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Uk Mknng des Klirdilials Urlt-Willliüf Tr.M. * d^ien. Am Dienetm, nmssmittaa wnr>« unter Anteilnahme non mehr al« 100 000 mienliben der Kardinal Fürft-^rzbilckwk »on Wien Dr. Pitfl «n Mrabe aetraaen. Die Leichenfeier lieaann im Hole deS eribikckiällickien Valais, wo Meihbilckioff Dr. Kampraib, der gleich,eilia Kavitelvikar ist, die Einseanuna des Sarkoshaa vnrnabm. Von dort bewegte sich unter dem Geläut aller «locken der Leichen- »na, dem eine Kompagnie der Sicherbeit«wache voranaing, uir TtepbanSkirche. Unmittelbar nar dem avasialllckien Nuntius Dr. Gibilia schritt der Münchner <Hr,bilchof Kar- binal Dr. Fanlbaber und der ungarische Fürft-Erzbischas Kardinal Eeredv- Dann folgte der Sara aus einem prunk, reichen Magen, der von sechs P'erden gezogen wurde. An der Spitze des folgenden Zuges lab man den österreichischen Bundespräsidenten, den Großmeister des Malleter-OrdenS, den Bundeskanzler, an feiner Seile den Präsidenten des Nationalrat««, die Mitglieder der Reaiernna, die nächsten Verwandten des verstorbenen Kardinals. Abgeordnete und Bundesräte. Rektoren und Dekane der M-ener Hochschulen, di« Professoren der tbeologilchen Fakultät. LandtagSabge- ordnete, Gemeinderäte. verschiedene Vertretungen, von Körperschaften und Städten. Die Gesandten der auswär tigen Staaten batten im Dom selbst Ausstellung genommen, ebenso die Generalität mit dem HeereSminister. Im Dom bildeten die Prälaten Evalier: unter ibnen befand sich auch Altbundeskanzler Dr. Seipel. Im StevbanSdom erfolgte die feierlich« Einsegnung durch den apostolischen Nuntius Dr. Sibilia. Nach der Feier erfolgte die llebersübrung drr Leiche nach dein Schloß Kranichberg, wo die endgültige Beisetzung ftattfnud. Die Pildkl der LMtenbaill. vd,. Berlin, Im Prozeß gegen dir Leiter drr »n- ,amm«ngebro»enrn Bank für Deutsche Beamte wurde am Dienstag dir Vernehm«»« deS Angeklagten v. Bnchlvald abgeschloffen und mit der Vernebmung de« letzten Ange- klagten, des ungarischen Professors Kende, begonnen. Den Professortitel bat Kende sozusagen automatisch er worben, weil er in llngarn «ine Malschule eingerichtet bat. Sr hat sich dann gelegentlich im Kunstbandel betätigt und als Knnstsachnerständiger auch Expertisen gemacht. Seit de« van Gogh.Prozeß gegen Wacker ist dieses Fremdwort Mr die Begutachtung von Gemälden populär und gleich- »eilig der Respekt vor ihrer Zuverlässigkeit geringer ge worden. Im Beamtenbank-Prozeß bat die Expertise des Professors Kende über den von drr Beamtenbank erwor- denen del Sarto bei der Staatsanwaltschaft gar keinen Glauben gefunden. Sie hält den del Sarto für eine Kopie des in Florenz befindlichen Original«. Krude bebanvtet dagegen, es könne keine Kopie, sondern müsse ein zweites Gemälde des Meister? nach dem gleichen Motiv sein, denn es zeige einige Abweichungen von dem del Sarto in Florenz. Kende will das Bild von einem in Kunstdingrn unersabrenen Hypotbekenmakler für 600 Dollar erworben baben. Er stellte e« »um Verkauf und Treumann kauft, e« für dir Beamtenbank unter der Bedingung, daß Kende dazu eine Expertise liefere, in drr erwäbnt wird, daß dieses Bild »inen Wert von fast 2 Millionen darstelle. Kende bat diese Bedingung erfüllt. Der angeklaote Prokurist Höpfner erklärte auf Fragen de« Porfitzenden, er babe au« eigener Kenntnis gewutzt, daß «in solcher del Sarto mindesten« «ine Million wert sei. Od die Bank freilich das Bild in dieser höh« lombardiert hätte, wenn Keudr« Expertise nicht vor- gelegen hätte, könne er nicht sagen. Die weiteren Bilder geschäfte mit Buchwald und Treumann habe er nur ge macht, weil die Bank sich durch den »ertwollen del Sarto gesichert glaubt«. ZülgtMme Woslonrli. * D o r t m u n d. Montag abend gegen 22.00 Uhr glotzte im Kesselbaus der Dortmunder Aktienbrauerei ein Dampslcitungsrobr. Der Wasserdomps aus diesem Rohr wurde in die Neuerung eines in Betrieb befindlichen Dampfkessels gedrückt, vermischte sich dort mit Kohlenstaub, wodurch cs zu einer Erplosion in Ser Fcuernngsanlage kam. Die glühende Kohlenmasse nnd der Wasserdomps wurden bei der Explosion aus den Feuerungstüren hcrousgcprcüt und trafen drei Heizer, die lebensgefährliche Verbrennungen erlitten. Tic schwerverletzten Heizer wur den sofort in das Luisen-Hvipitol gebracht. Ter Heizer Nisse ist bereits Dienstag früh seinen schweren Brandver- letzungen erlegen. Auch bei den beiden anderen Heizern besteht wenig Hoffnung, sie am Leben zu erhalten. - Trier. In der Maschinenfabrik Inrkismühle »log zm Tieustag nachmittag der Entwickele,: einer Tchweiß- unb Schneideanlage in die Luft. Der Behälter wurde voll» ständig auseinandergerisscn und schwere Eisenstitcke durch die Werkshalle geschleudert. Im Augenblick der Explosion befanden sich etwa 10 Arbeiter in der Nähe. Ein ans Landsstuhl (Pfalz) stammender technischer Praktikant wurde von einem Eiscnstück am Kopf getroffen und war sofort tot. Drei Arbeiter wurden verletzt, darunter einer schwer. Sämtliche Fensterscheiben des Fabrikgebäudes gingen in Trümmer. Das Dach-wurde teilweise zerstört. Schwere Kelselerplofion Bavia, 27. April. In der hiesigen Kunstserdefabrik Snia VIscosa explodierte in der Maschinenhalle ein Wasserkessel mit solcher Gewalt, datz die Vetonhalle einstürzle. Vier Arbeiter, die im Augenblick der Explosion bei dem Kessel standen, wurden gelötet, zwei andere schwer verwundet. Neuer Nennwagen verbrannt Paris, 27. April. Ein von dem französischen Ingenieur Stapp gebautes Auto, mit dem dieser die Schnelligkeitsre korde des Engländers Campbell zu schlagen beabsichtigte, ist in St. Nazaire in Brand geraten und zerstört worden. Das Auto, das drei Motoren von 800 PS aufwies, und theore tisch eine Stundengeschwindigkeit von 500 bis 600 Kilometer zu erzielen in der Lage gewesen wäre, war auf den Strand befördert worden und Ingenieur Stapp bestieg den Wagen mit einem Monteur. Kaum war er 200 Meter in geringer Geschwindigkeit gerollt, als plötzlich eine leichte Rauchfahne bemerkt wurde. Stapp und sein Monteur sprangen sofort aus dem Wagen und haben nur leichte Verletzungen erlitten. Der Kraftwagen verbrannte. Neuer Tornado in Amerika Nashville (Georgia), 27. April. Ein Tornado richlele in den beiden kleinen Städtchen Nashville und Valdosla großen Schaden an. Bäume wurden entwurzelt, Häuser zerstört und die Ernten vernichtet. Bisher sind acht Todesopfer gezählt worden. Eine größere Zahl von Personen sind ver letzt worden. Rötselhafle Kreuger Trausaklionen Stockholm, 27. April. Der der Kreuger-Kommisston an gehörende Professor Fehr erklärte, es sei richtig, daß Kreuger die Aktienmehrheit der Ericsson-Gesellschaft bei der Interna tional Telephone and Telegraph mit elf Millionen Dollar bestehen habe, so daß diese Gesellschaft faktisch im Besitz der Aktienmehrheit eines schwedischen Unternehmens sei. Da dies gesetzlich verboten ist, seien Verhandlungen über die Regelung der Frage eingeleitet worden. Kreuger soll während der letzten Monate seines Lebens diejenigen Lertificating Debenlures verkauft haben, die er im Zusammenhang mit der Boliden-Transaklion erhielt. Ein Blatt schreibt, diese Debenlures hätten einen Werl von achtzig Millionen Kronen. Davon habe Kreuger S0 bl» 70 Millio nen Kronen zu einem Kurs von ISO Prozent verkauft, und so kurz vor seinem Tode etwa 100 Millionen Kronen in seine Hände bekommen. Wohin diese« Geld dann verschwand, habe bisher noch nicht geklärt werden können. WestraOie eines jniW Paares. )t Berlin. Eine berittene SGuvostreif« fand aeltern früh in der Nähe von PanlSborn bei Hundekeble im Walde ein Auto, in welchem sich ein LiebeSvaar erschossen batte. Der etwa 20 Fabre alte Mann war bereit« tot, da« etwa 18säbriae Mädchen aab neck schwache Lebenszeichen von sich. Einer der Berittenen fuhr mit dem Auto in ein nabe- aeleaeneS Sanatorium, wo der Arzt nnr noch den Tod de« Mädchens feststellen konnte. Die Leichen wurden mS Ebar- lottenburger LeichenschaubanS geschafft. Die beiden jungen Menschen, die gestern im Grun^vald Selbstmord begingen, sind der 22 Jahre alte Richard Rath und die 18 jährige Hanna Böbl. In einem der hinter- laffenen Briefe schrieb da« Mädchen: .Wir haben dies,« Leben über und wären glücklich, wenn wir erst von ^eler Welt verschwinden könnten". Der Bries ,st auch von Rath unterzeichnet. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, daß das Mädchen den jungen Mann, mit dem e« verlobt war, gestern abend von seiner Arbeitsstätte abgeholt batte. Rath war im Hotelfach beschäftigt nnd hatte gestern seinen sreien Abend. Pie beiden jungen Leute erschienen aetter« bei einem Autoverleiber in Wilmersdorf, um «inen Sport wagen zu mieten. Ratb batte schon mehrfach «inen Wagen ausgeliehen und war bekannt. Wie die Eltern erklären, hätte einer Ebe zwischen ihren Kindern nicht« im Weg« ««- standen. Beide Familien stehen vor einem Rätsel. Gerichtssaal. LandsriedenSbruch in Pirna. In Pirna-Nvunborf kam eö am Nachmittag deS 6. Januar zu Zusammenstößen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. Einige Angehörige der NSDAP, verteilten in Neundorf Flugblätter und wurden, da sich mehrere Ortseinwohncr gegen die Art und Weise, in der das geschah, wandten, von politischen Gegnern aufgefordert, sie nicht weiter zu belästigen. Auf die wörtlichen Ausein andersetzungen folgten Tätlichkeiten, an denen sich eine grö ßere Zahl Angehöriger beider politischen Richtungen be teiligten. Diese Vorgänge fanden jetzt ein Nachspiel vor dew Dresdner Gemeinsamen Schöffengericht, vor dem sich sieben Arbeiter aus Neundorf wegen Landfriedensbruchs, Körper verletzung und Waffenmißbrauchs zu verantworten batten. Sämtliche Angeklagten bestritten, an den Zusammenstößen schuld zu sein. Nach ihrer Darstellung sollte ein Ueberfall der Nationalsozialisten vorgelegen haben. Das Gericht verurteilte sechs der Angeklagten und sprach nur einen frei. Es erhielten der 33jährige Arbeiter Max Oehme 8 Monate eine Woche, der 21jährige Arbeiter Alfred Vater 8 Monate, der 20jährige Arbeiter Arno Schöbel 8 Monate, der 22jäh- rige Arbeiter Kurt Thiermann 8 Monate und der 27jährige Arbeiter Walter Förster 7 Monate Gefängnis. Der lOjäh- rigc Maurerlehrling Gerhard Staude wurde zu einer Woche Hast verurteilt. Der 20jährige Arbeiter Walter Heine wurde freigesprochen. Rundfunk-Programm. Donnerslag, 28. April. Berlin — Stettin — Magdeburg. 6.30: Funkgymnastik. — Anschließend bis 8.16: Frühkonzert (Schallplatten). — 8.00: Aus dem Leben in Staat und Wirtschaft. Mit dem Mikrophon am Seismographen des geodätischen Institut» in Potsdam. — 11.35: Aus Hamburg: Blaskonzert. — 12.30: Di« Viertelstunde sür den Landwirt. — 14.00: Konzert-, Opern-, Mili tärmärsche (Schallplatten). — 15.20: Aus Arbeit und Leben: Je mand wird krank. IV- Verhalten der Pflegerin bei plötzlich auf tretenden Erkrankungen. — 15.45: Zünftige Lieder von der Land straße. — 16.05: Lebenswunder !m Pflanzenreich. — 16.30: Zeit genössische Klaviermusik und Lieder. Else E. Kraus (Flügel). Mar garet« Vogt-Gebhardt (Sopran). — 17.10: Opern-Arien. Mario Salecki (Tenor). Am Flügel: Kurt Budde. — 17.30: Jugendstunde: Ueber Steine. — 17.50: Dor und hinter den Schranken des Arbeits gerichts. — 18.10: Von der bildenden Kunst. — 18.20: Thesen- Diskussion: Ausstieg oder Niedergang de« Bürgertums? — 18.55: Die Funk-Stunoe keilt mit... — 19.00: Die Agrarpolitik der letzten Jahre. (Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. h. c. Schiele.) — 19.25: Alfred Endler liest eigene Prosa. — 19.40: Ehorgesäng«. Gesangsgemeinschaft Rosebery d'Arguto. — 20.00: Kabarett der Funkgemeinschast der Artisten der Inter nationalen Artistenloge. — 21.00: Tages- und Sportnachrichten. — 21.10: Streichquintette. Klingler-Quartett. — 22.10: Zeitansage usw. — 22.30: Zum 50jährigen Bestehen des Konservatoriums Klindworth-Scharwenka. Konzert von Schülern des Konservato riums. — Danach bis 0.30: Aus dem Hotel Esplanade: Tanzmusik (Kapelle Barnabas von GLczy). KSntgswusterhausen. 5.45: Wetterbericht. — 6.30: Funkgymnastik. — Anschließend bis 8.15: Frühkonzert. — 9.00: Berliner Programm. — 10.10: Schulfunk: Maikäfer und Marienkäfer. — 10.35: Neueste Nachrich- ten. — 12.00: Wetterbericht. — Anschließend: Schallplatten-Kon- zert. — Anschließend: Wiederholung des Wetterberichts. — 13.30: Neueste Nachrichten. — 14.00: Konzert. — 15.00: Kinderstunde: Wir antworten heut' auf alle eure Fragen. — 15.30: Wetter- und Börsenberichte. — 15.45: Frauenstunde: Diskretion. — 16.00: Pä- dagogischer Funk: Hauswirtschastliche pflegerische Ausbildung nach dem Abitur eine Notwendigkeit? — 16.30: Uebertragung des Nach mittagskonzert aus Berlin. — 17.30: Menschlichkeit gegen Gewalt, ein Kapitel aus der Geschichte der Sklavenbefreiung. — 18.00: Hünengräber im Emsland. — 18.30: Spanisch für Fortgeschritten«. 18.55: Wetterbericht. — 19.00: Berliner Programm. — 19.30: wilder vom heutigen Rußland: Wie lebt und arbeitet rin deutscher Arbeiter in Rußland? — Anschließend: Wiederholung des Wette», berichts. — 20.00: Aus Leipzig: „Ritter Roland". Heroisch-komisch« Oper in 3 Akten von Joseph Haydn. — Anschließend: Berliner Programm. „Sic sind Ihres Ruhepostens enthoben, Fräulein Busch! Gehen Sie in Frieden, Ihre Sünden seien Ihnen vergeben — und lernen Sie besser stenographieren!" ries er noch oer mit kurzem Gruß Enteilenden nach. Dann trat er mit ausgestreckter Hand auf Barbara zu: „So, jetzt wollen wir uns mal richtig .Guten Morgen' sagen, Fräulein Pohl. Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein! Daß ich froh bin, Sie wiederzusehen, dürften Sie, bei einigem Scharfblick bemerkt haben." Barbara erwiderte kräftig den Händedruck: „Und ich freue mich, zur rechten Zeit zurückgekommen zu sein, Herr Doktor!" Sie ging an den Schreibtisch, der aussah, als habe ein Taifun auf ihm gewütet. „Hatten Sie etwas gesucht, Herr Doktor? Es sieht beinahe so aus." Doktor Unruh richtete umständlich den umgefallenen Stuhl auf, räusperte sich und fummelte an seiner Krawatte, während er die Fragerin mißtrauisch von der Seite an schielte. „Ja. Ich — äh — allerdings, ich suchte etwas, und jwar die Versuche mit dem neuen Salizylpräparat, die mir ganz unerklärltcherweise abhanden gekommen sind. Ich hatte sie in die alte schwarze Mappe gelegt." Barbara nickte nur. „Ganz recht", sagte sie, begann behende und vorsichtig die vielen Bogen, Blätter und Blättchen mit Notizen, Tabellen und Zahlen durch- zusehen. Der kleine Doktor setzte sich hin, faltete die Hände über einer kleinen, sich schüchtern hervorwagenden Westen wölbung und betrachtete die Suchende. Zappeligkeit und Nervosität waren geschwunden. Fräulein Pohl war wieder da, dieses höchst erfreuliche Fräulein Pohl, die immer alles fand, alles wußte, die redete, wenn man sie fragte, und schwieg, wenn Schweigen geboten war, von deren heilerer Gelassenheit eine v endlich wohltuende Ruhe ausging — an der ihm all^s gefiel, von den ge schickten Händen und leichten Bewegungen bis zum roten Kraushaar und den freundlichen grauen Augen. Wirklich, sogar das rote Haar war hübsch, das er an jeder anderen Weiblichkeit scheußlich gefunden hätte. Vor einem knappen Jahr hatte er dieses Juwel einer Sekretärin entdeckt. Wie war er nur je ohne sie fertig geworden! Als Barbara nach etlichen Minuten schweigender Arbeit Ordnung in das Chaos gebracht und die gesuchten Notizen unter den Tabellenheftchen hervorzog, nickte er nur. Er wußte ja, daß sie sie finden würde! „Das ist schön! Nun können wir anfangen, wenn es Ihnen recht ist." Gleich darauf saß Barbara auf ihrem alten Platz am Fenster und nahm das Diktat ihres gemächlich hin und her pendelnden Chefs auf. Die Morgensonne schien fröhlich zum Fenster herein, Spatzenvolk lärmte laut und geschäftig im Hof. Als eine Sirene die Mittagsstunde kündete, sahen der Mann und das Mädchen erstaunt auf. Wie im Fluge waren ihnen die Stunden vergangen in emsiger, angeregter Arbeit. Während ver folgenden Pause erzählte Barbara auf Befragen von ihrem Landaufenthalt und Doktor Unruh von dem großen Ereignis, das inzwischen geschehen: Die Chemischen Werke hatten in aller Stille eine Fusion mit den berühmten Lanvow-Werken vorgenommen. „DaS bedeutet einen Zuwachs an Betriebskapital von mehreren Millionen. Wir können nun, unbesorgt ol» der Kosten, beliebig experimentieren, fabrizieren und expor tieren, gewinnen also ganz enorm durch diese ,Ehe'. Man ha» mir die Leitung der vergrößerten Abteilung an getragen. Natürlich folgen Sie mir ins neue Heim, Fräu- lein Pohl. Ohne Sie kann ich nicht mehr arbeiten, wie Figura zeigt. Unter uns: Ihre Vertreterin war eine GanS — eine Gans, sage ich Ihnen! So was von Dämlichkeit gibt's ohne Lebensgefahr nicht wieder. Bitte", — e, hob abwehrend die Hand — „ich weiß, daß Sie das Federvieh in Schutz nehmen wollen, aber Sie können sich die kolle giale Anstrengung ersparen. Diesmal bin ich im Recht — morgen sind Sie wieder dran." Barbara lachte. Ein drolliger Sonderling, dieser kleine Doktor Unruh, dessen eminente Klugheit ebenso markant war wie keine bestiae Ungeduld und beißende Spottzunge. Sie bewunderte ihn und hatte für ihn ein heimliches Ge fühl mütterlich sorgenden Gernhabens. Irgendwie ge mahnte er sie an ein hilfloses Kind, dem man dienend helfen mußte. Ein Hauch von Einsamkeit umgab den Fünfziger; er war Junggeselle, trotz seiner geachteten Stellung und gesicherten Position. Er hatte viel« Neider und wenig Freunde. Die Menschen lieben selten den, der sie überragt. „Ist die Fusion mit den Landow-Werken schon voll zogen?" fragte Barbara interessiert. Doktor Unruh bejahte. „Der oberste der Oberbonzen wohnt schon seit einem halben Jahre hier in Dresden, um alles Geschäftliche zu regeln. Ein feiner Kopf, war mehrmals mit ihm zu sammen in den Sitzungen — hat mir ausgezeichnet ge fallen. Der kann was!" Man sprach von anderem, nahm di« Arbeit wieder auf. Und Barbara Pohl ahnte nicht, daß das Schickfal sie zum zweiten Male gestreift. » * » Während die ältere Schwester sich zufrieden in khre Tätigkeit vertiefte, ging Brigitte unlustig und zerfahren ihren leichteren Pflichten im große» Saal der „Dutzend stenotypistinnen" nach, deren sich die unteren Beamte» de. Chemischen Werke bei Bedarf bedienten. Sie haßte die lauten Stimmen, das ohrenbetäubende Geräusch der vielen Schreibmaschinen, das starke billige Parfüm ihrer Nachbarin, den leicht zu familiären Scherzen aufgelegten jüngeren Bürovorstand — und die ganz« Arbeit überhaupt, die sie zwang, morgens um halb sieben Uhr aufzustehen, wenn sie am liebsten noch zwei Stunde« geschlafen hätte. Doch verbarg sie klugerweise ihre schlechte Laune vo, der Schwester, die sie zu ihrem Vorhaben günstig zu stimmen wünschte, um die Freude möglichst leicht zu er kaufen, IFortsetzung folgte