Volltext Seite (XML)
Z. Vellage zam Riesaer Tageblatt. Mittwoch, 1. Rovember IVSS, avenvs. 8«. ^agrg. W^MMMSSMS Vom Neichstagsbrand-Vrozetz. Ein Aeuge. der von Torgler zum VeichStagSbrand gedingt sei« will. Spure« der geheimnisvollen Flüssigkeit. SW MÄMM MU vdz. Berlin. Als letzter Zeuge wurde der Mitarbeiter des Zeugen Weberstedt, Dr. Drösche», vernommen. Er hat am Nachmittag Les Brandtages beim Betreten des Reichs- tages «inen intensiven durchdringenden Geruch verspürt, über den er sich aber beruhigte, nachdem ihm im Verlauf der Voruntersuchung der Hausingenieur den Geruch eines Rostschutzmittels demonstriert hatte, mit dem damals eine der großen Uhren bestrichen worben war. Bezüglich d«S Zimmer 83^ der Kommunisten hat der Zeuge am Morgen nach dem Brande festgestellt, daß eS in einem aufgeräumten Zustand mar, wie eS bei einem gewöhnlichen Arbeitszimmer nicht der Fall sei. Er wisse bestimmt, daß am Tage vorher dort Schreibmaschine geschrieben worden sei. Die Schränke waren nicht verschlossen und alles sei leer gewesen. Vorsitzender: In dem Zimmer soll das Archiv der Frak tion gewesen sein, bas aus Mappen mit Zeitungsausschnit ten, Drucksachen usw. bestand. Zeuge: Ja, so etwas mar in einem Schrank. Der Zeuge schilderte dann seine Wiedererkennung des Angeklagten Dimitrofs» Er wurde zum Untersuchungsrichter zu einer Vernehmung gerufen und sah im Vorraum mehrere Per sonen unter Bewachung. Bei dem einen stutzte er sofort, und es kam ihm eine bestimmte Erinnerung, die ihn so er regte, baß er in das Zimmer stürzte, und den Unter suchungsrichter fragte, ob das nicht Dimitrosf aus Sofia sei. Der Zeuge erklärte, er sei im Jahre 1928 einige Wochen in Sofia gewesen und habe dort zahlreiche Bilder mit dem Attentäter auf die Sofiaer Kathedrale gesehen, dessen Name Dimitrosf war. Vorsitzender: Wegen dieses Attentats ist in der Tat ein Dimitrosf in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, -er heißt aber Stephan und dieser heißt Georgi. Rehmen Sie an, daß eS derselbe ist? Zeuge Dröscher: Die Gewißheit ist ziemlich groß für mich. Vorsitzender: Wir können in Lieser Hinsicht keine Fest stellungen treffen, aber Sic haben in ihm den Mann wieder erkannt, den Sie im Reichstag beobachtet haben? Zeuge: Jawobl, mit Bestimmtheit. Torgler stand vor der Tür seines Zimmers und Dimitrosf lehnte neben ihm aus der Brüstung. Das muß einige Tage vor dem Brand gewesen sein. Vorsitzender: Haben Sie ihn damals nicht schon als den Attentäter von Sofia wiedererkannt? Zeuge: Nein, in diesem Augenblick noch nicht. Vorsitzender: Sagen Sie auch heute mit voller Bestimmt» heit, daß es Dimitrosf war, der mit Torgler zusammen» gestanden hat? Zeuge: Mit aller Bestimmtheit. Angeklagter Torgler; Ich habe lange darüber nach- gedacht, mit wem ich im Reichstag zulammengewesen sein könnte, der mit Dimitrosf zu verwechseln wäre. Eine solche Sehnlichkeit liegt nur vor bei einem Manne von der Jmprckor, den ich unter dem Namen Julius kenne. Er ist Ungar oder Oesterreicher. Als nun auch Dimitrosf mit Fragen an den Zeugen be- ginnen wollte, ermahnte ihn der Vorsitzende schon vorher -ringend, sich jeder beleidigenden Wendung zu enthalten. Dimitrosf erklärte, es sei für ihn und die anderen An geklagten gar nicht von entscheidender Bedeutung, ob jemand vor dem Brand im Reichstag war, weil diese Tatsache an Nnd siir sich kein Verdachtsmoment wäre. ES sei die Wahr heit, daß er seit 1921 niemals im Reichstag gewesen sei und -aß er Torgler zum ersten Mal« in seinem Leben in Leipzig im GerichtSsaal gesehen habe. Der Zeuge müsse sich täuschen. Alle nationalsozialistischen Angen in diesem Pro» -eß sähen durch eine dunkle Brille. Der Vorsitzende entzog Dimitrofs schließlich das Wort. Auch der Angeklagte Torgler erklärte, daß er niemals mit Dimitrosf im Reichstag gewesen sei und ihn erst in -cm Prozeß kcnnengelernt habe. WeiterverhanLlung am DienStag. NttWIInWM »M AMU vdz. Berlin. Im RcichStagSbrandstifterprozeß wurde am Dienstag der Zeuge Lebermann aus Hamburg vernom- men, der gegenwärtig wegen Diebstahls und Raubes «ine Gefängnisstrafe verbüßt. Er gehörte früher der KPD. an und hat nach seinen Angaben als Geheimkurier gearbeitet und großes Vertrauen genossen. Er will Torgler am St. Oktober 1SS1 in Hamburg keuueugelerut habe«, wobei Torgler ihm sagte, daß er ihn für eine größere Aktion aus, bewahren wolle. Im Januar 1SS2 sei Torgler daoü an ihn berangetreteu und habe ihn gefragt, ob er sich für eine große Arbeit opfern wolle. Man wolle den Nationalsozialisten «in Schnippchen schlagen und damit «Ine große Propaganda gegen den Nationalsozialismus Hervorrufen. Es sollten öffentliche Gebäude, auch der Reichstag, iu Brand gesteckt werden. Diese Besprechung soll am 28. oder 26. Januar ge wesen sein. Der Brand sollt« am 6. März 1932 gelegt wer den und der Zeuge sollte um 2 Uhr an diesem Tage am An halter Bahnhof sein. Dann wollte ihm Torgler daß Vor- gehen im Reichstag zeigen. Der Zeuge sollte die Person sein, die viel Radau machen und Herumlaufen sollt«, um ge schnappt zu werd«», während di« anderen entkamen. Im übrigen sollten zwei Hamburger Mitwirken, die der Zeuge nur mit ihrem Spitznamen „schwarzer Willi" und .Alraune" kennen will. Der Zeuge erklärte weiter, daß er am «i. Mär, nicht gekomme« sei, weil ihm die Sache zu ge fährlich war und er die gemein« Propaganda gegen den Nationalsozialismus, der mit dem Brand in Verbindung gebracht werden sollte, nicht billigte. Torgler habe ihm dann große Vorwürfe gemacht. Er habe ihn «inen gemeinen Schuft nnd Lumpen genannt und auch angedroht, daß er ihm bei Gelegenheit einige blaue Bohnen hinterherjagen würde. Der Zeuge erklärte, um den wetteren Nachstellungen zu ent gehen, habe «r sich wegen der DiebstahlSsache der Polizei gestellt. Er wurde aber wieder sreigelassen und im Mai und Juni habe Torgler ihn nochmals bearbeitet. Er sei auch in seiner Wohnung in Hamburg gewesen, zusammen mit einem Frankfurter Rudi und ebnem Emil, die sämtliche Schrift stücke und Briefe, die er von Torgler hatte, Mitnahmen. Im Juli 1932 sei Torgler in Krefeld noch einmal bei ihm ge wesen, um ihn auszuschimpfen. Torgler habe ihm auch sikeo SaiMchickL d-v weshalb «L UlL-> Krankenhaus mußte. TS wurde festgestellt, daß der Zeuge sich aus dem Gefängnis in Lübeck am IS. Oktober gemeldet und seine Aussage.erstmalig in Lübeck gemacht hat, wo er auch schon vereidigt worden ist. Der Vorsitzende, der ihn schon zu Beginn auf die Be deutung seiner Aussage aufmerksam gemacht hatte, fragte de« Zeuge» wiederholt, ob dies« BorgLug« auch wirklich wahr seien. Der Zeuge blieb dabei, daß er die reine Wahrheit sage. Er sollte 14 000 Mark für seine Tat bekommen. Vorsitzender: Warum haben Sie das denn nicht früher angezeigt? Zeuge: Weil ich Angst für meine Familie und mein Leben hatte. Auf Fragen DimltrosfS bestritt der Zeuge auch, daß ihn jemand beeinflußt habe. Der Angeklagte Torgler erklärte, daß er diese» Mann noch nie in seinem Lebe« gesehen habe. Es werde sich auch nachweisen lassen, daß er im Januar vorigen Jahres in den verschiedenen Ausschüssen des Reichstages gesessen habe. Er regt erklärte Torgler, daß dieser Zeug« «im« «inztge Lüge dem höchsten deutschen Gericht barzubieten gewagt habe. Der Senat beschloß, Lebermann später noch einmal zu vernehmen und auch die Vereidigung bis dahin auszusctzen. Inzwischen sollen Ermittlungen wegen seiner Angaben an gestellt werden. Der Sachverständige Dr. Schatz ergänzte dann sein schon erstattetes Gutachten. Ilm dem Rätselraten «in Ende zu machen, wolle «r seststellen, daß es sich bei der selbsteutzünd» liche« Flüssigkeit um eine Phosphor» und Uchwefelverbin» dnng handele, von der VerbrennungSprodukte an sieben »er» schiedenen Stellen festgestellt worden feien. Der Sachkenner werde wissen, um welches Mittel es sich handele. Als Ans- breitungSflüsslgkelt seien Benzin, Petroleum oder ein ähnl. Kohlenwasserstoffprävarat verwendet worden, von dem ebenfalls Reste in dem Erdreich festgestellt und heute noch festzustellen seien. Der ganze Ablauf des Brandes im Plenarsaal stehe vollkommen in Einklang mit dem chemischen Befund. Wenn pulvrige Zündstoffe verwendet worben wären, so wäre der Brand nicht schlagartig von oben nach unten verlausen. ES sei klar, daß nnr sltissige Brennstoffe verwendet worden seien. Er habe auch den Mantel van der Lübbes noch einmal untersucht und dabei einwandfrei fest gestellt, daß an dem Stoff der Tasche PhoSphorsäure neben Sulfat vorhanden sei. Danach stehe unzweifelhaft fest, daß Lubbe mit dieser Flüssigkeit in Berührung gekommen sei. Er müsse von diesem Zündstoff, allerdings keine große Flasche, etwas in der Tasche gehabt haben, und zwar nicht nur getränkt« Kohlenanzünder, da der Mantel auch Spuren zeige, daß von der Flüssigkeit etwas ausgelaufen ist- Der Sachverständige legte den Mantel van der LubbeS vor. um den Prozeßbetciligtcn dies zu zeigen. In der anderen Tasche des Mantels, in der noch Reste von Kohlenanzündern ge funden wurden, waren Spuren der Flüssigkeit nicht festzu stellen. Weiter teilte der Sachverständig« mit, daß «S auf Grund seiner Versuche möglich sei, innerhalb von d bis 6 Minuten die Flüssigkeit ans 2.1 Brandstellen zu verteilen. Die weiteren Zeugenvernehmungen betrafen zunächst den Aufenthalt von Torgler und Koenen im Restaurant Aichinger am Brandabcnd. Aus der Aussage des verstorbe nen Kellners Ltübling ergibt sich, daß Torgler einen guten Appetit entwickelte und Laß sich an dem Tisch ein lustige» Geplauder entwickelt hatte. Dieser Zeug« hatte allerdings schon vor Bekanntwerden des Reichstagsbrandes Dienst schluß. Der Geschäftsführer Hoeft hat gerade diesen Tisch mehrfach beobachtet und Len Eindruck gehabt, daß im Gegen- satz zu der allgemeinen Aufregung beim BekanntwerLen LeS Brandes die Leute a« diesem Tisch sich merkwürdig ruhig verhielte». Weiter wurde das Personal aus der Gastwirtschaft Stawicki in der Dircksenftraße vernommen, in der Torgler, So«»«» und Sühne »och bis iu die späte Nacht wäre». Auch von diesen Zeugen wurde geäußert. Laß im Gegensatz zu dem anderen Publikum von jene« Leute« von der Brand nachricht erheblich weniger bezw. überhaupt keine Notiz ge- uomme« wurde. An dem Tisch waren auch zwei Chauffeure, di« mehrfach wegfuhren und wtederkamen. Auch telephoniert wurde viel. Der Oberreichsanwalt hielt -cm Angeklagten Torgler die Londoner Aussage von Kühne vor, wonach Torgler ans Sicherheitsgründen in jener Nacht bet ihm übernachtet habe, während Torgler behauptet, der letzte Zug nach Karlshorst sei schon weggewesen. Sehr erregt wandte sich Torgler gegen -en Vorwurf, daß er sich vor -er Polizei verbergen wollte, er gebe aber zu, daß er nach Bekanntwerden des Verdachts gegen ihn die Besorgnis hatte, daß ihm etwas passieren könne, da er in Karlshorst durch dunkle Straßen zu gehen hatte. Schließlich wurde der Student Perl vernommen, der aber am 27. Februar nicht an den Stellen des ReichStagS- gebäudes war, wo er etwa mit van der Lubbe hätte ver» wechselt werden können, Ti« Verhandlung wurde ans Mittwoch vertagt. » S'imttroff für die heutige Sitzung ausgeschlossen. Berlin, IFunkspruch.f Zu Beginn der heutigen Ver handlung erklärt LenatSpräsideut Dr. vüugrr: Nach dem Stenogramm der gestrige» Sitzung Hut b«» Angeklagte Dimitrosf u. a. gesagt, daß „d«r Kreis der Zeu gen der Anklagcvertretung gegen uns kommunistische Ange» klagte Henle mit diesem Zeugen lgemeint war Vebermauns geschlossen ist, angefangen mit Reichstags«-«. ber NSDAV^ geendet mit einem Dtebftähler-. Diese «eußeruug hab« Ich nicht verstanden, sonst wäre ich selbstverständlich ausS schärfst«, eingeschrttteu, denn diese Aeußerung. so erklärt der Präsident mit erhobener Stimme, stellt eine unerhörte Frechheit bar.* Angekl. Dimitrosf: Heu Präsident . . Der Vorsitz«»»« unterbricht den Angeklagte« und erklärt, daß er ihm baö Won jetzt nicht gebe. Dtmitross rujt: Der „Völkische Beobachter" kann zu fried«» sri». Der Borsitzend« berät sich kur, mit d«« Senat und »er» kündet daraus, daß Dimitrofs mit Rücksicht aus„dtese Bemer kung für die heutige Sitzung ausgeschlossen wäre nnd ab,«» führen sei. Der Angeklagte Dimitrofs ergeht sich in wütende» lau ten Beschimpfungen Der Vorsitzende ersucht bi« Polizei» beamten, die Abführung zu beschleunigen. Unter weitere» Beschimpsuugen »erläßt Dimitrosf schließlich b«« Saal. Wie wähle ich? » Bel dieser WM erM jeder DM- bereMigteeinen grün en Meinen weißen Stimmzettel. Der grüne «Mettel ist sür die Volksabstimmung nnd der weiße sür die NeichstagswM bestimmt. Der «Wer hat bei der Bottsab- ftlmmvng nvsbem grünen Stimm' zettel in den Kreis unter dem vor- gedruitten „8a" sein Kreuz elazu- setzen. Der Kreis nut« „Kein" bleibt srei. Aus dem Stimmzettel sür die Kelchs- tagswM wird in den Kreis hinter dem Namen der Nationalsozialisti schen Deutschen Arbeiterpartei eia Kreuz eiagezelchnet. Beide Stimmzettel werben in einem Umschlag abgegeben. öMMöliHMllelm, VMZWMklMW Billigst Du, deutscher Mann, und Du, deutsche Frau, diese Politik Deiner Neichsregierung, und bist Du bereit, sie als den Ausdruck Deiner eigenen Auffassung und Deines eigenen Willens zu erkläre» und Dich feierlich zu ihr zu bekennen? Ja Stimmzettel in grüner Karde Reichstagswah Wahlkreis illnninm I L.uuz)ila!sozialistifche Deutsche Ardeitervartei LHitlerbewegung) Wolf Kittes R»dols -eh, Dr. Wilhelm F rVck, Hermann »Sein g, Dr.I-leph Soebbel». Emst «. watth» Darrt, Fran, Srldt«, Yra», »,» P » p » », «Isred-,,r»brr,.