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Riesaer G Tageblatt »r°ht°nschrisi und Anzeiger sElbeblM uud ^uMger). Tageblatt SN-s«. Dresden 1530. germmf Str. 20. Do» Riesaer Tageblatt ist daS zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Girokaff,: Postfach Nr. 52. Großenhain, deS Amtsgerichts und der Amtsanwaltschaft beim Amtsgericht Riesa, des Rates der Stadt Riesa, Niesa Nr. 52. des Finanzamts Riesa und des Hauptzollamts Meißen behördlicherseits bestimmte Blatt. 220. Montag, 19. September 1932, abends. 85. Iahrg. DaS Riesaer Tageblatt erscheint jeden Tag abend» '/,k Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bezugspreis, gegen Vorauszahlung, für einen Monat 2 Mark ohne Zustellgebühr, durch Postbezug NM. 2.14 einschl. Postgebühr (ohne Zustellungsgebühr). Für den Fall d-S Eintretens von Produktionsverteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir uns das Recht der Preis. «Höhung und Nachforderung vor. 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V-rantwortlich^ sür Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. NH WM!« U »MUK «1« Sv. Nne smtticke snglkcks Mitteilung rur üeutscken (ileickbereckrigungsfortterung. I.siprig«r Zskrkunrlsrttsisr riss (Zustsv-^clolk-Vvrsins. WmHs WMre SlkllWMme. sf Berlin, 18. September. In einem heute durch den britischen Botschafter der Reichsregierung über reichten Schreiben über die Frage der deutschen Gleich berechtigung heißt es: 1) Cs liegt der Regierung Seiner Majestät und dem ganzen britischen Volke außerordentlich am Herzen, den Erfolg der Abrüstungskonferenz zu fördern, und sic sind der Ansicht, daß ein internationales Abkommen zur Beschrän kung und Herabsetzung der Rüstungen tan dem Deutschland natürlich mit beteiligt sein müßte) nicht nur die Welt non einer Anfgabenlast befreien würde, die den wirtschaftlichen Wiederaufstieg hemmt, sondern daß ein solches Abkommen auch ein sich sogleich auswirkcnder, gewichtiger Beitrag zur Sicherung des Weltfriedens und zur Förderung einer freundschaftlichen Gesinnung zwischen benachbarten Staaten sein würde. 2) Die Negierung Seiner Majestät sieht sich genötigt, zunächst ihr Bedauern darüber zu äußern, daß eine politische Streitfrage von solchem Ausmaß in diesem Augenblick auf taucht, wo cs doch so nötig wäre, die Aufmerksamkeit und Tatkraft nicht von den gegenwärtigen, so dringend erforder lichen Bemühungen nm den Wiederaufbau der Produktion und deS Handels abzulenken. Es ist sehr nachteilig, daß diese Frage im jetzigen Stadium gewaltsam in den Vorder grund gestellt wird. Deutschland hat an einer allgemeinen WirtschastSdrepressjon und weitverbreiteter Arbeitslosigkeit gelitten und leidet noch daran; andere Signatarmächte des Vertrages von Versailles haben dies anerkannt; sie haben sich infolgedessen bereit gezeigt, ihre finanziellen Forde rungen an Dentschland herabzusetzen und wirklich grund legend zu revidieren. Für diesen Augenblick eine scharfe Kontroverse auf poli tischem Gebiet zu beginnen, muß angesichts der wirtschaft lichen Schwierigkeiten Deutschlands als unklug und im Hin blick ans die Dentschland von seinen Gläubigern erst kürzlich gemachten Zugeständnisse als besonders unzeitgemäß er scheinen. Die Regierung Sr. Majestät hofft zuversichtlich, daß jetzt nichts mehr geduldet wird, was dem Prozeß des wirtschaftlichen Wiederaufbaues verzögern würbe, der so dringend nötig ist und den mit allen Kräften zu fördern die Ausgabe der bevorstehenden Wcltwirtschastskonserenz sein wird. 3) Seiner Majestät Regierung kann nicht einer Miß achtung vertraglicher Verpflichtungen Unterstützung ge währen vdcr moralischen Beistand leisten. Obgleich die Negierung Seiner Majestät die deutsche Denkschrift nicht dahin versteht, als sei darin die entgegengesetzte Ansicht ausgesprochen, so möchte sie sich doch der Auffassung an schließen, daß die These, Deutschland könne aus irgendeinem künftigen Abrüstungsabkommen ober der Tatsache, daß überhaupt kein Abkommen zustande kommt, einen Rechts anspruch aus Abschaffung des Teiles V des Vertrages von Versailles ableiten, sich nicht als rechtlich zulässige Aus legung des Versailler Vertrages und des damit verbunde nen Schriftwechsels vertreten läßt. Die wahre Lage auf Grund des Vertrages von Versailles ist die, baß der Teil V noch bindend ist und seine bindende Kraft nur durch Verein barung verlieren kann. 4) Die Negierung Seine Majestät ist nicht der Auf fassung, daß die von Dentschland aufgestellte These eine spitzfindige juristische Deduktion aus dem Wortlaut des Versailler Vertrages ist. Es ist wohl eher bas Verlangen, einen Ausgleich lAdjustement) herbcizuführcn, das sich auf die Tatsache stützt, baß die im Vertrage enthaltene Be schränkung der deutschen Rüstungen als Vorläufer einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung der anderen gedacht war und als solcher verkündet wurde. Seiner Majestät Negierung lengnet diese Tatsache nicht und sucht das Ge wicht dieser Behauptung nicht abzuschwächen. 5) Die britische Regierung hegt die Hoffnung, daß in Genf doch eine Abrüstung im wirklich bedeutsamen Aus maße erreicht werden möge, wobei jede Nation sich zu einer genau innezuhalteuben Einschränkung ihrer Kriegswaffen sowohl der Art als auch der Menge nach verpflichten würde. Ein solches Ergebnis kann nur dann erzielt werden, wenn auf die Bedürfnisse wie auf die Gefühle aller 64 beteiligten Staaten die gebührende Rücksicht genommen wird. Das an- zustrcbcnde Ziel ist bet den stark gerüsteten Mächten die größtmögliche Herabsetzung und bei den schwach gerüsteten Staaten jedenfalls keine materielle Vermehrung. Die Folge eines Abkommens wird mithin sein, daß keinerlei Unter schied der Rechtslage mehr besteht: Die Rüstungen eines jeden Staates werden durch den gleichen Prozeß kontrolliert, und die durch bestehende Verträge — wie die verschiedenen Friedensverträge oder die Flottenverträge von Washington und London — bereits vorgeschriebenen Beschränkungen werden, soweit sic nicht im gegenseitigen Einvernehmen ab geändert sind, in den freiwilligen, umfassenden Pakt, der in Genf ausgchandelt werden soll, wieder in Erscheinung treten. 6) Im Interesse der Befriedung ist sehr zu wünsche«, daß alle solche Fragen durch freundschaftliche Verhand lungen und vereinbarte AuSgleichsmnßnahmen erledigt werden, ohne daß dabei vertragliche Verpflichtungen miß achtet oder die Gesamtzisscr der bewaffneten Macht erhöht würde. Aber dieses wünschenswerte Ziel läßt sich nicht durch befristete Herausforderung und auch nicht dadurch er reichen, daß man sich von Beratungen zurückzieht, die ge rade wieder ausgenommen werden sollen. Es läßt sich nur erreichen durch geduldige Erörterung im Wege einer Kon ferenz zwischen den beteiligten Staaten. Die englische Regierung könne nicht einer Missachtung vertraglicher Verpflichtungen Unterstützung gewähren oder moralischen Beistand leisten. Sie müsse sich der Auffassung anschliehen, dass die These, Deutschland könne aus irgend einem künftigen Abrüstungsabkommen oder der Tatsache, dass überhaupt kein Abkommen zustandekomme, einen Rechts anspruch auf Abschaffung des Teiles V des Versailler Ver trages ableiten, sich nicht als rechtlich zulässige Auslegung des Versailler Vertrages und des damit verbundenen Schrift wechsels vertreten lasse. Es wäre wirklich ein tragischer Widersinn, wenn das Ergebnis der ersten Abrüstungskonferenz bei irgendeinem Staat eine Vermehrung der Rüstungen und eine tatsächliche Wiederaufrüstung wäre. Die englische Regierung sieht deshalb den Zweck der Konferenz darin, ein Abrüstungsabkommen auszuarbeiten, das auf dem Grundsatz beruht, dass jeder Staat im Einver nehmen mit den anderen eine Beschränkung auf sich nimmt, die er sich selbst auferlegt und als einen Teil der gegenseitigen Verpflichtungen der Signalarstaaten freiwillig übernimmt. Die Folge des Abkommens wird mithin sein, dass keiner lei Unterschied der Rechtslage mehr besteht: Die Rüstungen eines jeden Staates werden durch den gleichen Prozess kontrolliert, und die durch bestehende Verträge bereits oorgeschriebenen Beschränkungen werden, soweit sie nicht im gegenseitigen Einvernehmen abgeändert sind, in dem frei willigen umfassenden Pakt, der in Genf ausgehandelt werden soll, wieder in Erscheinung treten. Diese letztgenannte Ur kunde wird dann die für alle bindende, wirksame Verpflich tung darstellen. In dieser Auffassung von der Arbeit und dem Zweck der Abrüstungskonferenz sieht die englische Regierung des Vereinigten Königreichs die Antwort auf die Gleichbe rechtigungsfrage. Im allgemeinen Interesse der Befriedung ist sehr zu wünschen, dass alle solche Fragen durch freundschaftliche Verhandlungen und vereinbarte Ausgleichsmahnahmen erledigt werden, ohne daß dabei vertragliche Verpflichtungen missachtet oder die Gesamtziffer der bewaffneten Mackt erhöht würde. Aber dieses wünschenswerte Ziel lässt sich nicht dadurch erreichen, dass man sich von Beratungen zurückziebt, die gerade wieder ausgenommen werden sollen. Ar WUlWW dbz. Berlin. Das Reichskabinett hat bekanntlich am Sonnabend beschlossen, dem Herrn Reichspräsidenten vor zuschlagen, die Neuwahlen für den Reichstag aus Sonntag, den 8. November, auszuschreiben. Es ist kaum ein Zweifel daran, daß der Reichspräsident dem Vorschläge der Reichs regierung entsprechen wird. Der 6. November stellt den letzten Sonntag innerhalb der verfassungsmäßig vorgesehenen Frist von 60 Tagen dar, die zwischen der Auflösung des Reichstags und der Neu wahl höchstens liegen darf. Der Reichskanzler hat damit die Zusage erfüllt, die offiziös bereits unmittelbar nach Auflösung des Reichstages vom 31. Juli gegeben wurde, sich für die Ausschreibung der Neuwahlen im Rahmen der geltenden Verfafsungsbestimmnngen zu halten. Eine an dere Frage ist cs, was die Rcichsrcgicrnng unternehmen wird, wenn auch das neue Reichsparlament in seiner Mehr heit sich nicht geneigt zeigen sollte, das Programm ,n befür worten, daß das Kabinett von Papen im Einvernehmen mit dem Reichspräsidenten für geboten hält im Interesse des > Wiederaufbaues der Wirtschaft und der Bekämpfung der j Erwerbslosigkeit. Der am 6. November neu zu wählende Reichstag hat nach den geltenden Bestimmungen spätestens am 30. Tage nach seiner Wahl zu seiner konstituierenden Sitzung zusam- . i menzutrcten. Da nicht anzunchmen ist, daß die Rcichs- I regteruna das neue Parlament früher als unbedingt nötig I Lik knMe EtrülilignMe amtlich in Verlin überreicht * Berlin. Tie amtliche englische Stellungnahme zur deutschen Gleichbcrechtigungsfordcrung, die am Sonntag nachmittag in London veröffentlich: wurde, wurde gleich zeitig in Berlin durch den englischen Botschafter dem Reichs außenminister überreicht. Eine amtliche Stellungnahme der Berliner zuständigen Stellen liegt noch nicht vor, doch ist man in politischen Kreisen über die schroff ablehnende Haltung einigermaßeu überrascht. Der wesentliche Zweck der Note scheint zu sein, daß England in irgendeiner Form die Abrüslungskonsereuz retten möchte, und daß es versuchen will, Deutschlands wei tere Teilnahme zu erzwingen. Denn jedes Abkommen, das eventuell aus der Abrüstungskonferenz getroffen werden könnte, wäre ohne Deutschlands Unterschrift wertlos. Un bedingt abgelehnt wird aber der englische Standpunkt, daß jeder Rüstungsausglcich für den Fall, daß keine tatsächlich« Abrüstung erfolgt, unzulässig ist. * ?ie Londoner LonnlGM in Wneni HegM zur anMen enMen ßrklornnn. * London. Die amtliche englische Erklärung zur deutschen Gleichbcrechtigungsordcrung steht in schärsstem Gegensatz zu den Erklärungen der Londoner Sonntags presse, die von der amtlichen Verlautbarung noch keine Kenntnis hat. Ohne Unterschied der Parteirichtung wirt erklärt, daß Deutschlands Forderung unabweisbar sei, unk daher zum mindesten grundsätzlich anerkannt werden müsse daß England seine im Versailler Vertrag abgegebenen Ver sprechungen einhalten und in diesem Zinne eine von der französischen Politik unabhängige positive Führung auf der Abrüstungskonferenz ergreifen müsse. Im„Obscrver" wirk erklärt, daß es gar keinen Zweifel über die öffentliche Meinung Englands gegenüber der deutschen Forderung gebe. Die englische Meinung sei klar, gerade und eindeu tig: England müsse seine Versprechungen gegenüber Deutschland genau so einhalicn, wie es sie seinerzeit gegen über Belgien eingehalten habe. Die englische Regierung würde ihrem eigenen Namen Schande machen und den gan zen Ruf und den Einfluß Englands untergraben, wenn sie nicht mit derselben Betonung ansdrücken würde, was die Meinung des Volkes ist. „Sundan Times" erklärt, man könne nicht behaupten, daß Deutschlands Forderung nach dreizehnjährigem Warten verfrüht oder unangebracht sei. Es habe alles Recht, seinen Platz unter den Nationen wicdcrcinznnchmcn. „People" erklärt, die deutsche Be hauptung, die Alliierten hätten ihre Versprechungen ge brochen, bestehe vollkommen zu Recht. England müsse un bedingt von der französischen Politik Abstand nehmen. Tie englische Regierung müsse klar und fest betonen, daß sie die Politik Frankreichs, die die Unterwerfung Deutschlands zum Ziele habe, nicht mehr länger unterstütze. m li. MM. einberust, weil sie den Wunsch hat, möglichst ungestört ihre Arbeiten weitcrsühren zu können, dürste also der neue Reichstag spätestens am Dienstag, den 6. Dezember, seine konstituierende Sitzung abhalten. Wie erinnerlich, hat die Eröffnungssitzung des Reichs tages, als die kommunistische Alterspräsidcntin Frau Klara Zetkin ihres Amtes waltete, ein Nationalsozialist den Zu ruf getan: „Das gibts nur einmal, Fran Zetkin, das kommt nicht wieder!" In parlamentarischen Kreisen will man wissen, daß aus diesem Zuruf eine ganz bestimmte Schluß folgerung zu ziehen sei, nämlich die, daß die Nationalsozia listen diesmal den alten General von Litzmann mit in den Reichstag wählen lassen werden, der bereits 82 Jahre alt ist, während Frau Zetkin „nur" im 75. Lebensjahre steht. General von Litzmann hat auch bereits Erfahrungen hin sichtlich der Wahrnehmung der Funktionen des Alterspräsi denten, denn er hat den neuen preußischen Landtag erst vor kurzer Zeit ans der Taufe gehoben. Völlig offen ist vorläufig noch die Frage, ob die Reichs regierung in der Zwischenzeit — was allerdings bald ge schehen müßte — das Reichswahlgesctz zu ändern gedenkt durch Heraufsetzung des Wahlguotientcn von 66 686 auf etwa 75 060. Gerüchte dieser Art sind bereits seit längerer Zeit im Umlauf, ohne daß bisher ein definitives Dementi sie beseitigt haben würde.