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„<rs ist ja aucy gar nicht anders zu erwarten, daß heute die Sonne besonders hell scheint." Ganz Langemoor steht Spalier, al» der tzochzektszug nach dem Gut Trautenau marschiert, und auch von Erlenried ist Las halbe Dorf herübergekommen. Jawohl — Gut Trautenaul Und wenn es noch keins ist, so wird es doch eines werden! Dafür hat immerhin Wilhelm Schmidt gesorgt! Dreihundert Morgen Land hat er dem Makler in Berlin, von dem Hans Jochen seine Felder gekauft hat. mit Geschick noch preiswert abgekauft. Hundert Morgen vom Bauern Puhlmann dazu, der sich verkleinern will und einen guten Preis herausschlägt. Dazu kommen noch dreihundert Morgen Pachtland. Nun. do» ist für den Anfang schon etwa«. Mehr hat Hans Jochen gar nicht haben wollen Ja. und außerdem ist da auf dem neuen Gelände auch ein neues Haus entstanden. Kein grober Herrensitz. aber ein geräumiges, behäbige» Hau», Las gut in die Landschaft hin- einpaßt. Doch ist e» nicht ganz fertig, doch da» wird in ein paar Monaten der Fall fein. Und auch die Stallungen dazu werden im Schuß sein, und da» alle Jnspektorhau», da» mit soviel Lieb« instand gesetzt worden ist, wird dann eine Art Vorwerk darpellen, in dem Max Käsebier Hausen wird, Erster Inspektor auf Gut Trautenau! Heut« wird hier Hochzeit gefeiert. Da» hat sich Hans Jochen ausbedungen, und auch di« Annemarie. Wilhelm Schmidt hat gelacht. .Wie ihr wollt, und wahr scheinlich habt ihr sogar recht! Ich könnt« euch sonst einen Hof hier kauf«», aber ihr habt richt, Kinder! Ihr wollt selber arbeiten! Ist schon richtig! Ich kann » verstehen. Da» Land, da» einen trögt, «uh «an seSer kennen und bearbeiten, schon gut!" Aber Li« Stallungen flnL »oll vom Vieh, »K> dagegen hat Hans Jochen nicht» einzuwenden gehabt. Ein bißchen Glück muß ja doch wohl im Leben sein! Wilhelm Schaidt, der jetzt im Hochzeltszug« neben dem Major von Trautenau und Frau Tlsab« geht, hat frucht« Augen. Ja, er wird hierbleiben l cher in Deutschland, dem lieben KinderlanL. Ein paar Monate ist «r den Winter über .drüben" gewesen, überm große» Teich und hat di« Oil- Company verkauft, auch da» Hau» auf Lang Island mit allem, was dazu gehörte. Er wird wieder in Deutschland bleiben! Es ist besser so, viel besser. Unmöglich da» Mädel, die Annemarie noch einmal allein zu lasten! Da werden doch einmal Kinder durch da» neue Haus toben, da wird doch alles wachsen und blühen und da» Echmidtsche Blut und da» der Herren von Trautenau verspricht eine gute Mischung! So etwas muß man aus nächster Nähe beobachten können, all die Jahre über, di« einem noch bestimmt sind. Und dann ist ja nun auch das neue Grab auf dem alte» Dorfkirchhof, auf dem die Trautenau» ruhen Da ruht nun sine Frau, di, einmal Lilian hieß, und die Wilhelm Schmidt aus ihrem Grab in Hamburg noch hier hat überführen lasten. Da sind sie nun alle wieder zusammen! Und die Trina Fink wird in dem großen, neuen Haus« wirtschaften und wie er warten auf den Kinderlärm, der einmal durch das Haus Mngen wird. Schöne, herrliche Zukunft! Wilhelm Schmidt hebt den Kopf steifer in den Nacken, Ein neue» Äbenl Da marschieren sie, der ganze Hochzeitszug. in den kleine» Hof ein. Da stehen schon die rohhölzernen Tische gedeckt. Da Riecht e» schon nach Esten, nach Kuchen, nach Feiertag! Da dudelt schon die Hochzeitsmuflk auf einem Podium, und da sprüht und funkelt und glitzert di« Frühlingssonn« über den vielen, festlichen Menschen und über da» weil«, flach«, einfach« und so herrlich« Land. Frühling — Frühling! Han» Jochen faßt seine Annemarie leicht um die Hüfte», G» sie sich an die Spitz« der Tafel setzen. ^>a, hör mal, kleine Frau." Di« Musik spielt, während der Braten schon von den Mägden aufgetrogen wird, «ter Gotte» freiem, gesegnetem Himmel; Lat du min Leevsten düst. Lat du wohl «oerßt... wahrhaftig, d«r Major von Trautenau singt de» Tert beranögt mit. Kumm du mn Middernacht, kmnm du Klock mn, Lader slöppt, Mader slöppt. ich slaap all een. Han» Joche» beugt pch zu Annemarie und flüstert ihk- in» vhr: »Min söte Leer», für immer min söt« veernl" Und leise antwortet sie und drück sein« Hand unter dem Ltsche: .Du min teev Jung!" Ovpxrigbt 1ÜS7 t>5 ^okvir1»-VvrI»g, Ssrllu 8V K8 Seitenwechsel im letzten Kampf um die Fußballmeister schaft der Stadt. Die Viktoria-Mannschaft, das waren die Schwarz-Roten, di« mit so unerhört viel Schn»id kämpften und doch immer wieder an der überlegenen Technik der Eintrachtmärmer scheiterten. In der ersten Halbzeit hatten st« schon ein Tor htnnehmen müssen, ohne es zurückgeben zu können, und den energisch zusammengesatzten Gesichtern war anzumerken, daß jetzt daS Letzte herausgepumpt werden würde, um, wenn schon nicht den Sieg, so doch wenigstens ein Unentschieden zu erreichen. Die blau-weißen Einttachtspteler waren schon in den ersten sünf Minuten nach Platzwechsel wieder deutlich im Vorteil, ihr exaktes Zusammenspiel brachte die Viktoria in harte Bedrängnis. Da — wieder ein Tor... Nein, der lange Torhüter, der zugleich Mannschaftssiihrer war, hatte den Ball in einem wahren Tigcrsatz noch erjagt. Weiter. — wieder ein Knäuel schwarz-roter «nd blau-weißer Färb« flecke. Dann löste sich einer heraus, «in mittelgroßer. schlanker Kerl im schwarz-roten Dreß, lief, immer ven «au am Fuß, quer über daS Feld, gab ihn, von den nach- drängenden Blau-Weißen verfolgt, kurz an den großen, blonden Rechtsaußen ab, um den wieder ein Zusammen- ballen der vier Farben. Del Blonde hatte nicht die Ge schmeidigkeit deS kleineren Kameraden, aber schon war der Ball wieder bei dem Mittelstürmer und da — Hurra! Mit dem Misten Tor für viftoria war der Ausgleich hergestcllt! Awanzigtausend Zuschauer tobten vor Begeisterung! An der vordersten Reihe ein frisches, blonde- Mädel. Hilde Dunker war die Tochter des Superintendenten der Stadt, aber st« war absolut nicht der Typ eines Prediger- tvchierlrins. Die strahlenden grauen Augen sanden die Welt wunder-, wunderschön, di« blonden Haare waren kurzlockig abgeschnitten und um den frischen Mund lag ein -urschikoser Zug. Ja, «S war sogar nicht ausgeschlossen, daß Hilde gelegentlich .Himmeldonnerwetter" oder Achu- liches sagte. Aber natürlich nur außer dem Hause, versteht sich, denn das Leben war viel schöner, wenn man mit allen Leuten in Frieden auskam, und die Frau Pfarrer sand solche Ausdrücke nun einmal unmöglich. Während der ersten Halbzeit war sie wie rin Queck silber hin und her gerutscht. Daß aber heute auch nichts klappfn wollte! Und als Eberhard endlich das erste Tor schoß, war sie wie erlöst aufgesprungen! Heiser war sic vom Bravo-Rusen! Und di« blaue Baskenmütze saß längs nicht mehr schief auf dem Blondkopf, t wo, die konnte mar jotzt Hess« ««brauchen! Damit mußt« man doch strahleni und übo»alücklich in- Stadion biuuuterwinle«! Da- wt« doch gelacht, wenn Eberhard nun nicht auch noch ven Tieg .herausreißrn würde! Die Viktoria mußte einfach siegen, ander- kam es überhaupt nicht in Frage, denn — Eber hard war ja dabei! Der Kampf auf dem Spielfeld ging weiter. Der schlank« Mittelstürmer der Viktoria ließ di« Führung jetzt nicht «ehr aus der Hand. Die Gegner durften gar nicht erst wieder zum Angriff kommen! Nur immer selbst vor ihrem Tor stürmen! Der schwärzest« Torwart sollt« sich jetzt mal ein bißchen ausruhcn, der arme Kerl war während der ganzen ersten Halbzeit nicht «inen Augenblick zum verschnaufen gekommen. Wenigstens da- Unentschieden dürste nicht wieder verlorengehen! Der große Rechtsaußenmann hatte einen Moment schnell etwas an seinen Stiefeln zu nesteln gehabt, jetzt rannte er wieder zu den Kameraden. Aus der linken Sette kämpften sie um den Ball. Während er aufmerksam nach dort spähte, bereit, den Ball zu nehmen, konnte er es nicht lassen, über die Kämpfenden hinweg in die vorderste Zu- schauerrcihe zu blicken. Dort saß die Hilde. Gespannt schaute sie in den Knäuel verwickelter Menschenkörper. War das nun bloß Interesse am weiteren Kampfverlaus? Oder war es, weil Eberhard Hilliger mitten drunter war? Jetzt wieder das gleiche Bild wie vorhin. Der schlanke Mittelstürmer mit der eigensinnigen braunen Haartolle brach aus der Gruppe aus, trieb den Ball in wahn sinnigem Tempo über das Feld — wohin sah die Hilde jetzt? Keinen Blick verwandte sie von Eberhard, jetzt sprang sie voll jubelnder Begeisterung ans — ihr an- seucrndcs Rusen ging unter in dem dröhnenden Rus der Zuschaucrmrnge: .Hilliger! Hilliger!" Der blonde Rechts- außcnmann sah nichts als das junge Mädel in der vorder sten Reihe, und während Eberhard Hilliger das -weite Tor bineinjagte, wußte er — was er längst undeutlich gefühlt hatte, aber nicht glauben wollte, daß die strahlend frohe Hilde mit dem Schelmengesicht nur an den Freund dachte! Und während das begeisterte Beifallsgcklatsche des Zu- schaucrrundS um ihn war, dachte er nur immer: .Also doch der Eberhard und nicht ich!" Dann riß er sich zu sammen. Pflicht blieb Pflicht, und der Kamps war noch nicht zu Ende! Endlich — Werner Heine, der blonde Rechtsaußen- »nann, hatte schon geglaubt, eS würde nie so weit tzommen — schrillte die erlösende Pfeife des Schieds richter-. Die Viktoria hatte glatt gesiegt, und Eberhard Hilliger, der forsche, drahtige Mittelstürmer, war der Held des Tages. » Sie saßen alle zusammen in dem großen Gastzimmer des .Goldenen Löwen". Auch die Hilde war mit gekommen. Ueberglücklich war sie heute. Ihre grauen Augen lachten so strahlend über die ganze Runde, daß sie alle mit ihrem Uebcrmut ansteckte. Nur den einen nicht, iWcrner Hein«, den jungen blonden Zahnarzt. Was hatte «r denn eigentlich? Er war doch sonst so ein netter Kamerad! .Werner", fragte sie bittend, ,Werner!«, was ist denn heute mit dir los?" Bor dem verwunderten Ausdruck des rosigen Gesichtchens nahm er sich zusammen: .Nichts, Hilde", sagte er hastig, .ich bin Wohl bloß ein bissel müde. Das Spiel war heute sehr anstrengend." .Aber der Eberhard hat doch auch gekämpft, und das nicht zu knapp! Geh, Werner, du bist ein Trauerkloß!" -Ja", sagte er bitter, .ich bin ja auch nicht der Eber hard!" Sie überhörte die Bitterkeit in seinen Worten und strahlt«: „Ja — gelt? Der Eberhard! Den gibt's nur «inmal aus der Welt!" Und er mußte sich anhören, was der Sportskamerad sür ein lieber, lieber Mensch sei — ja, sie waren verlobt miteinander! Wie war daS doch eigentlich alles gekommen? Sie hatte ihre Ausbildung al- Fröblerin in der gleichen Stadt empfangen, in der Eberhard als Assessor angestellt aewcseu war. Dort hatten sie sich kennengelernt und sehr Wal» daraus auch heimlich verlobt. Unh jetzt, Po «S der glückliche Zufall gewollt hatte, daß Eberhard in ihre Heimatstadt versetzt wurde, war auch sie gerade mit ihrem Schlußzeugnis nach Hause gekommen. Uebrigens, fein hatte sic das Examen bestanden! Sie hatten ihre Ver lobung schon vor «in paar Wochen veröffentlichen wollen, aber da schwebte jetzt so ein Glückslos über Eberhard! Die große Kammgarngeseklschast hier in der Stadt suchte einen Syndikus, «nd trotz seiner Jugend war auch Eber- Hards Bewerbung in die engere Wahl gezogen worden. .Und dann könnten wir doch gleich heiraten!" erklärte sie strahlend. .Weißt du, Aflessorengehalt langt nicht gerade sehr wett, «nd von z« Hause können wir doch beide nix kriegen!" Der jung« Zahnarzt gratuliert« pfltchtschuldigst und versprach, den Daumen zu halten; er hörte kaum, was er da eigentlich zusammenredete. Tor, der er war! Wie hatte er sich nur «inbilden können, daß die Hilde in ihm etwas andere- sah als den vertrauten Freund aus der Kinderzeit! Eben sagte sie es ganz treuherzig heraus: »Weißt du, Werner, die Eltern hätten es lieber ge sehen, wenn ich einen aus der Stadt geheiratet hätte. Aber wenn man einen so richtig lieb haben soll, ich meine, da muß doch ganz was Neues kommen! So etwas, daß man gar nicht sucht, und auf einmal ist's doch da!" Ja, so dachte sie sich das wohl! Er hatte die kleine blonde Hilde schon als Backfisch gern gehabt, und jetzt, als sie wieder von ihrer auswärtigen Lehrzeit nach Haus« gekommen war, hatte er sehnltchst gehofft, mit ihr ein ganzes Leben lang glücklich zu werden. Nur nichts merken lassen! Man wollte sich doch nicht auch noch bedauern lassen! Und Hildes Wahl war ja so verständlich. Eber hard Hilliger war «in feiner Sportkamerad und in seinem Berus ein gescheiter Kopf! Dazu außerdem noch ein bild hübscher Kerl! Was hatte er dagegen in die Waagschale zu legen? Er mit seiner Langweiligkeit, er konnte eben kein Mädchen zum Lieben bringen! Nur Haltung, zum Donnerwetter, nichts merken lassen! Er war doch kein alteS Weib! Er bemüht« sich krampfhaft, in die ausgelassene Lustig keit der Kameraden einzustimmen! Er konnte jetzt nicht allein sein! Sonst kam der Katzenjammer am Ende doch noch! Eberhard hatte di« Hilde brav vor der Haustür des schönen alten Pfarrhauses abgeliesert, hatte ihr das ge schnitzte Holztor aufgeschlossen und sich im Dunkel "des Torcingangs schnell noch einen Gute-Racht-Kuß von ihren frischen Lippen geholt. Jetzt schlenderte er, noch zu erregt von dem heutigen Sieg, um schon schlafen zu können, ziellos in den Stadt spark hinein. Er hatte absolut noch keine Lust, schon nach Hause zu gehen! Fein hatte das heute geklappt! Erst das Spiel schon beinahe verloren und dann doch noch ein glatter Steg! Und dann hinterher der nette Abend mit der Hilde im Hause der Kameraden! Das Leben war wirklich wunderschön, man war jung und gesund und hatte dazu noch ein Mädel gern! von den Parkbänken drang leises Kichern und Flüstern zu ihm. Natürlich, die Liebespärchen mußten diesen wundervollen Herbstabend ja noch ausnutzen, ehe es Winter wurde! Na, mochten sie, er gönnte es ihnen von Herzen! Das Dumme war nur, daß er selbst so gänzlich ohne zarte Begleitung war! Er kam auf die Autostraße, die den Park durchschnitt, und marschiert« flott darauf loS. Er wollte auf einem großen Umwege seine Wohnung erreichen. ES war zwar nur ein« möblierte Bude, aber «S machte sich besser, wenn man Wohnung sagt«. Donnerwetter, war das ein Wagen! Und dazu noch eine Frau am Steuer — genau so bettüblich allein wie «r selbst. »Schöne Frau, nimm mich mit in deinem Weißen Wagen!" sang Eberhard vergnügl nach einer selbst« erfundenen Melodie hinter dem Luxuswagen her und m»rlchirrtt Wetter.