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Nach zeitgenössischen Berichten zusammengestelk Oie entscheidenden Tage vom 16. bis 19. Oktober ISIS er Leipzig ist Ziel und Mittelpunkt und sich verspätete rfeuerspeiendenSchlacht. Era- llm 3 Uhr ertönt wildes Hufgeprassel. 2m Morgengrauen des Montags werden Mit wehenden Helmbüschen, mit finsteren die Leipziger von einem nahen, furchtbaren VIllcker belobt nack 6er Lcklackt persövlick reine tapkereu b-euto Napoleon ank 6er Kluckt «ine reitlrevösriscbs Lariüatur Der erste preukiscbe l.an6>vebrtrupp in 6en Ltraüen 6er befreiten 8ta6t Napoleon sckläkt en» Wacktkeuer sm Vorsbenä 6es ents6iei6en6en 18. Oirtob, Kanonendonner geweckt. Von allen Seiten wird Napoleon auf die Stadt zurückgedrängt. Der Wagenpark, die Geschütze, der Elends. .... rück- Da« Aifrsi-eeteÄ itie drängt in wilder Flucht gen Westen — uni für eine kurze Zeit scheint der Marktplas menschenleer, bedeckt nur von verlassenen Geschützen und Wagen, von verwundeten Pferden und fortgeworfenen Waffen — Dann dringt Eewehrfeuer, der Lärm eines Nahkampfes und schließlich daserste „Hurra!" zu den verängstigt harrenden Leipzigern. Im Eeschwindschritt rast ein Trupp preußischer Landwehr mit den berühmten schwarzen Wachstuchtschakos, durch die Straßen, dem Feinde nach! Man stürzt auf die Gassen, fliegt* ein. ander in die Arme — weint, von Todesnot und Verzweiflung befreit! Eine furchtbare Explosion erschüttert die Luft — die Fran» zosen haben den Brllckenübergang gesprengt, um den nachdrängenden Verfolgern den Weg zu sperren! Am Nachmittag strömte die jauchzende Bevölkerung ihren Befreiern entgegen, den verbündeten Monarchen, in deren Mitte zwar der Kaiser von Oesterreich fehlte — Preußens König, Zar Alexander, Gene ralissimus Schwarzenberg, Bülow, Hork —. und als l e tz t e r V l ü ch e r, der eigentliche Sieger von Leipzig, der vor dem Einzug noch seine tapferen Truppen beloben mußte und sich verspätete... L- W. begibt sich zum Dank- gottesdienst. — Nur langsam schleicht die Legende von Ohr zu Ohr, es sei ein Irr tum, dieser angeb liche Sieg — Das Grollen der Ka- nonade dringt näher. Am Sonntag setzt es aus. Man raunt von Verhandlungen, die ausgenommen worden seien. Aber Militär vertreibt die Bürger von Dächern und Türmen. Lebens- aefahr, sagen die Sol daten . .. derf naten schlagen ein, krachend stürzen Häuser und Schornsteine zusammen, Brände lohen auf, ohne daß ein Löschen inmitten des Volksgewühls möglich ist. „Napoleon ist beschlagen — es bleibt ihm nur ein einziger Rückzugsweg, nach Westen,'über das Ranstädter Tor!", so munkelt man. Am Dienstag wieder glaubt man jede Hoffnung aufgeben zu müssen. Die Kanonade hat ihren Höhepunkt erreicht. Leipzigs Bür ger, in ihren Kellern eingeschlossen, sehen ihrem Ende entgegen. Da bricht sich, um die Mittagsstunde, eine Schwadron Kürassiere alles niederreitend zum Marktplatz Bahn. In ihrer Mitte taucht das unbewegte, erzene Gesicht Bonapartes auf. — Zum zweitenmal in diesen Tagen sieht Leipzig Napoleon. Er schwingt sich vom Pferd, schreitet ruhig durch die Wache in das Haus, in dem der sächsische König Quartier nahm, und reitet schon drei Minuten später wieder» wie ein Spuk, davon. Ein kurzer Abschied von dem Verbündeten, der hier sein Schicksal erwarten muß . . , in 6«a ereixaisreicken vier ObtodertaKea 6es vekreiungssakres 181Z eotsckieck sick vor unck in beiprix nickt nur 6«s Sckicksal Oeutscklanck», «onckern 6ie Lubunkt Kaur Luiopas. Oie ungebeure dluckt 6es borsiscken Lroberer» »vor 6urck 6i«se biieckerluxe entsckeickenä gebrocken vorcken. L»var »vor 6as baiserlicke Neer, 6ein man 6en einen einrigen kück^vez nack Westen okken gelassen batte, nock nickt völlig vernicklet, Lvvar ging 6er Krieg weiter, aber kükrte in geracker bünie nack Fontainebleau . . . Gewühl ist unübersehbar, Mensch und Tier Kaum sind die Kürassiere, die den Kaiser wird zertreten. Schon diese „Konzentration" umgeben, mit klappernden Hufen verschwun« des Heeres auf Leipzig gleicht einer köpf- den, als sich der Soldateska, die die Straßen losen Flucht — erfüllt, eine Panik bemächtigt. Alle« strenge Falte auf der Stirn, so reitet Napoleon grußlos durch das schweigende Spalier. Garde im Eeschwindmarsch folgt seinem Schimmel — Die Menge drängt nach. Auf einem verwüsteten Feld draußen sitzt unter freiem Himmel an einem offenen Wachtfeuer der Kaiser über den primitiven Kartentisch gebeugt. Kein Blick trifft die Generale, die ihn fröstelnd in achtungs- vollem Halbkreis umgeben, kein Blick fällt auf die schweigende Menge, die bis auf zwanzig Schritt herangedrängt ist und be klommenen Herzens zuschaut, wie hier ein .7. .irr die bisher größte Schlacht der „Weltgeschichte vorbereitet . . . Plötzlich eine sächsische Schwadron, die einen Wagen begleitet. Der sächsische König steigt aus, nach einem kurzen Blick umarmen sich die Herrscher. Wieder zieht Leipzigs Bevölkerung den Hut — aber diesmal ist es — Mitleids Noch bevor sich die Menge in die Stadt zurückziehen kann, erfolgt der Einmarsch der Truppen, bis in die Nacht hin. — Ihnen folgt der jammernde Zug vertriebener Dorf bewohner aus der Umgegend. Leipzig hat nicht mehr 35000 Einwohner, fastdoppelt soviel Menschen erfüllen die Stadt. Am Sonnabend, den 16. Oktober, wird das Getümmel und der Lärm auf dem Marktplatz jäh zerrissen durch einen Schrei: Victoire!" Dampfende Kuriere- haben die Kunde vom Sieg Napoleons über die Verbündeten gebracht. Wenige Minuten später läuten alle Glocken von Leipzigs Tür men und der greise König von Sachsen kelckmarsckall 81 Ücker, 6er eixeutiicke Liexer von l.eiprix GM eipzig, die friedliche, fleißige und gemütliche Stadt, war seit Anfang »R September des ereignisreichen Iah- 1813 eine Stätte des Schreckens geworden. Seiner Gewohnheit gemäß schob Napoleon die Kranken und Verwundeten nach rückwärts ab, ohne sich um ihre Ver- pflegung und ihren Transport zu kümmern, großer Feldhe^ So zog denn eine endlose Horde, eine auf. d» Weltgeschb gelöste Marschkolonne des Jammers Tag für Tag durch die Straßen der Stadt, und man erfuhr durch die Verwundeten. Fie- Lernden, Sterbenden von Schlachten, die an der Katzbach, bei Dresden und Kulm statt gefunden haben sollten Leipzig erbarmte sich dieses Elends. Nur eine einzige Kirche — die Nikolai-Kirche — wurde für den Gottesdienst freigehalten. Alle anderen Gotteshäuser, Schulen, öffent- lichen Gebäude waren für die Aufnahme der Verwundeten zur Verfügung gestellt worden. Wie aber sollte man sie verpflegen? Leipzig selbst, seit Wochen abgeschnitten von der Welt, liegt wirtschaftlich tief darnieder. Die Lebensmittelpreise sind schwindelhaft, man schlägt sich um ein Brot, und nicht nur die zügellosen Horden der rück flutenden Soldaten, auch Leipziger Bürger plündern die Läden, bis französische Posten vor den Auslagen ausgestellt werden, weil das Brot für die Soldaten reserviert bleiben soll . . . Als am 10. Oktober die Truppenabtei- lungen in den Befestigungen der Stadt und in den Vorstädten verstärkt werden, ahnt die Bevölkerung: hier in Leipzig wird die Ent scheidung fallen. Und es muß eine furchtbare Schlacht werden . . . Zwei Tage später steht alles auf Tür men und Dächern, um das großartige Schau- spiel zu sehen: Napoleon konzentriert seine Heere, von Dresden kommend, in weitem Halbkreis um die Stadt herum. Und am Morgen des 14. Oktober fliegt das Gerücht von Haus zu Haus: Der Bonaparte kommtI Es hat tagelang geregnet, der Himmel ist dicht verhängt, lleber die zerstampften Anlagen der Stadt strömt die Menge zum Grimmaischen Tor: dort, wo sich heute der Augustusplatz dehnt, erwartet man den Kai ser. Vom Süden dringt das Echo einer Kanonade herüber — Reitergefecht bei Liebertwolkwitz, heißt es . . Gesichtern und gezogenen Degen fliegt eine Abteilung Eardekürassiere vorüber. Dann entblößt Leipzigs Bevölkerung schweigend — — den Kopf — unter schwarzem Dreispitz ein zug der Verwundeten wälzt sich wachsbleiche» Gesicht mit kalten Augen, eine sichtslos durch die überfüllte Stadt.