Suche löschen...
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192310112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19231011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19231011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-11
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
nicht einschlagen, weil die Grundrechte, welche nach Ar tikel 48 der Reichsverfassung vorübergebend aufgehoben werden können, keine privatrechtlichen Verhältnisse be treffen, sondern fick ausschließlich auf die politischen Frei heiten, also die Rechtsverhältnisse zwischen öffentlicher Ge walt und Staatsbürger beziehen. Allein die Aufhebung und Einschränkung des Eigentumsrechtes bildet eine Aus nahme, aber die sächsische Negierung wird wohl nicht be haupten, dah sie den Artikel 153 der Neichsverfassnng auf- zuheben beabsichtigt. Da sie den Arbeitgebern aber im Paragraph 2 ihrer Verordnung grosse finanzielle Ver pflichtungen auferlegen will, ist die Frage angebracht, ob die sächsische Regierung bereits von dritter «eite einen größeren Kredit bekommen hat, um den Arbeitgeber-, die sie zur Verlängerung ihrer Kündigungsfristen und Auf« rechterhaltung bezw. Wiederaufnahme ihrer Betriebe zwiu- gen will, die dazu nötigen Geldmittel zu geben. Uns find Fälle bekannt, wo Arbeitgeber dem sächsischen Staat an- heimstcllen, ihre Betriebe weiterzusühren, ohne daß davon Gebrauch gemacht wurde, weil eben für den sächsischen Staat dieselben Schwierigkeiten, ja in Kreditfragen noch größere, bestehen, wie sie dem Privatunternehmer entgegen treten. Wir versagen uns, Einzelheiten der Verordnung zu er örtern, möchten aber feststelleu, daß wir sie in vollem Umfange für rechtsungültig halten und der Auf fassung sind, daß einzig und allein die bestehenden ReichSgesebc maßgebend für Entlassung von Ar beitnehmern, Stillegungen von Betrieben, Fragen des Aus sehens, der Doppelverdiener der Pfuscharbeiten nsw. sind. Der Verband Sächsischer Industrieller hat die Reichs- regierung ersucht, die Aufhebung der Verordnung durch Reichspräsidenten oder Reichstag nach Artikel 48 Abs. 4 Satz 2 der Verfassung hcrbeizuführen oder sofort eine Entscheidung deS Reichsgerichtes nach Artikel 13 der Reichs verfassung zu veranlassen, daß die sächsische Verordnung nichtig ist- weil sie gegen geltendes NeichSrecht verstößt Tagesgeschichte. Deuts»-» Reich. Kurzarbeit in der Essener Eisenindustrie? Nach Mitteilung aus gewerkschaftlichen Kreisen bat die Nordwest, gruppe der Eisenindustrie, zu der auch die rheinisch-west- sSlische Grubenindnstrie gehört, beschlossen, vorläufig die Arbeitszeit auf den den Gruben angeschlossenen Betrieben von wöchentlich 48 Stunden auf 30 Stunden berabzusitzen. Auch die Lohnzahlungen sollen iu entsvrecbendem Maße verkürzt werden. Auf den Kruppschen Werken, der Dort» munder Union und dem Eisen- und Stahlwerk Harsch sind bereit« dementsprechend« Bekanntmachungen an die Arbeiter ergangen. Der Aelteftenrat zum Arbeitszeitgesetz. Der Nettesten- rat des Reichstages hat beschlossen, dah da« Plenum, dar sich beute nach der endgültigen Annahme der EraänzungS- gesehe« vertagen will, am Donnerstag nächster Woche zur Erledigung de» ArbeitSzeitgeseheS auf einige Tage zusammen- treten soll, lieber die späteren Dispositionen ist noch nichts bestimmt. Kommunisten Verbastung in BreSlau. Gestern wurde in Breslau eine größere Anzahl von Kommunisten verhaftet, darunter Mitglieder der Bezirksleitung Schlesien der K.P.D. sowie Büropersonal und Angestellte der Schlesischen Arbeiter, »eitung. Dir Festnahmen stehen im Zusammenbang mit der kommunistischen Propaganda zum Zweck der Einsetzung einer Arbeiter- und Äauernregierung in Deutschland. Die „Rote Fahne" verboten. Der ReichSwehrminister bat verordnet: „Auf Grund de« 8 1 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. 9. 1923 verbiete ich bis auf weitere» Herstellung und Vertrieb der „Roten Fahne", da st« in ihren Nummern 217 vom 9. 10. 1923 und 218 vom t0.10.1923 zur Vorbereitung des politischen Generalstreiks aufruft und die ReichSwehrsoldaten zur politischen Betäti. zung und »um Ungehorsam auffordert. Ta» Verbot gilt auch für jede andere Zeitung, die als Ersatz für die „Rote Fahne" neu herauSgegeben oder ihren Abonnenten zugestellt wird." Graf Bernstorff Vizepräsident der Völkerbund, veretnignng. Die im Haag tagende Union der Völker- bundvereinigungen wählte zu ihrem Präsidenten an Stelle von Adeltwaerd (Schweden) Professor Trend. AdelSwaerd wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Zu Vizepräsidenten wurden ernannt: Graf Bernstorfs-Deutschland, Dickinson Willoughby-England, DombinSki-Polrn, Appel-Frankreich. Kapitän Ehrhardt in Bayern? Wie aus Bayern gemel det wirb, berichtet bas Bamberger Tageblatt" in seiner gestrigen Nummer im Anschluß an eine Besprechung eines in Bamberg abgehaltenen Deutschen Tages, daß Kapitän Ehr hardt sich in Bayern befinde. Amerikanischer Kredit für Deutschland. Wie bie Blätter erfahren, scheinen die Aussichten auf einen amerikanischen Srebit an Deutschland sich jetzt günstiger gestaltet zu haben. Vie verlautet, sollen die Bedingungen, unter denen der Angelas Heirat. Roman von L. G. Moberly. S. Fortsetzung. Nachdruck verhören. Und so war es gekommen, vag Angem mir acyrzeyir Jahren allein in der Welt stand, ohne Kenntnisse, ohne Geld und ohne nähere Freunde als die paar Bekannten, mit denen sie und ihre Mutter während des Aufenthalts in dem kleinen Vorort in Verkehr getreten waren. Ver wandte hatte sie keine, denn ihr Vater sowohl wie ihr^ Mutter waren einzige Kinder und auch Kinder von einzigen Kindern gewesen. Und so befand sich Angela in deh seltenen Lage, weder Onkel noch Tanten, weder Vettern noch Cousinen zu besitzen, an die sie sich in ihrem Unglück hätte wenden können, und cs gab auf der Welt nicht «inen einzigen Menschen, auf dessen Unterstützung sie Nuch nur den geringsten Anspruch hätte machen könnend In den ersten Tagen, nachdem der furchtbare Schlag! sie getroffen, hatten sich zwei Personen ihrer freundlich an-- genommen, das war der alte Doktor Gutmann, der ihre, Mutter behandelt hatte und eine gütige ältliche Dame, ein! Fräulein Bayer, die das Nachbarhäuschen bewohnte und über den Zaun eine Freundschaft mit dem einsamen, Mädchen angefangen hatte. Wäre die gute Dame am» Leben geblieben, so hätte sich vielleicht für Angela vieles geändert, denn sie war alleinstehend und hatte eine große! Zuneigung zu dem verlassenen jungen Ding gefaßt, aber sie starb ganz plötzlich kurz nach Frau Karberg. Und so war Angela gezwungen, sich unverzüglich nach irgendeiner Tätigkeit umzusehen, wenn sie nicht gänzlicher Armut av- hrimfallen wollte. s Auf Doktor Gutmanns Rat gnm sie zu einer Stellen agentur in Berlin und hoffte durch Vermittlung der Dame, an die der alte Arzt sie empfohlen hatte, etwas Passendes zu finden. Aber ihre Hoffnung sank tief, als die Agentin kopfschüttelnd sagte: „Ja, liebes Fräulein, ohne Vorbe reitung, ohne Erfahrung und ohne Zeugnisse wird das eine schwierige Sache sein." Noch heute dachte sie mit Schaudern an die schrecklichen Tage des Wartens auf „irgend etwas", das sich bieten sollte, Tags neroenangreisciider Ungewißheit, Tage, in denen frohes Hoffen mit bitterer Enttäuschung wechselte „»»L «Lvr erltarL. Taae. die Le.ioorm enaeo! llimttxer Nallstrknr« 5072650000 N. Fernsprechmeldung, ohne Gewähr. einen erheblichen Betrag erreiche«-« Kredit gemährt werben soll, durchaus günstig sein. Die amerikanischen Geldgeber seien ein ab hoc gebildete- Bankenkonsorttum. Der Kredit würde nicht als MeparationSanleihe gegeben werden, son dern würde der Beteiligung an der künftigen Währungs bank dienen. Wegen Begünstigung der Rathena«,Mörder verurteil«. Wegen Begünstigung der Rathenau-Mörder Kern und Fi scher verurteilte der Staatsgerichtshof den Studenten Jo hannes PeterS, Neukloster, und den kaufmännischen Ange stellten Gottfried Wiese. Wendisch-Mebningen, zu se acht M". naten Gefängnis und den Postsckretür a. D. Paul Rüsch, Lenzen, zu einem Fabre Gefängnis. Peter« gewährte Kern und Fischer als Marinekameraden am 6. Juli 1922 Unter kunft: auch versuchte er, ihnen Geldmittel zu verschaffen und reiste zu diesem Zweck nach Dresden. Am 7. Juli fanden Kern und Fischer Unterkunft bei Rüsch. Miese zeigte ihnen den Weg zur Fäbre, wodurch ihnen der Uebergang über bie Elbe ermöglicht wurde. Republik Oesterreich. Für Linderung der Not deutscher Schriftsteller und Künstler. In einem Ausruf, der sich an di» gesamte Oeffentlichkett, besonders aber au di« Schriftstrller und Künstler wendet, fordert BundeSministrr Schürf zu Samm lungen auf. nm die Not der Schriftsteller und Kttnstlrr de« Deutschen Reiche» zn lindern. „Wir alle", heißt »« in dem Aufruf, „sind den deutschen Schriftstellern und Künstlern verpflichtet, nickt nur durch Gefühle der Dankbarkeit, sondern auch durch Verwandtschaft de» Stammes und gemeinsame Arbeit. Jeder muß fetzt seinen Beitrag leiste», um den wertvollen geistigen Arbeitern unsere» Blute» zu helfen. E« bandelt sich nickt nm Almosen, sondern darum, Dankbarkeit zu bezeugen." Die Blätter unter stützen diesen Aufruf durch bewegte Schilderungen der Not der geistig«» Arbeiter in Deutschland und durch Eröffnung von Sammlungen. Numänie«. Ein Komplott-Bersnck anfgedeckt. Di« Bukarester Polizei, die vorgestern abend Haussuchungen bei einigen Faschisten vornabm, entdeckte «in Komplott zur Ermordung mehrerer Minister, Finanzleute und anderer in der Oeffentlichkett siebenden Persönlichkeiten. Die Tat sollte gestern ausgesübrt werden. Die Polizei beschlagnahmte Waff«n und Munition und nahm mehrere Verhaftungen vor. Unter den Verhafteten befinden sich zwei Studenten, dir ein volle» Geständnis ablegtrn. Frankreich. Verhaftung wegen Verteilung verbotener Schriften. Gestern wurden drei Personen verhaftet, di» In der Unter grundbahn aiitimilitaristische Schriften verteilten. Einer der Verhafteten ist italienischer Abstammung. Oerlliches und Sächsisches. Riesa, den 11. Oktober 1923. —* Nichtamtlicher Bericht über die gestern abend von 5 Uhr ab im Ratba»r-Sitrung«saal stattgrfnnden« öffent lich« gemeinschaftliche Sitzung beider städtischer Kollegien. Die Sitzung leitete Herr Bürgermeister Dr. Scheider. Der Herr Bürgermeister gab zunächst bekannt, daß da» Ministerium de» Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium für Volksbildung die Vereinigung drr Landgemeinden Gröba und Weida mit der Stadtgemeinde Riesa genehmigt bat und daß die Verwaltung am Montag, den 15. Oktober, übernommen werde. Mit der Vereinigung gehen gleichzeitig auch die Schulbezirke Gröba und Weida in städtische Ver waltung über. Als ersten Punkt verzeichnete di« Tagekordnung die Entschließung über die Zahl drr am 18. November zu wählenden Gemeinde(Stadt) verordneten. Hierzu teilte drr Herr Bürgermeister mit, daß nach drr neuen Gemeindeordnung nunmehr 31 Stadtverordnete zu wählen seien. Diese Bestimmung bekannt zu geben sei für geboten erachtet, um etwaigen Wahlaufechtungen zu dieser Frage vorzubeugen. Die Kollegien nahmen hiervon Kenntnis. 2. Schulgelds« st setz nng für die Oberreal schule. Der Oberrealschul-AuSschutz hat sich wiederholt mit der Neufestsetzung des Schulgeldes für die Oberrralschule beschäftigt. Die sestgelegteu Sätze sind jedoch durch die Verhältnisse immer wieder überholt morde». Durch ministerielle Verordnung ist nunmehr das 100 fache des für Monat September erhobenen Schulgeldes zu zahlen. Da» Schulgeld beträgt somit für Monat Oktober 10 Millionen Mark. Für auswärtige Schüler soll drr doppelte, für Ausländer der fünffache Satz erhoben werden. Hierzu soll die oberbehördliche Genehmigung ringrholt werden. Die Kollegien erklärten sich mit obigen Schulaeldsätzen einver- standen. Es wurde gleichzeitig beschlossen, da« Ministerium für Volksbildung »u bitten, künftig in den Scknlarldsätzrr etwa« Wertbeständige» »n schaffen. Entsprechend« An regungen sollen mitrinberichtet werden. In der An»sprache wurde mehrfach »nm Ausdruck gebracht, daß in erster Linie Schulgeldfreiheit auch für die höheren Schulen angrstrebt werden müsse. Solange sich dir» jedoch nickt ermöglichen lasse, müsse mit Rücksicht auf die täglich steigende Geld entwertung anf «ine» gleitenden Schnlgrldsatz »ugekomme»' werden. 3. Fremdenschulgrld für die Volksschulen und dir Beruf«scknlr. Der SchulauSichnß hat vor- geschlagen, als Schulgeld für auswärts wobueude Schüler drr Riesaer Volksschulen für Monat September 10 Millionen, Mark »achzufordern und fortlaufend einen monatlichen Echulgeldsatz von '/«Goldmark «inznführen. Al» Stichtag soll drr 10. jeden Monat« gelten. Der Betrag ist bi« »uni 15. jeden Monats zn brzablen. Für Später»ablende soll der Kurs des Zabluna«tagr» berechnet werden. Die Beträge werden aus volle Million nach oben errechnet. — Für di« Bern s«. schule wird vom Schulau-schuß vorgeschlage», al» Fremden- schulgeld '/. der Goldmark zu berrchuen r nicht mehr Schul pflichtige, di« an dem Unterricht trilnebmen, sollen den Betrag einer '/.«-Goldmark entrichten. Di« vorgeschlagenen Termin« sind dieselben wie bei den Volksschulen. — Für Teilnahme am Handfertigkeit«-Unterricht soll al« Materialkostenbeitrag künftig '„„-Coldmarkbetrag «Koben werden; der Beitrag für den Kindergarten soll sich ab 1. Oktober d. I. pro Monat auf '/,» Goldmark stellen. Di« Bedingungen sind die gleichen wie oben. Di« vom Schulau-fchuß unterbreiteten Vorschläge fanden sämtlich in getrennter Abstimmung die Zustimmung beider Kollegien. 4. Bon der Ausstellung eine« HauSbaltvlaneS bat der Echnlau«schuß beschlossen abzuirbrn. C« solle größte Sparsamkeit anrmpfohlen werden. Al« Berechnungsgeld sollen vorläufig für jede Volksschule 2 Milliarde», für di» Berufsschule IV, Milliarden Mark bereitgrstrllt werden. Größere Mittel, soweit sie unvermeidlich sind, sollen beim Schulausschuß bez. beim Rat nachgesucht werden. Auch mit diesen Maßnahmen erklärte man sich einverstanden. 5. Aenderungin der Einhebung des GaS- uni Wasserzinses. Da es bet der verheerenden Geldentwer tung nicht mehr möglich ist, ohne Zwischenzahlung der mo natlichen Beträge für Gas- und Wasserbezug auszukommen, hat sich der Gas- und Wasserwcrksausschuß eingehend mit der Frage beschäftigen müssen, in welcher Weise auf diesem Gebiete der Geldentwertung einigermaßen gesteuert werben könne. Man hat sich anf Grund der anderwärts gemachten Erfahrungen dahingehend geeinigt, vorzuschlagen, während jeden Monats Zwtschenzahlnngen einzuführen dergestalt, daß den Abnehmern Gutscheine als Quittung für bezahlte Beträge ausgehändigt werben, die bei der Abrechnung am Monatsschluß in Zahlung genommen rverdcn sollen. Die Be triebsdirektion werde ermächtigt werden, den Betrag ans Grund der errechneten Betriebskosten festzusetzen. Als vor läufiger Verbrauchssatz solle bas Quantum vom vorher- gehende» Moua« angenommen werden. Verschiedene Anre gungen ans der Mitte der Stadtverordneten sollen geprüft und nach Befinden berücksichtigt werden. Die Kollegien be schlossen, dem Vorschlag des Gas- und Wasserwerksans schusses zuzustimmen. «. Kontrolle und AuSzablung der Erwerb«- lo se n b «itr ä g e. Er ist angeregt worden, di« Kontrolle nnd Au»zablnng der Erwerb«loirnbeiträge künftig dem Ortsausschuß des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts bunde» zu übertragen. Dir geplante Maßnahme würde eine Arbeitsteilung nnd zugleich eine außerordentliche Ent- lastnng des Personals der Stadtkasse und der Räumlichkeiten bedeuten. Außerdem erhofft man durch die bestehend« engere Fühlung der beteiligten Kreise mit der Gewerkschaft«» Verwaltuiig eine glatter« Abwicklung de» Geschäftsverkehr», Als Entschädigung für dir Arbeitsleistung soll «in Betrag in Höbe «ine» Erkretärgebalt« ausg,morsen werden. Zn diesem Betrage habe die Stadt V„-Antril zu übernehmen, drr übrige Teil werd« au» Reichsmitteln bestritten. Der Herr Bürgermeister weist darauf hin, daß ein Vertrag in fraglichem Sinne bereits im Jahre 1919 mit der Grwerk- schastkverwaltung abgeschlossen gewesen sei. Nachdem Herr Stadtv. Schönborn di« Gründe der Anregung nochmal« eingehend dargelrgt und dir geplante Einrichtung allgemein angeraten worden war, beschloß man einstimmig, di« Kontrolle und Auszahlung der Erwerbslosenbeiträgr dem Orttau-schuß zu übertragen und dir Regelung nach dem früher abgeschlossenen Vertrage »n treffen. 7. KreditbeihilfefürGrmeindenbetr. Der Rat wurde ermächtigt, bei Bedarf von der den Gemeinden vom Reiche zur Verfügung gestellten Krrditbeihilfe Gebrauch zu machen. 8. Auf Anfrage de» Herrn Bürgermeisters wurde beschlossen, daß bei der am Montag erfolgenden Meder- nähme der Verwaltung drr Gemeinden Gröba und Weida die beiden Vorsitzenden de» Ltadtverordneten- Kollegium» zugegen seien. Schluß gegen V«8 Uhr. düsteren Hinterstübchen einer Berliner Pension drillen Ranges oder im Omnibus auf der erfolglosen Jagd nach einer Stellung zugebracht. Tage, in denen ihr Herz immer schwerer und ihre Börse immer leichter wurde. Sie dachte der endlosen Nächte, in denen sie nicht schlafen konnte aus wahnsinniger Angst, was wohl werden würde, wenn sie ihren letzten Pfennig ausgegeben hatte, sie dachte an den Augenblick, wo sie in Verzweiflung, in dem dumpfen Wunsch, sich vor dem Aeußersten zu schützen, die Stelle als Erzieherin bei Frau Diehl angenommen hatte, wo ihr ein Gehalt geboten wurde, von dem sie wußte, daß es selbst für ihre bescheidenen Kenntnisse viel zu gering war, und wo man Arbeiten von ihr verlangte, die einem Dienst mädchen zukamen. Aber es war doch ein Hafen, in den sie sich flüchten konnte, und noch heute, nach zwei Jahren unsäglicher Quälerei, erinnerte sie sich mit Entsetzen jener furchtbaren Zeit, wo die Angst, ihr kleiner Geldvorrat könne zu Ende gehen, ehe sie etwas gefunden, sie so namenlos unglücklich machte. Wenn also Frau Diehl daran lag, das Mädchen zu behalten, das so anspruchslos war und sich so nützlich machte, so lag Angela nicht minder daran, zu bleiben, wo, sie war, denn hier war sie wenigstens vor der gräßlichen Furcht geschützt, die sie damals fast bis zum Wahnsinn getrieben hatte. Und wenn sie auch mehr als einmal nahe! daran gewesen war, sich gegen Frau Diehls unerträgliches Tyrannei aufzulehnen, so war es doch niemals zu offener Empörung gekommen. Ihr Leben hier im Hause war ja- wirklich zu Zeiten kaum zu ertragen, aber sie zog es immer! «och der Existenz in einer armseligen Pension ohne Geld und ohne Aussicht auf Arbeit vor, und so ertrug sie ihr hartes Los mit einem Mut und einer Geduld, wie man sie nicht ost bei so jungen Menschen findet, die aus einem sorglosen Leben plötzlich in den harten Kampf ums Dasein gestellt werden. Angela wandte sich jetzt mit einem tiefen, mutlosen Seufzer vom Fenster ab und sank erschöpft auf einen Stuhl. Sie versuchte mit aller Macht die glücklichere Ver gangenheit zu vergessen und den Gedanken an ihr hübsches Gärtchen zn verbannen, denn die Erinnerung daran ließ den Dichlsn-rn Hof nur nach düsterer und häßlicher erscheinen. Das junge Mädchen war zu müde und abgespannt, I»m lick» den. krelen Nackmittaa^sunutze -u macken und spazieren zu gehen, und zum Lesen wär es ihr zu heiß, wie sehr sie sich auch sonst auf die seltenen Augenblicke freute, wo sie sich in ein Buch vertiefen konnte. Der Sommer war dieses Jahr ungewöhnlich heiß, und Angela, die den größten Teil ihrer Jugend auf dem Land zugebracht hatte, litt unsäglich in der erstickenden Atmosphäre der Berliner Straßen mit ihrem glühenden, übelriechenden Asphalt und an dem Luftmangel in den dumpfigen Stuben. Ihr erster Sommer in der Stadt war kühl und naß gewesen, und das beengte Leben war ihr daher nicht so sehr zum Bewußtsein gekommen. Aber in diesem Jahr vermißte sie ihren hübschen Garten, die grünen Heckenwege, die baumbepflanzten Straßen und die ausgedehnten Wiesen ihres Heimatsortes geradezu schmerzlich. Die steifen Spazier gänge, die sie mit ihren Zöglingen machte, konnten dar Leben im Freien, das sie mit ihrer Mutter geführt hatte, nicht ersetzen, selbst wenn sie sich im Tiergarten ergingen. Und heute machte ihr die Hitze mehr als je zu schaffen. Jetzt hörte sie,die schrillen Stimmen der Kindcr und das durchdringende Organ der Mutter, und da sie fürchtete, sie würden kommen und sie in ihrer Einsamkeit stören, so raffte sie sich aus dem alten Sessel auf, den Frau Diehl für gerade gut genug für das Kinderfräulein hielt, und verließ langsam das Zimmer, um sich in den einzigen Raum zu flüchten, den sie wirklich ihr eigen nennen konnte — ihr Schlafzimmer, dessen Lage im oberste» Stockwerk des Hauses es bis zu einem gewissen Grad vor unwillkommenen Besuchern schützte. Allerdings war es nicht ganz zutreffend, wenn man dies schmale Streifchen Bodenraum mit dem Namen Zimmer bezeichnete, aber wenn Angela die wacklige Tür des Raumes hinterfich geschlossen hatte, so hatte sie wenigstens das Gefühl allein zu sein, ja, es war ihr fast, solange sie hier weilte, als sei sie ihr eigener Herr. In Wirklichkeit war es gar kein Zimmer, sondern nur ein Teil eines solchen, eigentlich nur ein Verschlag, den eine dünne, mil Tapete überklebte Lattenwand von der Mädchenkammer trennte, und Angela konnte, wenn sie wollte, jedes Wort verstehen, das Köchin und Stubenmädchen zusammen sprachen. Der Raum hatte schiefe Wände und ein ganz kleines Fenster, was ein großer Nachteil war denn es drana fast üsr keine Lust herein.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)