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- Erscheinungsdatum
- 1922-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192201264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
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Jahr
1922
-
Monat
1922-01
- Tag 1922-01-26
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Monat
1922-01
-
Jahr
1922
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ras Ultimatum derverliuerKtseuSahuLaamte«. Zn den Nachrichten über die Stellung eine« Ultimatum» der Berliner Eiseubabnbeainten an die Regierung erführt die „B. Z. am Mittag-, das« e« sich um den Beschluk von 150 Vertretern der etwa 5000 Mit-lieder zählenden Fack- aruvve nichttechnischer Eiseubabubeamter Berlin« handelt. Aus Grund dieses Beschlusses wird sich die Vertretung der Berliner Eiseubabnbeainten nunmehr mit dem Beamten bund ins Einvernehmen sehen. Dieser bahnte neue Ver handlungen mit der Regierung bereits an. Ein» unmittel bare Streikgefabr besteht demnach iiir den Berliner Eisen- bahnverkehr nicht. Die Berliner Eisenbahnbeamten haben einen Aktionsausschuß gewählt, der innerhalb 5 Tagen eine befriedigende Erklärung der Regierung herbeiführen soll. Der 2». Ausschuß des NetchStagrS beschäftigte fick In seiner gestrigen Sitzung mit der Frage, ob und in welcher Form die Zuschüsse, welche die Arbeiter der Eisenbabnver- waltnng nach den zur Zeit im NeichSverkehrSmInisterlnm schwebenden Berhandlunnen in den Orten mit besonders dohen Privatindnstrielöhnen bekommen werden, ans die Beamten übertragen werden können. Bon mehreren Red nern wurde die Auffassung vertreten, dass der Weg für einen gerechten Ausgleich in besonders tenren Orten gefunden werden müsse. Die Anssinacke hierüber wird in den nächsten Tagen fortgesetzt. Anschliessend hieran werden Er örterungen über die übrigen grundsätzlichen Besoldungs fragen gepflogen. Die Verhandlungen wurden als ver- iraulich bezeichnet. «m «KM» »er MmWWii Semten. A»S Wien wird gemeldet: Gestern wurde eine Ver sammlung von PnndcSangcstellten wegen Erhöhung der monatlichen Bezüge abgchalten, nach der eine Anzahl von Teilnehmern nor dem Parlament demonstrierte. Eine Ab ordnung erschien beim Bundeskanzler Schober, um ihm die Forderungen initzuteilen. Der Bundeskanzler versprach, morgen eine Abordnung der Bcamtenorganisationen zu empfangen. Eine Entschliessung sei aber morgen ans dem Grunde schwierig, weil der Tag mit schwerwiegenden Ver handlungen nnSgefüllt fei» werde und bei der gegenwärtige» parlamentarischen Lage mit dem Rücktritt der Regierung gerechnet werden müsse. Sowjetrrrtzlavd und daS bürgerliche Vuropa zwei geschworene Heinde. Auf der Konferenz de« Arbeiterjugend in Moskau hielt Trotzki eine Rede, in der er u. a. sagte: Russland ist die einzige Nrbeitermacht in der ganzen Welt. Hat un» die Bonrgeoikie bis setzt nicht beseitigen können, wo wir ver hältnismässig schwach waren, so wird es ihr setzt niemals mehr gelingen. Die Sowjetrepublik und daß bürgerliche Europa« sind mit zwei geschworene« Feinden zu ver gleichen, die zusammen das Abteil eines EisenbahnzugeS besteigen, beherrscht von dem Gedanken, dass nur einer von den beiden am Leben bleiben darf, und jeder bereit, den anderen aus dem Fenster zu werfen. ES vergeht eine halbe Stunde, und dies ist noch nicht gelungen; vielleicht müssen sie noch eine halbe Stunde zusammen fahren. Man muss es sich also irgendwie bequem machen und die Koffer unter bringen. Aber sie bleiben deshalb doch geschworene Feinde. So müssen wir eine Zeit lang mit den BourgeoiSstaaten leben. Ob es für uns viel Zweck hat, nach Genua zu geben, mag zweifelhaft sein, aber eS ist zu bemerken, dass Frankreich, das immer erklärt hatte, es werde sich nickt an einen Tisch mit uns setzen, zuerst kapituliert bat. und jedenfalls werden wir nichts verlieren, wenn wir auf der grössten internationalen Konferenz, die je einbcrufcn worden ist, mit mehreren Gruppen gleichzeitig verbandeln können. Ei« Kongress der Werktätigen des Ferne« Ostens. Ani 22. Januar wurde in Moskau der Kongress der Werktätigen des Fernen Ostens eröffnet. Es sind etwa 200 Delegierte eingetroffen, von denen 40 Prozent Kommu nisten sind. Sinowjew begrüsste den Kongress und führte aus, man dürfe die Weltrevolution nicht mit der Revolution in Europa identifizieren: fo wichtig diese sei, werde der Sieg des Proletariats über die Bourgeoisie doch nnr im Welt massstäbe möglich sein. Ter Angelpunkt der gesamten Welt politik sei die Kolonialsrage. Sodann sprach der Veteran der japanischen Revolutionäre Katayama, mit stürmischem Beifall begrübt; er sagte, das Weltproletariat müsse seine Reihen schliessen, damit es mit vereinten Kräften den Im perialisten allerLänder die Entscheidungsschlacht liefern könne. Namens des Allrussischen Zentralvollzugsausschusses führte Kalinin aus, der Grundzug der Sowjetpolitik be- stehe darin, dass es nicht auf die Ausbeutung anderer Völker abgesehen sei; es handle sich um einen gemeinsamen Kampf aller Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker. Der Wortführer der javanischen Delegation Mozu bezeichnet« die Washingtoner Konferenz als einen Misserfolg, der un vermeidlich einen Zusammenstoss zwischen Japan und Amerika nach sich ziehen werde. Weiter sprachen Vertreter der revolutionären Partei der Mongolei, des Proletariats von Java und Holländisch-Jndien, der kommunistischen Jugend internationale und der indischen kommunistischen Partei. Ne WWm SMermt ix MW. An» Genf wird gemeldet; In seinen gestrigen Aus führungen aut der Konferenz des internationalen Komitee« für die Rnsslandhilse schilderte Nansen die furchtbare Hunaersnot in Russland, die unaufhörlich weiter um sich greise und jetzt «in von fast 32 Millionen Menschen bewohntes Gebiet umfasse. 1v Millionen seien unmittelbar vom Tode bedroht, davon 1!5 Millionen jedenfaUs rettuugslos deui Tode verfallen. Es war ein ernster Augenblick, als Namen erklärte, alle diese Mensche« hätte« gerettet werden können, we«n sein Appell im September gehört worden wäre. Wenn aber die^ denen noch zu Helsen sei, nicht ebenfalls umkommen sollten, so müssten die Regierungen jetzt eingreisen und dürften keinen Tag mehr verlieren. 10 Proz. alte Wovnungsaogaben. insgesamt IVO Pro«, zur Frieden-miete. Wenn nun zu diesen ISO Proz. noch «ine weitere Erhöhung um 100 Proz. al« Daukostenbelbilfe treten würde, io würde da« insgesamt ein« verteuern«« um SSO Pro»««t bedeuten. Menn wenigstens «in erheb- lieber Teil der notwendigen Mitt«! auf dem Anleihen»»«« beschafft werden könne, würde «ine Grhübnng drr Frieden«, miete nur nm 200 Proz. insgesamt eintreten. AnS d«r Mitte des Ausschusses wurde über eine solche starke Steige- rung der Miete Klag« geführt. Der RegierungSvrrtreter führte demgegenüber au«, dass eine solche Steigerung der Mieten bei der heutigen Geldentwertung nicht zu nmgehen sei. Diese MirtSsteigerung käme ausserdem nickt dem vrivaten Hausbesitzer, sondern der Allgemeinheit zugute. Regierungen unterlägen, würden die wNnscheüSwerten Vorsichtsmassnahmen enthalten, um die kranzöstsch« Industrie nickt zu schädigen. Nach seiner Ansicht hätten die Ge- schädigten alle« Interesse an der Annahme aller dieser Lieferungen, die eine wertvolle Ergänzung zu den Hilfs mitteln des Budget« bildeten. ZK MliWe kllM«W U M. Im preussischen Lanbtnge führte bei Einbringung dcS Haushaltsplanes für 1922 der Finanzministrr u. a. ans: Der Haushaltsplan schliesst in Einnahme und Ausgabe mit über 29 Milliarden Mark ab. Tas bedeutet gegenüber dem Vorjahre eine Steigerung von 3519 Millionen Mark. AnS der Reichseinkoinmenstrner fliessen uns rnnd 12400 Millionen Mark zu. Davon erhalten die Gemeinden 2800 Millionen Mark. Der Hanshaltsplan für 1921 wies einen Fehlbetrag von 2,4 Milliarden Mark aus, die noch zu decken sind. Im ReickShaushaltSvlan sind jetzt die Ein nahmen ans der Einkommen-, Körperschasts- und Umsatz steuer ganz bedeutend gewachsen. TaS muss auch für Preussen eine Steigerung der Einnahmen aus diesen Quellen um 2 225 Millionen Mark bedeuten. Dieser Verbesserung stehen aber ausserordentlich Hobe Mehrausgaben gegenüber, ins besondere die durch die Verbesserung der Beäintenbesoldung verursachten. Der Gesamtantcil Preußens an den Steuer einnahmen des Reiches wird sich gegen das Vorjahr «in rund 4 Milliarden Mark steigern. Der Minister wies ans die ungeheure Belastung hin, die dem Staate aus der durch die Geldentwertung bedingten Erhöhung der Beamten gehälter erwachsen. Die Länder können unter diesen Um ständen ihrer Pflicht nur Nachkommen, wenn sic vom Reiche nicht nur Vorschüsse, sondern auch Zuschüsse erhalten. Das Reich knüpft daran allerdings Bedingungen. Bei der schlechten Finanzlage des Reiches aber ist es verständlich, dass es von den Ländern die allersparsamste Wirtschaft ver- langt. Einige. Gemeinde« haben tatsächlich bei der Be messung der Beamtengehalter nicht das Mass gehalten, daS durch die schlechte Finanzlage geboten ist. Es geht nicht an, dass die Staatsbeamten schlechter bezahlt werden als die Temeindebeamten. ES müssen möglichst die staatlichen Betriebe beweglicher und kaufmännisch moderner gestaltet werden. Die durch den Krieg entstandenen Kosten müssten Preussen schneller als bisher aus dem Reiche erstattet werden. Die Folgen dcS Londoner Ultimatums waren geradezu katastrophal für Preussen und das Reich. Fast die ganze Hälfte des Zuschuss bedarfes des Reiches muss beute durch Notenumlauf gedeckt werden. Die in London übernommenen Lasten haben sich für uns schon um mehr als das dreifache vermehrt. Die letzten Stimmen aus London zeigen die Ansicht, dass eine gewisse WirtschastSharmonie aller Völker notwendig sei. Nicht irgendwelche Sympathie sür uns, aber die eigenen Interessen der Länder werden sie nötigen, sich die Frage vorzulegen, ob sie bei der Fortsetzung der irrsinnigen Politik gegen Teutickland nicht ihr eigenes Volk am schwersten schädigen. Aus Amerika kommen auch verständige Stimmen. Alles das lässt die Möglichkeit offen für die kleine Hoffnung, dass wenigstens in absehbarer Zeit bessere Zeiten komme» werden. Wen» das deutsche Volk sieht, dass eS nicht ver nichtet werden soll, dann wird eS sein äusserstes tun, um sich seine Stellung im Nate der Völker wieder zu erringen. Wir können nnr durch Anspannung aller Kräfte, durch Arbeit zeigen, dass wir in diesen ernsten Zeiten alles tun werden, um wieder zu ordentlichen staatlichen nnd wirt schaftlichen Verhältnisse» zu komme». Das Haus vertagte sich daraus auf Donnerstag. Die neue französische Regierung für daS WieS-adener Abkommen. Der neue französische Minister für die befreiten Gebiete Reibet hat sich gestern vormittag zu Pressevertretern über sein Wiederaufbauprogramm ausgesprochen. Er versicherte, den Wiederaufbau im Rahmen der finanzielle» Möglichkeiten beschleunigen zu wollen. Der Finanzminister d« Lasteyrie habe bereits die Gewähr gegeben, dass das Wiederaufbau- Programm der vorangraangene» Regierung au-aeführt werden könne. Dieses Programm werde so bald wie möglich wieder normale Verhältnisse Herstellen. Der Minister rechnet vor allem ans die Unterstützung der privaten Industrie. Er steh« dem Vertrage der Sachlt«feru«gen, den fein Vorgänger Loucke»r in die Wirklichkeit ummsetzeu begonnen habe, durchaus freundlich gegenüber. Di« Ab» machnngep. die zur Lett noch der Lrükvua der alliierten Gefährliche Lage i« Indien. Lord Nortbcliff« hat bei seiner Abreise von Indien in Bombay in einer Erklärung auf die ««fährliche Lage tu Indien hlngewiesen, von der man sich in England keine genügende Vorstellung mache. Die Mohammedaner und die Hindus bereiteten Unruhen vor und die indischen Zeitungen forderten die Weihen zum Verlassen des Landes ans. Die Mohammedaner seien erbittert wegen der britischen Politik gegenüber der Türkei und erklärten, Adrianopel und der Teil Kleinasiens, welche der Türkei durch den Vertrag von Ssvre» genommen wurden, müssten ihr zurück erstattet werden. Die Mohammedaner wünschten au«, dah der Sultan als Haupt des Islam und al» Hüter der heiligen Orte Mekka, Medina und Bagdad anerkannt werde. Von der Washingtoner Konferenz. Hava« meldet au« Walhinaton: Im Ausschuß für den fernen Osten wurde der amerikanische Vorschlag, der sich aus die militärische Räumung der rnfsifcken Gebiete und die Beseitigung jeder bevorzugte» Stellung in den besetzten Gebieten bezieht, zur Annahme empfohlen. Der französisch« Vertreter Sorrant erinnert« daran, daß Frankreich vielleicht der älteste Verbündete Rnßlond« sei. Er erklärte fick von drr formellen Versickerung Japan», dass die japanische»« Truvve»« sobald wie möglich aus Rußland zurückgezogen werden würden, und dass in die inneren Angelegenheiten Rußland« nickt ringeariffen werde» solle, befriedigt. Er fügte Hinz», Frankreich beabsichtig« die Integrität Rußland« zu reipektieren und sich in die russische Innenpolitik nickt einzumischen. Die javanische Erklärung wurde darauf mit der amerikanischen Antworterklärung angenommen, «nd kann nun drr Plenarsitzung vorarlrgt werden. Der „Newyork Herald'^ meldet au» Wafbiugtou r Di« Abrüstungskonferenz soll ihre Verhandlungen mit einer Resolution über di« Landrüstuuge« abschliehen, der wahrscheinlich die bekannte Rede Vriand« zu Grunde gelegt werde. Aum Ablebert deS Papstes. Aus Rou« wird gemeldet: DaS Kardinalkollegium bat beschlossen, Laß die Bestattung deS Papstes heute um 3 Uhr nachmittags stattfinden soll. Das Kollegium be stimmte auch, daß der Feierlichkeit nur di« Kardinäle, da« diplomatische Korps und Vertreter der römischen Patrizier schaft beiwohnen sollten. Tas Konklave. Im Vatikan wird «in neuer Papst gewählt. Im Laufe der Jahrhunderte hat dieses Ereignis viel mit dec katho lische»« Kirche an Bedeutung verloren. Früher galt di« Wahl dem Oberhaupt der Christenheit, dem neuen Herren der Welt. Aber auch heute ist der Stuhl Petri ein viel begehrtes politische« Möbelstück. Der Kardinal Gasparrt gilt als aussichtsreichster Anwärter, aber schon macht sich einige Opposition gegen ih» geltend. Er hat die Verband lunge»« mit der italienischen Regierung geleitet und al« Endziel schwebte ihm eine vollständige Aushebung der .Gefangenschaft der Päpste" vor. Diese Gefangenschaft ist 1 vur eine freiwillig^ aber fle gilt gleichsam als ewiger Protest arge« bi» Könstsnmon de» Kiraeniraate«. El« Teil der Mrdluäle will mit der seit 1871 geübten Traditio» der Feindschaft argen Italien nicht breche». Al« ibr Ober- Haupt gilt der Kardinal Drlai, der nicht« von Versöhnung mit Italien, nickt« von Frenndschaft mit Frankreich wisse,» will. Benedikt hat drackatholisch,«, Staatsoberhäuptern k>t, Erlaubnis erteilt, den König von Italien in Rom besuchen »n dürfe», und eben schickt sich der belgische König an, von diesem Re»t Gebrauch zu macken. All da« wird Gasparrt verübelt. Immerhin tst «» wahrscheinlich, daß, wenn nicht Gasparrt, so do» ein Franzos,nsreimd gewählt wird, der aber kann« Italien gegenüber die Politik Benedikt« fort- führen wird. Die Bapftwahl selbst ist überdies ein Zeichen de« arsuntzncn Ansehens Deutschland«. Einstmals konnte di, Wahl Ranwolla« von hier au« hintertrieben werden, beut» mag «in anderer Protektor der -ältesten Tochter der Kirche" den Stuhl Petri »seren. Wir sind so anspruchslos geworden, daß wir darin kaum eine besondere Bedrohung unserer Interessen sehen können. Ta- vermöge« Benedikt« XV. Nack dem „Giornale d'Jtalia" bat da« vorhandene Vermögen de« Papste« die Kardinäle überrascht. In seiner Privatkasse sollen nur 700000 Lire vorgesunden worden sein, während man Hari»« 2—S Millionen Lire vermutete rageSgefchlchte. Deutfche» Sri». Sine Erklärung SsasonoivS. Nack einer Warschauer Meldung des „Berl. Tagebl." erklärte der früher« russisch« Minister de« Acusser» Giasonow gegenüber einem dortigen Blatte, mit Bedauern müsse er feststelle», dass die in Berlin gedruckte» Dokumente über die Vorgeschichte des Kriege echt seien. Da» „Berl. Tagebl." bemerkt, die Annahme, daß die von ihm veröffentlichten Berichte Iswolskis au« der Dokumentensammlung des sltthereu russische» Legation», sekretär« in London Siebers herrührten, sei durchaus irr tümlich. Sievers habe damit nickt da« mindeste zu tun. Gegen die Fordern«»-» der Gewerkschaften aus OrgauisatiouSzwaua. Die Fachgruppe Bergbau des Reichs» verbände» der deutschen Industrie hat gestern als Ver tretung des gesamten deutschrn Bergbaues einstimmig eine Entschließung angenommen, in der sie die auf einen OrganisationSzwana hinauslansende Forderung der Ge werkschaften, wonach künftighin Soziallohn (Hausstandsgeld, Kindergeld, UrlaubSaeld) Arbeitern, di« nicht bestimmten Organisationen angehöre», entzogen werden soll, als ver- fassung-widrig ablrhnt. Sie ist der Auffassung, dass nur auf dem Wege der Gesetzgebung die aufgeworsene Frage der zwangsweisen Zugehörigkeit von Arbestnedmern zu be stimmten Organisationen entschieden werden könne. Mnm W 8WM Mm Wen. Tie große Rebe, die Lloyd George als deutliche Ant wort an PoincarS am 23. Januar gehalten hat, gewinnt - dadurch besondere Bedeutung, daß sie zum ersten Mal wieder die Ideale de« „alten", durch den Krieg scheinbar vernichteten England hervorhebt. Dieses alte England der Cobden und Gladstone war ja aus dem Freihandel auf gebaut, den im Kriege eine notlvcndig gewordene Schutz zollpolitik beseitigen mußte. England aber fühlt sich in diesem neuen Sozialstaat mit seiner Bevormundung des Bürgers nicht wohl und möchte, je eher, je lieber, zu den Idealen der Väter zurückkehren. Dem aber steht das welt wirtschaftliche Chaos der Nachkriegszeit, steht die unheim lich fortglimmcnde Kriegsgefahr hindernd entgegen. Lloyd Georges neueste Rede bedeutet eine Absage gegen das durch den Krieg geschaffene England; sie läßt in ihren Gedankengängen die Devise des Cobden-Clubs anklingen: „Freihandel, Friede, Vertrauen unter den Völkern". Warum die Engländer Frieden wollen, das geht sehr deutlich aus den Gedankengangcn hervor, die der bekannte Berliner Nationalökonom Prof. Hermann Levy im Scklutzkavitel seines soeben bei B. G. Teubner in Leipzig erschienenen tiefgründigen Werkes „Tie englische Wirtschaft" niederge legt hat. Ter Freihandel hat es sicherlich in Englano mit sich gebracht, daß das Land für d.n Fall kriegerischer Ver wicklungen wichtiger Hilfsmittel entblösst würde. Ter Welt krieg bat diese nationale Gefahr ein für allemal erwiesen, nnd die heutige Schutzzollbewegung ist eine Folge dieser Tatsache. Der Freihandel mußte zu dieser Gefährdung führen, weil er von dem Grundsatz ausgeht, daß ein ledes Land ohne sonstige Rücksichten alle Waren, vor allem aber Nahrungsmittel und Rohstoffe, dort einkaufen soll, wo sie am billigsten sind. Das ist aber nur möglich, wenn eine Atmosphäre deS gegenseitigen Vertrauens herrscht, und daher setzt der Freihandel eine unbedingt friedliebende Politik al» Grundlage voraus. Ist die politische Atmosphäre wie jetzt mit Hatz und Mißtrauen vergiftet, dann muß jedes Land wirtschaftliche Interessen den politischen opfern und unter den höchsten Kosten seine „nationale Sicherheit" gewährleisten. So wird das Mittel der Kriegsbereitschaft teuer bezahlt, und den Engländern, die stets praktische Leute waren,, wird es am meisten aus der Seele gesprochen sein, wenn Lloyd George sagte, die militärischen Sachver ständigen seien noch sehr Wei teurer als die wirtschaftlichen. England hat seine ganze Wirtschaft in früheren Zeiten so vollständig ans den Freihandel eingestellt, dass eine radikale Umformung nur unter den schmerzhaftesten Opfern möglich wäre. Während sich z. B. etn Land wie Deutschland einen Vorrat sür den Kriegsfall mit einer Reserve von ein Zehntel seines Brotgetreidebedarfes „hinlegen" kann, braucht Eng land einen solchen in Höhe von vier Fünftel seines Jahres konsums, und so ist es in vielen anderen Fällen. Tie Be schränkung der englischen Ausfuhr wirkt da als ein furchtbares Menetekel, und eS ist anzunehmen, daß bei einem Fortschreiten der Entwicklung in den jetzigen Bahnen die materiellen Belastungen für England immer grötzer werden werden, während die Wirkungen der Schutz zollpolitik in der Zeit des Ueberganges und des WirtickastS- chaos noch weniger fühlbar erscheinen. Schon der Bericht der englischen Wirtschaftssachverständigen von 1918, die einen ausgezeichneten Ueberblick über die durch den Kries geschaffene Lage gaben, zeigt« sich durchaus nicht kür den Schutzzoll begeistert. Hier wurde auch bereits eine gerechte Beurteilung für die Ursachen deS deutschen Emporkvmmeus in der Weltwirtschaft gegeben. Es heißt da: „Der Erfolg des ausländischen Wettbewerbes beruhte auf einer Reihe von Ursachen; in einzelnen Fällen auf gewissen natürlichen Vorteilen ^hinsichtlich der Rohstoffe, in anderen Fällen ans der Billigkeit der Arbeit oder auf den niedrigen Produktions kosten, oder sic beruhte auf der erfinderischen Schaffung neuer Bedürfnisse, auf den konsumierenden Märkten." ES wird darauf htngewtesen, daß die ausländischen Kaufleute Methoden angewendet hätten, die vielfach bedeutend wirk samer waren als die britischen, und daß Deutschland seine Industrie seit den 70er Jahren mit allen modernen Er rungenschaften neu aufbauen konnte. Sodann wird die frühzeitige Erkennung tvisseisichaftlicher Durchdringung von Wirtschaft und Technik in Deutschland hervorgehoben: «S wird an pt« Gprachkenntnisse der Deutschen erinnert und an ihre organisatorischen Fähigkeiten. Dieter amtliche Bericht hielt sich, also von den gehässigen Beschimpfungen der deut sche« Konkurrenz, die bi-ber beliebt waren, vollkommen jerw iind eS scheint, daß dieser Geist kühler wirtschaftlicher Beurteilung der Dinge nun auch tu der »hohen Politik" England- wirkst»» wird
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