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Eigen, möblierten Zrmmer am Kreuzberg wohn« unv luf eine Anstellung wartete. Seinen Dr. jur. hatte er mit Auszeichnung gemacht. Er galt al- ein befähigter, streb, samer Mensch mit einwandsteter Vergangenheit, offen und ehrlich und verdiente vollstes Vertrauen. Soweit sich übersehen ließ, war HannaS Wahl nur zu billigen. Weinholds Armut brauchte kein Hindernis zu sein; ein Habenichts war auch er einmal gewesen. Er wollte sich feinen geschäftlichen Angelegenheiten zuwenden, als ihm eine Ide« durch den Kopf fuhr, durch die HannaS Wahl für ihn von besonderer Bedeutung wurde. Sein alter Justizrat kränkelte, batte ihm erst heute wieder infolge Krankheit eine Ansage zur Kon ferenz geben müssen, war es da nicht geradezu geschäfts. notwendig, daß er sich nach einer jüngeren Kraft Umsatz? Weinhold war jung, tüchtig und doch nur zum Feiern gezwungen wie so viele andere, weil eine irrfinnige Ver- blendung in der Welt herrschte. Durch ihn konnte er Ar. beit und Stellung erhalten, wenn Hanna ihm bestätigte, was bis jetzt nur eine allerdings begründete Annahme seinerseits war. Am Abend desselben Tages nahm Faberow Gelegen, heit zu einer Aussprache mit Hanna. Frau Otti, die sich wieder Wohler fühlte, weilte in der Oper, und Dolly be fand sich zur Belohnung für die bestandene Prüfung bet Dauelsbergs in Bremen. Eine Glutwelle schoß in Hanna» Wangen bei der Frage ihres Vaters, ob sie in den Mittagsstunden im Tiergarten gewesen sei. Ohne de» Blick zu heben, ant. wartete sie mit einem leisen „Ja". .Ich glaubte mich getäuscht zu haben, denn ich sah einen Herrn an deiner Seite, der mir völlig unbekannt war. Wer war das?* „Herr Dr. Weinhold,* kam es etwas zaghaft aus Hannas Munde. „Soso, das also war der Herr Dr. Weinhold, den ihr in Davos kennengelernt habt. Er hat einen recht sym. patbischcn Eindruck auf mich gemacht.' Diese günstige Aeußerung ihres Vaters fegte Hannas Bangigkeit hinweg. „O. Papa, wenn du ihn naher kennen würdest, wür. dest du bestimmt von ihm entzückt sein. Er ist ein außer« ordentlich gescheiter Mensch! Dabei klingt alles bet ihm schlicht, natürlich und herzenswarm. Ich bin überzeugt, daß er jeden Prozeß gewinnen würde, wenn er nur Ge- legeuheit hätte zu beweisen, was er kann.' In ihrem Eifer hatte sie herausgeplaudert, was ihr Vater nicht wissen sollte. Erschrocken hielt sie inne. „Wieso bat er die nicht? Er ist doch Rechtsanwalt,' fragte Faberow. über ihr Bemühen lächelnd, Weinhold in das hellste Licht zu setzen. „Bisher hat er sie nicht gehabt, aber nun wird es bald anders werden,* antwortete Hanna unsicher. „Das verstehe ich nicht ganz, meine Tochter, das mußt du mir schon deutlicher erklären.' Hanna zauderte. Die Einsicht aber, daß es nicht Roberts Schuld war, wenn er noch keine Praxis oder eine feste Anstellung batte, löste schließlich doch ihre Zunge. Sie batte ja vor dem Vater nie Geheimnisse. Aufmerksam börte Faberow ihr zu. Dann legte er die Zigarre fort, stand auf, machte ein paar Schritte durchs Zimmer und trat endlich zu Hanna, die den Kopf tiefer über ihre Handarbeit beugte. Er faßte sie a»i Kinn und bob es leicht an. „Schau mich mal an, Mädel! Sok Und nun ant- Worte mir offen und obne Scheu, wahrheitsgemäß, wie ich es von dir aewöbut bin. Bedeutet dir Dr. Weinhold mein uts alle anderen Männer, habt ihr euch von ganzem Herren lieb oder . . .* „-ilein r der! Er liebt mich und ich ihn von ganzem Herzen! Sobald er die Stellung bei Kommerzienrat Augermann bat. kommt er, um den versprochenen Besuch nactzuholen* „Vorausgesetzt, daß er sie bekommt! Ich glaube, es wäre vernünftiger, wenn er mit seinem Besuche nicht so lange wartet, sondern möglichst bald seine Antrittsvisite bei uns macht. Ich möchte ibn gern näher kennenlernen Ten» wenn er der Mann ist, als den du ihn mir geschil dert hast, hätte ich für ibn nicht nur Verwendung als Schwiegersohn. Justizrat Rork kränkelt, ich muß »der ki"; oder lang Ersatz für ihn haben, und ich glaube, daß es far den Erwählten deines Herzen» angenehmer fei« müßte, für mich alle Prozesse zu führen, als für einen Herrn Sowieso arbeiten zu müssen.' Mit immer größerem Erstaunen vernahm Hanna die Worte ihres geliebten Vaters. Zu unglaubhaft erschien ih.r seine Erklärung. Doch dann überkam sie die Freude, die stürmisch in ihr emporwallte. Mit einem Jubellchret siel sie ihrem Later um den Hals. ^Fortsetzung folgt.) Nachtschnellzug. Zwei feurige Augen durchbohren die Nacht. — Sie schleichen heran — ganz klein erst und sacht. Doch je näher — je schneller — je größer die Feuer — je Heller die Nacht und wie ein höllisch Ungeheuer braust er heran: der Schnellzug der Nacht! Die Erde erzittert! Ein donnerndes Rollen: — Ein Brausen und Zischen wie wütendes Grollen! — Und feuerspeiend — gespensterhaft groß, als wär der leibhaftige Teufel los, so bricht er hervor wie Wetter und Sturm und stürzt wie ein fliegender Hüllenwurm vorbei mit maschineller Wucht — und eilt davon in rasender Flucht. Mit kollernder Stimme — takiwcis und stosiweks - singt lang noch sein Lied das Schienengeleis. — Bald sieht man nur noch in neblichter Ferne drei kleine — allmählich verlöschende Sterne. — Der nächtliche Frieden kommt wieder herab, und stille wird's wieder — so still wie im Grab Max Henker. Kreuzworträtsel. Waagerecht: l. deutiches Bad, 4. Tiername der Fabel, 7. Monat, 9. weiblicher Vorname, 10. Hiebwaffe, 11. Haustwgel, 19. Metall, >'>. Hütienrrucht, 17. eh»maliges ostpreußiichcs Gebiet, 19. Rinderart, 20. Bote des Himmels, 21. finnifcher Langstreckenläufer, 22. Reihe von Fort setzungen, 24. Baum, 25. Fehllos, 26. Brennstoff, 27. metall haltiges Mineral. Senkrecht: 2. Seemacht, 3. Stadt in Belgien, 4. Teil des Auges, 5. Dichtungsart, 6. Münze, 3. Element, 11. Graserart (Bogelfutter), 12. männlicher Bogel» 13. rheinische Industriestadt,14. berühmte Filmdiva, 16. Schiffsgerät, 17. heilige Stadt der Mohammedaner, 18. Reformator, 19. brauner Farbstoff, 23. Produkt des VWinters, 24. Göttin. Auflösung des Gedankentrainings „Eine seltsam Giebelinschrift": Liest man die Interpunktionen laut mit, dann reimt sich die Inschrift folgendermaßen: Sind denn die Mächtigen und Neichen Anch stets zufrieden Fragezeichen Der Glückliche und Weise prunkt Nicht mit Besitz und Wissen Pnnkt Er hält es mit dem Solon Und seinem Spruch Kolon In allen Lagen zeige dich Nur stets zufrieden Punkt Gedankenstrich. Druck und Bering von Langer u. Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Heinrich Ublemann. Rieia. CrMler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Mesaer Tageblatt". Nr. 1. Rief«, 7. Januar 1933. S«. Jahr«. S« SellM in MeiWelt. So viele Blätter an einem Baum sind, sind sie doch alle verschieden. Nicht ein Blatt gleicht dem andern. So ver schieden sind auch die Menschen alle auf -er weiten Erde. Es gibt keine vollkommenen Doppelgänger. Dennoch: jedes Blatt ist ein Blatt, aus dem gleichen Pflanzenstosf, mit der gleichen Entwicklung aus einer Knospe und dem Sterben. So ist doch auch jeder Mensch jedem Menschen ähnlich: Einer wie der andere ist aus Fleisch und Blut, hat die gleiche Entstehung, bas gleiche Ende: Tod. Jeder ist zu Gottes Ebenbild geschaffen, zu heiligem Leben in Gott. Aber jeder ist auch durch die Abkehr eines jeden von Gott von seiner Bestimmung gelöst, geht eigne Wege und dabei durch die Absonderung von Gott den Weg des Todes. — Bei aller Verschiedenheit der Menschen, Völker und Nassen ist dies alles gemeinsam. So ist die Menschheit, -er Mensch schlechthin. Für diesen Menschen aller Völker und Raffen ist der Christus geboren als der Heiland. Das verkündigt uns das Epiphaniensest, das Fest -er Erscheinung Christi mit seinem alten Evangelium von den Weisen aus dem Morgenland. Sie iahen den neuen Stern. Ein Stern hat eben nicht nur völkische oder rassische Bedeutung. Er ist sichtbar nicht nur für ein Volk oder für eine Raffe, er Ist sichtbar für die Völker und Rapen. Die kirchliche Tradition unterstreicht Liesen Sinn des Evangeliums. Sie denkt sich die Weisen als Könige der Erdteile Europa, Asien, Afrika. Der Stern, der Christus ist als Heiland da für den Menschen in aller Welt. „Jeder, der den Namen des Herrn anruft, soll ge rettet werden." Man spricht heute gern von -cm „Gott der Deutschen", dem „Heiland der Deutschen". Man hat dabei oft wenig Interesse daran, daß Gott der Gott aller Völker, auch der Gott unserer Heimat ist, daß er der Gott aller Rassen ist, nicht nur der nordischen, Saß so Gottes Rcttungswille an den Menschen aller Raffen und Völker sich richtet. Gewiß, Gott ist der Gott der Deutschen, Christus ist der Heiland der Menschheit. Sorgen wir an unserm Teile dafür, daß unser Volk das recht erkennt, daß der Heiland über dem deutschen Volk recht groß wird! Doch Gott, der Heiland ist unser nur, soweit wir Gottes Willen gelten lauen: Er hat di« Welt geliebt, die Menschheit. Er will Frieden auf Erden. Er, der Himmel und Erde und alles, was da lebt, ge macht hat, ist nicht gebunden an ein einzelnes Volk. Der Stern von Bethlehem leuchtet für unser Volk, aber in dem selben vollen Glanze für alle Völker und Nassen, für den Menschen ganz allgemein. Jeder braucht die Rettung, und jeder soll gerettet werden. So ist es nötig, baß jeber den Namen des Herrn anrusen lernt. Darum befiehlt der Christus: „Gehet hin in alte Welt und predigt das Evange lium aller Kreatur!" denn Christus ist Heiland für die Menschheit. H. ällk ösn Vosen rk; l.edsn; Komar, von ?eter s-rsnck. l-iterstue-Verl»r 6'0.'» »erlia Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Rvbeu, ou bist in Berlin!' Staunen und Jubel lag in ihcer Stimme. „Vorgestern bin ich zuriickgekehrt,' stammelte er ver wirrt und beugte sich über chre Hand, ihrem Bock ans- tveichend. „Aber worum hast d» mich nicht sofort benachrichtigt? Wenn du wüßtest, wie sehnsüchtig Ich aus dein Kommen gewartet habe?" Was sollte er ihr sagen? Er hatte es immer mit der Wahrheit gehalten, und das wollte er auch jetzt tun. „Hanna, meine Sehnsucht nach dir war nicht weniger groß als die deine,' rief er leidenschaftlich aus. „Du sollst alles erfahren und wirst verstehen, daß ich nicht anders handeln konnte. Ich habe Unglück gehabt, alle Hoffnungen gingen in Trümmer bis auf eine, die sich heute abend erfüllen soll und derentwegen ich hier bin/ Bei dem Wort Unglück erwachte in ihr inniges Mit- leid mit ihm und der heiße Drang, dem liebsten Manne beizustehen. Robert wollte fortfahren, da bemerkte er am Eingang einen Herrn, der, unangenehm überrascht, unverwandt zu ihnen herüberstarrte. Robert schwebte eine brüske Frage auf den Lippen. Im selben Augenblick wandte sich Hanna um und gewahrte den Fremden. „Entschuldige mich bitte einen Augenblick,' sagte sie hastig und ging zu dem Wartenden, der eine» tadellos sitzenden Abendanzug trug, in dem seine etwas füllige Gestalt trotzdem elegant wirkte. Beweglich, wie eS Wein hold ihm gar nicht zugekraut hätte, ging dieser Hanna einige Schritte entgegen. Ergebenheit und Dienstbereit, schäft vereinte er mit einem glücfftrahlenven Lächeln in seiner Miene. Wer war dieser nicht mehr junge Mann? WaS konnte er von Hanna wollen? Die Eifersucht regte sich in Robert. DaS Gebaren des Fremden, der aus Hanna einsprach, verstärkte sie noch. Er hatte zuerst vermutet, daß sie ihn doch bemerkt und ihm gefolgt sei. Da» stimmte nicht! Sie war heraus« gekommen, um mit diesem Manne zusammenzutreffen. Scharf beobachtete er die beiden. Der Blick de» Manne» war bald eindringlich zwingend, dann wieder scbineich. lerisch bittend, ganz aus suggestive Wirkung eingestellt. Hannas Gesicht konnte er nicht sehen, sie drehte ihm den Rücken zu. „Also aus morgen! Bitte, vergessen Sie e» nicht!' Der Mann sagte e» so laut, daß Weinhold, der bisher kein Wort vernommen hatte, jede Silbe verstand. Hanna kam zurück. Weinhold konnte eine Frage nach dem Fremden nicht unterdrücken. „Er ist ein Freund meines Vaters, Menck ist sein Name. Er bat mich einer privaten Mitteilung wegen hierher, die ich für meinen Vater bestimmt glaubte. Er wollte mir aber nur sagen, daß er durch Zufall ein Auto in seine Garage bekommen habe, wie ich eS mir einmal wünschte. Ich soll es mir ansehen und Papa soll es für mich kaufen.' „Der Herr ist also Autohändler?' fragte er nicht sehr beruhigt, obgleich Hanna bestimmt die Wahrheit gesagt hatte. „Vielleicht verkauft er auch ArttoS,' erwiderte sie mit Achselzucken. „Ich weiß es nicht. Aber lassen wir das doch. Sprechen wir lieber von -ir. Eben haben die Vor- träge begonnen, wir werden also sicherlich nicht gestört werden.' In einem lauschigen Winkel, wo ein kleiner Spring brunnen plätscherte und sie neugierigen Blicken verbor gen waren, setzten sie sich nieder. Alles, was er ihr eigentlich schon in DavoS über sich hätte sagen müssen, breitete er nun vor ihr aus. Sie sollte nicht in dem Wahn leben» wozu seine Reise nach Davos sie möglicherweise verleitete, er sei ein wohl, habender, auf sicheren Füßen stehender Mann. Tas war keine leichte Aufgabe. Er stockte anfangs, doch als er erst den rechten Faden gefunden hatte, ließ er sie in seinem Leben lesen wie in einem aufgeschlagenen Buche. Nun wußte sie alles über ihn. Rückhaltlos hatte er sich ibr offenbart. Bei seinen ersten Worten waren schlimme Lefürch. tungen In ihr aufgeftiegen, doch jetzt atmete sie erleichtert auf. „Mein lieber Robert,' sagre sie innig, „wenn das deine ganzen Sorgen sind, müßte ich dir eigentlich böse sein, dak vu mich nicht kckwn länaff -inaeweibt hast."