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14S. S. veilagr znm Riemer Tugevlatt. Sonnavrns, S4. Juni 1933, atzenvs. 8«. Jahrg. Ueder de« vearift einer»plastischen Kultur" «. da« Thealer. Ban Dr. Wolfgang Nufer, «ommisfarischer Dvamatara der DKWscheu Staatstheater. 2tSP. Aus dem Reichtum der Betrachtungen über Reli gion, Mythos, Nation und Technik, die Richard Benz in feinem neuen Werke „Geist und Reichl" anstellt, ist eine der wesentlichsten die über den Begriff einer neuen plastischen Kultur. Ausgehend von der Erkenntnis, daß die Heiligung eines wahren Lebens beim Leib beginne, zeigt er in einem erschöpfenden Querschnitt durch das gegenwärtige Leben die Symptome auf, die auf eine grundsätzliche Erneuerung, oder besser gesagt, eine konsequente Umbildung der Kul turschau Hinweisen. Alle „Bewegungen", die in der jüngsten Vergangenheit m Erscheinung traten, angefangen von der Jugendbewegung bis zur großen politischen Bewegung, hatten gemeinsam die Tendenz zur Befreiung der orgauischp-schöpferischen Natur kräfte von der Fessel des Technischen, Mechanischen, Ratio nalen, Ueberuationalen. Ein primitiver Kampfinstinkt bei dem einen, eine träumerische Natur- und Körperfrömmig keit bei dem anderen war die Reaktion gegen das absolute Gehirn. Was in den Bewegungen als bewußte Zielsetzung her vortrat, zeigte sich bei der ziellos betriebsamen Masse als instinktiver, unkontrollierbarer Hang und Drang zum Bildmäßigen, Körperhaften: im Film, im Rund funk, in der Technik, in der Presse, in der Wissenschaft. Der Masse — vom Theater, vom körperlichen Geist bisher ausgeschlossen — fehlte das Bild: sie lief ins Kino und füllte damit einen Leerraum aus. Beim Rundfunk, der ebenfalls einen Schritt vom Abstrakten zum Sinnlichen bedeutet, war dasselbe Bedürfnis ausschlaggebend. Die Gefahr, die man in beiden Neuerungen und ihrer augen blicklichen Handhabung sieht, wird belanglos, wenn man sie als Weg zu einer positiven WeiterentNnchlung begreift. Freilich, die Ku ltu r g e s in n u n g des Menschen hat nicht Schritt gehalten mit dem Lauf der Technik, die Er findung blamiert ihn, er hat keine Herrschaft mehr über ne, kein Unterscheidungsvermügen, und sicherlich leidet etwa das Theater zeitweilig unter der Vorherrschaft deS Kinos. Es kann Wohl momentan durch den Film zurückgedrängt, ine aber auf die Dauer ersetzt werden — keine lebende Form kann eine andere ersehen — und der auffallende allgemeine Drang zur Anschaulichkeit und Versinnlichung scheint vielmehr Symptom zu sein einer neu sich bil denden Plastischen Kultur. Sogar die technische „Sachlichkeit" zeigt morpholo gische Tendenz, das technische Material nimmt „körper hafte Formen an, ist ästhetisiert, ästhetisch umkleidet. Auch aus der toten Materie will der Mensch wieder zu Freude und sinn. Diese Vermenschlichung der Technikist die Ahnung vom Wunder des Leibes. In der Wissenschaft ist diese Er scheinung nicht weniger deutlich. Man braucht nur an Namen zu denken wie Kretschmer, Kaßner, Klages, die neu entdeckten Carus» Bachofen und Burckhardt, die Historiker des George-Kreises, Rutz u. a. Das Bild verdrängt den Buchstaben, der Rhythmus den „Geist", man sucht das körperliche Leben. Die Geschichte gilt nicht mehr als kausale Logik, sie wird Bild und Mythos. Wissens mäßige, abstrakte Begründungen werden abgelöst von der Gesta.tsck.au. Die vielgenannte Geistfeindschaft der Gegen wart geht nicht gegen das Geistige an sich, sondern gegen dessen unfruchtbare abstrakte Handhabung. Bildung soll wieder vom Bild Herkommen, nicht von der Registratur, sie soll wieder plastische Abgrenzung sein, statt uferloses WissmSchaoS. Im Anschluß an Goethe, in dessen Bildungsroman der Held ein Schauspieler und das Theaterproblem das Problem >,er Bildung ist, glaubt Benz an die theatralische Sendung des Dentschen. Das Theater ist kür den Begriff einer plastischen Kultur das krönende Sinnbild. Eine offensichtliche Spal tung charakterisiert den bisherigen Zustand. Das Drama, nur gelesen, stand immer im Mittelpunkt des geistigen Lebens der Deutschen, als Inncn-Ereignis problematisch philosophischer Art, ohne Zwang zur Schaubarkeit, im Gegensatz zum griechischen Drama, das als Bühnenkunst werk notwendiges nationales Erlebnis war. Da neben lebte mit größter Anziehungskraft der MimuS als Trieb deS ewigen Gestaltwandels, als Mittel der Selbst darstellung und Selbstverwirklichung, der Drang zur Ge stalt, doch ohne geistigen Inhalt. Entsprechend dem dop pelten Ursprung des Tlieaters einerseits aus dem kultischen Gemeinsch'ftsspiel d-r Laien, ai d. rerf-its aus dm Gaukler- und Komödiantentum deS fahrenden Volkes, das schließlich den Sieg davontrug, mußten auch di« Anregungen, die diese Spaltung heute zu überwinden streben, von ver schiedenen Seiten kommen. Bestimmende Einflüsse gingen aus vom Laientum. Durch die Wandlung des priester lichen Mittler- zum Fachmenschen wurde wie in der Wissenschaft so auch in der Kunst der Lai« ausgeschlossen. Das Laientum aber korrespondiert unmittelbar dem echten Priestertum in allem Geistigen. Wie schon einmal, wo es um das große Problem der Unmittelbarkeit im Gott- erleben ging, wiederholte sich jetzt im spezielleren Sinne der Ausstand des Laientums. Für das Gemeinschafts erlebnis suchte man spielerische und kultische Formen. Insbesondere Menschen der Jugendbewegung, deren Geist eine Generation zeichnete, fanden auf der Suche nach der Unmittelbarkeit des Erlebens den Weg zum kultilchm Drama. Im bewußten Gegensatz zu einer dilettantischen Nack>- ohmung des Theaterslverzichteten sic auf alle ablenkcnden Zutaten, auf Vorhang und Kostüm, auf Kulisse und Routine und setzten an ihre Stelle leidenschaftliche Ergriffenheit, Natur, Hingabe und Treue für den Sinn des Spiels. Instinktiv griffen sie in eine Zeit zurück, in der die Ein heit von Sinn- und Formcrlebnis noch gegeben war, und brachten mittelalterliche Totentänze, Krippen- und Mysterienspiele auf die Bühne. Freilich, Kunst will Form, Leistung und Vervollkommnung und das Laienspiel konnte nur Uebergang lein und Anregung für eine neue Theaterkultur. Aber diese Anregung ist von wesentlicher Bedeutung und sie hängt aufs engste zusammen mit einer anderen Bewegung, die denselben Motiven entsprang: mit dem neuen Tanz. Der Tanz ist eines der stärksten Symbole für die Lebensfrömmigkeit unserer Zeit. Symbol für die Aufgabe, entgeistete, primitive Körperlichkeit, die in bedingungsloser kämpferischer Lust überall hervortritt, mit neuem seelen- tum und Schöpfergeist zu füllen. Symbol aber auch noch in einem anderen Sinne: der männliche Geist, der „Geist", wie ihn Klages meint, hat sich vom Urzustände der Kultur zu weit entfernt. Er verlor die instinktive Sicherheit, er beherrscht die Funktionen des Lebens nicht mehr. Er er kennt sich selbst als „Widersacher der Seele" und sucht nun den Weg zu ihr zurück. Ein ausschließliclies Bekennt nis zum Irrationalismus, zu den weiblich-mütterlichen Bindungen ist das auffallendste Merkmal des zeitgemäßen Denkens und ergibt die naheliegende Gefahr eines pas siven, resignierten Zurückfallens in den matriarchalischen Urzustand. Die Vermählung männlick>zeugender und weib- lich^formcnder Kräfte, wofür der Tanz in seiner urtüm lichen Einheit von Freiheit deS Geistes, Weltlust und Natur frömmigkeit sinnbildlich ist, weist den Weg in die Zukunft. Wenn Nietzsche und Wagner, Platons Lehre vom orchestischen Ursprung der Bewegungskünste fortführend, die Tragödie vom Tanze herleiten, und ersterer die Ent wicklung deS musikalischen Dramas von. einer künftigen reichen Ausbildung der Qrchestik abhängig macht, wenn wir bedenken, welche Rolle der Tanz, der Vater des Mimus, die Urzelle des Theaters von jeher im Dienste des Kultus spielte, so wird uns vielleicht der aktuelle Sinn und Wert der neuen Tanzbewegung für das Theater offenbar. Laienspiel und neuer Tanz geben dem Theater eine Wendung zur tänzerischen, festlichen, chorischen, tragischen und kultischen Form. Das kultische Theater wird wieder Heimstätte werden müssen des mythischen Dramas und der mythischen Musik. Nicht ver mengt sollen beide werden, sondern ergänzen sollen sie sich, einander verdeutlichen wie Liturgie und Predigt. Noch andere Wege sieben offen zum Neubau des Theaters, wie etwa der des stammesgebundenen VvlkK- und Dialektspiels, dessen ernsthafte Pflege das Dresdner Staatlich« Schauspielhaus mit dem Zyklus „Deutsche Hei mat" begann. An Anregungen und Wegweisern fehlt eS nicht. Was not tut, nicht nur für das Theater, sondern für die neue deutsche Lebensform insgesamt, ergibt sich von selbst, wenn man den Angelpunkt gefunden hat. Einmal hat es einer schön gesagt: „Die Seele der Kultus ist die Kultur der Seele." 8MMk. Niemals ist der Tag, der Frühlings-, Sommer-, Herbst- oder Winteranfang bestimmt, als ein entschei dender anzusehen. Er ist zwar ein Trennungsstrich, aber ein Strich, dessen innerer Wert sich erst sehr langsam auswirkt. Die Jahreszeiten verschwimmen in einander, besonders Frühling und Sommer lassen sich nicht eng abgrenzen. Denn auch im Sommer setzt das Blühen und Werden fort, das der Frühling eingeleitet hat. Auch im Sommer wird Vollendung, was im einzelnen schon Charakter des Frühlings war. Aber dennoch ist ein gro ßer, ein gewaltiger Unterschied zwischen diesen beiden Jahreszeiten, sobald sich der Sommer in seinem.vollen Rechte zeigt. Er läßt reifen, was im Frühling zu sprossen begann, er bringt die Höhe der erwachten Na tur, die Entfaltung der Schönheit bis zu dem Punkt, da sie wieder zu vergehen beginnt. Er bringt also Ar beit und Freude, Glück und Segen. Vor allem Arbeit für den Landmann, der aus den Feldern die Hände regen muß, um das Getreide Heimzubringen, den Stoff zum täglichen Brot. Verschieden liegen die Erntezeiten im Deutschen Reich, aber sie liegen noch im somincr. Und die sonne, die im Frühling so viel kämpfen mußte, die so viel Unbeständigkeit zeigte, sie spendet den Segen dem Landmann zur Ernte, dem Städter zur wirklichen Erholung, zum Genuß einer köstlichen Freiheit, einer Ferienzeit, di« alte Weisheit in den Sommer verlegt hat. Zm Sommer liegen die sogenannten großen Ferien !der schulen. Und mit dielen großen Ferien verbindet sich die Reisezeit, die das deutsche reiselustige Volk durch einander würfelt und es in Bäder und Sommerfrischen, an die See und ins Gebirge lockt. Der Sommer trägt besonders als Reisemonat, als Ferienmonat den aus gesprochenen Charakter und ist deshalb Freude und Sehn sucht aller, die ein Jahr lang an der Arbeit sind und die einmal im Jahre di« Hände ruhen lassen wollen im süßen Nichtstun. Man grüßt ihn mit vollem Herzen, nimmt daher den Anfang als ein Ereignis, obwohl, wie gesagt, dieser Stichtag wenig bedeutet. Der Kalender, die Sonnenwende, will es, daß eine neue Jahreszeit vermerkt wird. Wir gehen wieder mit kräftigen Schritten in das dritte Viertel des Jahres, wissend, daß es ebenso schnell vorüberfliegt, wie all die Monate, die uns ge geben sind, wie Ruhe, Auferstzehung, Vollendung und sterben. Predi. Vexierbild. Wo bleibt heute mein Spielgefährte? Nordhälfte: 1. Löwe, «--Regulus, 2. Saar der Berenice, 3. Großer Bär, 4. Zwillinge, k---Pollnx, «--Kastor, 5. Fuhrmann, «^-Ka» pella, 6. Kleiner Bär, k — Polarstern, 7. Drache, 8. KepheuS, 9. Kassiopeia, 10. Perseus, 11. Andromeda, 12. Schwan, V---Deneb, 13. Pegasus. Planeten: Jupiter und DenuS. Mond: Dollmond: 7. Juli, Erstes Viertel: 30. Juli. Südhälfte r 1. Wassermann, 2. Delphin, 3. Steinbock, 4. Adler, 4 —Atair, 5. Leier, —Wega. ö.Herknles, 7.Schlanaenträger, 8. Schütze, 9. Skorpion, 4--Antares, 10. Waage, 11.Schlange, 12.Kr»ne, 13. Bootes, ^----Arktur, 14. Jungfrau, 8—Spica. Planeten: Saturn und Mars. Die Sternkarte ist für den 1. Juli um 10 Uhr abends, lö. Juki um 9 Uhr abends für Berlin, also für ein« Pol höhe von 52i/z Grad bercckäiet. Mond: Vollmond 7. Juli, 1. Viertel 30. Juli. Nachdem die Sonne am 21. Juni den höchsten Punkt ihrer Bahn überschritten hat, wandert sie im Laufe des kommenden Monats aus dem Zeichen des Krebles in das des Löwen. Sie steht dann in der Mittagszeit schon nicht mehr ganz so hoch wie am Tage des Sommeranfanges am Himmel und die Lageslänge beginnt langsam abzunehmen. Trotzdem aber Und die Nächt« noch immer so hell, daß in dieser sogenannten „Mitternachtsdämmerung" die licht schwachen Sterne unserem Auge entschwinden. Es scheint beinahe so, als habe die Zahl der leuchtenden Pünktchen abgenommen, und so müssen wir uns denn mit der Be trachtung der helleren Sterne begnügen. Aber diele Zeit ist gerade günstig für den, der die Sternenbilder kennen lernen will« denn jetzt sind die. Sterne verschwunden, die uns beim Aufsuchen der einzelnen Konstellationen nur verwirren. Die beiden Sterne, die kurz nach Sonnenuntergang im Westen sichtbar werden, sind die Venus, der leuchtende Abendstern und der Jupiter, zwei Planeten, die gleich unterer Erde die Sonne umkreisen. Etwas später erscheint dann in der Nähe des letzteren der Mars, kenntlich an seiner intensiv roten Färbung. Er entfernt sich immer weiter vom Jupiter und beweist uns dadurch, daß die Wandel sterne — im Gegensatz zu den Fixsternen — sich am Firmament mit ziemlicher Geschwindigkeit fortbewegen. — Um diele Zeit taucht hoch über -uns die Wega auf, der hellste Stern im Bilde der Leier, daneben finden wir in Form eines Kreuzes den Schwan. Der Kopfstern heißt Deneb und der am Fuße stehende Albireo löst sich im kleinen Fernrohre schon bei schwacher Vergrößerung in emen wunderschönen Doppelstern auf. Hier finden wir guch den Adler, dessen hellster Stern Mair mit der Wega und dem Deneb ein großes rechtswinkliges Dreieck bildet. Dazwischen steht der unscheinbare Delphin und tiefer zum Horizont beginnen Pegasus und Andromeda ihren sommer lichen Kreislauf um das Himmelszelt. Hier im Südostcn erscheint kurze Zeit nach Sonnenuntergang der Planet Saturn, der wegen seines einzigartigen Mngshstems eines unserer interessantesten Beobachtungsobjckte darstetlt. Wer einmal Gelegenheit hat, dielen sonderbaren Himmelskörper im Fernrohre zu sehen, wird den Anblick niemals ver gessen können. Auf der anderen Seite des Himmels, allo iin Westen, verschwinden allmählich Löwe und Jungfrau und der Große Wagen wendet sich langsam nach Nordwesten, seinem tiefsten Stande zu. Die Mondphasen fallen auf folgende Tage: am 7. Juli ist Vollmond, am 14. letztes Viertel, am 22. Neumond und am 30. Juli ist erstes Viertel. voe.