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8«. Jahrs Versailler. Der - ! des Sonnenkönigs. Schlosses von Versailles. DaS Schloß Sesamtansicht des 4. VrNa-e,nm Mttaer Taqematt. Sonnabend, 84. Jnni inzz, avknvö Schönheit lm Garte« des Hasses. .Liebestempel" der Dubarry im Park von Versailles-Trianon. , Die Geschichte eines Schlosses Bon Dr. Latz Heinke. Gibt es wohl eine Autobuslinie für Fremdenverkehr, die einen auch nur annähernd so starken Betrieb aufweist wie die von Paris nach Versailles? Täglich rollen mehrere der schweren Wagen, angefüllt mit Amerikanern, Englän dern, Deutschen die Chaussee nach dem Walde von Marly zu hinunter, 18 Kilometer südwestlich von Parts, fahren langsam durch die breiten unbelebten Straßen der Stadt Versailles, die nach dem Verlassen Louis Capcts verödete, vorbei an den verfallenden Schlössern der vorrevolutionären Höflinge, vorbei am Bischofssitz und halten vor den gewal tigen schmiedeeisernen Gittern, durch deren Tore sich ge drängt die Scharen der neugierigen Fremden schieben . . . Die riesigen Bäume und uralte» dichten Hecken des Parks, die dunkelnden Mauern der weitgestreckten Schloß bauten sehen diese aufgeregte Schar der Sensationslüsternen, wie sie in den dreihundert Jahren ihres Bestehens schon vieles sahen — wcchselvollste Schicksale spielten sich hier ab, schassend, zerstörend, friedvoll, kriegerisch, voll Aufruhr, zerfallend nnd wieder erwachend. Heinrich IV., der gute König, der da wünschte, daß jeder Untertan Sonntags sein Huhn im Topfe habe, er gründete hier ein bescheidenes Jagdhaus auf der Hochebene. Er jagte hier in kleiner Hof gesellschaft mit Armbrust und Saufcdcr und fühlte sich wohl in der Waldeinsamkeit, fern der Pariser Residenz. Lud wig XIII. baute das Haus 1624 zu einem Schloß aus und große Sofjagben brachten Leben in den Wald. Ludwig der Vierzehnte aber erkannte alle Möglichkeiten, die sich hier boten und schuf das Versailles, das wir heute kennen . . . Seine Vesten Architekten, Leveau und Hardouin, ließ der Sonnenkönig kommen und ließ ihnen großzügig freie Hand, um aus dem Jagdschloß einen Prunkbau zu schaffen, wie man ihn bisher in Frankreich nicht kannte. Zwei gewaltige Seitenflügel, umfassende Galerien, zahl reiche Nebengebäude, dazu zwei neue Schlösser, die beiden Trianons, entstanden im Umfang eines Parks, der an Größe noch fast ein Wald war. Mit einer Raumverschwen dung und gewaltiger Linienführung wurde hier eine Palast stadt errichtet, die uns in ihrem Umfang fast amerikanisch anmutet. Lenotre, der große Gartenkünstler, schuf aus dem Walde einen Rahmen für das Schloß, der mit seinen Gängen und Hecken, Orangerien und Pavillons, Fontainen nnd Statuen, ein neues Weltwunder darstcllte. Nicht ge nug damit — der Sonnenkönig verlangte auch für die wei tere Umgebung denselben Stil und die Stadt Versailles er hob sich auf sein Gebot, bevölkert mit IlllM Einwohnern. Binnen weniger Jahre entwickelte sich Versailles zum Herzen Europas. Der Sonnenkönig, hingerissen von seiner eigenen Schöpfung, verließ Paris und verlegte seine Resi denz hierher. Die Gesandten aller Länder folgten ihm und das Schicksal der europäischen Staaten fand hier seinen grünen Tisch. Hier wurden die Verträge geschlossen, die den Siebenjährigen Krieg anbahnten, hier unterzeichneten England, Spanten und Amerika mit Frankreich den Frie den 1782 und 1788, worin die Unabhängigkeit der Bereinig ten Staaten anerkannt wurde. Hier entschied sich das Schicksal überseeischer Kolonien. Aber hier erhielt auch das Bourbonentüm seinen vernichtenden Stoß, hier verbrannte man Krone und Lilien des Herrscherhauses, der Aufruhr ging über die Blüte einer Kultur hinweg und das Kaiser tum Napoleons hatte nur ein Achselzucken für die ver gangene Pracht übrig. Tie Freiheitskriege 1815 drangen in Gefechten bis in die BoSketts Lenotres und 1871 erstand im strahlenden Prunk siegreicher Uniformen hier im Spie gelsaal bas deutsche Kaiserreich. Fünfzehn Jahre später wandelte sich das Schloß mit seiner 4!>N Meter langen Front, mit seinen IM Meter langen Galerien und riesigen Säule» zu einem Museum. Wochen schwerster Schmach schufen hier in den Berhanb« langen vom 27. Mai bis zum 28. Juni 1819 der deutschen Nation den am 28. Juni 181» unterzeichneten Schandsriebe« von Versailles, dessen grauenhafte Folge« die Welt jahr zehntelang in ein ChaoS stürzten, die heute einen Abgrund des EleudS anfgetan haben, in dem ein Land nach dem an deren zu versinken droht. Das Symbol des Machthungers, bas steingewordene grandiose Symbol des Hasses und damit der Selbstvernicktnng — das bedeutet uns heute Versailles, nach den Ereignissen vor vierzehn Jahren, die sich damit brüsteten, der ganzen Welt zum Nölkerfrieden verhelsen zu wollen, deren innere Absicht war, Deutschland zu vernichte« und die an ihrem eigene« Untergang arbeitete« . , . Das deutsche Lied. MM: WMMMW IN llüINM VMlllk. Ein Vorstoß des deutschen Sängerbundes. »Gemeinnutz geht vor Eigennutz. SDK. lieber die Notwendigkeit eines Zusammen- 'chlusses von kleinen Vereinen ist seit Jahren in den amt lichen Verlautbarungen des Deutschen Sängerbundes un zählige Male geschrieben worden. Hier und dort gelang es auch einsichtigen Führern, die Verschmelzung von kleine ren Vereinen durchzuführen, meist jedoch blieben die „schwierigen" Verhandlungen ohne sichtbaren Erfolg. Man könnte eine charakteristische Chronik des deutschen Vereins wesens schreiben, wollte man die oft grotesken Situationen zum Gegenstand einer Untersuchung machen. Dorausgeschickt sei, daß der Ausdruck „kleiner Verein" im Sinne des Zu- sammcuschlußgedankens nur so zu verstehen ist, daß man damit die unsinnige musikalisch und sozial schädliche Zer splitterung der deutschen Gesangvereine meint: nicht sind davon betroffen diejenigen Vereine, die aus örtlichen Grün den oder aus künstlerischen Erwägungen über eine be stimmte Anzahl Mitglieder nicht hinausgehen können. In dünn besiedelten Gebieten, bei auslanddeutschen Vereinen usw. wird es sich nicht ermöglichen lassen, die Mtglieder- zahl auf eine „stattlichere" heraufzubringen. Anders in der Großstadt. Ist es nötig oder erwünscht, daß in einer Stadt von der Größe Nürnbergs fast hundert Gesang vereine bestehen, von denen eine erschreckende Anzahl die Ideen des Bundes nur sehr wenig durchiführen kann? ES sollte in Großstädten neben „Madrigalvereinigungen" keine Chöre geben, die weniger als 80 bis 100 Mitglieder zählen. Dann erst wird es möglich sein, musikalisch und nationalpolitifch so zu arbeiten, wie es die Ziele des DSB. erfordern. Tie Gründe, weswegen der Zusammen schluß so sauer wird, liegen im Vereinswesen. Aber gerade der Verein als Selbstzweck sollte heute als ein Ueber- bleiblel aus einer liberalistischen Zeit bekämpft werden, wobei man durchaus nickst ins krasse Gegenteil zu verfallen braucht, indem man die Gesangvereine nach militärischem Muster aufzieht. Es gibt einen gesunden Mittelweg, der durchaus gangbar ist, wenn die betroffenen Vereinsleitun gen guten Willens sind und nicht dem Zusammenschluß Schwierigkeiten in den Weg legen, die in Wirklichkeit über haupt nicht vorhanden sind und deren letzter Grund die Beibehaltung des Borstandsamtes ist. Der Vorsitzende des Deutschen Sängerbundes hat soeben eine Verlautbarung zum Zusammenschluß von Ver einen erlassen, die geeignet ist, endlich das, was mit gutem Zureden nicht gehen wollte, auf dem Verordnungswege möglich zu machen. In der Bekanntmachung heißt esu. a.: „Unsere Zeit verlangt mehr denn je Einigkeit und Ge schlossenheit aller glerchstrebcnden Kreise: noch immer aber leidet unsere Bewegung unter der Zersplitterung in kleine und kleinste Gelangvereine. Damit muß im Sinne der Zusammenfassung aller Volksschichten und Stände zu ge ¬ meinsamer nationaler Arbeit und zur Hebung der künst lerischen Leistungsfähigkeit auch im Bereiche des DSB. endlich ein Ende gemacht werden. Man stelle nur allent halben die Sache über die Person und beachte mit gutem Willen Adolf Hitlers Mahnung „Gemeinnutz geht vor Eigennutz", dann sind die Schwierigkeiten des Zusammen schlusses zu überwinden." > Diesen Ausführungen dürfte mit sachlichen Bedenken kaum zu widersprechen sein, enthalten sie doch die Zu sammenfassung der bisher vom DSB. verfolgten Richt linien. Im einzelnen sind dann noch ,?Ausführungsbe- stimmungen" gegeben, von denen wir die wichtigsten nen nen: „In Orten unter 3000 Einwohnern gibt cs nur einen Männergesangverein und einen Gemischten Chor. An größe ren Orten sollte kein Verein unter 40 Sängern zählen." D:ele Zahl stellte äußerste Grenze nach unten dar. Es ist lelbswerständlich, daß größere Vereine (etwa 80 bis 100 Sänger) dringend erwünscht sind. „Quartette und Doppel- anartette dürfen nicht in den Bund ausgenommen werden, wenn ein Bundesverein am Orte bereits besteht." Auch diese Forderung wird man als berechtigt anerkennen müssen. Quartette, die als selbständige Gruppen ihr Dasein fristen, sind vielleicht lübrigens nur in seltenen Fällen) fähig, musi kalische Ausgaben zu lösen, aber niemals auf Grund ihrer Abgeschlossenheit zu nationalpolitischer Arbeit brauchbar. Die Beantwortung der Frage „Warum Quartettsänger?" läßt sich von der psychologischen Seite aus sehr interessant beleuchten. Natürlich ist nichts gegen gelegentliches Singen im Quartett einzuwenden. Abgelehnt wird nur die aus- schließliche Beschränkung der Tätigkeit auf den Quartett gesang. Tie übrigen Richtlinien umfassen die technische Durch führung des Zusammenschlusses. Es besteht kein Zweifel, daß demnächst auch der Versuch gemacht wird, die Kreise des DSB. einheitlich zu organisieren. Immer noch gibt es im DSÄ. Kreise, die aus mehreren, ost übereinanderge lagerten Bünden bestehen. Diele im Interesse der Einig keit und Geschlossenheit zu einer Einheit zusammenzu schließen, dürfte nun die nächste Aufgabe des Bundesvor sitzenden sein. SeMes AiMMMnt M MimieW. Bon Hermann Belig. Unser deutsches Wesen, Volkscharakter und Tempera ment kommen uns umso klarer zum B'wußtsein, wenn wir unser Volkstum mit dem anderer Völker vergleichen. So ist zum Beispiel das romanische Temperament viel beweg licher und für äußere Reize empfänglich-r als das deutsch-, weil es eben in der Hauptsache durch Eindrücke und Ein flüsse der Außenwelt erst lebendig wird, während das ' deutsche Temperament, durch die in unserem Innern ruhen den Schätze Und Anlagen genährt und angeregt, in die Erschieinung tritt. Do sagte Goethe von den Franzosen, „Sie begreifen nicht, daß etwas inr Menschen sei, wenn es nicht von außen in ihn hineinkommt." Während sich das Nervensystem der Franzosen in einer beständigen Span nung befindet, ist die Erregbarkeit der Nerven bei unS Deutschen ziemlich gering. Ruhe im Aeußeren wie im Inneren kennzeichnen das deutsche Temperament. Wäh rend die Italiener, Franzosen, Spanier als Sanguiniker und Choleriker zu bezeichnen sind, sind wir Deutschen im allgemeinen vielmehr Phlegmatiker oder sogar Acelancho- liker. Das stete Verlangen nach Reizen, das den nervösen, sanguinischen Franzosen nie zur Ruhe kommen läßt, ist den Deutschen nicht eigen, dessen Temperament und Empsin- dungSleben nicht nur stärker, sondern auch langanhaltender Eindrücke bedarf, um erregt zu werden. Dann aber ist di« Wirkung um so tiefer, der Erregungszustand um so dauern der. Diese in erster Linie nach innen gewendete Richtung deS Empfindungslebcns ist eine der wesentlichen Eigen schaften der deutschen Naturanlage. Ob dieser so stark auf Innerlichkeit gestellte deutsche Volkscharakter auf Ver erbung beruht, ist schwer zu ergründen: es ist aber sehr wahrscheinlich, daß die Natur der deutschen Heimat den Charakter ihrer Bewohner aufs tiefste nach jeder Seite hin während der langen Zeiträume beeinflußt hat, in denen fremde Kultureinflüsse den Deutschen noch ferngeblieben sind. Die rauhe nördliche Natur des frühgeschichtlichen Deutschlands zwang seine Bewohner während der größten Hälfte des Jahres zu einem engen häuslichen Leben — ein Zwang, der ja noch heute für den Deutschen weit mehr bestimmend ist als für den Südlänkker — sie nötigte sie zur Beschränkung 'auf sich selbst und ihre allernächste Umgebung, zur Beschäftigung mit ihrem Innenleben, zur inneren Verarbeitung der Außenwelt. War die Anlage zur Innerlichkeit schon vorhanden, so mußte sie in diesem langen Werdegang des Charakters erstarken. War sie noch« nicht da, so lag in der umgebenden Natur der wirksamst« Anlaß zu ihrer Entstehung. Zur Vertiefung der Innerlichkeit trugen auch die sozialen Verhältnisse viel bei, denn die Bevölkerung war weit über das Land zerstreut und natürliche Hindernüse des Verkehrs vergrößerten die Einsamkeit der einzelnen Bolksglieder. So hatte der einzelne vorwiegend mit sich zu tun und wuchs sich in seinem Eigenleben immer selb ständiger aus. Kaum weniger gering als den Einfluß des laugen und schweren nordischen Winters aus das Junenlebeu der Deutschen dürfen wir aber den des nordischen und gcgen- satzreichen Wechsels der Jahreszeiten veranschlagen. Dl« Schönheit des deutschen Lenzes und die Frnchtfüllc des deutschen Sommers rufen nach der winterlichen Einkehr eine um so innigere Lebensfreude warb. Und aus dem innerlichen Anteil an dem eindrucksvollen Verlauf der Jahreszeiten erwächst eine Persönliche Beziehung zu den dem Menschen freundlichen wie zu den ihm feindlichen Kräften der Natur. In dieser Wechselwirkung erblüht das deutsche Naturgefühl«zu seiner schönen Fülle und b-völkert zusammen mit dem innerlichen Persönlichkeitsgefühl auch die lebendige Natur mit Persönlich gedachten schassenden Kräften. Die innerliche Erfassung und Vertiefung der Außenwelt wirft einen Schein hinaus auf diele selbst, und so sieht der Deutsche in ihr eben solche innerlich'» Trieb kräfte, wie er sie in seiner eigenen Brust sich regen fühlt, nnd gewinnt dadurch zur Natur und ihren Erscheinungen ein Persönliches Verhältnis.