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Das srucyware Land zwr,cyen sioe uno Mulde resp. Elfter mag schon von jeher Anlaß zu feindlichen Auseinandersetzungen gegeben haben. Hierbei wurde die Oschatz-Wurzen-Mügelner Pflege ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen. So fiel kurz nach dem Jahre 1000 der König BoleslausvonPolenim Meißner Lau- ein und verwüstete den genannten Landstrich. Sie streiften über Riesa—Strehla, Mügeln bis zur Saale und verwüsteten alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Vermutlich wurde von diesen plündernden Streifen auch Wurzen nicht verschont. So lesen wir bei Ditmar, daß die Polen unter dem genannten König am 19. Septbr. 1017 nicht weniger denn 1000 Menschen gefangennahmen und Städte und Dörfer niederbrannten. Weiter kam 1080 -er König Vratislaus von Böhmen auf seinem Kriegs zug bis Wurzen und Leipzig und schlug hier die Sachsen. Dazu kamen die R e l i g i o n s k r i e g e der Römi schen: 1381 wurde in der Wnrzencr Pflege der sogen. Pfaffenkrieg geführt. Der Erzbischof. Ludwig von Magdeburg zwang den Meißnischen Bischof Nicolaus, sich ihm zu unterwerfen, und zwar mit Waffengewalt in der Wurzener und Mügelner Gegend, wobei Las Land schlecht wegkam. Der Meißnische Bischof drehte aber rasch den Spieß nm und ging zweimal scharf gegen den ersteren vor und trieb ihn aus seinem Land. Und dann kamen die Hussitenkriege. Im Jahre 1430 erschienen die Hussiten aus Böhmen aus ihrem Kriegszug, der nur ein großes Morden und Brennen bedeutete, über Dresden, Pirna, Meißen, Hayn, Torgau, auch vor Mügeln, Oschatz, Wurzen, Strehla, Mühlberg. Dann scheint 100 Jahre Ruhe geherrscht zu haben, denn der Chronist erwähnt erst das Jahr 1531: Im Dezember erschien ein gewisser Urban v. Kuntz — in -er damals kaiserlichen Zeit glaubte jeder und jedes den andern mit seiner Streitmacht überfallen zu müssen, avobei sich der Adel ganz besonders hervortat. Was nun die Wurzener dem Kuntz zu Leide getan hatten, ist nicht bekannt. Es kam nun die Reformationszeit. Für oder gegen die Reformation war in vielen Städten die Parole. Und so erzählt uns Schöttgen über den sogen. Fladenkrieg, daß der Kurfürst Johann Friedrich sich das Schutzrecht über Wurzen angematzt habe, weshalb er bald mit dem Herzog Moritz von Sachsen hintereinanbergekommen sei. Zu gleicher Zeit drohte aber -er Türke ins Römische Reich einzu fallen und -er Kaiser hatte den Neichsfürsten be fohlen, ihm Truppen zu stellen und das dafür erfor derliche Geld zu beschaffen. Der Kurfürst hatte zu diesem Zweck eine sogen. Türkensteuer ausgeschrieben, die die Wurzener nicht zahlen wollten. Auf wieder holtes Anmahnen ließen sich die Wurzener aber, die auch heute noch im Steuerzahlen sehr zurückhaltend sind, nicht erweichen. Der Kurfürst besetzte daher kurzerhand Wurzen am Palmsonntag 1542 mit 400 Reitern. Herzog Moritz, ein etwas heißblütiger Herr, schaute -er Sache mit sehr gemischten Gefühlen zu: er sah sich durch des Kurfürsten Verlangen rechtlich be nachteiligt und pochte auf sein Recht. Er«ließ daher in allen seinen Städten nach Leipzig und Oschatz Kriegs volk aufbieten und zwischen Grimma und Wurzen stand der Kurfürst mit 220 000 ihm gegenüber. Das hätte nun in -er Karwoche zwischen den beiden prote stantischen Fürsten eine schöne Bescherung geben kön nen — um des Kaisers Bart. Da legte sich in letzter Stande -er Schwiegervater -es Herzogs Moriz der Landgraf Philipp von Hessen, ins'Mittel: er beredete Len Sersoa. die Sache mit -em Kurfürsten auf krieü- uchem Weg zu vereinlgen. Und es kam zum Bergleicy an den Ostertagen. Das Kriegsvolk ward allseits wieder nach Haus geschickt und der Krieg war zu Ende. Da aber die Frauen und Mütter zu Haus ge rade dabei waren, die Osterfladen zu backen, erhielt dieser unblutige Krieg zwischen Kurfürst und Herzog zu Sachsen den Namen Fladenkreifg. Die Wurzener aber zahlten nicht nur ungern Steuern, sie nahmen sogar, wo sie was erwischen konnten. So hatten die Wurzener, als 1547 Kursürst Johann Friedrich die Stadt Leipzig belagerte, den Proviant für Leipzig abgefangen, für sich be halten oder dem Feind zugeführt. Um sich an den Wurzenern dafür zu rächen, begaben sich einige Reiter und Musketiere aus Leipzig nach Wurzen. Ein Kom mando unter Christoph v. Ebeleben nnd Hans v. Sietz- kau überfiel an der Fähre die Wache und erschlug sie und einige Eilenburger Schützen. Anderntags über rumpelte» sie die Stadt und machten alles nieder, was sich ihnen entgegenstcllte, darunter Bürgermeister Georg Herr, der mit andern erschossen wurde. Die Stadt mußte noch 1000 Gülden Strafe zahlen. Die Fehden mancherlei Art jener Zeit brachten auch die Befehdung der Wurzener durch Hans v. Carlowitz — auf die Testamentgcschichte -es näheren cinzugehen erübrigt sich für heute. Im Jahre 1558 rückten, kurz gesagt, jedenfalls wieder einmal die feindlichen Kohorten gegen die Wurzener, weil ihr Bischof anderer Meinung war als der Hr. v. Carlo witz. Doch auch dieser Krieg nahm keine schweren Formen an. Nachdem erst die Stolpener Wälder ge hörig mitgenommen, die Schäfereien zu Wilsdruff, Stolpen und Mügeln an sich genommen waren, erschien v. Carlowitz am 5. Novbr., einem Sonnabend, gleich zeitig mit den zu Markt fahrenden Bauern vor den Toren Wurzens nnd begehrte Einlaß. Da er solchen nicht fand, zog er nach Mügeln und chemächtigte sich dieser Stadt: er kam aber am nächsten Dienstag un verhofft wieder und nahm den Wurzenern 700 Schweine von der Weide weg. Die Wurzener rückten dicserhalb in den sogen. Sau krieg aus, wobei fünf Pei^onen ums Leben kamen. Ja, man lieh Hans von Carlowitz sogar am 22. Nov. einpassieren, da er ver sprochen hatte, keinen Schaden anrichten zn wollen. Nachdem er vom bischöflichen Besitz nach Belieben Ge brauch genommen, zog er wieder ab und wendete sich Stolpen und Bischofswerda zu — und der Saukrieg hatte für Wurzen sein Ende erreicht. Nun endlich hatten die Wurzener Ruhe bis zum Dreißigjährigen Krieg. Anfangs blieb die Wurzener Pflege von Unannehmlichkeiten verschont. Wohl waren 1831 die Kaiser!. Kriegsvölker einmal in der Stadt und haben, wie Schöttgen meldet, „Burge- meister Sebastian Keyselitzen wohl auf 300 fl. Bier ausgesoffen", aber erst im Jahre 1637 fingen für Wurzen und die ganze Gegend um diese Stadt die Be drückungen des 30jährigen Krieges an. Das Kir chenbuch zu Pausitz gibt darüber ausführlich Kunde — doch darüber zu berichten, möge einem be sonderen Artikel vorbehalten sein. Was uns der Pausitzcr Pfarrer Johannis Lorenz darüber be richtet, gibt uns ein getreues Bild der Drangsale jener Zeit, unter denen die ganze Gegend zwischen Elbe, Mulde und Elster zu seufzen hatte. Es war für die Stadt ein ständiges Hin und Her von Einquar tierungen, von Kontributionszahlungen, von Plünde rungen, von Massakrierungen, von Brandstiftung usm. Am auch an dieser Stelle einen kleinen Vorge schmack jener fürchterlichen Drangsale zu geben, will ich einige Sätze aus dem in Leipzig 1637 erschienenen Traktat ^>ie Wurtznische Creutz- und Marterwocbe" hier wledergeven: Von oen Schweden wird erzayn: „In -er ersten Furi seynd ihrer nicht wenig auf den Dom geeilct / daselbsten Thür und Thor wie auch die Kirch-Thüren und die Sacristey mit Gewalt zerhauen / zerschlagen und erbrochen / den Leuten / ohne Unter scheid der Person / geistliches und weltliches Standes / Edel und Unedel / vornehmen Beambten Manns- und Weibs-Personen die Kleider von dem Halse herab gerissen / bloße Degen / wie auch gespannete Rohr auf die Brust und an das Haupt gesetzt / dergleichen von andern in und vor -er Stadt allenthalben geschehen / die Leute genöthiget zu bekennen / wo sie das Geld und die besten Sachen verwahret und vergraben hätten". Den in ihrer Angst Davoncilenden sind die Schweden nachgesetzt, „allenthalben aber und in allen Häusern ist die volle Plünderung im Schwang und mit großem Grimm und Grausamkeit verübet worden." Die Sol daten haben die Häuser von oben bis unten durchsucht, Kisten und Kästen aufgcschlagen und haben alles mit genommen, was ihnen unter die Finger kam. „Hicr- bcy haben sie mit den Leuten über Barbarischer Weiß umgangen, sie gepeiniget / übel geschlagen / geprügelt / geschraubct / gerädelt / gestochen / verwundet / die Arm auf den Rücken gebunden / niemands geschouet / auch der Krancken / Schwängern / Sechswöchnern / und kleinen Kinder nicht / Mannes-Personen haben sie an heimlichen Orten verletzet / die Pudentm abgekneipet / mit härinnen Stricken umfasset / Schweffel auf den bloßen Leib getreufeit / höltzerne Pflöcklcin zwischen die Nägel an Händen und Füßen geschlagen / die Fuß sohlen Crcutzweiß ausgeschnitten / Saltz und Gersten- Körner hinein gestreuet / welche gequollen und über aus große Schmcrtzen verursachet und auf andere un erhörte Weise / so nicht zu beschreiben / die Leute grau sam gemertert". Besonders unbeliebt war auch bei den Wurznern der sogen. „Schwedische Trunk": Er „ist sehr gemein gewesen / indem ihrer vielen unreines Scyffeu- und Pfützcn-Wasser oder Mistjauch in den mit einem Spanner oder Röhrlöffel ausgespreitztcn Mund / so viel als hineinzubringen gewesen / gesüllct / über eine Weile hernach auf ihren Leib gesprungen und die hineingcgossene Jauche heraus getrieben wor den". Doch auch „die Weibs-Personen sind übel trac- tirct / aus allen Wiuckcln, dahin sie sich versteckt / her- für geschlagen und verwundet / hin und her geschlcppet / thcils genothzüchtiget und geschändet / thcils auch aufgehenckt / Feuer unter ihnen gemacht und ge- schmäuchet worden. Fünfe solcher barbarischen Buben haben ein Mägdlein von acht Jahren auf öffentlichen Marckt erwischet und zu Tode geschändet / Latz» der Sechste geblasen und getrommctet". Und kaum hatten sich die Einwohner von diesen Schrecken erholt, kam 1643 von neuem -er schwedische General Torstenson auf dem Marsch von Leip zig nach Strehla mit seinem Kricgsvolk durch Wurzen und die Bedrückungen begannen von neuem. Die Kriegskontributionen nahmen kein Ende und gingen bis ins Jahr 1645. Im Jahre 1706 nach -er Schlacht bei Frau- stadt wurde Wurzen noch einmal durch Kricgskon- tributionen bis aufs Blut ausgepreßt: 30 000 Mann und Pferde mußten verproviantiert werden. Man kann sich einen Begriff von diesen Verpflichtungen machen, wenn man bei Schöttgen liest, daß die Stadt Wurzen täglich an Fleisch 375 Pfund, 500 Pfund Brot, 750 Kannen Bier, 125 Kannen Erbsen oder Grütze, 150 Bund Heu, 18 Scheffel Hafer zu liefern hatte, so daß nach Abzug der Horden etwa 20 000 Reichstaler von -er Stadt aufgebracht worden waren. Das 17. Jahrhundert war somit für die Wurzener 'ein Jahrhundert des Schreckens gewesen, erst im 18. Jahrhundert trar für die geängstigte Bürgerschaft Ruhe und Friede ein, wenn auch große Feuerschä den ihnen alles nahmen. Aber die Wurzener rafften sich immer wieder nach jedem Schicksalsschlag auf und überwanden somit auch die schweren Bedrückungen des Dreißigjährigen Krieges. Daß bei diesen auch das Brandlegen ganzer Stadt teile keine geringe Rolle spielte, ist wohl erklärlich. Doch auch sonst, da die Feuerabwehr vor Jahrhunder ten noch sehr im argen lag, wurde die Stadt vielfach von Feuersbrünsten heimgcsucht. So' meldet Schött gen, daß um 1470 ein Feuer Len Dom und alle darin enthaltenen Schriften und Archiven vernichtet hat. Das mag auch -er Grund gewesen sein, -aß aus jener Zeit an Mitteilungen wenig auf unsere Zeit gekom men und überliefert sein mag: Immer und überall vernichtete das Feuer Akten und Aufzeichnungen. Am 15. April 1519, Mittwoch vor -em Palmsonntag, brach in der Hofcstadt vor dem Jakobstor ein großer Brand aus, -er den Dom, die Kirche, das Schloß, das Rat haus, die Stadt, die Vorstädte und -en Crostigal in Asche legte, so daß nur die alte Stadt und die Vorstadt vor dem Eilenburger Tor verschont blieben. Merk» würdigerwcise blieben die Kirchen St. Wenzel und St. Jakob mitten in der Feuersglut unversehrt. 1532 brannten vor dem Eilenburger Tor 21 Scheunen mit Inhalt ab — Scheuncnürände spielten immer ein« besondere Nolle. Am Grünen Donnerstag 1602 brannte ein gut Teil der Stadt ab und am Grünen Donnerstag des solgenden Jahres schlug am 10. April der Blitz in die Scheunen vorm Jakobstor und äscherte 6 davon ein. Ein größerer Brand brach in der Kar woche am 6. April 1631 im Thomas Thiemeschen Malzhaus in der Domgasse aus, dem 86 Wohnhäuser zum Opfer fielen. Vier Personen kamen dabc! ums Leben. Dieser Brand gab den Anlaß zu verschärften Bauvorschriften. Am 8. März 1646 wurden vor dem Jakobstor 46 neuerbaute Häuser eingeäschert. Abge sehen von weiteren kleinen Bränden wurden am 16. Juli 1686 das Kürschner Martin Tellersche Haus durch Blitzschlag nnd noch 24 Häuser in Asche gelegt. Am 11. September 1704 brach wieder ein großer Brand aus, den Schöttgen eingehend würdigt, da auch seine Familie davon in Mitleidenschaft gezogen war: In Schöttgens Stiefvaters Haus war der Brand aus gebrochen durch die Unvorsichtigkeit des Schornstein fegers Neumann, der in Johann Lorenz Klüglings Haus gearbeitet hatte. Es fielen dadurch 143 Häuser und Scheunen dem Feuer zum Opfer, darunter die ganze Jakobsgasse, drei Teile des Marktes, die Jo hannis- und Eilenburgische Gasse, vor diesem Tor die Häuser uud Scheunen voll Getreide. Die Not zu lindern sprangen der Rat zu Hayn, zu Dresden, zu Oschatz, zu Eilenburg, ein Lübecker Kaufmann, -er Superintendent Thieme in Colditz und auch der König ein. Der Schornsteinfeger Neumann aber, der ausgerückt war, wurde bei Liegnitz beim Betteln er tappt und zu Staupen geschlagen und des Landes ver wiesen. Die Wurzener hatten aber doch Furcht vor dem Wiederkommen -es Neumann und sie erreichten, daß Neumann nach Dresden in -ie Festung käme, wo er auch gestorben ist. Und was Feuersnot in Wurzen noch übrig ließ, das vernichtete -ie Pest in früherer Zeit. So war nach dem großen Brand von 1519 ein großes Ster ben, so -atz der Wiederaufbau der Stadt unterbrochen werden mutzte. Seuchen waren weiter 1577 — der Bader Zacharias Deubener und seine Frau fielen ihr sofort zum Opfer —, 1594 (70 Kühe gingen Laber drauf), 1595, in welchem Jahre eins nach dem andern j -um Friedhof getragen werden mußte. 1598 mit 299