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vermischte». Furchtbar«» vrandunglück — mehrere Versvnen und viele» Vieh in den Flammen umgekommen Da» Gut und die Gemeinde Reptow im Regkrrung»be»irk KüSttn sind von einer schweren Yeners« brunst betmgesucht worden. Der Brand war am dem Gut entstanden und «scherte, schnell «mstchgreifend, die Stallgebaude, die Häuser dreier GutStagelöknec und dreier Vesitzer der Gemeinde vollständig ein, Auch da» neue Schulgebäude wurde in Mitleidenschaft gezogen. Bei der Bergung ihrer Habs sanden der 70 Fahre alte Tagelöhner Nutzen und seine Ehefrau den Tod in den Flammen. Im Gutsstalle sind 78 Schweine umgekommen. Der Schaden geht in die Hunderte von Millionen. Ein mutmaßlicher Brandstifter ist verkästet worden. — Bet einem »weiten vrandunglück InKolberg fingen die Kleide- eine» zehn- jährige» Mädchens Feuer, al» es für leine Geschwister Wen kochte. Da» Kind ist lernen Brandwunden erlegen. Letchensund bei Wilhelmsburgs In einem Wasserlauke bet Wilhelmsburg unweit Hamburg wurde gestern die Leiche eine» gutg-kleideten etwa 25 Jahre alten Mannes ausgesunden. Der Kopf wies 17 Messerstiche aus. Um den Hal» befand sich ein Strick, an dem ein großer Stein befestigt war. Da der Tote noch ern 'n Teil seiner Wertsachen bei sich trug, ist man über den Beweggrund der Tat völlig im Unklaren. Ein Zwischenfall im Hamburger Hafen. Ein Vorfall, der möglicherweise noch zu Weiterungen Ver anlassung gibt, hat sich un Hamburger Hasen zugetranen. Dort sollte ein Arbeiter, der wegen einer strasbaren Hand« lung verfolgt wurde, auf einer Fähre deS Hafen» sestge- nommen werden. Der Arbeiter fand aber Unterstützung in der Menge, die den Beamten zurückdrängte. Der Be amte drohte, von seiner Waffe Gebrauch zu machen, und gab auch, al» die Meng« ihn Wetter bedrängte, «inen Schutz ab, der den Arbeiter Karl Ilgen in den Leih traf, so vag er tot zusammenbrach. Die Menge überwältigte den Polizisten, entriß ihm den Revolver und gab aus den Entwaffneten mehrere Schüsse ab. Der Beamte wurde vor- läufig von seinem Dienst enthoben. Ohne das Ergebnis einer Untersuchung des Vorfalls abzuwarten, hat nun die Hafenarbettcrschaft beschlossen, an den Polizeipräsidenten von Hamburg die Forderung zu richten, die Hundertschaft, welcher der Polizist, der den Schuh abgab, angehört, so- fort aufzulösen und neu zusammenzustellen, und zwar au» Personen, die dem Geist der Hafenarbetterschaft ver ständlicher geaenüberstehen (!). Würde dies« Forderung nicht erfüllt, so könne die Arbeiterschaft kern« Garantie über- nehmen, daß nicht Zusammenstöße zwischen den erregten Arbeitern und den betreffenden Polizerbeamten statt fänden. Selbstmord einer BraAt vor dem Trau altar. In der katholischen Kirche von Lindau am Boden see wurde dieser Tage tue Trauung eines 22 sährigen Mäd chens mit einem viel älteren Mann vorgenvmmen In dem Augenblick, als der Geistliche die Braut fragte, ob sie in die Eheschließung einwillige, antwortete diese mit lauter Stimme: „Nein. Ich liebe einen anderen Mann, meine Eltern wissen es. Lieber sterbe ich, als diesen Mann da zu heiraten." Bei diesen Worten holte sie aus einem Etui, da» sie unter ihrem Blumenbukett verborgen gehalten hatte, einen Revolver hervor und feuerte ihn auf sich ab. Tot brach sie vor dem Traualtar zusammen. Die Bevölke rung des Ortes veranstaltete eine Demonstration gegen die Eltern des Mädchens. Morphiumtod eines Liebespaare». In einem bekannten Hotel in Baden-Baden mieteten sich die 18 Jahre alte Tochter eines Stadtrats und ein 20 jähriger Hotelangestellter ein Zimmer und bezogen es, olure irgend welche Weisungen zu geben. Am andern Morgen und auch in den Vormittagsstunden ließen die jungen Leute nichts von sich hören, ebenso erfolgte auf wiederholtes Mop,en keine Antwort, so daß schließlich die Tür von einem Schlosser geöffnet werden mußte. Das Mädchen war tot. der junge Mann gab noch schwache Lebenszeichen von sich, starb aber später im Krankenhaus. Die Untersuchung ergab, daß sich beide mit Morphium vergiftet hatten. Als Grund gilt Liebesgram. , . Turnen, Sport und Spiel. Der Riesaer Sportverein veranstaltet am Karfreitag »roße »leichtathletische Wettkämpfe". Am Bormittag finden ote Bor- und Zwischenläufe statt, während am Nachmittag von 2 Uhr ab die Entscheidungen in den «inzrlneii Wett- bewerbenziim Antttrag kommen. Vorzüglicher Sport steht »n ermarten. Zn den l« Wettbewerben haben bl» beut« >K4 Wettkämpfer iu»g«samt 278 Meldungen abgegeben. Veste mitteldeutsche Sportsleute hoben gemeldet. E« seien nur kolgeude aeuaunt : Berthold <CVC >, der mitteldeutsche Dreikanipfmeister, Ublmaun (Jahn-Magdeburg, der mittel« hentsch« 200 m.Meifter, Etrößenreuter lJabn-Magdebura), Gebrüder Schiller (Lrlpziaer TC), K. Müller, Betbge lNational-Ebemnltz) «sw. Selbst das weitbekannte deutsche Vtekordläuferpaar Biiumel-Brand vou »Sachse» 09" im CVC. bat sein Kommen zugesagt. Auch tu den Damenwett- bewerben werden heiße Kämpf» geliefert werden. Hier gebt Frau Cülderer von National Chemnitz rin vorzüglicher Ruf voraus. Zahlreiche Jugendliche werden am Start erscheinen. Die vielen Sportler werden in ihrer verschieden farbigen Kleidung rin herrliches buntes Bild biete». Im Interesse der Teilnehmer und der hoffentlich sehr zahlreichen Zuschauer ist dem Veranstalter solche» Wetter zu wünschen, wie «» di» letzten Tag« auszuweise» hatten. V-Ikswirtschaftliches. Abbau der AuSfubrabaabe. Im HanptauSschuß de» Reichstag sind bei der veratung de» Haushalt» de» Reichs» wlrtschaftSministerium» drei Anträge angenommen worden, in denen di« Neichsregieruug ersucht wird, di« in den Au«- fuhrabgabrn siir den Export liegenden Hemmnngr» unver züglich abzubaurn. Ware», deren Gestehungskosten den Weltmarktpreis erreicht haben und deren JnlandSabsatz Not leidet, sollen auf die Aussubrsrellistr gesetzt werden. Der sofortige allgemeine Abbau der Ausfnhrabgabe soll durch eine zentrale Maßnahme herbeigeilihrt werden. - Herabsetzung der Kohlenpreise und Kohlenftener«. Nach längeren Verhandlungen haben gestern der ReichStohlen- verband und der Große Ausschuß des RetchStohlenrateS be schlossen, zur Förderung des allgemeinen Preisabbau«» tu den Bezirken Oberschlesien, Nicd-rschlesien, Dachsen, Obern kirchen, Büren und Bayern die Netto Durchschnittspreise für Steinkohle, bezw. Fettkohle um 8000 Mark und im Be zirke Bardinghausen nm 2lM Mark je Tonne herabzusetzen. Die Nettopreise für Briketts wurden in Mitteldeutschland um 5lX>a, in Bayern um 2009 Mark herabgesetzt, während die Preise für Nohbraunkohle in Mitteldeutschland um 1!)V0 und tn Bayern um 1100 Mark je Tonne ermäßigt wurden. Die Preisherabsetzung konnte nach Lage der Dinge nur im un besetzten Gebiete vorgenommen werden. Die für heute zu erwartende Ermäßigung der Kohlcnsicuer von 40 auf 30 Pro« zent, also um ein Viertel, wird selbstverständlich für baS ganze Reichsgebiet erfolgen. Preisabschlag für Schokolade. Die Interessengemein schaft deutscher Kakao, und Schokoladen-Fabriken beschloß, den Preis für die Tafel bester Schokolade von 2100 aus 1700 Mark und für Kakaopulver von 21400 bezw. 15 800 auf 17400 bezw. 18 000 Mark herabzusetzen. Preisrückgang tn Schlachtvieh. Wie aus München ge meldet wird, trat dort am Freitag auf dem Schlachtvieh markte ein starker Preisrückgang ein. Do mußte ein Münch ner Viehhändler ein Paar Ochsen, die er mit 0 080 000 Mark gekauft hatte, mit 8 401500 Mark wieder verkaufen. Tie übrigen Preisrückgänge äußerten sich ähnlich. Die Bekämpfung der drohenden Arbeitslosigkeit. Der NeichsarbeitSminister Dr. Branns hat kürzlich in einer Konferenz mit Industrie- und Handwerkvertrrtern in Bade» darauf hingewieseir, daß der wirtschaftliche Abwehrkampf um die Ruhr vielleicht noch nicht einmal seinen Höhepunkt er reicht habe, jedenfalls aber noch Monate dauern könne. Dr. Braun» ist der Ansicht, bah Deutschland finanziell in der Lag« ist, den Kampf noch sehr lange weiterzuführen. Da gegen hält er es für notwendig, durchgreifende und groß zügige Maßnahmen zur Bekämpfung der drohenden Ar beitslosigkeit zu treffen. Hier vertritt der ReichSarbeitS- minister den sehr vernünftigen Standpunkt: Lieber Arbeit als Arbeitslosenunterstützung. Die Neichsregierung plant deshalb großzügige Bauten zur Linderung der Arbeits losigkeit zu unternehmen. Insbesondere handelt es sich dabei um Bauten, die gleichzeitig auch der Verminderung der Woh- nungsnot und der Förderung des Baugewerbes diene« sollen. Natürlich kann das Reich allein, besonders in Aw betracht seiner bekannten ungünstigen Finanzlage die Niesen aufgaben, die durch den steigenden Umfang der Arbeitslosig keit gestellt werden, nicht lösen. Länder und Gemeinden müssen sich entschließen, diese großen Pläne ber Reichs regierung auch ihrerseits nach Kräften zu fördern. In Preußen, dem größten der Länder, ist man hierzu bereit. Tie preußische Regierung will tn nächster Zeit mit dem Bau staatlicher Großkraftwerke beginnen. Außerdem sollen große Hafenbauten und Anlagen in Königsberg, Geestemünde, Stettin und vielleicht auch tn Kiel tn Angriff genommen werbe«. Alle dies« öffentlichen Arbeiten sollen systematisch in den Dienst ber ArbeitSlosensürsorg« durch produktiv« Arbeit gestellt werden. Die Kosten tvill Preußen durch eine große Anlethe decken, die bald nach Ostern zur Ausgabe ge- langen soll und deren Verzinsung variabel sein wird, d. h. ber Ztn-sutz wird Immer zwei Prozent weniger als ber jeweilig« NelchSbankdiSkont betragen. Man hofft, bet einem gute» Erfolge ber Anleihe eine große Reihe öffentlicher Ar beiten durchführen zu können, bte alle ber Bekämpfung ber Arbeitslosigkeit dienen sollen. Marktbericht«. Di« amtlich notierte» Preis« waren an der Berliner Wrodnklenpörs« pro 50 K« ab Station: Weizen, märkischer 41000 - 42000, schlesischer 41000. Gefragt. Noaaen. märkischer 89000. Ruhig. Sommeraertt», märkisch» 31000 bi» 32000. Unverändert. Hafer, märkischer 30000—3l000, pommerschrr 28506 — 80000. Ruhig. Mai« loko Berlin 41800—48000, waggoufrri Hamburg 38000 — 39000. Etwas fester. Weizenmehl pro 100 kg 114000-122000. Feinste Marken iiber Notiz bezahlt. Ruhig. Moagrnmehl pro 100 kg 1O2OOO-1I2OOO. Ruhig. Weizenkleie 19000, Moaaenklile 21000. Still. Raps 80000. Still. Leinsaat 80000. Still. Erbsen, Viktoria «0000-65000, klein« Epeisrerbscn 40000 - 45000. Peluschken 55000 - 65000. Ackrrbobne» 30000-35000. Wicke» 55000-65000. Lupinen, blaue 45000-50000, gelbe 60000-80000. Serradella 70000—90000. Rapskuchen 25000. Leinkuchen 50000. Trockenschnitzel 11500—12000. Vollwertige Zucker- 'chnitzel 17000-18000. Torsmelasse 30/70 12000. Kartoffel flocken 16000-17000. Brauner Rehpinscher mit weißer Brust, auf den Namen „Fiffi" hörend, ab- Händen gekommen. Abzu- geben gegen Belohnung Hanptftr. SS. Art««-!. sackreS Minter Umer — Nähe Bahnhof — zu miete« gesucht. Angebote unt. 6 v 145» an daS Tageblatt Riesa. Jg.Herr sucht sof.od.I.Apr. M. Will, zimmer od. Schlafstelle. Oss. unt. v 6 >48 NN Taaebl. Riesa, LSer tweriittzr mir Zimmer auch unmöbl., m. Klavier, für ganz oder einige Tage der Woche. Käte Mohn. Anaek. an das Tabl.Riesa. Einige Fabrradtrite z. ok. Eichler, Gröba, Strehlaer Straße 15. 4—6 nachm. Gskemnnämasliiing. Am zweiten Ofterfeiertag vormittags 11 Uhr sollen in Glanbitz (neben der Glasfabrik) die Nachlatzgegenftände der Frau verw. Kockisch ver- steigert werden. G l an b i tz , 27. 3. 1923. Der Vormund. Ein« bestens bekannte, leistungsfähig« Schotolaven-Gl otzhmidlnng sucht siir Riesa sowie Umgebung bis ungefähr Lommatzsch, Oschatz, Elsterwerda »inen tüchtig. Herrn al» Selbiger muß über einen Raum ver» fugen, da die Uebernahme eine» Lagers unbedingt erforderlich ist. Herren, die ihre guten Beziehungen zu der Kundschaft wie Schokol.-Gesch„ Bäcker, Konditor, Kantinen, Ein- kausSoereinigungen usw. nachweisen können und denen an einer Dauer stellung gelegen ist, wollen ausführ liche Eilangebote rinreichen unter 4.889 an Ala, Haasrnstein u. Vogler > Dresden 1. —— IllMll R R HINllMk eß» Wlmmmmr» Vmgsdlwtztz«, «all» iwme» »okan Ammtz» gmd» dsmtz» Wvwerkbureg. — »vkluk ffün chi» Omtzmi-Nn. Soanmdmmiß vonen-G Uke». Stolze Herzen. ' Roman von Alfred Sassen. Nachdruck verboten. " Die Komtesse war offenbar ihrer Wärterin oder der beaufsichtigenden Gouvernante entwicht. Und sie freute sich königlich des gelungenen Streiches und war sichtlich ent schlossen, ihn nach Kräften auszubeuten. In der Allee, die vom Schloß geradeaus auf das kunstvolle schmiedeeiserne Tor des Parkgitters zulief, huschte sie gewandt und schmieg sam von Stamm zu Stamm, in ihrem weißwollenen Kleidchen einer großen Schneeflocke vergleichbar, die sich harmonisch einfügte in das makellose winterliche Dezember bild der Natur. In dem frischen Gesichtchen der kleinen Ausreißerin, dessen energischer Schnitt durch das seidige, blonde Gelock mädchenhaft gemildert ward, zuckten alle Geister lo»- aebundenen jugendlichen Unternehmungsmutes. Rasse sprühte daraus, die einmal selbstherrlich tun wollte, wa» ihr beliebte. Im Park kannte die kleine neunjährige Komtesse jeden Fußbreit Wege», jeden seltenen Baum, all die hübschen Spielereien der Grotten und Brücken über winzige Ab gründe, jede» Postament mit der darauf thronenden Schön heit sagenhafter Göttlichkeit. Sie wollte einmal hinaus au» dem PLrk, tn die Dorftvelt, in die Freiheit, durch die sie sonst immer nur im Wagen htnfuhr, deren köstlicher Atem sie nur an der Hand der Gouvernante streift«. Heute wollte sie allein mitten hinein, dahm und dorthin, wie e» ihr gut dünkte, recht» und link», wohin «S sie zog. Jetzt stand sie hinter dem letzten Baume der Allee und spähte mit den großen grauen Augen zurück, ob jemand die Freitreppe de» Schlosse» herabkomme, um sie »u suchen. Nein, niemand wurde sichtbar, auch an keinem der Fenster. Man hatte sie also noch nicht vermißt. Nun aalt e», die größte Schwierigkeit »u überwinden — da» Oeffnen de» schwerveweglichen Gittertores war für ihre kleinen Hände eine Arbeit, deren Gelingen nicht von vornherein sicher war. Und diese Arbeit mußte möglichst schnell und geschickt getan sein. Denn an dem Tordrücker hängend, der di« Form einer märchenhaften Blume hatte, »«ihre Gestatt vom Schloß aus unverdeckt beobachtenden vsicken pret-gegeben. Man konnte l»e gewahren und von nlllLich erreichte, Schwelle tz« lockend«. Sretb-tt zurückholen in das Schloß, dessen prächtige, wohlig durch wärmte Gemächer ihr in diesem Augenblick lebhaftester Erregung ein Gefängnis dünkten. Mehr einem Instinkt als zielbewußter Ueberlegung folgend, nahm sie einen Anlauf und flog in kübnem Schwung gegen den Drücker, das kalte Metall irampfhast mit beiden Händchen umspannend. Sie blieb Siegerin. Ein lustiges Aufschnappen des Schlosses, gleichzeitig em Rück wärtswerfen ihres kleinen Körpers — und der Weg stand offen für ihren Frciheitsdurst. Ohne sich noch einmal umzusehen, schlüpfte sie durch den Türspalt und sprang davon. — Ach, schien hier draußen die Sonne nicht Heller als innerhalb des Park- gitters? Und der Himmel droben so unendlich blau, die Schneeflächen so weit hmgedehnt, der Wind so lustig aus vollen Backen blasend! Und vor allem — kein überwachendes Augenpaar ihr zur Seite, kem ermahnender Mund, der dato bieS, bald jenes an ihr auszusetzen hatte! Und doch wünschte sie in ihrer tollen Laune einen Augenblick, Mademoiselle Pmguet, ihre Gouvernante, er schiene dort in der Türöffnung. Dem Gebot, zurückzukehren, hätte die kleine Komtesse nicht gehorcht, aber mit beiden Händchen hätte sie tn die köstliche Schneewoll« gefaßt und Bälle daraus geformt. Und mit diesen Bällen hätte sie nach der Adlernase de» Fräuleins gezielt, vielleicht auch nach ihrem Munde, der gewiß gerade offengestanoen, vor Ent rüstung oder Schreck — und ein Ball von mäßigem Um fang wäre beauem durch diese Oesjnung hindurchspaziert! Der kleine Uebermvt mußte bei dem Gedanken, den zu einer Strasrede geöffneten Mund Fräulein Pmguets durch einen wohlgezielten Schneeball zu schließen, nein, zu ver stopfen, laut auflachen! Sie lief Wetter, nicht in das Dorf hinein, sondern m der Richtung auf einen Teich zu, auf dessen Eisdecke sich gestern, während sie mit Mama im Schlitten vorüberge- fahrcn war, die Dorfjug.nd lustig schrei nd umh.rgemmm lt hatte. Diese spiegelglatte Eisfläche zu betreten, das war doch noch etwas! Da gehörte doch ein wenig Mut dazu, denn darunter befand sich tiefe-, dunkle» Wasser, während ihre ausgegossene Scbltttichuhbahn im Park ebenen Gras boden als ungefährlichen Untergrund hatte. In dem dunklen, tiefen Teich, der so einsam am Waldrand lag, sollte sogar ein Wassergeist Hausen, den lange», weißen Bart von arünem Sam ourchilockterr. Dre kleine Komtesse mit ihrem klaren, energischen Köpfchen hatte Stunden, wo sie gar nicht so recht an die Wasser- manngcschichte glaubte, „denn eigentlich können doch nur Fische im Wasser leben". Und namentlich letzt im Hellen, Vormittagssonnensckein reizte es sie, das Eis zu betreten, mit ihren kleinen Absätzen da und dort anzuiiopsen und herausfordernd zu rufen: „Du da unten, Wassermann du, wenn du wirklich da bist, so antworte doch, rufe höflich „Herein!" und zeige mir, was es Schönes m deinem Hause gibt!" Der Wald drüben stand in weißleuchtendem Glanz. Um die schlanken Tannen schwebte schon jetzt das wunder same Geheimnis der nahen WeihnachtSverkünoigung. Die kleine Komtesse hatte jedoch keine Augen für den schimmernden Wald, kein Ohr für seine beredte Sprach«. All ihr Denken und Sinnen war der glitzernden Eisfläche dort zugewandt. Nur ein paar Krähen spazierten daraus umher. Die stampfenden Füße der Dorfjugend wurden wohl noch in der Gemeindeschule zurückgehalten, wo sie in Erwartung der winterlichen Genüsse, die ihrer vor der Schwelle harrten, gewiß ein wenig ungeduldig scharren mochten. Die kleine Ausreißerin wußte im ersten Augenblick «ich! recht, ob sie enttäuscht sein oder sich freuen sollte über di« vollkommen leere Eisfläche. Sie hätte ganz gern inmitten der neugierig starrenden Dorskinder ihre kleinen Teufeleien auSgcführt, allein e» war auch so gut. Ein leise-, an- gKlehme- Gruseln würde ihr durch die Adern schleichen, wenn sie sich so ganz allein auf die trügerische Deck« wagte, unter der — man konnte es nicht sicher wissen — vielleicht doch der Wassermann mit dem Schilf im Bart wohnte, um plötzlich unvermutet einen langen, drohenden Arm hervorzustrecken. O, sie wollte dann schon mit einem Sprung auSweichen, die kleine Tapfere, und möglichst rasch wieder den festen Boden erreichen, wo der Geist de» Wassers, keine Macht mehr hatte. Allein, «he sie noch den zugefrorenen Tkich erreichte, durchschnttt ein Geräusch von vielen Hellen, scharfen Stimmen die ktare Luft. Sie wußte sofort, daß letzt durch den Hoklwcg dort drüben, den Schlehdorn und Wacholder büsche etnfaßtcn, die Dorfkinder dahergestürmt kamen, der» selben Siel entgegen, das auch da» ihre war. Lortsetzung tolatä