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ianke rag seinem herzttch guten Willen edenfo fern, wie ein Lweifel daran, daß eine Fran sich nicht glücklich nnd be- jrieüigt fühlen konnte im Besitz seines Schutzes — seiner denen, sorgenden Liebe. Noch einmal, als das Souper beendet war und die Flügeltüren zum Taazsaal sich austaten, beim raschen Aus bruch vom Mahl, erblickte Lotti flüchtig Sardonis Antlitz, dann verschwand er in der drängenden Schar. Tie warme Mainacht blickte zu den geösfneten Fenstern herein. Der leiseste Hauch über den Blüten-w--» löste s«k- ttLILÄ NAÜ b» -ttrch Äre traumenoe Der Graf hatte im Tanze LottiS Hand fester in die feine geschloffen, und sie ließ es geschehen. Sie folgte ihm. als er aus die breite, vom Lichtglanz äberfloffene Veranda hinaustrat, wo die Kletterranken sich wiegten. Er nahm ihre Hau- und küßte sie. »Haben Sie — haft du mich lieb. Lotti?" Sie nickte nur. Ganz mechanisch nickte sie. Eie war ja »och so jung und «nersahren und glaubte, datz ihr Herz erst noch voll erwachen müsse. Er preßte «eine Lippen auk ihre beide» Hände. »Wir müssen zurück —" > „Ja, tanzen!" Eine Welle voll Sehnsucht und Ungeduld z klang aus ihren Worten. Am solgenden Vormittag machte Graf Westarp seinem ' Landesherrn Meldung von seiner bevorstehenden Verlo- ! bung mit Charlotte von Saldern. ! Eime Stunde später klingelte es. ' Graf Westarp ließ sich melden. Fräulein von Helluw , gen bat ihre Nichte, ihn zuerst zu empfangen. Glücklich, sie allein zu treffe», schritt Westarp auf sie zu »Meine Braut! Meine süße, kleine Braut!" ' Er brückte sie an.seine Brust und küßte sie warm und ! innig. Lhne es zu wollen, bog sie das glühende Antlitz von j ihm zurück und weinte. Fräulein Marie von Hellungen. Lottis Tante, erschien ! auf der Schwelle. , j In aller Form brachte Graf Westarp seine Werbung ! vor. ! »Aber, lieber Gra?" sagte sie lachend, »das sahen wir ja < alle schon längst kommen." : Ter Graf hatte die Absicht, am folgenden Tage nach ! Neuhausen zu fahren, um bei Lottis Eltern um ihre Hand auzuhalten. Tante Marie aber, die keine Lust hatte, ihre Richte so schnell herzugebeu, machte den Vorschlag, die Fa milie Saldern zu einer Fahrt nach der Residenz zu veran lassen, um ihren zukünftigen Schwiegersohn dort kennen zu lernen und die Verlobung zu feiern. Dieser Vorschlag und die Gewißheit, dann nicht gleich wieder in die Landeinsamkeit zurückkehren zu müßen, fand I auch Lottis Beifall. > »Dann habt Ihr Euch noch ein paar Tage länger, Kin- z der," sagte Fräulein von Hellungen, Lottis heiße Wangen , streichelnd. Nachdem Westarp sich bereit erklärt hatte, ihrer Einla- i dang seine schriftliche Bewerbung beizusügcn, bat Tante ! Marie: »Herr Graf, wir speisen um zwei Uhr. Wenn Sie sich - freimachrn können — ich meine — Lotti hätte nichts dage gen." Westarp verneigte sich dankend. ,Lch nehme mit um so größerer Freude an. als ich um acht Uhr Seine Hoheit zu einem offiziellen Festmahl begleiten nruß. Ich hätte sonst meine liebe, kleine Braut gar nicht mehr gesehen." „Willst du nicht gleich hierbleiben?" fragte Lotti zaghaft. »Es sind ja nur noch zwei Stunden." „Legen Sie doch bitte Helm und Degen ruhig ab und machen Sie sichs bequem," ermunterte ihn Fräulein von Hellungen. „Bor Tisch ruhe ich gern noch ein Stündchen. Unlieb wird Euch das doch nicht sein?" Sie ging lachend aus dem Zimmer, dessen blauer Tür vorhang hinter ihr zusammenrauschte. Nun waren sie allein. Er führte sie zum Sofa und nahm an ihrer Seite Platz. Anfangs fühlte sie einen bedrük- kenden Mangel an Gesprächsstoff: bald aber kam ihr hei teres Temperament zum Durchbruch, und im Fluge verging die Zeit bis zum Diner. Sehr vergnügt verlief daS Familiendiner zu drei Per sonen unter dem Vorsitz des alten Fräuleins. Der Graf ging scherzend auf alle kleinen Torheiten und Neckereien Lottis ein und als ihn der Dienst zum Auf bruch zwang, wurde ihm der Abschied wirklich recht schwer, Lotti aber setzte sich, nachdem Westarp gegangen war, in ihrem Zimmer an den Schreibtisch nnd schrieb an ihre El tern. Sie schrieb von Verlobung, Hochzeit nnd — vom Kon zert. Alles kraus durcheinander aus der Ueberfülle ihres jungen Herzens heraus. Sehr erleichtert und befriedigt eilte sie, die beschriebenen Seilen in der Hand, in den Sa'on zurück, die Wangen vom Elser gerötet. .Tante, willst du lelen? Dal" Fm nächsten Moment stand Lott! wie versteinert oa — ein reizendes Bild im Nahmen des blauen TürvorhangeS. „Tritt nur näher!" rief Tante Marie ihrer Nichte ent gegen „Wir haben einen interessanten Besuch bekommen." Und dann stellte sie vor: „Herr Kammervirtuose Sar- doni, der mir Grüße von meiner Schulfreundin Fürstin Usuroff aus Petersburg überbringt — meine Nichte, Char lotte von Saldern." Erstaunen des Kammervirtuosen Sardoni über das unerwartete Zusammentreffen mit Lotti von Saldern im Salon des Fräuleins von Hellungen war nicht weniger groß als die Ueberraschung des jungen Mädchens. Aber Sardoni gewann rasch seine Fassung wieder und wußte Lotti, indem er die Begegnung im Konzertsaal nur mit ei» paar flüchtigen Worten berührte, über ihre Befangenheit hin überzuhelfen. Fräulein von Hellungen, die nichts von der Verlegen heit ihrer Nichte bemerkt hatte, plauderte unterdessen über ihre Freundin in Petersburg, die Fürstin Usuroff, die den Kammervirtuosen Sardoni, von seiner Kunst begeistert, in die ersten Gesellschaftskreise der russischen Hauptstadt einge- führt hatte, und ließ sich Neuigkeiten von ihren russischen Bekannten erzählen. Sie hatte seinerzeit in Begleitung der höchsten Herrschaften auch Petersburg besucht und unvergeß liche Eindrücke von dort mitgenommen. Nm liebsten Hütte sie in der Freude ihres Herzens Sar- doni auch von der bevorstehenden Verlobung ihrer Nichte Mitteilung gemacht, aber es fiel ihr rechtzeitig ein, datz sie damit einen allzu familiären Ton anschlagen würde. Lotti von Saldern hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie warf dann und wann ein Wort in die Unterhaltung und er rötete. wenn sie die forschenden Blicke Sardonis auf sich ge richtet sah. Die faszinierende Erscheinung Sardonis, die Erinnerung an den gestrigen Abend und das plötzliche Auftauchcn des Künstlers, mit dem sich ihre Gedanken intensiver beschäftigt hatten, als sie es sich selbst zugestchen wollte — das alles stürmte verwirrend auf sie ein. Sie hatte Mühe, sich in einen zwanglosen Konversations ton hineinzufinden. Der bloße Gedanke an einen anderen Mann als ihren Verlobten erschien ihr schon als ein Unrecht. Dennoch konnte sie sich nicht enthalten, innerlich Vergleiche zwischen ihrem Bräutigam und Sardoni zu ziehe», die sehr zugunsten Sardonis aussielen. Während er von seinen Reisen erzählte und prachtvolle Schilderungen von fernen Ländern entwarf, hing sie förmlich an seinen Lippen. Und doch hatte sie ein Gefühl der Befrei ung, als er sich endlich erhob, um sich zu verabschieden. — Am folgenden Morgen traf ein Depesche des Freihcrrn von Saldern aus Neuhausen ein, in der er mitteilte, daß er mit Frau und Tochter abends in der Residenz einzutreffen gedenke. Am Abend fand sich Graf Westarp in Begleitung seiner Braut und ihrer Tante zur festgesetzten Zeit am Bahnhof ein. Die Begrüßung war auf beiden Seiten eine sehr herz liche. Nur Isas Augen wanderten etwas erstaunt zwischen Lotti und ihrem Bräutigam hin und her, der ihr für ihre übermütige Schwester zu ernst erschien. Erst im Salon des Fräuleins von Hellungen nahm sich auch Freifrau von Saldern Zeit, ihren zukünftigen Schwie gersohn mit kritischen Blicken zu mustern. Wenn sie sein Aeußeres auch nicht sehr anziehend fand, so freute sie sich doch» datz ihre Lotti, der sie soviel Ueberlegung in Herzenssachen garnicht zugetraut hätte, eine so vernünftige Wahl getroffen hatte. Freiherr von Saldern hatte sich unterdessen mit dem Grafen bereits angefreundet. Sie hatten zahlreiche gemein same Bekannte, deren Lebensschicksale einen unerschöpflichen Gesprächsstoff abgaben. Auch der Familie Stolzenburg wurde Erwähnung getan, als der Graf sein verwandtschaft liches Verhältnis zu den Stolzenburgs auseinandersetzte. Aber Freiherr von Saldern schien für diese Beziehungen kein besonderes Interesse zu haben, und so lenkte Graf Westarp das Gespräch taktvoll in ein anderes Fahrwasser. Bei Tisch verstieg sich Fräulein von Heilungen l» ihrer guten Laune bis zu einem Trinkjpruch, den sie auf das Brautpaar ausbrachte. ,Zch bin durchaus befriedigt," sagte Freifrau von Sal dern, als sie sich mit ihrem Gatten zurückgezogen hatte. „Ich hätte Lotti eine so verständige Wahl garnicht zugctraut." „Graf Westarp ist ein netter, wenn auch etwas schwerfälli- ger Mensch," pflichtete der Freiherr bei und fügte dann leb hafter hinzu: „Wußtest du, datz die Westarps mit den Stol- zcnburgs verwandt sind?" „Das war mir bekannt. Die Schwester von Westarps Mutter, eine geborene Raven, war mit Stolzenburg verhei ratet. Allerdings starb sie schon nach einjähriger Ehe, und alS wir ihn kennen lernten, lag ihr Tod schon einige Jahrzehnte zurück." „Merkwürdig, daß Stolzenburg von dieser Ehe niemals sprach!" Freiherr von Saldern war nachdenklich durchs Zim mer gegangen. Dann blieb er vor seiner Gattin stehen, -lüft wird doch immer wieder an den Toren der Vergangenheit gerüttelt," sagte er ernst. „Wie meinst du das?" „Der Schatten aus jener Zeit, Leu ich so gern aus meinem Gedächtnis auslöschcn möchte, ist da, wohin ich mich auch wende." Es klang so bang und erregt, daß die Baronin er schreckt aufschautc. „Du bist ein Phantast," sagte sic etwas spöttisch, ob wohl ihr das Herz weh tat. „Nichts ist da, als das, was man mit Händen greisen und mit den Augen sehen kann." Der Freiherr seufzte tief. „Es gibt noch andere Dinge als die, die man greifen kann. Gegen die Stimme unseres Gewissens vermögen wir nicht anzukämpfen." Erst in später Stunde fand der Freiherr in dieser Nacht -en erlösenden Schlaf. Für den Abend des folgenden Tages erließ Fräulein von Hellungen eine Anzahl Einladungen an gute Freunde «nö intime Bekannte zu einem Familicnsouper, bei dem die Verlobung bekanntgegeben und die Beziehungen der Fa milie Saldern zur Gesellschaft erneuert werden sollten. Das gastliche Haus des Freifräuleins hatte an diesem Abend alle Räume weit aufgetan. Soviel war von der Neuig keit doch in die Gesellschaftskreise der Residenz gedrungen, Latz in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten, keine einzige Absage erfolgte. Die niedliche kleine Villa erstrahlt« in Lichterglanz und weißem Fliederschmuck. Lotti, duftig wie eine Frühlings blume in ihrem weißen Spitzenkleid, stand klopfenden Her zens in ihrem Zimmer, das sie nicht zu verlassen wagte. Sie hatte soeben erfahren, daß Sardoni der Tante zu gesagt hatte, die Gesellschaft durch seine Kirnst zu erfreuen. Da wußte sie nrit einem Male, datz er ihretwegen kam, um sie zu sehen, zu sprechen! Und jetzt, zum ersten Male, fühlte sie ihr Verhältnis zu Westarp wie einen Stein auf sich lasten. Aus Ehrgeiz, aus dem Gefühl des Geborgcnseins heraus hatte sie der Be werbung des Grafen Gehör geschenkt. Es drängte sie, aus Len engen Verhältnissen zu Hause heranszukommen und eine gesellschaftliche Nolle zu spielen. Aber durste sie auf dieser Grundlage einen Bund fürs Leben eingehen? Einen Augenblick dachte sie daran, durch ein befreien des Wort in letzter Stunde ihren voreiligen Entschluß rück gängig zu machen, aber bei diesem Gedanken empfand sie ein Gefühl der Beklemmung, das ihr fast den Atem benahm. Ihre Schwester Isa trat rin, ungemein schön in ihrer zarten Anmut. Freude leuchtete von ihrer weißen Stirn. „Laß sehen, ob du bräutlich aussiehst," sagte sie, die Ge stalt der Schwester betrachtend. „Mama kommt sogleich, dich zu holen. Westarp ist schon voll Ungeduld — er hat dich so lieb, Lotti." ,Hch weiß nicht, ob er das in mir finden wird, was er sucht," sagte Lotti beklommen. „Ich komme mir noch so kin disch vor." „Das gibt sich," meinte Jfa lächelnd. „Die Hauptsache ist, daß du seine Liebe erwiderst." Lotti schlug die Augen zu Boden. Isa strich ihr zärtlich übers Haar. Ein paar Minuten später betrat Freifrau von Saldern mit ihren beiden Töchtern das Empfangszimmer, in dem sich bereits eine Gesellschaft, die sich aus den vornehmsten Kreisen der Residenz zusammensetzte, eingcfunden hatte. Lottis Augen suchten zuerst ihren Bräutigam, dem sie mit einer mehr konventionellen als herzlichen Freundlich keit zulächelte. Dann aber bemerkte sie Sardoni und streifte ihn mit einem freundlichen Blick, -er wie ein vertrautes Grützen war. Sardoni war ein z« guter Frauenkenncr, um diese» Blick nicht richtig zu deuten. Ein großes Glücksgefühl stieg in ihm auf, gleichzeitig mit der bitteren Erkenntnis, daß ihn von diesem jungen Mädchen, zu dem er sich seit dem ersten Augenblick ihrer Begegnung hingezogen fühlte, unübersteig bare Schranken trennten. Er hatte Mühe, seine Fassung zu bewahren, als im Verlaufe des Abends die Verlobung Lottis mit dem Grasen Westarp verkündet wurde. Es schien ihm unmöglich, daß Lotti von Saldern, wäh rend sie sich bereits mit dem Gedanken an ihre Verlobung getragen hatte, Neigung zu einem vorübergehenden Flirt gezeigt haben konnte. Ein solches Spielen mit Männerherzen durfte er dem jungen Mädchen, das chm so ungezwungen cnt- gegengetreten war, nicht zutrauen. Er mußte also entweder ihre Blicke und ihr Verhalten Ihm gegenüber bei seinem Besuch falsch gedeutet haben, oder aber ihre Verlobung mit dem vermögenden Grasen Westarp war eine rein konventionelle Angelegenheit, die nrit dem Herzen dieses jungen Mädchens nichts zu tun hatte. Diese Auffassung erschien ihm am wahrscheinlichsten. Er konnte sich auch schwer vorstellcn, datz dieser unscheinbare Vrak. dem «ft» Varker Zua von Nüchternheit »ukaitete. in einem rimgen Mädchen von «ottts Art Gcfühbe tieferer Zuneigung zu erwecken vermochte. Sardoni hatte nicht viel Zeit, seinen Gedanken nachzu hängen. Denn bald nachdem die Verlobung verkündet war, wurde er gebeten, -er Gesellschaft auf seinem Instrument etwas vorzuspielcn. Er spielte einige der feurigen Weisen auS Liszts „Unga risch"» Rhapsodien", die ganz seiner Stimmung entsprachen. Die ganze Gesellschaft, die noch eben so laut gewesen war, stand unter dem zwingenden Bann eines bewunderungswür digen Spieles. Lotti saß mit gefalteten Händen neben Westarp un starrte vor sich hin auf den köstlichen Strauß, der in ihrem Schoße ruhte. Einmal während des Spieles sah sie flüchtig auf. Da kreuzte sich ihr Blick mit den dunklen Augen Ear- donis, aus denen sie einen stummen Borwurf herauszulefen glaubte. Durch sein bezauberndes Spiel wurde sie der Gegenwart allmählich völlig entrückt. Sie sah sich statt an ihres Ver lobten Seite am -er Seite Sardonis aus der Tür schreiten, und plötzlich tat sich vor ihr die wette Welt in ihrer verlok» kenden Schönheit auf. Ein leiser Druck auf ihre Hand ließ sie aus ihren Träu men erwachen. Westarps Blick war mit innigem Ausdruck auf sie gerichtet. Sic nickte ihrem Verlobten mechanisch zu. Endlich war das Spiel vorüber. Man erhob sich. Lotti sprang von ihrem Stuhl empor. Mitten in den lautesten Kreis der Gesellschaft zog sie ihren Bräutigam hin ein, um ihn dann unbemerkt zu verlassen. Nur ein Viertel- stündche» wollte sie wieder einmal sich selbst angehören dür fen, ohne eine Verpflichtung zu liebenswürdigen Worten. — Am Ausgang des Korridors war aus einer Veranda ein kleiner Wintergarten ge chasfen worden, ein allerliebstes Reich für die Blumenkünste des alten Fräuleins, wohin eS sich zurückzog, sobald es ungestört z» bleiben wünschte. Die Fenster nach dem Garten waren geöffnet. Kein künst liches Licht überspann die Blüten und Blätter, nur vom Korridor herein züngelte durch eine Glasscheibe der unge wisse Schein der Korridorflammen. In dieses Versteck zog sich Lotti zurück. Sie wollte allein sein, denn es gab keinen Menschen, dem sie sich in der augenblicklichen Verwirrung ihres Herzens hätte offenbaren können. Plötzlich schreckte sie zusammen. Auch Sardoni war, nach dem er sich der Schar seiner Bewunderer entzogen hatte, in -en kleinen Wintergarten geeilt, um hier, fern vom Trubel der Gesellschaft, zur Selbstbesinnung zu kommen. Im ersten Augenblick, als Lotti den Künstler bemerkte, hatte sie das Gefühl, daß sic den Wintergarten sofort wieder verlassen müsse, um keinen Anlaß zu unnötigem Gerede zu geben. Noch hatte sie kein Wort gesagt, das Sardoni zu der An- nähme berechtigte, daß er ihrem Herzen nahestche. Aber ein Gefühl, das stärker war als ihr Wille, bannte sie in seine Nähe. Es war ihr, als müßt« sie sich rcchtkcrti- gen, als dürfe sie cs nicht duld«», daß er sie für ein vkichöp hielt, das leichtsinnig mit Gefühlen spielte. Sardoni übersah die Situation und war entschlossen, diese kostbaren Augenblicke nicht unbcnützt vorübcrftreichev zn lassen. „Erschrecken Sie nicht, gnädiges Fräulein!" sagte er vor tretend. ,Lch bin dem Zufall dankbar, der es mir gestattet. Sic noch nachträglich zu Ihrer Verlobung zn brglückwün- schen. Darf ich mir das Recht erbitten, auch noch ein Person« liches Wort hinzuzufügen?" Sie atmete schwer. ,/Sprechen Sie!" sagte sie tonlos. „Der Augenblick drängt. Ich muß es ;shnen sage«. Ich habe die Empfindung, -aß bei dieser Verlobung mehr der Verstand als Ihr Herz mitgesprochcn bat." „Woraus schließen Sie das?" ,Lch bin weit in der Wett hcrnmgekommen und verstehe nrich ein wenig auf Menschen. Sie sehen nicht wie eine glück liche Braut aus! Wenn Ihre Verlobung die Erfüllung eines Herzenswunsches märe, dann würden Sie in dieser Stunde nicht die Einsamkeit der Nähe Ihres Verlobten vorziehen!" Es ivar ihr, als ob er auf den Grund ihrer Seele blickte. „Und wenn Sie recht hätten?" fragte sie leise. „Dann hätten Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihrem Bräutigam gegenüber die Pflicht, Ihren Entschluss rückgängig zu machen. Berechnung und Ehrgeiz paffen nicht zu dem Bilde, das ich von Ihnen im Herzen trage. Ich kenne Sic noch nicht lange, aber — ich hofite —" Er brach ab. Sie sah ihn hilflos an. ,Hch weiß nicht, was Sie hofften," flüsterte sie. „ES Iß mir nicht bewußt, daß ich Sie zu irgendwelchen Hoffnungen ermutigt habe. Aber Sic treten mir so.offenherzig entgegen, -aß ich Vertrauen mit Vertrau«» erwidern muß. In einem