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Geschäftliches. DaS ist stets wertvoll gewesen, sich die Erfahrungen älterer Leute zunutze zu machen. Mutter und Grobmutter wußten wohl, warum sie stir alle Wäsche, zum Abseifen, Schrubben und Scheuern nur Dr. ThompsonS Schwan- Pulver in dem roten Paket verwandt haben — weil Schwan- Pulver gut und billig ist. Auch heute ist Schwan-Pulver unübertroffen und jeder Hausfrau zu empfehlen. durch verlin und wundern sich dabei über das Gedränge tmd über die großstädtischen Narren, die ihnen nachglotzen,' «lS Hie Biederen in die Burgstrabe einbiegen, kommen sie auch an daS Hau», das — nach der Ueberschrift zu urteilen — oj fenbar dem König von Portugal gehört, und zu ihrer Freude sehen sie auch richtig den „König" vor der Tür stehen. Natürlich ist eS der Portier, den sie dafür halten. Ein kurzer, heftiger Dialog entspinnt sich: „Wat schteht ihr hier- Wat soll bet oll Jekuck hier sein?" meint der Würdenträger, dem es lästig ist, -aß die „Klutenvedder" sich nicht sattsehen können an seiner Staatstracht,- als er schließ lich die Gaffer mit Schlägen verjagt, nehmen sie ihre Prügel still hin und ziehen beruhigt weiter. , Praktisch ist es, wenn manche Wirte ihr Hotel nach einer deutschen Stadt bezeichnen,- denn der Reisende hat dann die Aussicht, auf dem Speisezettel die in jener Gegend besonders geschätzten Gerichte anzutresfen, und leicht finden sich in solchem Hause Landsleute zusammen. Doch decken sich nicht immer Namen und Wesen eines Gasthauses. So erzählt auch wieder Fritz Reuter von einem Gasthof „Zum stillen Frieden", wo sich gerade der gräßlichste Skandal er hebt. — Schöner Schein, und wie so oft, eine anders ge artete, nüchterne Wirklichkeit! M. St. Pflug, daS Schwert, die vage zu nüchtern erschien, der konnte hetzt je «ach Srt Umschau halten im weiten Feld seiner Phantasie. Er konnte hellklingende Worte bilden, wie „Trompetenschlößchen", „Weidmann-Heil", „GarauS" „Zum Bauerntanz": schalkhafte Leute schufen Namen wie „Zum dreckigen Bogel" stn Ulm) oder „Zum windigen Schneider". Wirt«, die auf einen bestimmten Besucherkreis rech neten, beuteten das an, wenn sie z. B. in einer Universitäts stadt ihr Hotel „Zum schwarzen Brett" nannten. Auf weichere Gemüter sollten behaglichere Namen wirken, wie „Daheim", „Großvater", „Glückauf", während religiöse Leute gelockt wurden durch Worte wie „PilgerSruhe", ^Zu den Aposteln", „Zum goldenen Frieden". In der Nähe von Land- und Amtsgerichten findet man recht oft „Die letzte Instanz", eine recht sinnige Einkehrstätte für Prozeß. Verlierer! Andere Namen neueren Ursprungs dienten al» Beweis der schönen Lage de» Gasthaus«», z. B. „Zur Strandhütte" „Kiefernhain", „Waldesblick", „WalbeSruh", „Elfenblick" „Waldmühle", „Zum roten Kliff". Berechtigt und würdig sind die Namen, die an bedeutende Namen und Geschehnisse anknüpfen. Man denke an daS „BoßhauS" in Eutin, da» „HebbelhauS" in Altona, da» „Hotel Perkeo" in Heidel berg, an den „Rembrandt" in Amsterdam, an den „Bater Arndt" in Bonn, ober an da» Hotel „Bineta" an der Ostsee. In ber Vorkriegszeit häuften sich die vaterländischen Namen: „Fürst Blücher", „Fürst BiSmarck", „Kaiser", „Kronprinz, „Grobherzog" und viele andere. Seltsam berühren die Namen, die von alten Handels beziehungen reden. In den Zeiten ber Postkutsche, al» Reisende oft in kleinen Städten Nachtquartier nehmen mußten, war manches Gasthaus „Hotel de Russia" ober in ähnlicher Weise genannt. Bon einem Berliner Hotel „Zum König von Portugal" erzählt Fritz Reuter in seiner Reise nach Belgien. Die mecklenburgischen Leute gehen da MWMMNl. Die Sitte, die Häuser mit Symbolen oft «ach allerlei Art von Getier, Walfisch, Löwe, Storch, Pfau, Adler, Rotz usw. zu bezeichnen» die sich am längsten bei Äasthvse« und Apotheken erhalten hat, ist allmählich immer mehr im Ab sterben begriffen. In Düddeutschland kehrt man freilich auch heute noch vielfach beim „Ochsen" ein, aber in Nord deutschland trägt man in neuerer Zeit fast allgemein Lem Rechnung, daß sich die Namen jetzt an Lesende, nicht nur an schauende Augen wenden,- denn der erwähnte, auf den ersten Blick heiter anmutende Brauch stammt au» einer Zeit, wo die meisten Menschen noch de» Lesen» unkundig waren. Wenn früher einer dem anderen einen Gasthof empfahl, so war jeder Irrtum ausgeschlossen,- und die oben genannte Bezeichnung trifft der Reisende in Deutschland also noch heutigen Tags an. Zuweilen wurde, weil die» voller klang, dem Tier noch «ine besondere Farbe betaelegt, und man konnte wählen »wischen dem schwarzen Adler, dem weiße» Rößl, dem grünen Hecht, wenn nicht gar zwischen dem „goldenen" Hirsch ober dem „blauen" Hasen. Ebenso leicht aufzuftnden waren die Gasthäuser »um blauen oder gol denen Engel, zur Krone, zur Traube, zum grünen Baum, zur Ofengabel, zum Schwert. Die Namen prägten sich gleich dem Gedächtnis ein, und bet Namen, wie ^Zum Karpfen", „Zum Hecht", „Zu den drei roten Forellen", „Zum Lamm , „Zum wilden Schwein", schöpfte man neben bei die Hoffnung, daß diese lieben Tiere dort besonder schmackhaft zubereitet würben, während etwa beim „Weißen Rößl" ein entsprechender Verdacht fernlag. Man war da mals naiver und erwartete nur da» Erfreuliche. Wenn in späterer Zett, als da» Lesen allgemein wurde, seltsam gefärbte Tiere nicht mehr genügten, wem selbst die Dretzahl ber Mohren, drei Aehren, drei Palm zweige, drei Berge, drei Füchse zu gering waren, wem der 25000 erwarten täglich das Riesaer Tageblatt 8300 ÄOOOOEOlEO hat das Riesaer Tagedlatt d. h. nach statistischen Berechnungen: Wo inseriere ich rum Jahrmarkt? Nur im Riesaer Tageblatt, denn es Kat infolge seiner großen Verbreitung die beste Werbewirkung aller im Bezirk erscheinenden Zeitungen. Ein Inserat im Riesaer Tageblatt hat unbestritten den besten Erfolg AnzeigeN'Annahme w Riesa aar Soetheftrake SS Fernrus 20 sto Die offenkundige Erwartung der Schwägerin war bei dieser Eröffnung in Ueberraschung »ungeschlagen. „Besucht" fragte sie. „Ja. Uebermorgen. Eine jung« Dame. SW wird voraussichtlich längere Zeit bei un» wohnen." Die Schwägerin sah ihn verständnislos an. Wag hatte daS mit de« gestrigen Besuch d«S alten Molnar zu tun? „Du erinnerst dich wohl an MolnarS Tochter Anita?" fuhr Manfred von Ragenthi» langsam fort. Di« Lippe» der Kran Regiernngärat verzage» sich et» wenig. „Die Tänzerin? — Allerdingsf" „Schön. Anita Molnar hat eine Tochter anS ihrer kurzen Ehe mit de« Schauspieler Schilling hinterlasse». Diese Tochter — Jutta mit Name» — wird künftig bei uns Aufenthalt nehmen." Die Schwägerin starrte ihn bestürzt »end nahezu fassungslos an. Lin jähe», tiefes Rot war ihr inS Erficht gestiegen. „Aber Manfredk" vnnchte ste «tsetzt et«. »Bitte?" „DaS geht doch »ichtt Das geht doch una»ägrsth?" Er hob die Schulter». „Du wirst dich damit abstnde» «äffen. ES M be schlossen« Tatsache", sagte er mit Nachdruck. Frau RegterungSrai sah Hefti- atmend vor sich nieder und schwieg. I« ihrem Köpft wirbelte» die Gstzonft« durcheinander. Plötzlich lachte ste geringschätzig auf. Ai« merlrrKrdt« M*. pft LschM d* heGvllE Jugendliebe aufzu»eh«e»l WaS solle« den« di« Leute davon denke» i Du hast Ee«ttt, «ein guter Manfred. Zu viel Gemüt manchmal. Die Liebelet mit der Tänzerin damals — «a ja, eine Jugendtorheft, für die man natür lich genügend Verständnis hat. Aber diese Episode war doch erledigt; ich nehme eS wenigsten» an. ES ist doch — nimm e» mir nicht Übel! — ein» Geschmacklosigkeit, sie nach so viele» Jahren gewissermaßen wieder aufleben zu lasten und tu dieser For« fortzusetzen. Und dann: man nimmt doch auch nicht die Tochter einer Tänzerin ins Hau»..." Vie schwieg erregt. Manfred von NagenthinS Lippen waren schmal geworden. Et»e tiefe Falt« stand zwischen seinen Augenbraue»». „Du erlaubst, daß ich anderer Meinung bin", entgegnete er. „LS dürft« allerdings wohl zwecklos sein, daß wir «nS über Menschen und Menschenwrrt auSrinandrrsetzen, den« ft» dieser Beziehung gehen unsere Ansichten leider wett auseinander. Aber ich muß dich doch dringend bitten, der verstorbenen Gerechtigkeit widerfahren zu lasten und ihr Andenken nicht anzulasten — auch nicht durch die de- jonte Geringschätzung, die du dem Worte .Tänzerin' bei- zulege» beliebtest. Anita Molnar war als Mensch wett wertvoller als manches Glied unserer guten Gesellschaft, wenn ste auch .«ul' eine Tänzerin war. DaS möchte ich ausdrücklich festgestellt haben l" „Mag schon sein", lenkte Frau RegierungSrat ein. „aber..." Sie schwieg plötzlich wieder unter seine« warnende« Blick. Ihre Nasenflügel bebten leise. „Dann möchte ich dir aber noch etwas andere» zu be denke« geben", begann ste schließlich wieder, ohne ein« leichte Verlegenheit verbergen zu können. „Du hast einen erwachsenen Sohn, und wenn du jetzt so ein fremde junges Mädchen in» Hau» nimmst — stehst du denn nicht, wttche Gefahren du damit heraufbeschwörst?" Ihr Blick hing mit einer Erwartung an ihm, die deut lich Angst und Sorge verriet. Manfred von Raaeuthin richtete sich »utr „Nun, was da» andetrifst, so dürste diese Gefahr lamm größer sein als die, die KlauS durch Lotte droht! Wem» wir hier überhaupt von einer Gefahr reden und irgend welche Möglichkeiten nach dieser Richtung in Betracht ziehen wolle«. Im übrigen erlaubst du wohl, daß ich tu«, WaS t ch für gut befinde." Frau RegierungSrat biß sich auf die Lippen. Stmnur erhob sie sich. In nur mühsam unterdrückter Erregung und offenbar tief beleidigt verlieb sie mit zurückgeworse- nem Kopf da- Zimmer. Die Morgenfrühe deS zweiten JunitageS dämmerte herauf. Ja die dlatzblauen Schatten der fliehenden Nacht schob sich sacht da» rosig« Licht der ersten Sonnenstrahlen. Manfred von Ragenthin stand an dem weit geöffneten Fenster seine» Schlafzimmer» und sah in den Park hinab. Kein Laut war ringsum zu hören. Rur ein zarte- Vogel- stimmchen flatterte schlaftrunken in das heraufkommende grühltcht. Am westlichen Himmel verflackerte leis« da» Licht der venu». Roch immer blühten schwellend die Syringen. In ihren Duft mischte sich der schwere, süße Atem de» Jasmins. DaS würde heute ein herrlicher Tag werden — ein rechter Willkomm für den jungen Gast, der heute auf Ragenthin erwartet wurde. Unwillkürlich mutzte Manfred von Ragenthin wieder an das prophetische Wort des alten Molnar denken: „Einst Wird der Tag kommen, an dem der Stern des Glücks über Ragenthin aufgehen wird!" Vielleicht wollte es wirklich ein gütiges Schicksal, datz mit Jutta Molnar das Glück hier etnzog. Im Hause schlief noch alles, als Manfred von Ragen- tht» sich ft» sein Arbeitszimmer begab. Er brannte sich «ine herrlich duftende Havanna an, deren bläulich ent schwebendem Hauch er einen Augenblick gedankenvoll nach sah. Dinn zwang er sich zur Sammlung und vertiefte sich in ftin« Arbeit.