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- Erscheinungsdatum
- 1923-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192306042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230604
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230604
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-04
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Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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187. Vellage r«m «leseer LegMatt. Mont»«, 4. Inas 1»?», adenvs. 76. Aa-W MMMMW—SS-^S tz ' " «EMWU M UM MskM V MM lill kl'^ England nnd Rußland. Asquith erklärte in einer Rede in Burton über die Beziehungen der neuen britischen Regierung in Ruß land, die neue Regierung habe nach außen und auch im Innern eine nicht beneidenswerte Erbschaft angetreten. Er freue sich jedoch, annehmen zu können, daß die Be seitigung der Schwierigkeiten mit Ruß land durch Konferenzen und Erörterungen bevorstehe. Es sei zu hoffen, daß die russische Regierung auf den einzigen Weg geführt werde, durch den sie zur Einsicht gebracht werden könne, daß cs mindestens ebenso in ihrem Interesse wie im Interesse Englands liege, vernünftigen Forderungen nachzukommcn. Asquith erklärte weiter, eine wirkliche oder dauernde Regelung des Problems der Re parationen und der Wiederherstellung der verwüsteten Ge biete könne nur durch einen unparteiischen internationalen Schiedsspruch zustande kommen. Die Zeitungen erklären, die Denkschrift Lord Curzons sei eine verschlechterte Ausgabe des Ultima tums. Die hartnäckige Abneigung, die Frage der Propaganda durch einen Meinungsaustausch zu klären, sei ein Zeichen dafür, daß England einer Verständigung aus dem Wege gehen wolle. „Iswcstija" schreibt, daß Curzon, der angeblich die Verhandlungen nicht in die Länge ziehen wolle, in Wirklichkeit neue Verwickelungen schasse. „Prawda" meint, daß Curzon eine scharf ablehnende Antwort der Sowjet-Negierung lpervorrusen wolle, um auf diese Wette den Bruch herbeizuiühren. Die Zeitungen weisen aus den Zusammenhana bin. der rwrschen den lw Druckmittel erblicke zu dem Zweck, ein Nepatatto^sMttN ins Werk zu sehen, so bedeute das keineswegs, -aß vie.Zel- gische Negierung heute geneigt sei, leichthin daS'"Pfand fahren zu lassen. Die von ihr in Paris eingeskanben« Neigung zu einem Neparationssystem, das auf dev Er richtung verschiedener Monopole ausgebaut sei, dürfe t« keiner Weise zu der Annahme führen, daß sie auf das tm Ruhrgebiet selbst organisierte produktive System,HU ver zichten gedenke. Hierzu bemerkt das „Echo de Paris" auf Grund ander- wettiger Informationen, bei den Brüsseler Besprechungen würden die in Parts überreichten technischen Memoranden an erster Stelle stehen. Im übrigen werde u. a. über die endgültige Organisation des Zollsystems, über die Ausgabe einer neuen Währung, über Maßnahmen zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung der besetzten Gebiete, über di« Entwicklung der französisch-belgischen Eisenbahnregie, über Rechnungswesen, über Verteilung der beschlagnahmten Vor räte verhandelt werden. Alles, was mit dem diplomatischen Verfahren in Zusammenhang stehe, gewinne indes km Augenblick ganz besondere Bedeutung. Bis seht hätte» daS Pariser nnd das Brüsseler Kabinett sich über die Aufstellung von zwei allgemeinen Grundsätzen verständigt: Erstens, Ber» Handlungen mit Deutschland würden solange unangebracht sein, als der Widerstand gegen die Politik vom 11. Januar nicht eingestellt sei. Zweitens: DaS Nukrgebiet werde uur in unmittelbarem Verhältnis zu den geleisteten Zahlungen geräumt werden. Ter zweite Grundsatz sei in ziemlich schwankenden Wendungen formuliert worden. Welches, fragt „Echo de Paris", wird der Charakter dieser wahrschein lich eine Reihe von Jahren hindurch aufrecht erhaltenen Be satzung sein? Wird die Anwesenheit der Truppen einfach die Bedeutung der Uebcrwachung, der bloßen Möglichkeit haben, wieder zu dem Ausgangspunkt vom 11. Januar znrückzukehren, falls Berlin nicht das ihm vorzuschretbende „TürtttizierungSprogramm" buchstäblich durchführt, oder ist vielmehr darunter zu verstehen, daß wir uns in Essen und an einigen bedeutenden Punkten fcstsetzen, von wo sich der ganze industrielle Mechanismus beherrschen laßt, um von dort aus ein Snstem der Einziehung in die Wege zu leiten, das uns im schlimmsten Falle für einen Minimalbetrag bürgt und uuS gestattet, von dem nicht besetzten Deutschland eine Kontribution zu erzwingen, wobei es Deutschland frei steht zu wählen, welches Veriahrcn man ihm gegenüber einschlagen soll? Es genüge, meint „Echo de Paris", diese verschieden artigen Auffassungen anzndeutcn, um zu zeigen, daß irr vielen Hinsichten Schwankungen nach wie vor möglich seien. Tas Blatt hält eS für wünschenswert, daß die Besprechungen vom 6. Juni nicht unter allen Umständen in den engen Nahmen eines einzigen Verhandlungstages eingezwängt werden. MWW M M devWU MikMI. Die angeblich auf dem Selbstbestimmungsrecht der Böller aufgebauten neuen Staaten Südosteuropas sind ihrem inneren Bau nach alles andere als Nationalstaaten, sondern -um Teil höchst unglückliche Nationalitätengebilde, die noch schlimmer daran sind, al« der einstige Habsburger Staat, weil ihnen das zusammenfassende Band der ge schichtlichen und dynastischen Ueberlieferung fehlt. Auch in tzüdslawien. ein Land, in welchem übrigens auch das deutsche BevölkrrungSelement bedeutsam vertreten ist, ent- wickelt sich die inner« Gegensätzlichkeit der Nationalitäten immer mehr zu einer politischen Krise. Neben den Serben sind di« Slowenen und Kroaten vertreten.' Die Regierung in Belgrad, verkörpert durch den Ministerpräsidenten und Führer der sogenannten radikalen Partei, Pasitsch, hat das Bestreben, den Staat straff einheitlich von der Hauptstadt au« -u verwalten. Am entschiedensten lehnt sich dagegen die kroatische Partei unter Führung von Raditfch auf. Radttsch wünscht die Verfassung der Staaten in Richtung einer föderativen Republik umzubauen. Die Stärke seines Anhanges erlaubt es ihm, mit äußerster Schärfe gegen die Belgrader Regierung aufzutreten. Die letzten Skuptschina- wählen brachten für Pasitsch nicht die Möglichkeit der Bildung einer Koalitionsregierung. Nach mehrfachen ver geblichen Versuchen in dieser Richtung hat sich Pasitsch nun zu einer von Raditsch stark befehdeten Parteiregierung entschlossen. Die Deutschen, die zum ersten Mal al« Partei aufgetreten sind und acht Sitze erhalten haben, verfolgen unter der Führustg des Dr. Krafft eine Politik, die sich grundsätzlich von den innerstaatlichen Problemen fernbält und in erster Linie die Sicherung der deutschen Kultur erstrebt. Al« loyale Staatsbürger halten sie sich der Raditschopposttion fern, unterstützen die Regierung jedoch nur, soweit «S ihre» kulturellen Interessen entspricht. Auf kulturellem Gebiete liegt im südslawischen Staate für die Deutsche» viele» im Argen. Das deutsch« Schulwesen ist völlig »rrftört worden. Die blonden Schwabentinder «oii und slowenischen Lebrern und Politik und Wirtschaft? , atenn man die Noten und Willenskundgebungen ^«uw land» auf d«r einen Sette. der Entente und ihre« Krieg«, nner« Frankreich auf der anderen Seit«, in Bezug auf Ton und Wesensart vergleicht, fo ist man in Deutschland in einem gewissen Gekübl der Selbstzufriedenheit gern geneigt, den -sachlich vernünftigen" Ton der eigenen Regierung, der „Unsachlichkeit" der Gegner gegenüber zu stellen. An« dieser sehr verbreiteten Beurteilung dieser Lage, die melttenteil« noch von frommen Wünschen in Richtung eines »Siege« d«r Vernunft" begleitet ist, spricht die ganze tragische Falsch- einftellung Deutschland« zu den schicktalschweren Fragen der Gegenwart. Die öffentlsshe Meinung in Deutschland und besonders die politikbestimmenden parlamentarischen Kreise stehen unter der Suggestion, al« lebten wir beute tm Zeit alter der alle» beherrschenden Wirtschaft, die letzten Ende« dem, was man politische Unvernunft nennt, gegenüber sich durchsetzen müsse. Bereit« vor dem Kriege herrschte diese Welt» ischauung insofern, al« man an« wirtschaftSvernünf- tigen Gründen einen Krieg überhaupt für unmöglich hielt und die Äugen gegenüber der systematisch geförderten Ein- kreisungsvolitik unserer Gegner verschloß. Die berühmten Sachverständigen hatten berechnet, daß e« wirtschaftlich ganz unmöglich sei, daß ein Weltkrieg länger als etwa ein halbe« Jahr dauern könnte und batten diese Berechnung mit ae- nauen statistischen Unterlagen belegt. Der Weltkrieg hat über vier Jahre gedauert, die ivirtschaftltch groteske Unver nunft de« Versailler Friedens ist Tatsache geworden, und Immer glaubt man noch an die Allmacht der sogenannten Wirtschaft. In den breiten Massen wird diese Anschauungs weise von der materialistische» Weltanschauung des Marxis mus genährt. In den sogenannten Oberschichten setzt sich der Einfluß der Börsen- und Jndustriekreise meinungs bestimmend durch. So bat denn Jahr um Jahr, Note um Note, Demütigung um Demütigung an die Kraft der Wirt- schäft geglaubt. Unsere Feinde haben sich diese irrtümliche Einstellung zunutze gemacht. Politik und nichts als Politik spricht aus jeder Kundgebung der Pariser Machthaber. Politische Ziele verfolgt Frankreich in erster Linie, Ziele wie sie in vielhundertjähriaer Ueberlieferung Deutschland zum Leide erhärtet sind. Nur dürftig konnte die Umhüllung dieser Ziele mit dem Reparationsmäntelchen den Wahrheits kern verbergen. Als allen wirtschaftlichen Erfüllungsbemühungen Deutschland zum Trotz der Ruhreinwarsch erfolgte, da zer riß für einen Augenblick das Gewölk. In jäher Enttäuschung flammte ganz Deutschland auf. auch in den Kundgebungen der Regierung kam eine politische Auffassung der Lage zum Ausdruck. Marx erkannte, daß Frankreich zunächst einmal seine politischen Pläne, die in der Zerreißung und Zerstörung Deutschlands besteben, durchsetzen will. Die wirtschaftliche Macht wird sich, das hat die Weltgeschichte bewiesen, im Gefolge der politischen Macht dann einstellen. Ein jeder Wehr- und WillenSmöglichkelt beraubtes deutsches Volk wird, so hofft man in Paris, unter Verzicht auf ein nationales Eigenleben willig Fron- und Sklavenarbeit leisten, sodaß auch die französische Wirtschaft, das Comits des ForgeS, auf ihre Kosten kommen wird. Alle deutschen Noten tragen das Gepräge des geheimrätigen Büros. Sie sind verständig und sachlich. Es fehlt ihnen der volitischeUnterton, dasRethorische, bas drüben Echo weckt. Ebenso wie man, um den Gegner milde zu stimmen, auf die Herausarbeitung der Grundfrage umeres Schicksals, auf die Erörtermig der Schuldfrage ver- vatet, hütet mgn sich auch mit Unterstreichung der franzö sischen Brutalität auf das politische Kernproblem dessen «inzugehen. was man, im Bann der französischen Propa ganda, immer rwch Reparationsfrage und nicht Kontributions frag« nennt. Es ist kein Zufall, daß einer der geistvollsten Brrtreter des neuen Deutschland das Wort geprägt hat, „die Wirtschaft ist unser Schicksal", in bewußter Umdrehung der alten Wahrheit: „die Politik ist unser Schicksal". Also sprach der größte Sohn des uns auch heute als Todfeind geg»u2Ler stehenden Volkes, Napoleon Bonaparte» Die neue deutsche Note. , Der „Welt am Montag" wird von unterrichteter Sette mitgeteilt, daß der Reichskanzler jetzt aus England eine persönliche Information erhalten haben soll, die es ihm ermöglicht, eine Note zu formulieren, bei der er von vorn herein der Zustimmung Londons sicher sein zu können glaubt. Sie soll keine präzisen Angaben über dir Höhe der deutschen Zahlungen enthalten, d. h. weder die Gesamtsumme nennen, noch die Annuitäten, zu deren Leistung man gründ- südlich bereit ist, fixieren, sondern alle Einzelheiten, die die Höhe der Verpflichtungen und den Zahlungsmodus anbe langt, den Entscheidungen der interalliierten Sachver ständig«» überlassen. Infolgedessen soll die Harmonie in der Arbeitsgemein, schäft gestört sein, da einige der in Betracht kommenden Gruppen den Wert der englischen Information hoch genug ttnschätzen, um auf weitere Versuche zur Beeinflussung des Kabinette» in der Richtung nach der Formulierung eine» bestimmten ZahlungSangeboteS zu verzichten. Die übliche Sonntagsrede Poinenrös. Bei der gestrigen Einweihung eines amerikanisch-fran zösischen Kriegerdenkmals in Chaumont verlas der Pariser Botschafter der Vereinigten Staaten «inen Brief des Präsi denten Harbins, worin eS heißt: »Mit großer Freude habe ich den Botschafter gebeten, unsere Regierung bei der Ein weihung des Denkmals auf der Stelle, wo die Söhne der Vereinigten Staaten Seite an Seite mit den heldenhaften Söhnen der vereinigten Länder gekämpft und wo sie ihr Höchstes für die Sache der Freiheit eingesetzt haben, zu ver treten. Möge diese Freundschaft, die erneuert wurde, als die Amerikaner auf französischem Boden für die menschliche Freiheit kämpften, andauern und mit den Jahren sich ver stärken und möge das wiedererstandene Frankreich für immer vom Glücke begleitet sein." — Der amerikanische Botschafter hielt hierauf eine Ansprache, in der er sagte: „Es gilt jetzt, die gigantischste Friedensschlacht zu liefern, von der die künftige Ruhe der Welt — nicht nur der Sieger, sondern auch der Besiegten! — abhängt." — Poincars, der danach sprach, sagte: „Als wir in das Ruhrgebiet einrückten, hat Amerika nicht einen Augenblick lang daran geglaubt, daß wir und unsere belgischen Freunde einem Eroberer wahnsinn verfallen könnten. Mit seiner bewundernswerten praktischen Erkenntnis hat eS sich vielmehr gesagt, daß wir ein Recht hatten, uns vor allem auch aus uns selbst zu stützen, wenn wir den Vertrag zur Erfüllung bringen wollten-, und daß für eine Nation das beste Mittel zum Erfolge und zur Gewinnung der Achtung der anderen Völker das ist: zu wissen, was sie will! — Die Amerikaner würden eS nicht verstehen, daß Frankreich, das bei der dauernden Arbeit für den Frieden (!) nicht die Mitwirkung sand, auf die e» gehofft batte, zögern würde, in den Grenzen des Vertrage» die nötigen Schritte zu ergreifen, um Deutsch land zur Einhaltung seiner Verpflichtungen zu zwingen." Deutschland müsse sich unterwerfen. Auf dem Kongreß der Demokratischen Vereinigungen des Departements Lorr« Jnferieure in Nantes hielt Briand eine Programm rede, in der er die äußere Politik während seiner Ministerprästdentschaft zu recht fertigen suchte. Der Versailler Vertrag, so er klärte er, habe das Vorgehen der Alliierten solidarisch ge staltet, wie es auf den Schlachtfeldern der Fall gewesen sei. Nach dem Friedensschlutz aber hätten tue Interessen der Alliierten ausemandergehcn müssen, und die Aufgabe sei dadurch schwierig geworden. Las erste, worum es sich 1921 handelte, stt die Festsetzung der feindlichen Schuld gewesen. Bis zu dem im Versailler Vertrag vorgesehenen Datum des 1. Mai habe man sich in vergeblichen Be mühungen um die notwendige Einigkeit erschöpft. Schließ lich sei dann die Ziffer auf 132 Milliarden Goldmark fest gesetzt worden. Wer werde heute zu behaupten wagen, daß das eine unbedeutende Ziffer sei? Dann sei es darauf ange kommen, Deutschland zum Zahlen zu bringen. Lurch die Besetzung von Duisburg und Ruhrort habe er, Briand, die Schlüssel des Ruhrgebiets in seine Hand gebracht. Der ehe- malige Ministerpräsident führt dann nach dem Havas- bericht aus, daß seine Politische Auffassung darauf abzielte, Frankreich inmitten seiner Alliierten nicht zu isolieren. In diesem Bestreben sei er auch in Einklang mit den in der Kammer angenommenen Tagesordnungen gewesen. Er sei dieser Politik getreu geblieben, weil er die Ueberzeu- gung habe, daß es die einzige sei, die mit den Interessen des Landes zu vereinbaren sei. Nach einem Hinweis auf die Regelung deroberschle- kischdnFraoe erklärte er, im Jahre 1921. als Deutsch- land ein Ultimatum gestellt wurde, habe er die Besetzung des Ruhrgebiets unter tätiger Mitwirkung aller Alliierten ins Auge gefaßt. Briand erinnerte daran, daß Deutsch land im Jahre 1921 alle Zahlungen und Sachleistungen bewirkt habe. Er habe durch Louchcnr den Vertrag mit Rathenan abgeschlossen. In Verbindung damit ging Briand auf die Politik ein, die er auf der Konferenz von Cannes habe dnrch'iihrcn wollen. Tie damals von der Presse veröffentlichten Berichte seien entstellt gewesen. Was Frankreich vor allem beschäftigen müsse, sei seine Sicherheit. Dieses Programm habe er stets vor Augen gehabt, nnd er glaube, daß man es mir Hilfe internationaler Kombinationen lösen könne. Die Nl>«in- grcnze biere nach seiner Ansicht nnr dann Sicherheit, wenn sie die gemeinnützige Grenze Frankreichs, Eng lands ünd Belgiens werde, und wenn die drei Län der sich zu einem Garanticoakr vervflichteten, sie reivet- ticren zn lassen. Im übrigen Eucova habe er an eine» Pakt gedacht, durch den man sich gegemcitig verpflichte» sollte, einander nicht anzugreifen. Außerdem habe er zusammen mir Italien eine Reil>e von Bündnissen ichasfcn wollen, die mit Unterstützung des Völkerbundes die Welt vor dem Kriege gesichert hätte. Die so abgeschlos senen Allianzen hätten die weltliche Macht des Völterbundes gebildet, wenn er nicht befähigt sei, seine Entschließungen effektiv zn gestalten. Als er nach Eanncs gegangen sei, habe er die Hoffnung gehegt, ein Abkommen in diesem Sinne zum Abschluß zn bringen. Er habe aber auf seinen Plan verzichten und während der in Paris herrschenden politischen Atmosvhärc seine Demission emreichen müssen. Er beglückwünschte sich, daß er sich dann von der ersten Stunde an in den Dienst der Regierung Poincars gestellt und sie unterstützt habe. Er hoffe, daß das jenseits des Rheines verstanden und Deutschland begreifen werde, daß es sich unterwerfen müsse. Nach einem allgemein gehaltenen Ueberbltck über die internationale Lage berief sich Briand auf das französische Sprichwort: An Geldwundcn stirbt man nicht! Wenn in Europa der Friede gesicher^wäre, wißrdcn die Völker, die Geld besäßen, imstande sein, das wirtschaftliche Gleich gewicht der Welt wiederherzustellen. Es werde eine Stunde kommen, in der das deutsche Volk sich seiner Lage bewußt werde, in der Sicherheitsmaßnahmen getroffen und in der die Verhandlungen wieder ausgenommen und zu Kombinationen aus gemeinsamer Grundlage sührey würden. . -Vts Brüsseler Besprechungen zwischen PoincarS und den belgischen Ministern TheuniS und Jaspar werben am kommenden Mittwoch-Nachmittag 2 Uhr beginnen. Pvin- carö wirb von dem Finanzmtnister de Lasteyrie und dem Ar- beitsminister Le Trocquer begleitet sein. Außerdem werden sich General Degoutte und der Borsitzende der Interalliierten Rhetnlandskommission, Tirard, in Brüssel einfinden. Man nimmt an, daß die französischen Minister am nächsten Tage wieder nach Paris reisen werden. Siu Berwaltuugsrat für die wirtschaftliche Aus, beutuug des Rnhrgebietes. Die Brüsseler Besprechungen werden an die belgische Denkschrift anknüpfen, die am Quai d'Orsay seit einigen Tagen studiert wird. Es handelt sich darum, einen Bcr- waltuugsrat für die wirtschaftliche Ausbeutung des Ruhr gebietes zu schaffen: außerdem ein Mtndestprogramm aus zuarbeiten, das den zu erwartenden neuen deutschen Vor schlägen unverzüglich entgegengehalten werden kann. Ein «euer belgischer Plan? Der Berliner „Montag-Morgen" veröffentlicht einen neuen belgischen Plan, den die „Sunday-Timcs" wieder geben, und der die folgenden drei Punkte als wesentlich be zeichnet: 1. Deutschland hätte an Frankreich 8V Milliarde» Gold mark und an Belgien fünf Milliarde« Goldmark zu zahlen. Diese Summe wäre ganz für die Reparationen bestimmt. Italien und die Balkanstaaten würden nach dem belgischen Plane von Deutschland nichts erhalten, sondern hätten sich mit der Annullierung ihrer Schulden gegenüber Frankreich, Italien nnd Amerika zu begnügen. 2. Deutschland würde den Betrag an Großbritannien zu zahlen haben, der nötig ist, um dessen Verpflichtungen gegen über den Vereinigten Staaten zu decken. .1. Deutschland lvürde sich verpflichten, diejenigen Summen zu bezahlen, die notwendig sind, um die fran zösischen Schulden gegenüber den Vereinigten Staaten zu konsolidieren. Teilweise Verständigung zwischen Paris nnd Brüssel. Der Brüsseler Korrespondent des „Echo de Paris" be richtet zu den bevorstehenden sranzösisch-belgischen Be sprechungen, das Brüsseler Kabinett stehe auf dem Stand punkt, daß es diesmal nicht mehr angebracht sein werde, die neuen deutschen Vorschläge mit einem Plaidoycr zu be antworten. Wenn die Vorschläge dieses Mal als unannehm bar befunden würden, so würde man sie nach Ansicht der belgischen Negierung durch Gegenvorschläge bekämpfen müssen, die so klar nnd so praktisch wie möglich sein müßten. Wenn auch die belgische Negierung, so fügt der Korre spondent hinzu! in der Besetzung des Nuhrgebietes ein >-> ">' Lehrerinnen, ohne Rücksicht auf ihre Muttersprache und Art, unterrichtet. Die Bildung von Privatschnleu ist durch ge setzliche Bestimmungen unmöglich gemacht. Der Wahlkampf selbst ist gegen die Deutschen mit stärkstem Terror geführt worden. Bombenanschläge auf deutsche Zeitungen, wie das „Deutsche Volksblatt" in Neusatz und Attentate ans deutsche Politiker waren an der Tagesordnung. Hier mnß Wandel geschafft werden.
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