Chronogramm ans das Jahr, in dem -er Neubau -er Kapelle erfolgte. Um -ie Zahl zu finden, müssen wir die im Drucke hcrausgehobe- uen Großbuchstaben -er letzten Berszeilen, die gleich zeitig römische Zahlzeichen darstellen, hcrausschrei- bcn, ordnen, ihre Zahlwerte dazuschreiben und diese zusamnrenzählcn. Versuchen wir es einmal! Wir finden in der lateinischen Inschrift Uebersetzung 1 mal — 1000 2 mal 1 mal v — 500 3 mal 1 mal 6— 100 6 mal 1 mal D 50 14 mal 4 mal V - 20 7 mal 7 mal I — 7 1677 v - 2 mal 500 - 1000 0-3 mal 100 - 300 D - 6 mal 50 - 300 V -14 mal 5 -- 70 I 7 mal 1 - 7 1677 Co wir- uns der 5. Dezember 1677 als der Tag mitgcteilt, an dem -er Bau -er Kapelle vollcn-et war. In dem angegebenen Jahre erstand „dieses Haus ganz neu auf aus dem Grunde". Es muß demnach schon vorher eine Kapelle in Seerhausen gestanden haben. So wird uns auch in Sachsens Kirchen- ') Für iraendwelch« Hinweis« au» drm Leserkreis« wür« ich dankbar.