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,^cy wollte das auch, aber di« Hoffnung auf den groben Umschwung, den tch damals wie eine Gewißheit vor mir sah, band mir die Zunge. Ich hielt eS für über flüssig, dich mit Dingen zu beschweren, die alsbald der Vergangenheit angehören würden.* »Du hättest eS mir trotzdem sagen können.* »Aber, Liebling, begreifst du denn nicht . . .* »Vollkommen! Und eben deshalb werde ich noch heute abend mit meinem Vater sprechen, der dir bestimmt -elfen kann * »Das wirst du nicht tun!* »Robert!* »Verzeih, liebe Hanna, aber gerade was du da vor- schlägst ist genau das, was ich vermeiden wollte und unter keinen Umständen wünsche.* »Wenn du ober doch durch meinen Vater . . .* »Ich bitte dich inständig, Hanna, schweig davon!' Sie sah ihn zuerst verständnislos an, doch dann be- griff sie seine hartnäckige Weigerung. Er hatte ihr aus Schamgefühl verschwiegen, wie es um ihn stand, als sie sich in Davos kennenlernten, aus dem gleichen Grunde batte er von dem Besuch abgesehen und wollte erst recht nicht ihrem Vater als Bittsteller gegenübertreten. Leise streichelte st« seine Hund und liebkoste ihn mit ihren Blicken. »Eins mutzt du mir aber versprechen, Liebster, du darfst mich nicht mehr ohne Nachricht lasten.' „Bestimmt nicht, Hanna! Bitte, sage mir, wo ich dich morgen in den Mittagsstunden treffen kann. Ich hoffe bestimmt, dir dann eine günstige Entscheidung Anger manns mitteilen zu können.* „Wenn es dir recht ist, treffen wir uns am Goldfisch teich im Tiergarten.* »Gern! Ich werde gegen ein Uhr dort sein.* Zartes Gcigenspiel kam aus dem Saale zu ihnen Weiche, schmelzende Töne schwangen durch den Raum Alles Trennende und Niederdrückcnde war beseitigt. Di- Freude des Wiedersehens loderte hell in ihnen auf. Si waren wieder vereint und würden es nun für immer sei- »Mein lieber Robert!' flüsterte sie selig. „Meine süße Hanna!* Er legte den Arm um sie und zog sie an sich wie da mals in. der Schneeinsamkcit von Davos. Nur noch heißer und zärtlicher waren ihre Küste. „Lotz uns hineingehen,' bat sie nach einem Weilchen atemlos, sich von ihm lösend, »der Konzertteil scheint zi Ende zu fein, und eS besteht Gefahr, daß man uns hie überrascht.' Sie erhoben sich. Gleich darauf erschienen andere Gäste im Wintergarten, sie mischten sich unter sie und so fiel es nicht aus, als sie den weiten Saal betraten. Kurz nach Mitternacht kehlte Hanna nach Hause zu rück. Im Arbeitszimmer ihres Vaters brannte noch Licht. Sie trat bei ihm ein. Er stand, die Hände auf dem Rücken, mit gesenktem Kopf im Zimmer und starrte zu Boden. »Ich wollte dir nur Gutenacht sagen, lieber Vater.' »Hast du dich gut amüsiert,' erkundigte er sich. '»O ja, danke. Es war sehr nett. Ich soll dir Grüße von Herrn Menck bestellen.' Ueber das Gesicht ihres Vaters glitt ein Schatten. Sie vermutete, daß seine Gedanken sich schon wieder mit an deren Dingen beschäftigten, so unterließ sie es, von dem Auto zu sprechen, um dessen Besichtigung Menck sie ge- beten hatte. Sie erwähnte nur noch kurz, wen sie sonst noch auf dem Fest getroffen Wider Willen huschte ihr Weinholds Name über die Lippen. Faberow, der sich von seiner Tochter abgewandt hatte, blickte sie jetzt voll an. »Wer ist dieser Rechtsanwalt Dr. Weinhold?* fragte er und stellte sich, als höre er den Namen zum ersten Mal. »Wir haben ihn in Davor kennengelernt. Er gehörte zu der Skigruppe, mit der ich die schönen Ausflüge ge- macht habe.* Nach «in paar weiteren Worten wußte Faberow, mehr aus ihrem Ton als aus ihren Mitteilungen, welche Freude eS Hanna bereitet hatte, diesen Dr. Weinhold wiederzusehen. Zweifellos war sie in ihn verliebt. — FaberowS Gedanken kehrten zu seinen eigenen Ange legenheiten zurück. »Geh schlafen, mein Kind.* brach ek dti Unterhaltung ab. «K U» lvSt o-worden.* „Willst du nicht auch zu Bett gehen, Väterchen? Lu! stehst so müde aus.' s „Ja, gleich, nur ein Weilchen will ich noch ausbletben.*- Sie reichte ihm die Hand. Er sah ihr mit warmem^ zärtlichem Blick in die Augen. Er schien etwas sagen zu! wollen, doch plötzlich preßte er den Mund fest zusammen, als wolle er jeden Laut unterdrücken. Mit einem Kuß! verabschiedete er sie. „Gute Nacht, mein Mädel! Schlaf grtt!* Auf dem Flur erst kam ihr zum Bewußtsein, daß da5 Gesicht ihres Vaters einen eigentümlich schmerzlichen Zug getragen hatte. Irgend etwas mußte ihn stark bewegtz haben, mit Zentnerlast ihn bedrücken. Sie stand still, Angst überfiel sie. Sie machte ein paar Schritte zurück« Doch gleich darauf kam ihr ihr Tun unsinnig vor. Mit schleppenden Schritten ging sie in ihr Zimmer. Ihre frohe Stimmung war verflogen. Sie litt unter dem Gcfübl, daß etwas Drohendes in der Luft schwebe,! das sich auf ihr Haus, auf sie alle nied»rstürzen werde, um- sie zu zermalmen. j „Wie unsinnig!' rief sie sich ärgerlich zu und rafftet sich zusammen. „Ein Wahnbild! Meine Nerven sind zuj erregt! Morgen wird der ganze Spuk verflogen sein.*) 4. Kapitel. Bevor Faberow am nächsten Morgen seine Bürotätig-s keit aufnahm, rief er bei Menck an. Gestern hatte er das' schon getan, jedoch den Bescheid erhalten, Herr Menck sci> verreist. Da er gestern auf der Gesellschaft bei Brombcrg, gewesen war, würde er ihn Wohl jetzt antresfen. Wieder war der Diener am Apparat, der ihm ant-/ wartete, Herr Meuck habe vor wenigen Minuten die> Wohnung verlassen, werde jedoch bestimmt im Laufe des Vormittags bei dem Herrn Bankdircktor vorsprechcn. j In der Mittagsstunde stellte er sich ein, von Faberow ungeduldig erwartet. »Ich war mit meinem Wagen ein paar Tage unter wegs und bin erst gestern am Spätnachmittag wieder bier gelandet,' beantwortete er Faberows Frage. »Ich hakt«? 'ibrigens gehofft, Cie bei Brvmberg zu sehen. Ich habe »etwas Interessantes für Sie.* Faberow horchte auf. Einen Moment lang glaubte er, Menck werde von der Angelegenheit sprechen, wegen der er ihn hergcbeten hatte, doch er wurde enttäuscht, Menck sprach von dem Auto, um dessen Besichtigung ee Hanna gebeten hatte, und das er Faberow verkaufen wollte. „Es ist so gut wie neu. Ich habe es Ihrem Fräulein Tochter schon gestern abend wärmstens empfohlen. Sie-' wollte mit Ihnen darüber sprechen und mir heute früh, Bescheid geben. Tas hat sie nun zwar getan, mir aber« zugleich, leider Gottes, geantwortet, daß sie bezweifelet daß Sie dafür zur Zeit Interesse hätten.' „Habe ich auch wirklich nicht, lieber Herr Menck!' Menck sang ein Loblied auf den Wagen und bok immer wieder die außergewöhnlich günstige Gelegenheit hervor. Doch Faberow schüttelte nur den Kopf. „Sehr bedauerlich, lieber Herr Direktor, daß Sie so wenig Neigung haben. Ich hatte es mir so nett ge dacht . . . Was für eine famose Ueberraschung wäre daF geworden, wenn Sie Fräulein Hanna den Wagen sozu sagen auf den Geburtstagstisch gestellt hätten!' ! „Herr Menck,' begann Faberow von neuem mit miß billigendem Kopfschütteln, »Sie wissen doch selbst, daß ich zur Zeit jeden Pfennig brauche, wie kann ich mir da ein so luxuriöses Geschenk leisten!' Menck jah dem Rauch seiner Zigarette mich wie einer entschwindenden Illusion. Doch plötzlich wurde er lebhaft^ »Hören Sie, lieber Direktor, ich möchte Ihnen einen) Vorschlag machen. Es fällt mir zu schwer, den Gedankew an die Geburtstogsüberraschuna aufzugeben. Wie wäre! es, wenn wir unS den Preis teilten? Dann wird Fräu lein Hannas Wunsch nach einem eigenen Wagen doch er füllt und ich habe die große Freude, in besonderem Maßs mitgewirkt zu haben.' Ein verstehendes Lächeln strich über Faberows Ge« sicht. Er glaubte an eine verschleierte Preisermäßigung« Doch das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb, als er MenckF weitere Begründung erfuhr. « »Ich habe schon hin-und-her-überlegt, womit ich Fräitt 4etn Lanna elu« «SeburtStaaSkreud« machen könnte, durch Hie sie öfter an mich erinnert wird. Ein Auto erscheint Mir als geeignetstes Objett, selbst wenn tch nur zur Hälfte daran beteiligt bin. Also lieber Herr Direktor, wie den ken Sie darüber?' ' Faberow war sprachlos vor Ueberraschung. In diesen Worten Mencks lag doch das klipp und klare Bekenntnis, »aß er sich mit einer Werbung um Hanna trug, denn sonst wäre es ihm doch nicht eingefallen, ihr ein so kostspieliges Geschenk machen zu wollen. Dazu konnte er doch unmög- sich ja sagen, nachdem ihm Hanna gestern abend, wenn zuch unbeabsichtigt, verraten hatte, wie es um sie und ren jungen Dr. Weinhold stand. „Ich weiß nicht recht, ob ich auf Ihren liebenswürdigen Vorschlag eingehen darf?' „Aber warum denn nicht? Glauben Sie, Fräulein Hanna wird sich nicht freuen? Oder weshalb sonst haben Sie Bedenken?' „Offengestanden, ich habe im Augenblick gar keine Ge danken für diese Autogeschichte.* »Das verstehe ich nicht!' „Sie werden es sofort verstehen.' Faberow entnahm hinein Geheimfach einen gelben Briefumschlag, aus dem er eine Zeitungsnotiz hervorholte, die er Menck hinhielt. «Bitte, lesen Siel' Menck überflog die wenigen Zeilen. „So bedauerlich es ist, daß die Regierung zu Maß nahmen gezwungen ist, die schwer in den Geldverkehr ein- grcisen und das Geschäft mit dem Auslande hemmen, so muß man sich doch damit absinden, weil in erner Volks- gemcinscbaft das Wohl des Ganzen maßgebend ist. Wir olle müssen Opfer bringen. Bedauerlich und verwerflich ist es daher, daß wieder und wieder Versuche gemacht werden, die bestehenden Schranken zu umgehen. Die Polizei sollte vor keinem Sünder Haltmachen, selbst wenn er einen noch so großen Namen trägt. Sie wird es auch nicht. Gerade in letzter Zeit sind wieder Fälle bekannt geworden, die der Polizei stürmisch zurusen, wachsam zu fein.' Menck reichte den Zettel mit einem Achselzucken zurück. „Was soll das Ganze?* „Das habe ich mich zuerst auch gefragt. Wenn man aber bedenkt, daß dieser Ausschnitt mir persönlich zuge sandt wurde, dann ist der Verdacht erlaubt, daß mit der Zusendung der Notiz an mich ein uns beiden ohne wei seres erkennbarer Zweck befolgt wird." »Daran glaube ich nicht!* „Sie sagen das so leicht hin! Wenn nun aber doch «ine Aufdeckung im Gange ist?" Menck legte Faberow beruhigend die Hand auf die Schulter. »Lieber Herr Direktor! Als wir damals eingehend die Möglichkeiten besprachen, die Ihnen zur Erftillung Ihrer Verpflichtungen bei der Wuppertaler Bank blieben, pnv ich Ihnen schließlich riet, den Weg zu beschreiten, den wir beide gegangen sind, da habe ich ihnen auch gesagt, Paß Sie nichts zu befürchten haben und sich in jeder Weise puf mich verlassen können.* »Ja, gewiß, aber Sie müssen doch bedenken -, .* „Sie haben mir Vertrauen entgegengebracht und dür- fen darauf bauen, daß ich Sie nicht enttäuschen werde. Bedingung ist allerdings dabei, daß wir fest zueinander halten. Ich werde immer zu Ihnen stehen, und wenn Sie dies mir gegenüber ebenfalls tun, kann nichts, aber puch gar nichts Unangenehmes für Sie passieren!* Der Diener meldete einen neuen Besucher. Menck frhob sich. „Also überlegen Sie sich den Autokauf,* sagte er, als hätten sie von nichts anderem gesprochen, »und denken Sie daran, daß es mir persönlich das größte Vergnügen bereiten würde, Ihrem Fräulein Tochter eine Gefälligkeit »u erweisen. Sie bringen mich darum, wenn Sie nein sagen. Tas werden Sie doch bestimmt nicht wollen? xllso, auf Wiedersehen, lieber Herr Direktor!" Von diesem Besuch hatte sich Faberow die Wieder- »rlangung seines seelischen Gleichgewichts versprochen, das ihm durch die anonyme Zusendung der ZeitungS- Notiz geraubt worden war. Und was hatte Menck ge« kan? Er hatte ihn mit Redensarten abgespeistl Doch nicht NU, dar, er batte ihn vor ein neues Problem oe- Lell^. Glücklicherweise hteu sich der neue Besucher nicht lange auf. Faberow war nach kurzer Zett allein. Die Luft im Zimmer erschien ihm unerträglich, der. Atem drohte ihm fortzubleiben. Er mußte hinaus, unr-i herlaufen, irgendwohin. t Er bummelte di« Kanonierstraße hinauf und schien« derte Unter den Linden entlanggehend dem Branden-! burger Tore zu. Die schöne, breite Prachtstrabe lag im Sonnenschein, Frühlingsahnen umwob die noch kahlen Zweige der alten Linden. Es war das rechte Wetter zu einem kleinen Spaziergang. i Wie merkwürdig zufrieden heute alle Leute auSsahen. Auf allen Gesichtern lag rin froher Glanz; mit heiterer' Mieke lachte und nickte man sich zu. Die Menschen waren wie verwandelt, trübe Gesichter schien es überhaupt nicht mehr zu geben. Im Tiergarten spazierte er ziellos dahin. Sein Blick fiel auf Reiter und Reiterinnen, auf gut und weniger elegant gekleidete Menschen. Dann und wann blieb er stehen und sah dem Spiel reizender Kinder zu. Ein Frauenlachen traf sein Ohr. Es erinnerte ihn an Hanna. Er hob den Kopf und sah nach der Dame hin, die an der Seite eines Begleiters in einiger Ent fernung vor ihm herging. Er glaubte an rin« Täuschung. Doch als er sich Pelz und Hut der Dame genauer ansah und vor allem ihren Gang beobachtete, da wußte er, daß es Hanna war. Sie hatte nicht den kurzen Schritt der meisten Frauen, ibre Füße glitten leicht und wohkgesetzt über den Boden. Es war eine Augenweide, sie gehen zu sehen. Der Herr an ihrer Seite, ein wenig größer als sie, trug einen eleganten Ulster und war von nicht minder guter Erscheinung. Er kannte ihn nicht. Jetzt hörte er auch noch Hannas Stimme. »Aber lieber Robert, du konntest doch nicht erwarten, daß der Kommerzienrat dich vom Fleck weg engagieren würde!" Das Gehörte genügte ihm, um zu wissen, daß der Be gleiter nur Dr. Robert Weinhold sein konnte. Faberow kehrte in sein Büro zurück. Wieder mußte er an Mencks versteckten Antrag denken. Die Geschichte war ihm rätselhaft. Sollte sich Otti, von der er wußte, daß sie eine Verbindung zwischen Hanna und Menck nicht ungern sehen würde, ihm gegenüber zu einer Bemerkung haben verleiten lassen? Möglich war das immerhin, aber schließlich gleichgültig. War das wirklich so gleichgültig? Er hatte sich in Mencks Hände gegeben und wenn der ihn fallen ließ . . . Aber das war ja Unsinn. So ohne weiteres konnte Menck die Verbindung ja gar nicht lösen, weil er befürchten mußte, in den Skandal hineingezogen zu werden, der drohte wenn ans Licht kam, woher die hundertfünfzigtausend Mark stammten, mit denen er die erste Rate bei dei Wuppertaler Bank beglichen hatte. Auch konnte er doch unmöglich das Glück seines Kin. des opfern, nur um Menck gefällig zu sein und selbst Ruh« und Frieden zu haben. Daran war gar nicht zu denken! Panna <oule nach eigener Wryl heiraten, und nie wolli« er sie zu einer Ehe verleiten, die nicht den Wünschen ihres Herzens entsprach. Seine eigene Ehe war ihm ein warnen- des Beispiel. Er würde die Tochter des reichen Fernstädt nicht geheiratet haben, wenn es nach seinem Herzen ge- gangen wäre; er hatte es getan, um vorwärts zu kommen, um mit der großen Mitgift die Deutsche Reichshandels, bank zu gründen. Er war nicht gerade unglücklich ge- worden, gewiß nicht, aber jenes reine Glück, das aus tiefstem, gegenseitigem Verstehen erblüht, hatte er an ihrer Seite nicht kennengelernt. Seine Arbeit, sein Stre- ben nach Erfolg hatten ihm das andere Glück ersetzen müssen. Hanna- Leben stand und fiel mit dem Manne, dem sie zum Altar folgte. Gehört« dem nicht ihr ganzes Herz, würd« immer wieder die Sehnsucht in ihr nach jenem Glück aufleben, das ihr versagt geblieben war. Er wußte nur so gar nichts über Weinhold, und daS beunruhigte ihn etwas. Daher beschloß er, sich eine Aus. kunft über ihn ju beschaffen. Zwei Stunden später hielt er si» in der Hand. Daraus aiüg -erysr, daß Vrvihsld vermögrnslv- war. in eine»